Das Hurenschiff - Martina Sahler

  • Angaben zum Buch:


    Taschenbuch: 336 Seiten
    Verlag: Knaur TB (1. Dezember 2014)
    Sprache: Deutsch
    ISBN-10: 3426513838
    ISBN-13: 978-3426513835
    Größe und/oder Gewicht: 12,5 x 3 x 19 cm



    Kurzbeschreibung:


    London im 18.Jahrhundert: Auf der berühmt-berüchtigten Lady Juliana, dem Segelschiff, das Straftäterinnen nach Australien bringt, treffen sie aufeinander: die zarte Claire, die unschuldig für einen Diebstahl büßen soll; die blutjunge Molly, die ein Verbrechen beobachtet hat und selbst verhaftet worden ist; die zupackende Rose und die bärbeißige Dorothy. Auf See müssen sich die Frauen in der brutalen und erbarmungslosen Männerwelt auf dem Schiff behaupten. Jack Barnes, der Steuermann, hat ein Auge auf Claire geworfen. Doch die junge Frau kann ihren Verlobten Henry nicht vergessen und hofft auf ein Wiedersehen …



    Zur Autorin:


    Martina Sahler, Jahrgang 1963, lebt mit ihrer Familie in der Nähe von Köln. Das Studium der Germanistik und Anglistik brachte ihr auch die Erkenntnis, dass ihr die bunte Praxis des Schreibens lieber ist als die graue Theorie. Nach Volontariat in einem großen Publikumsverlag und mehrjähriger Arbeit als fest angestellter Redakteurin für Belletristik arbeitet sie seit über 20 Jahren freiberuflich rund ums Buch - als Ghostwriter, Lektorin und Autorin. In ihrem Büro mit Blick in Bergische Wälder und den Katzen Lottie und Lilly um die Beine schreibt sie Liebesromane, historische Romane und Jugendbücher. In 2014 erscheinen ihre E-Book-Editionen "Wilde Zeiten" und "Young History".



    Eigene Meinung:


    London, 1788: Molly ist auf der Flucht vor einem Freier als sie plötzlich gefangen genommen wird. Claire ist eine gut behütete Tochter, die jedoch mit ihrem Liebsten durchbrennen will. Doch noch während sie auf die Rückkehr ihres Verlobten wartet, wird sie des Diebstahls beschuldigt und verhaftet. Beiden Frauen winkt entweder der Galgen oder die Deportation nach Australien.


    Letztlich landen beide auf einem Schiff, das sie nach Australien bringen soll, zusammen mit anderen Verbrecherinnen und Huren. Auf der Lady Juliana, einem Segelschiff, erwarten die beiden nicht nur harte Zeiten, sondern auch Freundschaft und die eine oder andere Überraschung.


    Ich habe schon einige Bücher von Martina Sahler gelesen und freute mich daher ganz besonders auf dieses Buch. Wie auch schon bei den anderen Werken, so konnte ich schon nach wenigen Seiten wieder den Sog spüren, mit dem mich die Geschichte an das Buch bannte und nicht wieder loslies.


    Martina Sahler beschreibt bildhaft, wie schwer das Leben der junge Molly bisher war. Welche Entbehrungen sie hatte erleiden müssen und wie sie letztendlich in die Fänge der Hurenwirtin Dorothy gelangt ist. Ein Kampf ums nackte Überleben, wie er schwieriger nicht sein kann. Oder doch? Denn als Molly auf das Segelschiff Lady Juliana gerät, beginnt ihr Kampf von vorne. Nur mit anderen Gegnern.


    Molly ist eine sehr starke Persönlichkeit, die auch den meisten Raum in dem Buch einnimmt. Neben ihr findet Claire gerade noch so ein Plätzchen. Auch ihr wurde übel mitgespielt, wobei sie aus deutlich besseren Verhältnissen stammt und somit einen ganz anderen Kampf auszufechten hat.


    Die Frauen auf dem Schiff sind sehr unterschiedlich. Das liegt zum einen an ihrer Herkunft, zum anderen aber auch an deren Charakter. Martina Sahler versteht es, jedem der Protagonisten einen eigenen typischen Charakter auf den Leib zu schreiben, der – egal ob Männlein oder Weiblein – die Figur einzigartig und plastisch werden lässt. Schon bald sieht man das Schiff mit seiner Besatzung gen Australien segeln und hofft und fiebert mit, dass alles gut gehen wird und die Protagonisten heil nach Australien kommen.


    Die wenigen Landszenen wurden in einem starken Kontrast zu den Schiffspassagen gesetzt. Dadurch spürt auch der Leser, welche Erleichterung die Frauen erleben, wenn sie denn mal an Land gehen durften auf der Fahrt.


