Kinderfreundlichkeit in Deutschland

  • Hallo zusammen,


    eine Nachricht heute Morgen und eine Doku vor 2 Tagen im TV haben mich etwas nachdenklich gemacht.


    Heute Morgen im Radio wurde gesagt, Deutschland gibt sehr viel Geld für die Familienpolitik aus, aber vor allem für Kindergeld und sonstige Bezüge, weniger für die Familienförderung. OK, und das wollen sie ändern. Sie wollen Familienfreundlicher werden. Sie haben eine Umfrage gemacht bei Frauen, sowohl Singles als auch mit Partner wie es mit dem Kinderwunsch aussieht. Über 60 % der gebundenen Frauen können sich mit ihrem derzeitigen Partner keine Kinder vorstellen, weil er nicht der richtige ist. Die Allgemeine Umfrage ergab, dass die Angst den Job zu verlieren, bzw. nach dem Mutterschutz nicht mehr in den Betrieb zurückzukehren die größte Angst der Frauen war, warum sie keine Kinder bekommen würden.


    Vor zwei Tagen im TV eine Sendung, in der eine Familie mit 5 Kindern begleitet wurde. Sie suchen seit 7 (!!!!!!) Jahren eine neue, größere Wohnung und haben nichts bekommen, weil sie zu viele Kinder haben, wie viele Vermieter meinen. Das wäre zu viel Krach und getrampel.


    Jetzt meine Überlegungen:
    Deutschland will von der Politik und der Förderung her Familienfreundlicher werden. Aber die Bevölkerung hat keine Sicherheit mehr, weil sie Angst haben, sie könnten ihren Job verlieren. Und dann gibt es so viel Intoleranz gegenüber Familien mit vielen Kindern.


    Wie seht ihr diese Situation? Ich finde, es müsste sich erstmal was an der EInstellung vieler Bürger ändern, damit es Familien mit vielen Kindern auch mal leichter gemacht werden kann. Ich finde es unheimlich schade, dass solche Familien so große Schwierigkeiten haben und da wundert es mich nicht, dass so viele sich gegen Kinder entscheiden.

    Auch aus Steinen,
    die dir in den Weg gelegt werden,
    kannst du etwas Schönes bauen

    Erich Kästner

  • Also erstmal traue ich in dieser Beziehung keiner TV-Sendung oder Zeitungsartikeln. Die machen diese Beiträge ja erwiesenermaßen nicht zur Volksaufklärung, sondern um Quote zu machen. Logisch, dass man das am besten mit solchen Aufregern schafft.


    Andererseits kann man sich die Situation auch sehr leicht noch schlechter reden, als sie ist. Arbeitsplatzsicherung gibt es ja schon und durch die Elternzeit können beide Elternteile sich um Kindererziehung kümmern und zwar mit anschließender Arbeitsplatzgarantie.


    Dringend verbesserungswürdig sind die Unterbringungsmöglichkeiten für Kinder. Es gibt zwar eine Kindergartenplatzgarantie für Kinder ab 3 aber als berufstätige Mutter weiß ich, dass die Probleme dann anfangen, wenn die Kinder in die Schule gehen. Da mangelt es bundesweit an ausreichenden Einrichtungen wie die offenen Ganztagsschulen um den Müttern eine Berufstätigkeit zu ermöglichen.

  • Na ja, extrem kinderfreundlich würde ich es hier auch nicht einschätzen. Ich selbst habe 3 Kinder, war fast durchgehend berufstätig, immer Vollzeit und manchmal ist es mir schwer gefallen, den Spagat zwischen Beruf und Privat zu schaffen.


    Erst gestern habe ich gehört, dass man darüber nachdenkt, die Arbeitsplatzerhaltung für die Zeit nach dem Erziehungsurlaub abzuschaffen weil es für die Betriebe unrealistisch ist .............. ich sehe Familien und speziell Frauen immer weniger abgesichert und abhängig von Sozialhilfe. :fetch


    Wäre ich heute jung und würde die diversen Meldungen in den Medien verfolgen, ich würde wohl auch keine Kinder wollen.


