Das ‚Horizont‘ ist ein Altersheim für Hexen. Wenn sie achthundertfünfzig Jahre alt geworden sind, müssen sie nämlich ihren Besen abgeben und aufhören zu hexen. Da im Altersheim wenig passiert, sind die Hexen sehr angetan, als zwei ganz junge Hexen, gerade achtzig Jahre alt, auftauchen und ihnen die Zeit mit Erzählen und Vorlesen vertreiben. Obwohl einige der Alten recht kritisch sind, schließlich heißen die beiden Junghexen Feenlili und Bumumbel Rumumbel und das sind auf gar keinen Fall richtige Hexennamen. Zudem sind die beiden ziemlich hübsch, vor allem Feenlili. Wer hat je von einer hübschen Hexe gehört? Selbst wenn sie eine Adoptivhexe wäre, wäre das niedliche Aussehen verdächtig.
Eines Tages bleiben die beiden Junghexen aus. Den meisten Hexen wird das bald gleichgültig, nicht aber Omena, der Tochter der ältesten Hexe Rita Rigorosa. Sie beschließt, die Mädchen zu suchen und stößt dabei auf ein dunkles Geheimnis.
Was zunächst als Abenteuergeschichte in einem magischen Umfeld angelegt ist, wird nach wenigen Seiten schon zu einem Ausflug in ein ausgesprochen originelles Gemeinwesen alter Hexen. Bei der Beschreibung ihrer Eigenheiten, der täglichen Zänkereien, wer die häßlichere Warze hat, etwa oder ob es sich gehört, mit Vampiren Umgang zu haben, sind Lembckes Einfälle überraschend, voller Witz und äußerst unterhaltsam. Hier sind Hexen richtige Hexen, verstrubbelt, ungezähmt und ganz schön bissig. Obwohl sie, wenn sie erwachsen sind, nur drei Zähne haben. Sie essen Giftiges und sind giftig, wenn sie gereizt werden.
Der Teil der Geschichte, in dem es um die verschwundenen Kinder geht, wirkt dagegen ein wenig blaß. Auch das temporeiche Spektakel am Ende hilft dem kaum auf, obwohl die Fäden recht ordentlich verknüpft werden.
Durch die ganz eigene Darstellung der Hexenwelt und ihrer Gebräuche, dem überzeugenden Erzählton sowie den skurrilen Bleistiftzeichnungen von Stefanie Harjes ist das Ganze dann aber trotzdem attraktiv für alle, die etwas Besonderes aus der Hexenwelt suchen.