Gedicht für einen Wettbewerb

  • Zitat

    Original von hinterwäldlerin
    Technik! Sind Gedichte nicht etwas subjektives, in dem man seine persönlichen Ansichten darstellen muss? Und lässt sich das überhaupt mit Technik vereinen?


    Altes Problem. :-) Klar drückt man in einem Gedicht Gefühle aus, nur sollte das doch so passieren, daß es der potentielle Leser auch versteht bzw. etwas damit anfangen kann.


    Falls der Text nur für Fabienne selbst eine Bedeutung haben sollte, dann ist er als Wettbewerbsbeitrag m. E. nach eh ungeeignet, egal ob man nun auf den "technischen" Schwächen herumreitet oder nicht.


    Mit einem Roman dem jegliche Interpunktion, jegliche Absatzformatierung, geschweige denn eine funktionierende Handlung fehlt würdest Du doch auch als nicht lesbar einstufen, oder?


    Gruss,


    Doc

  • ja, ja, ja
    auf alle Fragen.
    Es sind subjektive Aussagen,
    Technik muß sein und
    der Dreh dran ist genau der, die beiden zu vereinen.


    Das Problem ist, daß ihr etwas hinschreibt, was ihr Gedicht nennt, ohne euch zu überlegen, was ihr da tut.


    Wasserfarbenklecksereien von Kindern sind auch Bilder.
    Deswegen sind sie noch lange keine Gemälde.
    Klaviergeklimper und Geigengeschrubbe klingt wie 'Musik', ist aber keine.


    Ja, auch Amateure können Großartiges hinkreigen, man muß nicht Profi sein.
    Aber selbst für Amateure ist euer Beispiel ein bißchen wenig.


    Ihr tappt da unbedarft in Richtung Kunst und wenn einer den Finger hebt und sagt, Achtung Leute, hier wohnen Drachen, ist es plötzlich bloß Spielerei gewesen.
    Geht ihr morgens zum Bäcker und sagt, ey, Meister, laß mich mal den Brotteig kneten, ich kann das auch???
    Schreiben ist schwer. Glaubt es endlich.


    Magali, knurrend wie ein Drache kurz vorm Feuerspeien

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Huhu, Doc.


    Zitat

    Klar drückt man in einem Gedicht Gefühle aus


    Ein weit verbreitetes Fehlurteil, dem zu verdanken ist, daß sich viele Zappelliebeslüriker für Gedichteschreiber halten. :grin


    Form und Technik gibt es selbstverständlich auch im lürischen Bereich; tatsächlich scheinen mir die "technischen" Anforderungen dort gelegentlich sehr viel höher zu sein als bei Prosa, wenn ich so "meinen" Lürikern (bei den 42ern) bei der Arbeit zusehe. Natürlich öffnet Lürik auch sehr viel mehr Chancen für Experimente, da Syntax und Orthographie weitaus leichter gebogen und gebrochen werden können. Aber auch das muß - sollte - kunstfertig geschehen.

  • Zitat

    Original von Tom
    Ein weit verbreitetes Fehlurteil, dem zu verdanken ist, daß sich viele Zappelliebeslüriker für Gedichteschreiber halten. :grin


    Hm. Erklär mal näher.
    Wenn Du einen Roman schreibst, da drückst Du doch auch Gefühle aus. Es müssen nicht unbedingt die eigenen sein, auch bei einem Gedicht nicht. Oder verstehe ich das vollkommen falsch?


    Gruss,


    Doc

  • Tja, da haben wir 's: Lyrik -- was ist denn das??? :wow
    Muß man was können, was gelernt haben, um seine Gefühle auszudrücken? Oder muß das irgendwie unbedingt mit Reim und Versmaß gebastelt werden? Was sind denn nun die wesentlichen Merkmale von Lyrik?


    Und da es mich schwer interessiert, habe ich einen neuen Thread zum Thema gestartet: Lyrik bzw. Poesie -- Was ist das denn nun?

  • Zitat

    Original von Doc Hollywood
    Hm. Erklär mal näher.
    Wenn Du einen Roman schreibst, da drückst Du doch auch Gefühle aus. Es müssen nicht unbedingt die eigenen sein, auch bei einem Gedicht nicht. Oder verstehe ich das vollkommen falsch?


    Natürlich versucht man manchmal, Gefühle von Figuren auszudrücken, so zu vermitteln, daß sie nachvollziehbar, verstehbar werden. Aber in erster Linie versucht man, Gefühle zu wecken, entstehen zu lassen. Auch empathische, aber auch solche wie Angst, Spannung, Mitgefühl usw.


    Der Ansatz bei Lürik ist zumeist ein etwas anderer, aber ich bin in diesem Bereich zu wenig firm, um das erklären zu können. Dennoch - der Versuch, Gefühle auszudrücken, ist die Hauptintention vieler Gelegenheits- und Liebesbrieflüriker. Diejenige vieler Leute, die es besser können, ist günstigstenfalls der, Gefühle zu vermitteln. Das ist ein anderer Schuh. Aber, wie gesagt: Nicht meine Spielwiese. Allerdings sind die Metaphern und Sprachbilder des obigen Gedichts so ... übersichtlich, daß auch meinereiner was dazu sagen konnte. :grin

  • Ein paar Anmerkungen, Fabienne und Hinterwäldlerin:


    Guckt mal zuerst in die Wettbewerbsausschreibungen und lest nach, ob euer Beitrag unveröffentlicht sein muss. Dies gilt in der Regel auch für Internetveröffentlichungen, d. h. dieser Beitrag hier gilt als „Veröffentlichung“. Wenn ihr unbedingt mitmachen wollt, löscht den Text so schnell wie möglich und überprüft später, ob Google nichts mehr findet.


