Was geschah im Hotel California? - Marianne Labisch & Gerd Scherm (Hg)

  • Um hier zu landen, musste man vor einem ganzen Leben davon rennen. (Seite 133)


    217 Seiten, etliche Abbildungen, kartoniert
    Verlag: p.machinery Michael Haitel, Murnau 2014
    ISBN-10: 3-957650-09-7
    ISBN-13: 978-3-957650-09-2



    Zum Inhalt (Quelle: eigene Angabe)


    Wer kennt nicht das Lied der Eagles „Hotel California“ aus dem Jahre 1976? Ich weiß nicht mehr, wie oft ich die Platte habe laufen lassen, mir die Bilder (damals waren die noch größer als heute bei den CDs ) angesehen und überlegt habe, was es mit jenem ominösen Hotel wohl auf sich hat.
    Diese Frage beschäftigt viele, und einige Autoren haben sich hier zusammengetan, um diese auf verschiedene Weise zu beantworten. Oder besser Möglichkeiten einer Antwort aufzuzeigen.
    Heraus kam ein lesenswertes Buch über ein Hotel, von dem niemand so genau weiß, wo es steht. Denn einmal dort, kann man es nie wieder verlassen.



    - < Klick > - der Wikipedia Eintrag zum Lied
    - < Klick > - Originaltext sowie deutsche Übersetzung von „Hotel California“



    Die Autoren der Geschichten sind:


    Stefan Cernohuby, Hen Hermanns, Anke Höhl-Kayser, Marianne Labisch, Nadine Muriel, Paul Sanker, Wolfgang Schröder, Thomas Strehl, Vincent Voss, Elisabeth Wintermantel, Felix Woitkowski.



    Das Buch


    Versammelt sind fünfzehn Kurzgeschichten verschiedener Autoren, die vom Liedtext „Hotel California“ inspiriert sind und diesen ausdeuten. Dabei halten sie sich mal mehr, mal weniger eng an die Vorlage. Es gibt immer wieder Zitate zu Filmen, (verstorbene) Musiker tauchen auf, Drogen und ihre Auswirkungen spielen eine Rolle. Zu jeder Geschichte gibt es ein einführendes Gedicht sowie am Ende eine Zusammenfassung in Form eines Bildes. Obwohl mehrere Autoren geschrieben haben, empfand ich das Buch als eine Einheit. Die Texte bieten auf jeweils recht wenigen Seiten so viel, daß ich immer etwas Abstand dazwischen brauchte. Das ist eindeutig kein Buch, um es in einem Zug durchzulesen. Und ebenso keines, das man nach dem ersten Lesen verstanden hat. Das ist eines der Bücher, das ich mit Sicherheit ein zweites und ein drittes Mal lesen werde, ohne daß es seine Faszination verliert.



    Meine Meinung


    Hotel California. Ich weiß nicht mehr, wann ich dieses Lied das erste Mal gehört habe. Aber genau erinnere ich mich an das erste Mal, da ich die Eagles bewußt hörte. Damals, am 4. Juli 1976 auf der Frankfurt Rhein Main Air Base, als mir mein amerikanischer Freund „Lyin’ Eyes“, die gerade aus den Lautsprechern erklangen, zu deuten versuchte. Den Freund habe ich nach dessen Rückkehr in die USA aus den Augen verloren, seine Erklärungen sind lange vergessen. Geblieben sind die Eagles als, neben CCR, einziger Band, von der ich praktisch alle Alben besitze.


    Seit jenem Tag sind die „Lyin’ Eyes“ mein Lieblingslied der Eagles. Auch wenn sie längst nicht so mysteriös sind wie jener Ort am Ende der Welt, das Hotel California. Magisch, unheimlich, unnahbar. So will es scheinen. Und wenn die Gedanken mit dem Gitarrensolo abdriften, mag es sein, daß man in einem albtraumhaften Rausch versinkt.


    Wobei Albtraum vermutlich gar nicht so weit weg ist vom Lied, schenkt man der Interpretation, wie man sie etwa auf Wikipedia lesen kann, Glauben. Aber was besagt dieser geheimnisvolle Text eigentlich? Warum ist man, einmal im Hotel angekommen, ein Gefangener, der niemals wieder gehen kann?


    Auf diese und ähnliche Fragen gibt es keine einfache Antwort, wenn es denn überhaupt eine gibt. Denn wie sonst ist es zu erklären, daß in diesem Buch fünfzehn Geschichten versammelt sind, die das letzte Mysterium des Hotel California entschlüsseln wollen - und daran scheitern, ja, scheitern müssen? Aber genau dadurch, durch die Unmöglichkeit, alles zu Ende erklären zu können, kommen sie, jede auf ihre Weise, dem Unerklärbaren sehr nahe und geben Deutungsmöglichkeiten, Anstöße zum (Weiter-) Denken, wie es sein könnte, doch vielleicht nicht ist, aber sich durch das zugrunde liegende Lied ableiten läßt.


    Und so mag das Buch mit dem Versuch einer letzten und rationalen Erklärung vielleicht gescheitert sein. Aber eben, weil es mindestens so viele Facetten, wie das Buch Geschichten enthält, zum Leuchten bringt, gibt es einen grandiosen Einblick in die seltsame Welt des Hotel California. Eben deshalb, weil es eine vollständige Erklärung nicht bietet, gar nicht bieten kann, gerade deshalb ist das Buch so gelungen, zieht den Leser mit hinein in die Gedankengänge, um der Frage nachzusinnen, was es denn nun auf sich hat mit jenem mysteriösen, gefängnishaften Hotel.


    Die Erzählungen sind teils verwirrend, teils mystisch, mit Andeutungen und Assoziationen gespickt, die zu verstehen es vermutlich eines gewissen Alters oder zumindest Kenntnissen in der Musik- und Filmgeschichte bedarf. So formt sich im Kopf, je weiter man vorankommt, langsam eine Vorstellung von jenem seltsamen Hotel am Ende einer dunklen und einsamen Straße, das man nie mehr verlassen kann.


    Während man Seite um Seite verschlingt, erklingt leise, dann immer lauter werdend von irgendwoher jene Melodie, deren Solo schon als das beste Solo aller Zeiten bezeichnet wurde. Aber spielt da wirklich jemand, oder hört man nur mit dem inneren Ohr eine Klangvision im Kopf? Eindeutig läßt sich das vermutlich nicht feststellen, aber was ist schon eindeutig im mysteriösen Hotel California.



    Kurzfassung


    Farbiges Licht ins mysteriöse Dunkel des Hotel California bringen die lesenswerten Geschichten dieses Buches.
    .

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Lieber SiCollier, auf Deine Rezi hin, musste ich das Buch auch lesen und kann nur unterschreiben, was Du geschrieben hast.


    70er Jahre - das waren Zeiten. Die Eagles und die vielen anderen Bands zu den wir tanzten.
    Die Kurzgeschichten mit den unterschiedlichen Interpretationen des Liedes hat mir außerordentlich gut gefallen und auch ich werde dieses Buch noch einige Mal zur Hand nehmen.

    Don't live down to expectations. Go out there and do something remarkable.
    Wendy Wasserstein

  • Die Rezi war ja völlig an mir vorbeigegangen... :wow Macht total neugierig! Ab auf meine Wunschliste.

    ...der Sinn des Lebens kann nicht sein, am Ende die Wohnung aufgeräumt zu hinterlassen, oder?


    Elke Heidenreich


    BT