Taschenbuch, 2001
Verlag: Fischer
Kurzbeschreibung:
Der Held dieser Geschichte, Franz, ist nicht erfunden, Wir kennen ihn als den Heiligen Franziskus. Warum erzählt Luise Rinser diese Geschichte des Franz von Assisi, die in historischen Aufzeichnungen überliefert ist, und vor allem wie erzählt sie vom Leben und Wirken dieses jungen Feuergeistes, des Dichters und Sängers aus dem Mittelalter, der als reicher Kaufmannssohn ein wilder Playboy und Verschwender war, bis er als Bettler fortging ins Gebirge zu den Armen und Aussätzigen? Für Luise Rinser war Francesco Bernardone ein geistgetriebener Revolutionär, ein Unbequemer und Außenseiter in einer Zeit, die über die Jahrhunderte hinweg in vielem der heutigen gleicht: Mit der Gründung der ersten Fabrik (Webereien) begann damals der Privatkapitalismus, das Geld der Fabrikanten und Kaufleute, der Fürsten und der Kirche führte zu Machtkämpfen und Kriegen, macht die Armen ärmer und unglücklicher. Luise Rinser geht den historischen Überlieferungen nach und projiziert das Leben des Heiligen Franziskus in unsere Zeit. Ein Zeitungsreporter sucht im Assisi des 20. Jahrhunderts in den Bergen nach der Kommune des Franz, befragt die Leute, die Gegner und Anhänger. Wie Franz von Assisi heute gelebt hätte - als Urwald-Arzt oder Arbeiterpriester, als Sozialhelfer oder Gefängnispsychologe -, darüber wird der Zeitungsreporter berichten, skeptisch und doch angerührt wie ein Historiker vor achthundert Jahren.
Über die Autorin:
Luise Rinser, 1911 in Pitzling in Oberbayern geboren, war eine der meistgelesenen und bedeutendsten deutschen Autorinnen nicht nur der Nachkriegszeit. Ihr erstes Buch, ›Die gläsernen Ringe‹, erschien 1941 bei S. Fischer. 1946 folgte ›Gefängnistagebuch‹, 1948 die Erzählung ›Jan Lobel aus Warschau‹. Danach die beiden Nina-Romane ›Mitte des Lebens‹ und ›Abenteuer der Tugend‹. Waches und aktives Interesse an menschlichen Schicksalen wie an politischen Ereignissen prägen vor allem ihre Tagebuchaufzeichnungen. 1981 erschien der erste Band der Autobiographie, ›Den Wolf umarmen‹. Spätere Romane: ›Der schwarze Esel‹ (1974), ›Mirjam‹ (1983), ›Silberschuld‹ (1987) und ›Abaelards Liebe‹ (1991). Der zweite Band der Autobiographie, ›Saturn auf der Sonne‹, erschien 1994. Luise Rinser erhielt zahlreiche Preise. Sie ist 2002 in München gestorben.
Mein Eindruck:
Bruder Feuer von Luise Rinser ist nur 127 Seiten lang. Ob Erzählung oder Kurzroman, darüber kann man streiten, aber nach meine Leseauffassung ist es eine Novellenform! Das Buch wurde 1975 das erste mal veröffentlicht.
Um die Geschichte eines modernen heiligen Franziskus zu erzählen, lässt die Autorin einen Journalisten nach Assisi fahren. Er recherchiert dort und befragt die Leute über Franz, den viele für einen Verrückten halten.
Louise Rinser lässt den modernen Franz die gleichen Dinge tun, die auch der heilige Franziskus tat, nur in einem anderen Kontext, einer anderen Gesellschaft. Zum Beispiel, seine wilde, ausschweifende Jugend und dass er sich nicht dem Druck des reichen Vaters beugte, sich stattdessen auszog, seinem Vater seine ganzen Sache vor die Füsse warf und frei vondannen zog.
Dann gründete er eine Kommune. (Es sind die siebziger Jahre).
Die Einwohner erschreckt, dass die jungen Leute ihm folgen. Sie bezichtigen Franz, dass er gehirnwäschen erteilt. Möglicherweise droht ein Prozess.
Aber Franz und seine Anhänger tun wirklich nützliche Sachen. Im Gebot der Armut und mit harter Arbeit bewirtschaften sie Weinberge, bauen Staudämme und ähnliches.
Der Journalist stößt auf Tonbandaufnahmen und Briefe,
Je mehr der Journalist über Franz erfährt, umso mehr trennt er zwischen journalistischer Neugierde und der suche nach Wissen. Er möchte immer mehr über Franz erfahren.
Diese Erzählmethode von Louise Rinser halte ich für effektiv.
Es war aber auch notwendig, mich noch zusätzlich über die historische Figur zu informieren, um besser folgen zu können.
Noch ein Wort zum Buchtitel:
Bruder Feuer steht für das Feuer in dem Sonnengesang des Franziskus. Daher hat die Autorin ihrem Roman Passagen aus dem Sonnengesang vorangestellt.
Sei Gelobt, mein Herr,
durch Bruder Feuer,
durch den du die Nacht erleuchtest;
Schön ist er und fröhlich
und kräftig und stark.
Ein interessantes Buch, von der Art, die Idee umzusetzen vielleicht leicht überzogen, doch immerhin lesenswert!