    Das Buch verschönert nichts, schmückt oder übertreibt verschiedene Szenen aber auch nicht. Man kann sich wirklich vorstellen, dass Molly tatsächlich gelebt hat und sie die Reise wirklich so erlebt hat.


    Das Ende fand ich zwar auf der einen Seite abgeschlossen, jedoch hätte mich interessiert, wie es denn mit den Straftäterinnen in ihrer neuen Heimat weitergegangen ist. Ich hoffe daher auf eine Fortsetzung und ein baldiges Wiedersehen mit Molly und den anderen.


    Der Schreibstil von Martina Sahler ist gewohnt flüssig und spannend. Auf den ersten Seiten findet man eine Landkarte mit der Reiseroute der Lady Juliana, sowie Eintragungen, wo sie vor Anker ging und wie viele Seemeilen zwischen zwei Stationen liegen.


    Auch eine Liste mit den wichtigsten Figuren inklusive einer kleinen Erklärung zur Person findet man vor der eigentlichen Geschichte. Ein Nachwort mit historischen Anmerkungen sowie eine Danksagung runden das Buch ab.



    Fazit:


    In London ging ich an Bord der Lady Juliana und habe viele Straftäterinnen auf ihrem Weg nach Australien begleitet. Auch wenn die Reise hier endete, bleibt sie noch lange in meinen Gedanken, in der Hoffnung auf eine baldige Fortsetzung.

  • Die „Lady Juliana“ bringt abgeurteilte Straftäterinnen aus Englands überfüllten Gefängnissen nach Australien. Diese Reise beruht auf Tatsachen und ist dokumentiert, und anderem hier: mit einer sehr pragmatischen Begründung für diesen Transport :grin: „Ohne eine ausreichende Anzahl an Frauen ist es unmöglich, die Siedlung vor Regelverstößen und Ordnungswidrigkeiten zu bewahren", schreibt einer der Verantwortlichen im Kolonialministerium. Die Ordnung sieht man dann als gefährdet an, wenn sich die Pioniere mangels Frauen dem eigenen Geschlecht zuwenden.“


    Im Vordergrund dieses Romans stehen die Konflikte und Spannungen zwischen den Frauen. Die Hintergründe einiger Figuren werden kurz angerissen, doch der Fokus liegt eindeutig darin, den Lesern Atmosphäre und Zustände auf dem „Hurenschiff“ während der Reise nahe zu bringen. Vor allem, welch eigenwillige, aber durchaus nützliche Symbiose Teile der Besatzung mit den weiblichen Sträflingen eingehen.


    Das ist der Autorin gut gelungen. Dass es mir persönlich nicht so sehr gefallen hat, ist letztlich Geschmackssache. Manches war mir ein bisschen dick aufgetragen, die ein oder andere Figur überzeichnet, die Gossensprache und die „Hurerei“ hätte für mich ein bisschen dezenter eingesetzt werden dürfen.


    Eine interessante Romanidee, nur hätte ich mir etwas andere erzählerische Schwerpunkte gewünscht.

  • Ich liebe Romane, die auf Schiffen spielen! So habe ich die Geschichte um Molly und die anderen Frauen, die nach ihrer Verurteilung nach Australien gebracht werden, gern gelesen.


    Das Buch liest sich prima und ich war gleich in der Geschichte drin und habe es nur ungern beiseite gelegt. Gleichzeitig war es mir teilweise ein wenig zu viel Sex - auch wenn mir klar ist, dass der bei einem Buch mit diesem Titel natürlich dazugehört. :-)


    Die Damenwelt fand ich stimmig, die Männer an Bord waren mir ein wenig zu sehr schwarz-weiß dargestellt.


    Aber alles in allem sorgte das Buch für unterhaltsame Lesestunden und dafür gibt es von mir 8 Punkte.


    Herzlichen Dank auch nochmal für die Leserunde und die vielen Zusatzinfos der Autorin!!

  • Mein Eindruck:
    Martina Sahlers Roman gelingt es, ein reales historisches Ereignis verpackt in einem spannenden Plot mit lebhaften Figuren zu erzählen und schafft damit den Spagat zwischen Geschichte und Unterhaltung. Das ist etwas, was ich hoch einschätze an einem historischen Unterhaltungsroman und deswegen habe ich ihn gerne gelesen. Überhaupt ist der Roman so gut lesbar geschrieben, dass man sich als Leser nie langweilt.


