Tom Hillenbrand: Drohnenland

  • Tom Hillenbrand: Drohnenland
    Verlag: KiWi-Taschenbuch 2014. 432 Seiten
    ISBN-13: 978-3462046625. 9,99€


    Verlagstext
    Alles wird überwacht. Alles ist sicher. Doch dann geschieht ein Mord, der alles infrage stellt. Wozu Zeugen vernehmen, wenn all ihre Bewegungen und Gespräche bereits auf einer Festplatte archiviert sind? Warum Tatorte begehen, wenn fliegende Polizeidrohnen bereits alles abfotografiert haben? Als ein Brüsseler Parlamentarier auf einem Feld nahe der Hauptstadt ermordet aufgefunden wird, glaubt Kommissar Aart van der Westerhuizen zunächst, den Fall mithilfe des beinahe allwissenden Europol-Fahndungscomputers und der brillanten Forensikerin Ava Bittmann rasch lösen zu können. Und tatsächlich gibt es verblüffend schnell einen Verdächtigen. Doch dann entdeckt er immer mehr Hinweise darauf, dass die digitale Datenspur manipuliert wurde – und gerät in eine Verschwörung, die ganz Europa in seinen Grundfesten zu erschüttern droht.


    Der Autor
    Tom Hillenbrand, geboren 1972, studierte Europapolitik und war Ressortleiter bei Spiegel Online. Der Hobbykoch verliebte sich während eines Luxemburger EU-Praktikums in das Großherzogtum. Seine Krimis um den Luxemburger Koch Xavier Kieffer ("Teufelsfrucht", "Rotes Gold", "Letzte Ernte", "Tödliche Oliven") sind Bestseller. Sein Scifi-Roman "Drohnenland" wurde von der ZEIT zu einem der besten Krimis 2014 gewählt. Hillenbrand lebt in München.


    Inhalt
    Im Europa der Zukunft sind im dritten Jahrzehnt unseres Jahrtausends die Ölvorräte nahezu verbraucht, ein Teil der Niederlande ist der Flutwelle nach einem Deichbruch zum Opfer gefallen und ein Kaffee kostet dann mehrere 100€-Münzen. Aart van Westerhuizen von Europol muss im Fall eines ermordeten EU-Politikers ermitteln. Der Druck auf Aart ist hoch, erwartet wird von ihm, die durchschnittliche Ermittlungszeit von weniger als einem Arbeitstag einzuhalten. Unterstützt wird er von Ava, seiner attraktiven persönlichen Analystin und Datenforensikerin, sowie von Terry, dem gerade frisch upgedateten Fahndungscomputer von Europol. Von diesem Todesfall ist der Schritt nicht weit, eine ganze Reihe von Todesfällen unter EU-Politikern neu aufzurollen. Während der Druck auf Art van Westerhuizen wächst, lässt sich nicht mehr ignorieren, dass in dieser perfekt überwachten Welt mit ihren Spiegelkabinetten zur Simulation vergangener Ereignisse alle Daten gehackt, gefälscht und manipuliert werden können. Aart muss sich fragen, wer ein Interesse daran haben könnte, die angeblich so perfekten Ermittlungsergebnisse seiner elektronischen Helferlein zu manipulieren - und gemeinsam mit Ava das perfekte Überwachungssystem überlisten.


    Mit fortschreitender Technisierung werden in Tom Hillenbrands utopischem Europa immer weniger Arbeitskräfte gebraucht. Aart rechnet bereits damit, dass die Stellen der Analystinnen bald gestrichen werden. Der technische Fuhrpark im Europa von Morgen wirkt gigantisch. Jeder Bürger ist von einer Datencorona umgeben, in den persönlichen Datenbrillen und auf flexiblen Datenfolien erscheinen angefragte Informationen in kürzester Zeit. Autos bewegen sich fahrerlos und sprachgesteuert. Ein riesiges Sortiment von Arbeitsdrohnen aller Größen umkrabbelt und umfliegt die Bürger, um sie zu beobachten und Daten zu sammeln. Insektengroße Schnüffeldrohnen sammeln für Europol an Tatorten Beweismittel ein. Durch Fortschreibung persönlicher Verhaltensmuster werden mögliche Terroristen erkannt und präventiv eliminiert, ehe sie selbst auf die Idee kommen, terroristische Ziele zu verfolgen. Aart kann mit Simulationssystemen den Tathergang in 3D darstellen und selbst Teil der Abläufe werden.


    In ihrem Verhalten haben die Menschen sich kaum geändert, obwohl der Umgang mit künstlicher Intelligenz und Sprachsteuerung das erfordern würde. Aart vermenschlicht seinen Fahndungscomputer und ignoriert damit, dass eine Maschine nur das beherrschen kann, was Menschen ihr zuvor beigebracht haben. Aufgrund dieser Vermenschlichung könnte man fragen: Für wie unbedarft hält Hillenbrand seine Leser eigentlich? Das Verhältnis zwischen Männern und Frauen ist noch im vorhergehenden Jahrtausend steckengeblieben. Wie sinnvoll ist es, die einzige menschliche Kollegin sexuell zu begehren? Offenbar hat Aarts Behörde ihm gezielt eine Assistentin als soziale Droge zugeteilt, um ihn bei Laune zu halten und wenigstens teilweise zu kompensieren, dass es keine Teams mehr gibt.