    Frauen sollen arbeiten, es sollen mehr und ausreichend Krippenplätze geschaffen werden und es wird gleichzeitig darauf hingewiesen, dass immer mehr Kinder unbetreut vorm TV oder PC sitzen oder sich in falschen Kreisen/Gruppen aufhalten. Wenn man dann noch die hohen Scheidungsraten sieht, die Probleme in sog. Patchwork-Familien, das ganze Unvermögen dauerhaft Partnerschaft zu leben ............. dann wird mir einfach nur schlecht.


    Gabi


  • Was mir einfällt, heute Morgen hat mein Freund gesagt, der Staat will in 1-2 Jahren das Kindergeld abschaffen. Alle die jetzt Kindergeld bekommen, werden es auch wieterhin bekommen. Alle anderen, die ab einem bestimmten Stichtag Kinder haben, nicht mehr. Ich weiß nicht, was da dran ist. Ist allerdings schwer vorstellbar, wo sie doch Kinderfreundlicher werden wollten....

    Auch aus Steinen,
    die dir in den Weg gelegt werden,
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    Erich Kästner

  • Zitat

    Was mir einfällt, heute Morgen hat mein Freund gesagt, der Staat will in 1-2 Jahren das Kindergeld abschaffen. Alle die jetzt Kindergeld bekommen, werden es auch wieterhin bekommen. Alle anderen, die ab einem bestimmten Stichtag Kinder haben, nicht mehr.



    Das dürfte wohl ins Reich der Sagen fallen und eklatant gegen verfassungsrechtliche Grundsätze verstossen. *kopfschüttel*

  • Ich werfe das jetzt nur mal in den Raum - zerpflückt es nach Belieben, nehm ich nicht persönlich - aber ich würde gerne die Meinungen dazu hören:


    Obwohl es weniger Kinder gibt, werden diese immer weniger erzogen und betreut, einfach vor dem Computer oder Fernseher geparkt, mies ernährt ...


    Viele Kinder bekommen (bis auf wenige Ausnahmen) vor allem sozial schwache Leute. Es lohnt sich eben, man kann sich darauf ausruhen.


    Jemand der gut verdient, organisiert ist und Kind und Beruf irgendwie schafft, der wird sich nicht für einige Euro mehr ein Kind anschaffen. Also die Leute, die entsprechende Power haben, ob es nun finanziell, emotional oder einfach aus dem eigenen Wunsch heraus haben, für die ist es normalerweise kein Grund, auf ein Kind zu verzichten, weil der Staat zu wenig zahlt.


    Wir brauchen nicht noch mehr Menschen, wir brauchen einen höheren Anteil an Menschen, die gut erzogen und ausgebildet sind - das erreicht man eben nicht, indem man jedem versoffenen Sozialhilfeempfänger als einzigen Ausweg "Kindermachen" lässt.


    Das führt wieder zu vernachlässigten unausgebildeten Kindern, damit zu Sozialhilfeempfängern, die wieder nur Kinder machen - ich glaub, das hat die Politik langsam umhirnt.


    Natürlich muss Menschen geholfen werden, die mehrere Kinder haben, arbeitslos werden und evtl. getrennt leben.
    Daß es aber zum Normalfall wird, sich von beliebigen Typen Kinder machen zu lassen um die man sich dann nicht kümmert, nur um vom Kindergeld und sonstigen Zuwendungen zu leben - das kann es nicht sein.
    Warum wohl hat der Staat etwas gegen diese einseitigen Vaterschafts-Tests - er kann es sich schlicht nicht mehr leisten, für Kinder aufzukommen, deren Vater nicht feststellbar ist. UND deren Mütter diese Situation ganz bewußt herbeigeführt haben.


    *undwegduck*


  • Hi Buchling
    ich möchte deine Worte nicht zerpflücken, denn es steckt wirklich viel Wahrheit darin. Es ist in der Tat so, dass viele Eltern ihre Kinder nicht gut erziehen, bzw. sie zum ruhigstellen wirklich vor den PC oder TV setzen. Viele Kinder werden dadurch aggressiv. Aber das ändert nichts.
    Es ist auch wahr, dass viele ärmere Menschen eher Kinder zeugen um dann besser leben zu können. Was natürlich nicht der richtige Weg ist und dagegen muss auch etwas getan werden.


