Die ersten drei Sätze eures aktuellen Buches?!

  • Wenn sie sich auf die Zehenspitzen stellte, sich bis ganz nach oben streckte, die Wange an die Wand lehnte und den Kopf nach links dreht, konnte sie durch die Gitterstäbe gerade so den Rand des Mondes sehen. Eine Scheibe Käse, eine Schreibe Kuchen, eine Tasse tee, um der Höflichkeit Genüge zu tun. Einmal hatte ihr jemand eine Tasse Tee angeboten, jemand mit blaugrünen Augen und langen Ohren.


  • Von einer Geschichte geht bei jedem Erzählen etwas verloren, sagt man. Wenn das stimmt, ist meine Geschichte noch vollständig, denn ich erzähle sie zum ersten Mal.

    Bestimmt werden manche Leute skeptisch reagieren, und wenn ich nicht alles selbst erlebt hätte, würde es mir vermutlich genauso gehen.


    "Drei Dinge sind uns aus dem Paradies geblieben: die Sterne der Nacht, die Blumen des Tages und die Augen der Kinder!" (Dante Alighieri)

  • Das Kaninchen hockte im hohen Gras. Sein Fell war vom Tau, der sich soeben zur Dämmerung in den Garten gesellt hatte, feucht und glänzend.

    Eigentlich sollte er reingehen.

  • Der Weg ins Unterland führt durch den gespaltenen Stamm einer alten Esche.

    Spätsommerliche Hitzewelle, schwere Luft. Bienen brummen behäbig über Graswiesen.

  • Im Sommer ist er jeden Tag unten am Teich. Er sitzt auf der chinesischen Brücke, die zu der kleinen Insel führt, unter ihm Seerosen und Sumpflilien, manchmal sieht er Karpfen, Brassen und Schleien. Libellen mit riesigen Facettenaugen stehen vor ihm in der Luft.

  • Maddie


    Eine halbe Flasche Wein, schlechte Planung und das unangebrachte Bedürfnis, die Welt zu retten: Das waren die Gründe, warum ich jetzt auf einem ungemütlichen Plastikstuhl in einem von kaltem Neonlicht erhellten Raum saß und mit Grauen meinen unausweichlichen Untergang erwartete. Jeden Moment würde die Pressesprecherin meines Vaters mit mürrischem Blick die Polizeiwache durch die schmutzige Eingangstür betreten, während ihr noch das Blut ihres letzten Opfers über das Kinn lief.


  • New Haven, 1982


    Liebste Freundin,


    du weißt, wie sehr ich die Insel geliebt habe. Besonders in der letzten Zeit denke ich oft an die schönen Tage zurück, die wir damals dort gemeinsam verbracht haben. Dann fühle ich die warmen Backsteine, über die wir barfuß gerannt sind, wenn wir Kinder mal wieder die Zeit vergessen hatten und uns sputen mussten, um rechtzeitig zum Mittagessen zu Hause zu sein.


  • Meinen Sohn hätte ich mir anders vorgestellt. Ich blickte manchmal vom Bildschirm auf und tat so, als würde ich nachdenken. Eigentlich beobachtete ich aber Manuel - nämlich dabei, wie er sich unbeobachtet fühlte, und er sah gar nicht souverän dabei aus.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Im Wandschrank war es so dunkel, und die Dunkelheit hatte die Farbe von altem Blut. Sie hatten mich einfach reingeschubst und abgeschlossen. Ich sog die abgestandene Luft tief durch die Nase ein und bemühte mich, ruhig zu bleiben.


  • Once the queen’s head is severed, he walks away. A sharp pang of appetite reminds him that it is time for a second breakfast, or perhaps a early dinner. The morning’s circumstances are new and there are no rules to guide us.


    Deutsche Übersetzung von Werner Löcher-Lawrence:

    Sobald der Kopf der Königin abgetrennt ist, geht er davon. Ein stechendes Hungergefühl erinnert ihn daran, dass es Zeit für ein zweites Frühstück ist oder vielleicht für ein frühes Mittagessen. Die Umstände dieses Morgens sind neu, und es gibt keine Regeln, die uns leiten könnten.

  • In dem Dorf St. Piran erzählt man sich noch immer von dem Tag, als der nackte Mann am Strand angespült wurde. Es war derselbe Tag, an dem Kenny Kennet den Wal sah. Manche sagen, es sei ein Mittwoch gewesen.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Die alte Stadtmauer von Freiweiler verlief am Stadtbach entlang und trennte die Altstadt von den modernen Neubaugebieten mit großen Wohnanlagen und Supermärkten. Auf der anderen Seite lag das Stadtzentrum, die Fußgängerzone und der Bahnhof. Hinter dem Bahnhof wuchs die Stadt einen steilen Hügel hinauf.


  • Der schwarze Marine in dem grauen Mercedes wird bald am Biss der Naja siamensis sterben, aber das wissen wir, Pichai und ich, noch nicht (die Zukunft ist unergründlich, sagt Buddha). Wir befinden uns in einem Wagen hinter ihm an der Mautstelle der Schnellstraße zwischen Flughafen und City; näher sind wir seit mehr als drei Stunden kein einziges Mal an ihn herangekommen. Ich sehe voller Bewunderung, wie er seine riesige schwarze Hand mit dem schweren Siegelring am Zeigefinger aus dem Fenster streckt, einen Hundert-Baht-Schein zwischen dem kleinen Finger und dem, den unsere Wahrsager als den Finger der Sonne bezeichnen.


  • Montag, 26. Juni, 16:38 Uhr
    um 18 Uhr 15 bin ich mit der jungen Frau verabredet, die wegen der Anzeige angerufen hat. Leider ist mir erst nach dem Telefongespräch eingefallen, dass ich sie nicht mal nach ihrem Namen gefragt habe. Wie dumm von mir und wie unaufmerksam!


  • In dem Dorf St. Piran erzählt man sich noch immer von dem Tag, als der nackte Mann am Strand angespült wurde. Es war derselbe Tag, an dem Kenny Kennet den Wal sah. Manche sagen, es sei ein Mittwoch gewesen.


  • Es war klar, dass dieser Tag kommen würde. Mein halbes Leben lang habe ich Dirk Nowitzkis Karriere begleitet, erst selbst als Basketballer, dann aus solidarischer Distanz, später als Sportreporter und schließlich als Autor dieses Buches. Knapp sieben Jahre ist es jetzt her, dass ich zum ersten Mal über Dirk Nowitzki geschrieben habe, seitdem sehe ich ihm bei der Arbeit zu.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin