Sven Regener - "Herr Lehmann"

  • Zitat

    Original von Batcat
    Gut. Und ich schicke Dir im Gegenzug Marie Charré "Jeder Mann ist anders komisch". Ist das nicht ein Superdeal? :rofl


    du bist auch vor nix fies, würde BJ jetzt sagen :lache
    (glaub ja nicht, dass ich das jetzt nicht gesehen habe! :lache )

    Surround yourself with human beings, my dear James. They are easier to fight for than principles. (Ian Fleming, Casino Royale)

  • Meine Empfehlung:


    Trocken, rasant, urkomisch


    Ein bißchen "Herr Lehmann" steckt wohl in jedem von uns. Das wurde mir schon im ersten Kapitel dieses Buches klar. Der Autor hält uns, den "Otto-Normal-Lebens-Usern", einen Spiegel vor, in den ich gerne geschaut habe. Oft sind es doch die ganz alltäglichen Dinge im Leben eines Menschen, die, aus einer gewissen Entfernung betrachtet, eigentlich nur urkomisch sind. Nur sieht man das nicht selber, wenn man gerade in dieser Situation steckt.


    Der Schreibstil des Autors ist rasant, prägnant, leicht naiv aber vor allem urkomisch und genau das hat verursacht, dass ich das Buch in einem Rutsch runterlesen konnte. Nicht selten bekam ich das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht. Gerade in Anbetracht der Tatsache, dass die Dialoge der einzelnen Personen zwar oft einfach und trocken geschrieben sind, sie aber gerade deshalb eine Menge Portion Humor zum Besten geben.


    Ein wenig erinnert hat mich der Schreibfluss des Buches an den "Erzähltext" der "Sendung mit der Maus". "Das ist Herr Lehmann. Herr Lehmann wird bald 30. Er ist nicht verheiratet, ruft ab und zu nach seiner Mutter und erlebt eine Menge komischer Dinge."


    Zum Glück hatte ich beim Lesen immer ein Glas Wasser neben mir stehen. Sonst wär ich womöglich am Ende dehydriert gewesen. Nicht verstanden? Dann macht Euch mit Herrn Lehmann bekannt und Ihr werdet wissen, was ich meine.


    Prädikat: Lesen, genießen, schmunzeln und lachen. Das erfrischt das Herz und ersetzt aller Voraussicht nach die Altersfältchen durch Lachfalten.


    LG,
    Andrea

  • Ich find's spannend, wie unterschiedlich die Eulen dieses Buch beurteilen. In vielen Fällen finde ich meine bisherigen Eindrücke bestätigt, welche Eulen meinen Lesegeschmack teilen und welche überhaupt nicht. :grin


    Lange habe ich mich ja vor diesem Buch gedrückt, weil für mich darüber immer die dunkle Wolke "Popliteratur" schwebte, um die ich ja seit Else Buschheuer tendenziell einen Bogen mache. Aber neugierig war ich eben doch, und dann entdeckte ich es neulich im Neuzustand auf einem Billigbüchertisch (wobei ich mich immer noch frage, wie es da hingekommen ist - es hat keinen ME-Stempel, und der Verkäufer verdrehte verlegen die Augen, als ich ihn fragte, wieso er diese Bücher so billig verkaufen konnte :gruebel ).


    Es war ein Genuss! Das "Milieu", in dem das Ganze spielt, kannte ich ja schon aus Toms "Idiotentest". (Nicht umsonst hat Rabarat seine Rezension zu Toms Buch mit dem Satz angefangen "Unvermeidlich denkt man zunächst an Sven Regeners 'Herr Lehmann'").


    Aber das Buch ist ganz anders. Eigentlich passiert gar nicht viel - und das ist natürlich Programm, denn Herr Lehmann ist nun mal einer, der wenig ehrgeizig in den Tag hinein lebt. Damit hat er mir irgendwie imponiert, denn er hat ja trotzdem sein geregeltes Einkommen, hat Freunde, lernt Frauen kennen... so ganz unglücklich scheint er mir nicht zu sein, auch wenn er sich immer wieder mal fragt, ob das alles seine Richtigkeit hat. Also, sympathisch war er mir schon mal recht schnell, und damit hat es ein Buch bei mir immer leichter.


    Was ich aber besonders genial fand, war der Schreibstil. Ich fand die Sprache in den Gedankengängen und Dialogen einfach auf den Punkt authentisch getroffen, so wie es in der Schriftsprache nur ganz selten gelingt. Das habe ich nicht nur bewundert, sondern es hat mir auch das Lesen leicht gemacht. Ich kann mir schon vorstellen, dass es manche nervt, ewig lange Sätze und ständige Wiederholungen zu lesen; für mich war es das, was das Buch zu etwas Besonderem gemacht hat.


    Wer ein Buch mit ähnlichem Setting, aber mehr Handlung und konventionellerem Stil sucht, der greife lieber zu Tom Liehr (wo man sprachlich schließlich auch auf seine Kosten kommt, nur auf ganz andere Weise). Wer aber mal lesen möchte, wie ein augenscheinlicher Loser aus der Berliner Kneipenszene auch sprachlich in einem Buch zum Leben erweckt wird (und nicht gleich zappelig wird, wenn der Held nicht in die Puschen kommt ;-) ), der greife zu Sven Regener.