    Zu den wichtigsten Figuren gehört die quirlige, junge Molly aus der großen Schicht der unter Zehntausend in England, die der Regierung unliebsam sind.
    Sie wird verurteilt und verbannt wegen Diebstahl eines Käses. Zusammen mit 200 anderen Frauen, darunter viele Prosituierte tritt sie auf einem Schiff die Reise nach Australien an. Mit dabei ist auch die zarte Claire, die aus gutem Haus stammt und fälschlicherweise verurteilt wird. Ich finde, damit hat die Autorin einen guten Gegenpol zu Molly gebildet.
    Eine gefährliche Figur ist der sadistische Koch, der nicht nur für Molly eine Gefahr ist.
    Weitere Nebenfiguren sind ganz originell, aber nicht so in die Tiefe gehend charakterisiert. Das ist aber auch nicht erforderlich, da es ansonsten gilt den Plot kontinuierlich und mit Konsequenz voranzutreiben. Es gibt auch ein paar historisch belegte Figuren, die in die Geschichte eingebaut sind. Das halte ich auch für sehr gelungen!


    Die Reise wird sehr hart für die Frauen, manchmal aber auch interessant, wenn die verschiedenen Orte der Reise passiert werden. Eher unangenehm für Frischlinge ist die Polartaufe! Manchmal gibt es auch raue See. Man hat man das Gefühl, mit an Bord zu sein und ist dann aber doch froh, gemütlich zu Hause zu sitzen.

  • Ich habe das Buch in der Leserunde mit Autorenbegleitung gelesen.


    Zum Cover kann ich dieses Mal nicht viel sagen, da ich das eBook gelesen habe. Aber das Bild das ich gesehen habe hat mir gut gefallen und den Buchtitel fand ich etwas ungewöhnlich. Aber jetzt zum Schluss kann ich sagen - er passt.


    Martina Sahler gelingt es, durch ihre Schreib- und Erzählweise den Leser mitzunehmen. Ein Schiff auf dem weibliche Gefangene mit unterschiedlichem sozialen Hintergrund nach Australien gebracht werden.


    Auf dem Schiff geschieht so viel, dass man das Buch kaum aus der Hand legen möchte. Bei diesem Ende könnte ich mir allerdings sehr gut eine Fortsetzung vorstellen.


    Vielen Dank für die ganz tolle Begleitung von Martina Sahler durch die Leserunde. Von mir bekommt dieses Buch die vollen 10 Punkte.


    Viele Grüße :wave

  • London, 1788: die junge Dirne Molly Monday beboachtet aus ihrem Versteck ein furchtbares Verbrechen an ihrer "Kollegin" Rachel. Der Täter erkennt Molly und kurze Zeit später wird die 13-Jährige verhaftet. Nach einigen Monaten im Gefängnis wird das Urteil gefällt: Molly und ihre Mitgefangenen, darunter die Chefin des Puffs Dorothy, werden auf dem Schiff "Lady Juliana" nach Australien verschifft. Wie viele werden in der Kolonie ankommen, wenn unterwegs Sturm, Hunger und andere Gefahren lauern?


    "Das Hurenschiff" ist ein historischer Roman von Martina Sahler. Von der Autorin kenne ich bereits die ersten 2 Bände der Wolga-Deutschen-Saga, die mir sehr gut gefallen hatten. Der Roman um Molly und ihre Leidensgenossinnen kann damit leider nicht mithalten.


    Die Geschichte wird aus der Erzählerperspektive berichtet. Dabei folgt man neben Molly auch der jungen Claire, die zu Unrecht verurteilt wurde, und Dorothy. Allen Frauen ist eins gemein: sie teilen ihr Schicksal auf der Lady Juliana. Während Claire eher ein verhuschtes Wesen aus gutem Hause ist, kämpft Molly sich schon seit Jahren auf den Straßen Londons durchs Leben und verdient als leichtes Mädchen ihr Geld. Auf dem Schiff nutzt ihr das, denn auch dort herrscht, wie überall, ein Konkurrenzkampf sondergleichen.


    Und dennoch halten die Frauen zusammen, wenn es darauf ankommt. Denn wenn eine männliche Crew mit weiblichen Gefangenen Monate lang auf offener See unterwegs ist, bleibt Nachwuchs nicht aus. Und auch sonst müssen die Frauen auf dem Schiff helfen und erarbeiten sich so den Respekt der Crew.


    Obwohl mir die Figuren ans Herz gewachsen sind und ich durch den tollen Stil Martina Sahlers auch schnell im Roman drin war, fehlte mir der letzte Funken Spannung bei der Geschichte selbst. Konflikte werden sehr schnell aus der Welt geschaffen oder lösen sich durch ein paar Worte direkt in Luft auf. Egal, welche Figuren involviert sind, Streitigkeiten werden mit Worten, nicht mit Taten gelöst und jeder zeigt sich einsichtig. In meinen Augen passt das nicht zu einer Zeit, in der sich jeder selbst der nächste war. Und es passt auch nicht zu dem Milieu, aus dem die Charaktere kommen. Denn auf der Straße galt das Gesetz des Stärkeren und vertrauen konnte man nur sich selbst.