    Ich bin in der Hoffnung, dass sich an den Betreuungsangeboten etwas ändert und die Bildung gefördert wird. Mal sehen, was sich da in nächster Zeit ergibt.

    Auch aus Steinen,
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    Erich Kästner

  • Hi Branka,


    davon hab ich nichts gehört aber mich wundert schon lange nichts mehr. Irgendwo scheint ein Brutkasten zu stehen für die irrwitzigsten Ideen :lache.


    Es gibt noch einige Punkte, die uns als nicht sehr kinderfreundlich dastehen lassen und da geht es nicht allein um das was die Politik verbockt:


    zugemüllte und von Hunden vollgekotete Spielplätze und Grünanlagen
    Alkoholiker und Drogenabhängige auf Spielplätzen, an Bushaltestellen und eigentlich allen Orten, die ausgestattet sind zum relaxen, verschnaufen und was weiß ich :fetch
    hohe oder überhöhte Preise für alles was Kindern Spaß macht, egal ob Eintrittgelder, Kleidung, Spielzeug
    Handicaps bei Wohnungssuche oder Arbeitssuche von Müttern
    fehlende Spielmöglichkeiten im direkten Umfeld der Kinder
    fehlende Toleranz wenn es mit mehreren Kindern mal lauter zugeht


    Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass wir (früher, als ich Kind war) hinterm Haus und vor dem Haus tausend Möglichkeiten hatten zu spielen, zu toben, zu schreien ............... wenn wir alle zusammen waren dann kamen locker 15 bis 20 Kinder zusammen ............... wir leben heute in einem 8-Parteien-Haus und ich bin die einzige mit 2 Kindern, dann gibt es noch einen Säugling und ansonsten ist die Straße leer, alte Leute, keine Kinder und auch kein Kinderlärm, eigentlich fast tote Hose ............. wenn meine nicht wären mit ihren Freunden. Also, irgendwie fallen wir immer wieder auf :grin.


    Gabi

  • Ich versteh' es nicht. Tut mir leid.
    Wenn ich mir das so durchlese, dann bekomme ich den Eindruck, daß die Entscheidung für Kinder vorallem von den Leistungen des Staates bzw. der Einstellung der vielen ach so kinderfeindlichen Bürger abhängt?!


    Ich dachte bisher, daß sich zukünftige Eltern unabhängig von monetären Anreizen und der Meinung anderer Leute für oder gegen Kinder entscheiden. Kinder sind doch gerade in Europa keine Vernunftentscheidung oder gar eine Altersabsicherung.


    Wenn jemand wirklich(!!) Kinder großziehen möchte, dann ist es denjenigen auch egal, ob sie anschliessend auch mit allen möglichen finanziellen oder arbeitsrechtlichen Absicherungen bedacht werden. Alle anderen, die erstmal gucken, was der Staat alles für Eltern locker macht (oder auch nicht), wären eh besser beraten keine Kinder zu bekommen. Kinder kosten viel viel mehr, als irgendeine staatliche Hilfe gewährleisten könnte. Da ist Kindergeld wahrlich nur ein Tropfen auf einem glühendheißen Stein, der nicht mal mehr ansatzweise ins Gewicht fällt.


    Ich kann ehrlich gesagt auch nicht glauben, daß das die Gründe sind, warum heutzutage weniger Kinder geboren werden. Wenn ich mich alleine in meinem Bekanntenkreis umschaue, wieviele Leute es da gibt, die gerne Kinder hätten, aber aus unerklärlichen Gründen keine bekommen (können), dann glaube ich nicht an diese angeblichen repräsentativen Umfragen.


    Gruss,


    Doc

  • Nur mal so als kleiner Einwurf: Bei der Sozialhilfe wird das Kindergeld als Einkommen angerechnet und mindert so die gezahlte Sozialhilfe. Das Gerücht vom selbstfinanzierenden Kinderreichtum ist also nicht so ganz stimmig. Ein bisschen anders sah das beim Erziehungsgeld aus. Aber mittlerweile haben auch die Dümmsten begriffen, dass auch diese Rechnung nicht aufgeht. Kinder kosten Geld, ob man sich nun intensiv um sie kümmert, oder nicht, und auch mit vielen Kindern lebt es sich von Sozialhilfe nun mal mitnichten wie die Made im Speck!

