Verlag: Wagenbach
96 Seiten. Broschiert
Aus dem Spanischen von Elke Wehr
Kurzbeschreibung:
Ein junger Mann sucht die Erfahrung der Fremde in einem marokkanischen Nest, Mimoun. Aber er gerät unter Nachäffer und Amoksäufer: einzeln stehende Bäume, deren Wurzeln sich unter der Erde suchen. Ein Buch über die Lebensgier in uns und die Fremde um uns.
Über den Autor:
Rafael Chirbes, geboren 1949 in Tabernes de Valldigna bei Valencia, studierte in Madrid und lebt in Beniarbeig bei Alicante. Er arbeitete als Literatur- und Filmkritiker für verschiedene Zeitschriften, u.a. für das Reise- und Gourmetmagazin Sobremesa. Rafael Chirbes gehört zu den international bekanntesten spanischen Autoren, seine Romane, u.a. "Der lange Marsch", "Der Fall von Madrid", "Alte Freunde", wurden in viele Sprachen übersetzt, für seinen Roman "Krematorium" erhielt er 2008 den Spanischen Nationalpreis der Kritik.
Über die Übersetzerin:
Elke Wehr wurde 1946 im sächsischen Bautzen geboren. 1961 flüchtete sie mit ihrer Familie aus der DDR nach Westdeutschland. Sie studierte Französisch und Italienisch in Paris und Heidelberg, wandte sich jedoch im Folgenden vor allem der spanischen Sprache zu. Wehr übersetzte unter anderem Texte von Octavio Paz, Mario Vargas Llosa, Julio Cortázar, Alejo Carpentier, Jorge Semprún, Rafael Chirbes, Javier Marías und Manuel Rivas.
Im Jahr 2006 wurde Elke Wehr für ihr Gesamtwerk, vor allem aber für ihre Übertragung des Romans Yo, el Supremo (Ich, der Allmächtige) von dem paraguayischen Autor Augusto Roa Bastos mit dem Paul-Celan-Preis für herausragende Übersetzerleistungen ausgezeichnet. Elke Wehr verstarb im Juni 2008.
Mein Eindruck:
Mimoun ist Rafael Chirbes erster Roman. Chirbes ist ein sehr anspruchsvoller, schwierig zu lesender Autor. Doch sein Erstling ist noch geradlinig, auch poetisch und zugänglich, ohne dabei je flach zu sein.
Es geht um Manuel, einen Spanier, der nach Marokko kommt, um da als Lehrer in Fes zu arbeiten und in seiner Freizeit ein Buch zu schreiben. Manuel sucht die Unabhängigkeit. Da ihm Fes zu langweilig wird, zieht er um in einen naheliegenden Ort. Schnell lebt er sich ein. Er zieht zusammen mit Francisco, der ebenfalls aus Madrid stammt und ein leicht exzentrischer Künstler und Dozent ist. Das Zusammenleben ist nicht immer einfach. Manuel wendet sich immer mehr dem Nachtleben in Kneipen und Bordellen zu, hat auch Männerbekanntschaften. Dieses Leben zieht ihn immer mehr in Bann, seine Lehrertätigkeit und Schriftstellertätigkeit vernachlässigt er.
Problematisch wird es, als ein Franzose stirbt, mit dem er befreundet war. Der Franzose war Lyriker, aber auch dem Alkohol und Drogen verfallen. Sein Tod könnte Selbstmord wie auch Mord gewesen sein. Von letzterem ist Francisco überzeugt. Das löst Paranoia bei ihm und Manuel aus.
Es gibt im Buch einige Dialogstellen, die in französischer Sprache abgedruckt sind. Doch am Ende des Buches sind diese Textstellen übersetzt. Eine gute Arbeit des Wagenbach-Verlages. Überhaupt liest sich die Übersetzung gut. Der Tod der Übersetzerin Elke Wehr 2008 war ein großer Verlust für die Leser der spanischsprachigen Literatur.
Mimoun verdichtet sich immer mehr. Die Intensität der Details und der Emotionen des Ich-Erzählers, die Rafael Chirbes beschreibt, ist beeindruckend, dabei vollkommen unprätentiös. Das ist richtig große Literatur!