    Fazit
    Science-Fiction-Anteil sehr gut, Figuren flach


    Das Ausgangsszenario in diesem Sciene-Fiction-Krimi und die technische Ausstattung der Zukunft haben mich zunächst gefesselt. Leider bleiben Aart und besonders seine Assistentin Ava als Personen so flach, dass die Darstellung schon beinahe sexistisch wirkt. Durch Hillenbrands Beschränkung auf einen Icherzähler und das Fehlen der Sicht anderer Personen konnte ich mein Interesse an der zweiten Hälfte des Buches nur mühsam wachhalten. Unbeantwortet blieb für mich die interessanteste Frage, wie Menschen und ihre Beziehungen sich durch den Umgang mit künstlicher Intelligenz verändern.


    knappe 7 von 10 Punkten

  • Gehört dieses Buch in das Genre der Science Fiction und ist wie ein Krimi/Thriller aufgebaut oder gehört es in die Kategorie der Kriminalromane und enthält eine gute Portion Science Fiction? Wie man das auch immer einordnen möchte, der Genremix dürfte besonders für Vielleser eine willkommene literarische Abwechslung darstellen. Endlich wieder mal was Lesen, was nicht nach althergebrachtem Schema F geschrieben wurde. Und siehe da, bei mir hat es funktioniert und ich bin dem Autor Tom Hillenbrand und seinen Visionen wie eine Mordermittlung in der Zukunft aussehen könnte interessiert gefolgt und fühlte mich von diesem Buch rundum gut unterhalten.


    Die Handlung spielt ein paar Jahrzehnte in der Zukunft. Der technologische Fortschritt ist enorm und die Technik hält unaufhörlich Einzug im Leben der Bevölkerung. Die Regierung der europäischen Union sorgt dafür, dass sich die Menschen der rasanten elektronischen Entwicklung anpassen müssen und nicht umgekehrt. Auf Schritt und Tritt wird man überwacht, gefilmt und die Daten werden abgespeichert und nie wieder gelöscht. Es herrscht eine totale Kontrolle der Staatsmacht über die Bürger. Da erscheinen heutige politische Diskussionen über Datenspeicherung und Rasterfahndung wie Kinkerlitzchen zu dem was der Bevölkerung in einigen Dekaden blühen könnte. Viele Leser dürften bei dieser Lektüre immer wieder an George Orwells berühmtes "1984" denken.


    Inhalt: Der einflussreiche italienische Politiker Vittorio Pazzi wird ausserhalb von Brüssel im flandrischen Schwemmland tot aufgefunden. Das es Mord war steht ausser Frage und der Killer muss ein Profi sein da er trotz vielen Überwachungsmitteln unerkannt bleibt. Wer hat ein Motiv den hochrangigen Politiker zu beseitigen? Hauptkommissar Aart Westerhuizen untersucht den Fall und wird von seiner Analystin Ava Bittman und dem Supercomputer Terry unterstützt. Das etwas grösseres mit erheblicher politischer und wirtschaftlicher Sprengkraft dahinter steckt wird nach und nach klar.


    Der Krimi lebt und bezieht seinen Reiz von den Gedankenspielen Hillenbrands wie unser Leben in der Zukunft aussehen könnte. Zwischendurch hatte ich aber das Gefühl, dass etwas zu viel des Guten ist und der Autor jede noch so kleine visionäre Idee die ihm während des Schreibens plötzlich in den Sinn gekommen ist mit in die Geschichte gepackt hat. Rein vom Erzählstil her ist dieses Buch hingegen nichts besonderes. Ein krimiüblicher Schreibstil der sich zügig lesen lässt und nicht vom Inhalt ablenkt aber sprachlich bewegt er sich auf mässigem Niveau.


    Nach der Lektüre fragt man sich, ob die mechanisch, elektronisch, technische Evolution für die Mehrheit des Volkes, sprich die einfachen Menschen nun ein Segen oder ein Fluch ist. Für das eine Prozent der Mächtigen dürfte die Frage hingegen klar zu beantworten sein. Und so nebenbei erwähnt hoffe ich, dass der Autor sich in Sachen zukünftiges Wetter in Europa gewaltig täuscht. Pflaumenregen brrhhh … Wertung: 7 bis 8 Eulenpunkte

  • Mitte des 21. Jahrhunderts untersucht der Europol-Kommissar Aart einen rätselhaften Mord. Dank moderner Computertechnik stößt er zwar ziemlich schnell auf einen Verdächtigen, findet aber, dass die ganze Ermittlung viel zu glatt lief. Als er weiter nachforscht, sind erst sein Job und dann sein Leben in Gefahr. Notgedrungener Weise taucht Aart unter und sucht weiter nach den Verantwortlichen.

    „Drohnenland“ ist ein abwechslungsreicher Zukunftskrimi, der obwohl er sich fast ausschließlich genretypischer Elementen bedient, sehr interessant ist. Obwohl es thematisch in „Drohnenland“ zwar in eine etwas andere Richtung geht, findet man hier bereits den Vorläufer dessen, was Tom Hillenbrand später in „Hologrammatica“ perfektioniert.

    Fazit: Gute Unterhaltung, aber wie wir wissen, kann es der Autor noch eine Spur besser.