Emma Hooper: Etta und Otto und Russell und James
(Threadtitel geändert nach Erscheinen der deutschen Ausgabe)
Verlag: Simon & Schuster 2015. 320 Seiten
ISBN-13: 978-1476755670. 19,95€
Verlag: Penguin Books 2015. 288 Seiten
ISBN-13: 978-0241185865. 14,70€
Kindle edition: ASIN B00N9LVQYG. 10,99€
deutsche Ausgabe - Emma Hooper: Etta und Otto und Russell und James
ISBN-13: 978-3426281086
Verlagstext
I've gone. I've never seen the water, so I've gone there. I will try to remember to come back.Etta's greatest unfulfilled wish, living in the rolling farmland of Saskatchewan, is to see the sea. And so, at the age of eighty-two she gets up very early one morning, takes a rifle, some chocolate, and her best boots, and begins walking the 2, 000 miles to water. Meanwhile her husband Otto waits patiently at home, left only with his memories. Their neighbour Russell remembers too, but differently - and he still loves Etta as much as he did more than fifty years ago, before she married Otto.
Die Autorin
Raised in Alberta, Canada, Emma Hooper brought her love of music and literature to the UK, where she received a doctorate in Musico-Literary studies at the University of East-Anglia and currently lectures at Bath Spa University. A musician, Emma performs as the solo artist Waitress for the Bees and plays with a number of bands. She lives in Bath, UK, but goes home to Canada to cross-country ski whenever she can.
Inhalt
Der letzte Pilgerweg einer 83-Jährigen
Die 83-jährige Etta hat ihren Mann Otto allein gelassen und sich zu Fuß auf den Weg ans Meer gemacht. Aus Saskatchewan wäre der Weg an den Pazifik nach Vancouver näher. Doch Etta marschiert in Richtung Halifax, zum kanadischen Hafen, von dem aus kanadische Soldaten zum Militärdienst im Zweiten Weltkrieg verschifft wurden und zu dem manche von ihnen wieder zurückkehrten. Für Etta hat Halifax eine weitere persönliche Bedeutung; hierher wurde ihre einzige Schwester geschickt, als sie als Jugendliche ungeplant schwanger wurde. Etta hat einen Merkzettel in der Tasche, auf dem sie ihre Familienangehörigen notiert hat: ihre Eltern, ihre verstorbene Schwester, ihr Mann Otto Vogel, ihr Nachbar Russell – keine Kinder. Der Zettel gibt die Richtung vor, in die Ettas Pilgerweg führen wird: Etta leidet an Altersdemenz und kämpft mit dem Zettel gegen das bevorstehende Vergessen, das ihr bewusst ist. Da Otto und sein Nachbar Russell ebenfalls hochbetagt sind, wäre es nicht ungewöhnlich, wenn auch die beiden alten Männer am Ende ihrer Kräfte angelangt wären.
Eingeschoben in Ettas Erlebnisse der Gegenwart – die stark an den Pilgerweg des Harold Fry erinnern, - sind Erinnerungen an die gemeinsame Jugend der drei Personen und der Briefwechsel zwischen Otto und Etta während des Krieges. Otto Vogel stammt aus einer Familie mit 15 Kindern, von denen jedes Kind Pflichten auf dem elterlichen Hof zu erledigen hatte. Russell, der Neffe des Nachbarn, wird als Kind Nr. 7 ½ mit allen Rechten und Pflichten seinem Alter entsprechend in die Reihe der Vogelschen Kinder aufgenommen. Vogels Kinder gehen nur zur Schule, wenn gerade keine Landarbeit ansteht, so dass Otto mit 17 Jahren noch nicht besonders gut schreiben kann. Etta ist zu diesem Zeitpunkt auch 17 und nach zweijähriger Ausbildung die Lehrerin der kleinen Dorfschule. Otto will unbedingt weg aus dem Dorf und meldet sich als Freiwilliger zum Militärdienst im Zweiten Weltkrieg. Erst durch seinen Briefwechsel mit Etta lernt Otto richtig schreiben. Während in der Gegenwart Ettas Weg durch Kanada bereits von Fans und Followern verfolgt wird, entfaltet sich die Vergangenheit der drei alten Leute und man versteht, warum Etta und Otto genauso handeln müssen, wie sie es tun.
Fazit
Emma Hoopers rührend einfache Erzählung aus dem ländlichen Kanada werden Leser mit großem Gewinn verfolgen, die schon Kontakt zu hochbetagten oder dementen Menschen hatten. Sonderbare Gedanken und Ereignisse, wie Ettas Gespräche mit dem Kojoten James, werden mit Demenzerkrankungen vertraute Leser in völlig anderem Licht sehen. Für Etta lassen sich Gegenwart und Vergangenheit nicht mehr trennen und sie erkennt ihre Angehörigen vielleicht schon nicht mehr. Wer offen für Emmas und Ottos eigenwillige Gedanken ist, findet in diesem Roman beispielhaft den biografischen Ansatz zum Verständnis Dementer, ohne den man sich in der Betreuung dementer Angehöriger in kurzer Zeit bis zum eigenen Zusammenbruch aufreiben würde. Wie Ettas Erkrankung tragen auch Ottos Kriegserlebnisse, über die er vermutlich vorher nicht gesprochen hat, dazu bei, dass „Etta and Otto and Russel and James“ einem beim Lesen eine fremde Gedankenwelt öffnen, mit der Leser des Buches belastbar sein sollten.
9 von 10 Punkten