"Andere" Freunde

  • Also, erstmal Tag zusammen, ich bin Kolibri- also ein recht empfindliches Seelenvögelchen, das gerne Honig mag und gelegentlich leider auf der Stelle tritt bzw. propellert. Der Beitrag zum Thema "Freunde" vom Poem hat mich sehr bewegt und deswegen dachte ich ich stell hier auch mal was über Freundschaft rein. Es ist ein Teil aus meinem Reiseroman-Entwurf "Walk of Life- eine Lebensreise" (hat nichts mit den Dire Straits zu tun). Die ereignisse darin finde ich selber gelegentlich trivial aber herzlich. copyright 2005 F.H.



    „Ich könnte Torfi umbringen!“
    „Bitte wen?“
    „Den Jungen in dem roten T-Shirt. Der uns das Jugendhaus aufgeschlossen hat.“
    „Ach... deeeeen da. Ja, ich glaube ich weiß wen du meinst. Aber der sah doch ganz nett aus.“
    „Da kennst du ihn schlecht. Er hat die Schlüssel zum Jugendhaus und deswegen meint er immer, er muss bei sämtlichen Treffen dabei sein und alles bestimmen und alles besser wissen.“ Johanna verzieht das Gesicht, als hätte sie gerade in eine Zitrone gebissen.
    „Also, wie, der gehört gar nicht zu Lifid?“
    „Um Gottes Willen, nein! Und das eine sag ich dir, wenn der sich noch einmal so aufführt wie heute, schlag ich ihn windelweich! Dann verprügel ich ihn dass er nicht mehr weiß wo oben und unten ist!“
    Hat er sich aufgeführt? Hm, ich hab ja Gott sei Dank nicht alles verstanden.
    Isländische Meetings sind halt noch ein Bisschen schwierig. Wenn Johanna, Asdis und ich allein miteinander reden, ist die offizielle Amtssprache sicherheitshalber Englisch.
    „Aaaah, ich hab ne Idee, Johanna! Du verprügelst den, und ich verprügel Julli. Das ist so ein Typ aus dem Island-Reiseforum wo ich manchmal bin. Ein Deutscher, der nach Island ausgewandert ist- und alle Deutschen hasst und versucht isländischer zu sein als die Isländer.“
    „Aha?“ macht Johanna interessiert.
    „Der und seine Kumpanen haben es fast geschafft, mir Angst vor Island zu machen!“ klage ich an. „Die haben mich so verrückt gemacht, dass ich zwei Tage vor Abreise fast meinen Flug storniert hätte. Weil sie mir so ein Gefühl gegeben haben, dass mich hier niemand haben will!“
    „Oh oh, den müssen wir aber wirklich verdreschen!“ meldet sich Asdis zu Wort. „Da nehmen wir Hannas Ersatz-Bein, und dann geht’s ab, wow!“ Sie angelt schon mal nach der Prothese auf dem Rücksitz.
    „Der wohnt aber in Njardvík,“ gebe ich zu bedenken.
    Johanna legt den Gang ein.


    Natürlich sind wir an jenem Abend nicht nach Njardvík gefahren. Johanna hat mir geholfen, meine Einkäufe rauf in die Wohnung zu tragen. Jetzt hätt ich fast gesagt, „obwohl sie selbst behindert ist.“ Aber wer sagt denn, dass Behinderte keine schweren Sachen tragen können? Johanna und ich konnten es ganz gut, und noch dazu ganz ohne Treppen. Hoch lebe Johanna mit ihrem Einfallsreichtum... denn auf dem Lift steht zwar groß und fett „Lastenaufzug“, aber wer sagt denn dass Menschen nicht auch mal damit fahren dürfen. Wir haben Äpfel, Cornflakes und co in die Wohnung gestellt und beschlossen, Julli und Torfi einfach Julli und Torfi sein zu lassen. Eines Tages werden sie in all ihrer Griesgrämigkeit einsam sterben. Denn sie schaffen sich so keine Freunde. Ich aber habe jetzt Freunde gefunden, und was für welche. Mit ihnen kann ich rumblödeln und lachen -und wie !- und sie helfen mir hier zurechtzukommen. Von wegen, Island ist ein einsames und unterkühltes Land. Solche Freunde wie Johanna und Asdis hat nicht jeder.