    Die Überfahrt hält zwar manche Unwägbarkeit bereit, aber auch hier gibt es kaum etwas zu beklagen. Und so and ich es auch schade, dass der letzte Reiseabschnitt von Kapstadt nach Australien selbst innerhalb weniger Seiten abgehandelt wurde. Hier hätte mich mir mehr Zeit und Details gewünscht. Zudem hält das Finale noch etwas bereit, was mir persönlich zu dick aufgetragen war. Es passte einfach zu gut um wahr zu ein.


    Der Stil von Martina Sahler ist sehr gut und flüssig zu lesen. Ihre Erzählweise hat mich sofort gefangen genommen und der Roman flog nur an mir vorbei, so schnell wollte ich wissen, wie es weitergeht.


    Fazit: ein leichtes Buch mit zu wenig Konflikten. Für einen sonnigen Nachmittag geeignet.

  • Ich werde wohl noch träumen dürfen. Was bleibt mir sonst? (Seite 76)


    Meine Meinung


    Ein Buch mit so einem Titel würde ich vermutlich ohne besondere Umstände weder kaufen noch lesen. Diese „besonderen Umstände“ waren hier, daß ich von der Autorin bereits zwei Bücher gelesen hatte, die mir recht gut gefielen, so daß ich mir recht sicher war, daß dieses, auch wenn der Titel vielleicht etwas anderes vermuten läßt, ein ernsthafter historischer Roman ist. Und genau ein solcher war es denn auch; das „Hurenschiff“ gab es tatsächlich, wie dem Nachwort zu entnehmen ist.


    Man hatte damals, gegen Ende des 18. Jahrhunderts, zwei Probleme: zum einen eine hohe Kriminalitätsrate, volle Gefängnisse nicht nicht genügend Hinrichtungskapazitäten, zum anderen Frauenmangel in der Kolonie in Australien. Also hat man beide Probleme ganz einfach gelöst, indem man verurteilte Straftäterinnen nach Australien verbannte, um dort Familien zu gründen. Wie leicht man dabei als Straftäterin verurteilt werden konnte, ohne zuvor eine Straftat begangen zu haben, auch das findet man in diesem Roman, womit gleichzeitig die großen Mängel der „Recht“sprechung jener Zeit recht deutlich zutage treten.


    So finden sich also vier sehr unterschiedliche Frauen auf jenem Schiff wieder, das sie nach Australien bringen soll. Wir erfahren, weshalb sie verurteilt wurden und woher sie kommen, bevor sie verschifft werden. Den größten Teil des Buches bildet eben jene Reise von London nach Sydney Cove. Weshalb dabei ein Umweg über Rio de Janeiro gemacht wird, sei hier nicht verraten, ergibt sich aber recht zwangsläufig im Verlauf der Geschichte.


    Die Autorin hat die Mühen und Beschwerden einer solchen Reise recht deutlich, aber nie drastisch beschrieben. Ich konnte mir alles gut vorstellen, auch die eher unangenehmen bis üblen Dinge, ohne daß die Autorin - wofür ich ihr sehr dankbar bin - zu sehr ins Detail ging.


    Allerdings empfand ich den Roman als recht handlungsbezogen, wodurch manche Details, Beschreibungen oder gar ausführliche Schilderungen etwas in den Hintergrund gerieten bzw. gar nicht erst auftauchten. Das war mir bei den eher schlimmen Dingen sehr recht, andererseits konnte so nicht unbedingt ein Gefühl für die verstrichene Zeit entstehen, zumal die Länge der Leseabschnitte nicht der der beschriebenen Reiseabschnitte entsprach.


    Dennoch habe ich das Buch gerne gelesen und auch jetzt, einige Zeit nach dem Beenden, noch Etliches präsent und im Gedächtnis, was ein gutes Zeichen ist.



    Kurzfassung


    Ein unterhaltsamer (soweit das bei diesem Thema geht), auf wahren Begebenheiten beruhender historischer Roman.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Zum Inhalt wurde schon alles gesagt.


    Ich bin durch das Buch an zwei Nachmittagen geflogen, da der Schreibstil angenehm und locker zu lesen war. Die Beschreibungen war so bildhaft, daß man sich alles sehr gut vorstellen konnte. Gefallen hat mir, daß es einige historisch belegte Persönlichkeiten gab, um die sich dann die fiktive Geschichte/Figuren entwickelt haben. Hier gab es für mich am Ende etwas zuviel Zufälle und die Figuren waren oft zu schwarz/weiß gezeichnet.


    Ich habe vor Jahren schon einmal ein Buch über Australien gelesen, in dem es auch um die englischen Strafgefangenen ging, deshalb war mir das Thema geläufig


    Edit: es handelte sich um Robert Hughes - Australien