    Zum Inhalt eine Handvoll Bastelvorschläge:
    Werft zuerst die Wortwiederholungen raus (kalt, Kälte, deine Augen), die fallen bei einem kurzen Text auf.
    Dann seht euch kritisch alle Adjektiv-Nomen-Konstruktionen an und werft raus, was zu geläufig bzw. banal klingt (stummer Blick, bodenlose Tiefe ...).
    Jetzt wird es schwieriger: Überprüft alle weiteren Redewendungen auf ihre Richtigkeit, indem ihr sie euch vorstellt (kalter Schleier – gibt es das?, Gesang tanzt aus den Augen – hm, wie muss ich mir das vorstellen?). Werft raus, was ihr euch unmöglich vorstellen könnt und ersetzt es durch was Besseres.
    So, und jetzt überlegt, welche Geschichte ihr erzählen wollt: Wenn ihr die Augen des Gegenübers beschreiben wollt, springt nicht zwischen „ich“ und „wir“, sondern bleibt beim Gegenüber und geht nur sparsam zum „Ich“.
    Wollt ihr die Kommunikation von euch beiden hervorheben, setzt „ich“ und „du“ zu fairen Anteilen ein, kann auch im regelmäßigen Wechsel sein.
    Hat eure Geschichte eine Steigerung, einen Höhepunkt? Wenn ja, ändert die letzten Zeilen.
    Passt die Überschrift zum Rest? Lockt sie den Leser? Wenn nein – ändern!
    Zur Zeichensetzung: Entweder konventionell mit allen korrekten Zeichen – oder grundsätzlich am Zeilenende weglassen, aber einen einheitlichen Stil wählen.


    Und zuletzt: Lest jede Zeile einzeln und überlegt, warum sie wichtig für die Geschichte ist. Werft Überflüssiges raus.
    So, was jetzt vorhanden ist, das lest bitte laut und überlegt euch, welche rhythmische Wirkung eure Zeilen haben. Es muss kein Wilhelm-Busch-Format werden, aber es sollte klingen. Der Wechsel zwischen kurzen und langen Zeilen sollte eine Absicht erkennen lassen. Achtet darauf, wie ihr betont und stellt euch notfalls vor, was euer letzter Deutschlehrer dazu sagen würde.


    Ich vermute, dass ihr bei der Überarbeitung fluchen werdet, sorry, aber ein Gedicht ist für mich nichts anderes als eine Miniatur-Geschichte und jedes nachlässig gewählte Wort zerstört die Gesamtwirkung, deshalb würde ich eine Menge Arbeit hineinstecken, damit eure Ideen sichtbar werden.


    Lieben Gruß


    polli

    Die Zeit schreitet voran. Und du, Mensch?

    S. J. Lec

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von polli ()

  • Pollis Beitrag gefällt mir gut, weil er (als Ausnahme unter den Antworten ) konstruktiv ist und Fabienne wirklich weiterhelfen könnte. Ich habe, nachdem ich das Gedicht gelesen habe, sofort das Geburtsdatum der Autorin gesucht...


    Vor diesem Hintergrund kann ich zwar die Kritik am Gedicht, nicht aber deren Schärfe nachvollziehen ! Es ist für mich schon ein Unterschied, ob eine 15-jährige so ein Gedicht schreibt oder jemand, die z.B. doppelt so alt ist...

    „Streite niemals mit dummen Leuten. Sie werden dich auf ihr Level runterziehen und dich dort mit Erfahrung schlagen.“ (Mark Twain)

  • Liebe Fabienne,


    dein "Gedicht" erinnert mich an viele, die ich mit 15 geschrieben habe... :-)


    Aus heutiger Sicht muss ich leider sagen: Es gefällt mir nicht. Ich empfinde es gar nicht als Gedicht (der Rhytmus fehlt), und der Inhalt mag für dich persönlich von großer Bedeutung sein - anderen Lesern erschließt er sich leider nicht, und deshalb finden sich andere Leser darin auch nicht wieder.


    Wenn du an einem Poesie-Wettbewerb einer Mädchen-Zeitschrift teilnehmen willst, dann schicke dein Gedicht ein. Die Jury liest es ganz bestimmt mit anderen Augen als wir "verbissenen" alten Büchereulen!


    Und wenn du Spaß am Gedichte schreiben hast, dann lass dich von diesem Versuch hier nicht entmutigen! Mir hat das früher auch sehr viel gegeben!!


    Liebe Grüße von der Waldfee

  • churchill


    ja, sicher macht es einen Unterschied.
    Bloß haben wir die Frage, was ein Gedicht ausmacht ,schon öfter im Forum diskutiert, am Beispiel von Gedichten anderer Eulen. Da hegt man zuweilen die Hoffnung, daß die, die danach ein Gedicht einstellen, vielleicht den einen oder anderen Hinweis aufgenommen haben. es ist nicht Fabiennes erster Text hier. Über die Frage der Adjektive hatten wir bereits.


    Aber ich wiederhole es auch hier gerne noch mal, schließlich kann es nicht oft genug gesagt werden:


    Wörter aneinanderreihen und in Kurz-Sätzen arrangieren macht noch kein Gedicht.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Ja, war doch klar!
    Um den harten Ton gab es hier auch schon harte Auseinandersetzungen :lache
    Die Autorenecke kann ich zum Stöbern nur empfehlen, da gibt es tolle Fundstücke an Texten ebenso wie an Gekeife!!
    Ein paar gescheite Sachen stehen auch drin.
    Enjoy!

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus