Nick Hornby - Miss Blackpool

  • Titel: Miss Blackpool
    OT: Funny Girl
    Autor: Nick Hornby
    Übersetzt aus dem Englischen von: Isabel Bogdan und Ingo Herzke
    Verlag: Kiepenheuer und Witsch
    Erschienen: November 2014
    Seitenzahl: 428
    ISBN-10: 346204690X
    ISBN-13: 978-3462046908
    Preis: 19.99 EUR


    Das sagt der Klappentext:
    Anfang der 60er: Barbara nimmt die Wahl zur "Miss Blackpool" nicht an, als ihr aufgeht, dass sie dann ein weiteres Jahr in diesem verschlafenen Provinzstädtchen verbringen müsste. Stattdessen zieht sie nach London, ins Herz der neu entstehenden Popkultur, um Komikerin zu werden. Was zunächst aussichtslos erscheint, wird Wirklichkeit, und die Truppe rund um die beiden Drehbuchschreiber Tony und Bill, den Produzenten Dennis sowie Schauspielkollegen Clive ersetzt Barbara fortan die Familie. Alle sind von der Idee besessen, aus ihrer Sitcom einen Riesenerfolg zu machen, was ihnen trotz großer und kleiner Katastrophen auch gelingt. Doch was passiert, wenn Schönheit und Ruhm mit der Zeit verblassen?


    Der Autor:
    Nick Hornby, geb. 1957, lebt in London. Nach seinem Studium in Cambridge war er als Lehrer und Journalist tätig. Seit 1983 arbeitet er als freier Schriftsteller. Hornby schreibt für die 'Sunday Times', 'Time Out' und das 'Times Literary Supplement'.


    Meine Meinung:
    Nette und freundliche Unterhaltung – ohne großartigen Tiefgang. So kann man dieses Buch von Nick Hornby wohl ganz gut beschreiben. Und wenn man dieses Buch beiseite legt, dann kann es sein, dass man leicht enttäuscht ist. Denn von Nick Hornby ist man einfach Besseres gewohnt. Dieser Roman ist irgendwie beliebig. Hornby scheint den Zenit seines Schaffens wohl schon seit einiger Zeit überschritten zu haben. Man hat nicht den Eindruck, er hätte noch sehr viel Freude an seiner Arbeit. Dieser Roman wirkt sehr routiniert, es fehlt dieses gewisse Hornby-Flair, das seine früheren Bücher ausgezeichnet hat. Hornby ist nun ein Autor unter vielen.
    Was er mit diesem Buch bietet ist ordentliche Unterhaltung, ein Buch das man sicher schnell wieder vergessen wird, ein Buch bei dem man einen gewissen Tiefgang vergeblich sucht. Unterhaltung der freundlichen Art.
    Nett halt – aber nett ist eben auch wenn sich ein Japaner verwählt.
    Vergleicht man dieses Buch aber beispielsweise mit „About a boy“ dann staunt man über die Beliebigkeit mit der Nick Hornby jetzt schreibt. Hornby ist – man möchte fast sagen – nicht mehr so ganz Nick Hornby.
    Ein Buch für die, die sich einfach nett unterhalten lassen wollen, die keine großen Ansprüche stellen und die sich einfach nur entspannen möchten. 5 Eulenpunkte.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Solide


    Seit sie zum ersten Mal die amerikanische Comedyserie "I love Lucy" gesehen hat, träumt Barbara davon, selbst Darstellerin in einer solchen Serie zu werden. Doch sie wird - vorerst - "nur" Miss Blackpool, also die schönste Frau des Städtchens im Nordwesten Englands. Den Titel lehnt sie gleich wieder ab, als ihr bewusst wird, dass damit eine Verpflichtung einhergeht, die sie nicht annehmen will, nämlich jene, mindestens ein weiteres Jahr in der Provinz zu versauern. Sie zieht nach London und wird dort erst wieder Kosmetikverkäuferin, lernt aber bald den Schauspieleragenten Brian kennen, der sie als Model vermarkten will. Barbara jedoch, die sich jetzt "Sophie Straw" nennt, ringt ihm unbeirrt Vorsprechtermine ab, weshalb sie in einer Gruppe jüngerer Menschen landet, die soeben ein neues Format für die BBC konzipieren.


    Wir schreiben die frühen Sechziger. Großbritannien nähert sich jener Aufbruchstimmung, die die späten Sechziger und die Siebziger prägen wird: Die Loslösung von der miefigen, erzkonservativen, patriarchalischen und rückwärtsgewandten, fast schon traumatischen Atmosphäre, in der sich das Königreich seit dem Weltkrieg befindet. Auch in der Unterhaltung werden neue Wege beschritten, neue Themen besetzt, Tabus gebrochen.
    Barbara alias Sophie wirbelt das Produktionsteam durcheinander und wird Star der neuen Serie "Barbara (and Jim)" um ein ungleiches Ehepaar. Vier Staffeln wird es von dieser Serie geben, die die Straßen leerfegt und Sophie zur Berühmtheit macht.


    "Miss Blackpool" (Originaltitel: "Funny Girl") ist ein Roman der Dialoge. Da sind zum Beispiel die Gespräche zwischen den Autoren Tony und Bill. Beide sind homosexuell, aber während Tony versucht, dennoch eine funktionierende heterosexuelle Ehe zu führen, forscht Bill offensiver nach Auswegen - zu einer Zeit, in der homosexuelle Handlungen noch strafbar sind. Da sind die Gespräche am Set, vor allem zwischen Sophie und Clive, dem zweiten Hauptdarsteller, der seit Beginn der Serie einerseits darunter leidet, nur in Klammern genannt zu werden, und andererseits Probleme damit hat, sich selbst nicht mehr in der dargestellten Person zu erkennen. Da ist Dennis, der Regisseur, der vom ersten Moment an in Sophie verliebt ist, es ihr aber nicht zu gestehen wagt, zumal er mit Edith eine - immerhin untreue - Ehefrau zu Hause hat.
    Hornby beschreibt sehr anschaulich den Paradigmenwechsel in der britischen Unterhaltungsbranche, die bis heute großen Einfluss in ganz Europa hat. Er zeigt aber auch, was sich außerhalb der thematischen Neuorientierung getan hat: Unterhaltung ist längst zu einer Industrie geworden. Fast schon possierlich mutet es da an, mitzuerleben, wie einige wenige Protagonisten seinerzeit Revolutionen auslösen konnten, während heute nur noch die Masse zählt. "Miss Blackpool" ist, wenn man so will, auch ein historischer Roman, zumal das, was im Fernsehen geschieht, nach wie vor den Zeitgeist zu repräsentieren scheint.


    Nach eher schwachen Büchern wie "A Long Way Down" oder "Juliet, Naked" findet der Mann, der die Popliteratur der Neunziger wie kaum ein anderer geprägt hat, zwar längst nicht zu alter Form zurück, orientiert sich aber auf wohltuende Weise neu: Im Vergleich zu seinen Frühwerken gibt sich der Autor distanziert, wechselt perspektivisch zwischen den Figuren und konzentriert sich ganz auf das Geschehen. Im Ergebnis liest sich "Miss Blackpool" flüssig, amüsant und interessant, liefert eine Menge Informationen über Geschehen und Hintergründe. Dass dabei das Identifikationspotential etwas zu kurz kommt, liegt offenbar in der Natur der Sache. Allerdings hätte sich Hornby die letzten sechzig, siebzig Seiten auch schenken können: Das abermalige Aufeinandertreffen der Figuren in der Jetztzeit will sich dramaturgisch nicht so recht anfügen, entzaubert den Roman sogar ein wenig, und ist außerdem leider ein bisschen langweilig geraten.


    Unabhängig hiervon ist Nick Hornby mit diesem Buch ein unterhaltsamer und spannender Roman gelungen, der nicht nur jene, die sich für die Geschichte der Comedy interessieren, leidlich begeistern dürfte. Dass von ihm kein "Fever Pitch" oder erneutes "High Fidelity" mehr zu erwarten ist, steht ja ohnehin seit Jahren fest.

  • Ich habe das Buch auf englisch gelesen (Titel: Funny Girl). Eigentlich lese ich Hornby wirklich gerne - Juliet, Naked gehört zu meinen absoluten Lieblingsbüchern. Hier fehlt es mir leider an Handlung, der typische leicht absurde Hornby-Witz kommt nicht so recht rüber und es gibt auch keine plötzlichen Wendungen. Alles geht ineinander über und die Geschichte plätschert so vor sich hin. "Funny" ist was anderes. Schade!

    “You can find magic wherever you look. Sit back and relax all you need is a book." ― Dr. Seuss