    Ich zweifle noch, ob ich "Neue Vahr Süd" auch lesen möchte. Vielleicht ist es beim zweiten Mal nicht mehr so witzig/speziell. Mal gucken. Vielleicht entdecke ich das ja auch mal als Billig-Buch, dann findet sich im RUB sicher noch ein Plätzchen. ;-)

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  • Zitat

    Original von Rabarat
    Ich habe gestern den Film gesehen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich da alles kapiert hätte, wenn ich nicht vorher das Buch gelesen hätte.


    Ich wollte mir den Film auch anschauen, als er im TV kam. Nach 20 Minuten fragte mich Mr Waldfee, ob das mein Ernst sei... Nun ja, ich konnte seine Zweifel verstehen und fand seine Idee, nach einer Alternative zu zappen, ganz gut. Vielleicht bin ich aus dem Herr Lehmann-Alter einfach schon heraus? Sehr schön fand ich allerdings eine Theater-Inszenierung. Hier ist mir der Herr Lehmann zum ersten Mal lebendig und auch ein wenig sympathisch geworden. Trotzdem: Musikalisch gefällt mir Sven Regener besser!

  • Vor kurzem hab ich "Neue Vahr Süd" gelesen.
    Das Buch wurde ja nach "Herr Lehmann" geschrieben, beschreibt aber eher die Vorgeschichte und wie Frank dann schließlich in Berlin landet.


    Mein aufmerksamer Fraund hat mir dann den "Herrn Lehmann" als Hörbuch geschenk, und ich muss sagen: nicht schlecht!!


    "Neue Vahr Süd" fand ich eher seeeeehr langatmig, fast schon nervenaufreibend, diese Trägheit... und außerdem eher düster von der Grundstimmung.
    Insofern hätte ich mir "Herr Lehmann" als Buch nicht mehr angetan.


    Aber das Hörbuch hat mich echt begeistert!!
    Klingt doch vorgelesen gleich wie spritziger, und ich finde es ist echt nett gemacht.
    Ich musste einige Male laut loslachen, vor allem am Anfang, als Frank sich mit dem Hund unterhält :lache


    Ich denke, den Film werd ich mir wohl sparen...

  • Ich bin von Herr Lehmann auch absolut begeistert!


    Ich habe es vor ca 3 Jahren das erste Mal gelesen und seither findet es so ein bis zwei Mal im Jahr nochmal in meine Finger. Diese Trägheit und null spannende Geschichte ist mal etwas anderes und den Humor find ich einfach klasse!


    So waren dann Neue Vahr Süd und der kleine Bruder dann Pflicht!


    Alles in Allem ein klasse Buch - wenn man für diesen Humor offen ist

  • Ich war von "Herrn Lehmann" auch sehr angetan. Erstmals gelesen habe ich es bereits 2004. Nachdem ich vor kurzem aber den Film zu "Neue Vahr Süd" sah, habe ich anschließend auch gleich zum Buch gegriffen und dann "Der kleine Bruder" und nochmals "Herr Lehmann" gelesen, also in der eigentlichen zeitlichen Abfolge der Geschichte.


    "Neue Vahr Süd" hat mir noch besser gefallen als "Herr Lehmann", vielleicht auch, weil ich selbst einige Parallelen zu meiner Bundeswehrzeit knüpfen konnte. "Herr Lehmann" ist auch klasse, "Der kleine Bruder" dagegen fällt etwas ab und plätschert zu sehr vor sich hin. Da würde ich Sven Regener mehr Wunsch zu einem Nachfolger von "Neue Vahr Süd" als Inspiration unterstellen.


    Trotzdem: Lesenswert, unterhaltsam und einen vierten Band würde ich mir sofort kaufen.

  • Zitat

    Original von Midnightgift
    Diese Trägheit und null spannende Geschichte ist mal etwas anderes und den Humor find ich einfach klasse!


    Dem kann ich mich nur anschließen. :-) Ich musste einige male schmunzeln und ein Lachen unterdrücken.
    Besonders die Szene mit dem Hund am Anfang hat mir gut gefallen. :chen


    Das Buch ist wie vieles Geschmackssache - aber ich habe diesen Roman sehr gerne gelesen und die Geschichte hat mir gut gefallen. Optimal für zwischendurch.
    Ich habe mich gut unterhalten gefühlt und hatte das Buch auch schnell durch, weil ich es nicht mehr aus der Hand legen konnte.


    Von mir gibt es 10 Punkte. :wave

  • "Herr Lehmann" ist eines der Bücher, die auch beim wiederholten Lesen nichts von ihrem Reiz verlieren.
    Ich mag das Milieu, in dem der Roman spielt, ich mag die unglaublich witzigen Dialoge und auch Herrn Lehmann Phlegmatismus, der sich einfach treiben läßt, anstatt selbst aktiv zu werden.
    Bei all dem Humor ist es jedoch kein plattes Spaßbuch, es gibt durchaus ernste Töne, die es wahrzunehmen gilt.
    Und über "besoffener Sand" lache ich jetzt noch...