  • Zitat

    Original von Doc als Gast
    Ich versteh' es nicht. Tut mir leid.
    Wenn ich mir das so durchlese, dann bekomme ich den Eindruck, daß die Entscheidung für Kinder vorallem von den Leistungen des Staates bzw. der Einstellung der vielen ach so kinderfeindlichen Bürger abhängt?!


    Hm, ich hab meine Kinder ganz sicher nicht bekommen um den Staat abzuzocken ................... oder hab die Geburten von der jeweiligen Familienfreundlichkeit abhängig gemacht, nee, sicher nicht.


    Aber da ich meine Kinder mit großem zeitlichen Abstand bekommen habe (zwischen dem ersten und dem zweiten lagen fast 15 Jahre) kann ich einigermaßen beurteilen, was früher einfacher war und heute schwerer fällt. Manchmal macht auch eine Anhäufung von Problemen erst bewußt, dass sich hier etwas um 180° gedreht hat.


    Und was den allgemeinen Kinderwunsch angeht:
    Ich bin seit insgesamt 33 Jahren im gleichen Konzern beschäftigt, ich habe viele Kolleginnen, die sich hier ein bisschen hochgearbeitet haben ........... ältere sind mittlerweile in Rente, jüngere rücken nach und die wenigsten Frauen haben Kinder oder wollen Kinder. Sie sehen ihre soziale Stellung gefährdet, fühlen sich nicht sicher genug in ihren Partnerschaften, haben Angst vor der Verantwortung für ein Kind und ich bin mit 3 Kindern hier fast ein Exot, war ich eigentlich immer, schon aufgrund meiner Lebenseinstellung und meiner 'Stehaufmännchenmentalität'.


    Meine männlichen Kollegen werden eher Vater als meine Kolleginnen Mutter. Also gehe ich mal stark davon aus, dass die Ängste den Arbeitsplatz zu verlieren ziemlich groß sind bei den Frauen. Die Konsequenzen für Männer sehen anders aus und ich habe nur einen Kollegen, der sich den Erziehungsurlaub mit seiner Frau geteilt hat, beim ersten Kind, beim zweiten stellte sich die Frage gar nicht mehr weil er keinen Bock hatte darauf und sie sich mittlerweile zu Hause ganz wohl fühlt.


    Die Entscheidung FÜR ein Kind war früher sicherlich sehr viel leichter und normaler als heute. Da spielen viele Faktoren mit.


    Gabi

  • Zitat

    Meine männlichen Kollegen werden eher Vater als meine Kolleginnen Mutter.


    Hmm, wenn die nicht alle dieselbe Mutter bevorzugen, dann stimmt die Schlußfolgerung nicht so ganz. ;-)

  • Gabi
    Die Entscheidung FÜR ein Kind bedeutet nun mal auch einen Abschied vom gewohnten Lebensstandard. Das so was nicht leichtfällt und viele lieber sich nicht noch zusätzliche Sorgen (sei es nun um Geld, Job, Kind, Zeit) freiwillig aufhalsen wollen, sondern sich lieber ein Leben in relativem "Luxus" gönnen, ist mir schon klar.


    Was mich dabei aber immer wieder stört, daß DIESER Grund aber meist nicht genannt wird, sondern eben das der Staat und die Bürger kinderfeindlich sind, etc. etc.. Die eigene Bequemlichkeit möchte eben keiner nennen.


    Gruss,


    Doc

  • Ist doch klar, dass so ein kleiner Nebenkriegsschauplatz prima ablenkt. :grin


    Wer gibt schon gern zu, dass er da etwas bequemere Prioritäten (im Falle einer bewußten Entscheidung aus eben diesen Gründen) setzt.


    Trotz der vielen Widrigkeiten, die das Leben mit Kindern mit sich bringt, und die finanziellen sind noch die geringsten, bereue ich die Entscheidung für meine Kinder nicht. Dennoch werde ich nicht aufhören zu versuchen, an den misslichsen Umständen etwas zu ändern. Da gibt es ein paar schöne Vorbilder in Europa, die man anführen könnte.

  • Idgie
    Da gebe ich Dir ja auch uneingeschränkt recht. Mißstände müssen aufgezeigt werden (gibt ja auch genug davon) und nach Möglichkeit zum Besseren verändert werden.


    Die Entscheidung für oder gegen Kinder sollte m. E. aber nicht von staatlichen Fürsorgeleistungen abhängig gemacht werden, sondern ist stets eine reine Herzens- und Gewissensentscheidung der potentiellen Eltern. Da gibt's keine faulen Blabla-Ausreden.


    Gruss,


    Doc

  • Ich hoffe jetzt doch sehr, dass ich nicht so zu euch rüber gekommen bin, dass mich meine Kinder kreuzunglücklich gemacht haben .............. da ist eher das Gegenteil der Fall und die Entscheidung FÜR meine Kinder habe ich ohne Wenn und Aber gefällt.


    Ich wünschte nur, sie hätten heute noch die gleichen Möglichkeiten wie wir sie früher hatten ............... toben und spielen können ohne nachbarliches Gegrummel, Hundescheiße, Fixer und Säufer ................... das wäre mir wichtiger als mehr Luxus oder Geld.


    Gabi

  • Nein, ich glaub dir das schon, dass du dich aus freien Stücken von Herzen für deine Kinder entschieden hast.


    Allerdings kann ich deine Erfahrungen nicht so ganz bestätigen. Das Umfeld hier, wo ich wohne, ist noch recht in Ordnung. Da gibts keine von Fixern und Pennern belagerten Spielplätze. Aber das mag daran liegen, dass ich im ländlichen Bereich fern ab einer Großstadt lebe und nicht z. B. in Berlin-Neukölln.

  • Zitat

    Original von Doc als Gast
    Wenn ich mir das so durchlese, dann bekomme ich den Eindruck, daß die Entscheidung für Kinder vorallem von den Leistungen des Staates bzw. der Einstellung der vielen ach so kinderfeindlichen Bürger abhängt?!


    Ich dachte bisher, daß sich zukünftige Eltern unabhängig von monetären Anreizen und der Meinung anderer Leute für oder gegen Kinder entscheiden. Kinder sind doch gerade in Europa keine Vernunftentscheidung oder gar eine Altersabsicherung.


    Kinder sind eine Vernunftentscheidung, seit vor 4000 Jahren oder so die Menschen den Zusammenhang zwischen Zeugung und Geburt begriffen haben. Schon Onan hat es nach der Zwangsheirat mit seiner verwitweten Schwägerin Tamar ganz bewußt vermieden, ein Kind zu zeugen, das seine Position in der Erbfolge des Stammes Juda hätte verschlechtern können. Beim Zeugen von Kindern spielt außer dem Spaß am Zeugungsakt an sich immer eine Güterabwägung eine Rolle: was für Kosten wird das Kind verursachen? Kann es dereinst im Familienbetrieb mitarbeiten? Gibt es etwas zu vererben? Und seit die Altersvorsorge verstaatlicht wurde: zahlt sich die Invastition in ein Kind überhaupt aus, oder macht se mehr Sinn, das Geld anderweitig anzulegen? Der Wunsch, im eigenen Kinde möge etwas von den Eltern - sei es genetisch, oder durch Weitergabe von Werten und Idealen - die Zeiten überdauern, ist ja nur einer von verschiedenen konkurrierenden Wünschen, die der individuelle Mensch hat.


    In der Hinsicht unterscheiden wir uns nur in der Gewichtung der Kriterien von unseren Vorfahren, nicht aber in der teils vernünftigen, teils emotional geprägten Entscheidungsfindung: auch wenn heute mehr auf das Individuum geachtet wird als auch den Familienclan, ist und bleibt die Entscheidung, ob, wann und wieviele Kinder man sich leistet, bei den Leuten, die überhaupt gewohnt sind, ihren Kopf zu benutzen, eine Kopfentscheidung. Völlig unabhängig von den äußeren Umständen nur aus dem Bauch heraus zu entscheiden, wäre nämlich schlicht und einfach dumm.

  • Hallo Doc,


    wir haben das Kinderkriegen mitnichten von irgendwelchen finanziellen Überlegungen und staatlichen Leistungen abhängig gemacht. Ich wollte immer Kinder haben, das habe ich schon gewusst, seit ich zwölf war.
    Nun bekomme ich aber, wenn ich mich in meinem Bekanntenkreis so umsehe, immer mehr den Eindruck, als seien wir eine aussterbende Spezies. Rundherum achten alle VOR der Familienplanung darauf, ob sie sich Kinder denn leisten können, und wenn ja, wieviele.


    Gut, wir waren schon immer unvernünftiger als andere Leute, vielleicht auch naiver, aber ich habe meine vier Kinder gerne bekommen.


    Zitat

    Original von Doc als Gast
    Wenn jemand wirklich(!!) Kinder großziehen möchte, dann ist es denjenigen auch egal, ob sie anschliessend auch mit allen möglichen finanziellen oder arbeitsrechtlichen Absicherungen bedacht werden.


    Ganz so ist es auch nicht. Das üble Erwachen kam bei uns nämlich später: Es ist mir nicht wirklich egal, dass wir immer am Null-Level rumkrepeln, obwohl mein Mann relativ gut verdient.
    Hätte ich gewusst,
    a) wieviel Theater es in der Schule immer gibt, heute, wo alle an den Kindern herumerziehen wollen in Situationen, wo früher gesagt wurde, ach, das lernt der schon
    und b) WIE wenig Geld übrigbleibt (wenn denn welches übrigbleibt), wenn die Kinder aus dem Babyalter heraus sind (weil ständig hier und da und dort ein paar Euronen weggehen, und die Märchensteuer wird ja auch mal sechs gezahlt),
    dann hätte ich vielleicht überlegt, die Kinderzahl zu reduzieren. Also vorher *g*


    Aber ich wusste es nicht, und wenn, weiß ich nicht, ob ich da was gegen meine damalige Babymacke hätte tun können. Aber so sind eben nur wenige Leute. Und die, die ungewollt kinderlos geblieben sind, wollten vielleicht auch nur ein oder zwei Kinder, nehme ich an.


    Zitat

    Original von Doc als Gast
    Da ist Kindergeld wahrlich nur ein Tropfen auf einem glühendheißen Stein, der nicht mal mehr ansatzweise ins Gewicht fällt.


    Nojo, ich bin schon froh, dass es wenigstens DAS gibt!
    Das Elterngeld soll ja auch wieder einkommenabhängig sein. Also sind wir wieder in den A.... gekniffen, wenn die Kinderzahl nicht berücksichtigt wird.


    Wie man es dreht und wendet: Es ist derzeit schwierig, irgendwo einen positiven Ansatz zu sehen, der auch umsetzbar ist. Ob das jetzt Familienpolitik, Bildung, Renten, oder was auch immer betrifft. Und ich denke auch nciht, dass eine andere Regierung das schneller hinkriegen könnte.


    Liebe Grüße von Petra & Rasselbande :wave

  • Gabi
    Nein, Du bist bei mir nicht so rübergekommen.
    Ich lebe mitten in der Großstadt und habe aber Gott sei Dank keine solchen Einschränkungen in der Kindheit meiner beiden Kinder wahrgenommen. Klar gab und gibt es hin und wieder Probleme mit Vandalismus auf Spielplätzen, etc. etc., aber die gab es in meiner lang zurückliegenden Kindheit genauso. Meine Kinder konnten genauso im Hinterhof, in Grünanlagen und auf der Straße spielen, wie ich auch und wurden mal mehr, mal weniger freundlich von den Leuten aufgenommen.


    Man sollte nur nicht den Fehler begehen solche Dinge, wie die eigene Kindheit mit einer nostalgischen Verklärung zu betrachten. Früher war nicht alles besser, schöner, bunter, freundlicher gegenüber Kindern. Es gab bereits vor 30 Jahren schon Fixer und Säufer in den Parks, es gab auch vor 30 Jahren schon Hundescheiße in jeder Wiese und auf den Gehwegen. Das Kindergeld und andere Leistungen waren im Vergleich deutlich niedriger und soziale Arbeitszeitregelungen für berufstätige Mütter waren nicht in Sicht. Wie gesagt, lassen wir die Nostalgie einfach mal weg und schon haben wir eine Kindheit heute in Deutschland, die sich nicht allzu sehr von der von vor 30 Jahren unterscheidet.


    Gruss,


    Doc