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'Aufbruch' - Seiten 488 - Ende
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Ja, nun habe ich das Buch beendet, und ich bin am Ende doch ein Wenig enttäuscht. So sehr hatte ich gehofft, dass wir noch miterleben könnten, wie Hilla sich, nun von zu Hause quasi ausgezogen, entfaltet und erblüht, wenn auch unter Mühen, aber doch stetig. Aber das Buch endet vorher. Sie zieht ins Katholische Heim für junge Frauen ein, brät sich frei ihr erstes Rührei, atmet zaghaft durch und was weiter geschieht, bleibt offen. Dazu muss man dann den dritten Teil lesen. Ich hatte irgendwie erwartet, dass es doch einen gewissen Abschluss geben würde, denn diesen unseren Roman konnte man ja auch lesen, ohne vorher das Vorgängerbuch zu kennen.
Enttäuscht war ich, dass ich während Hillas heldenhafter Zahntortur immer noch nichts über die Vorgeschichte ihrer schiefen Zähne, also über des Vaters Schuld am Verlust der Zahnspange erfahren habe. Ich habe immer gedacht, dass das irgendwie ein Schlüsselerlebnis für das Vater-Tochter-Vehältnis war.
Gab es dazu Informationen im Vorgängerbuch? -
Für mich war es nicht so enttäuschend wie für dich, Clare. Hilla hat es geschafft. Sie ist aus der Enge des Elternhauses und des heimatlichen Dorfes entkommen.
Noch nie hat sie sich selbst etwas zu essen zubereitet. Das konnte sie daheim nicht. Und jetzt ist sie für ihre Nahrung -die geistige und die leibliche - selbst zuständig. Kann selber entscheiden, was bekömmlich ist.
Sie ist in der Stadt. An die Regeln des Heims gebunden, aber sie hat einen Ort zum Lernen gefunden, einen, der nur ihr gehört. Und vielleicht, die Möglichkeit, Freundschaften zu schließen. -
Zitat
Original von Rumpelstilzchen
Für mich war es nicht so enttäuschend wie für dich, Clare. Hilla hat es geschafft. Sie ist aus der Enge des Elternhauses und des heimatlichen Dorfes entkommen.
Noch nie hat sie sich selbst etwas zu essen zubereitet. Das konnte sie daheim nicht. Und jetzt ist sie für ihre Nahrung -die geistige und die leibliche - selbst zuständig. Kann selber entscheiden, was bekömmlich ist.
Sie ist in der Stadt. An die Regeln des Heims gebunden, aber sie hat einen Ort zum Lernen gefunden, einen, der nur ihr gehört. Und vielleicht, die Möglichkeit, Freundschaften zu schließen.Ich kann gar nicht sagen, dass ich total enttäuscht bin, denn das trifft es nicht. Ich fand den Roman im Ganzen über weite Strecken und zum großen Teil interessant und berührend zu lesen. Mir fehlt nur der Schluss, die Perspektive, ob nun gut oder schlecht.
Jetzt wo du es sagst, öffnen sich mir sozusagen ein Bisschen die Augen. Dieses erste, eigene Kochen in einfachster Weise ist für sie wie das Tor zu einer neuen Welt. Alles ist offen. Alle Wege sind bereit und warten darauf gefunden zu werden.
Sehr schön.Siehst du, deshalb mag ich Leserunden so. Manchmal fehlt einem der Zugang oder das eigene Bild kann noch erweitert werden. Und das können die anderen Mitleser für einen tun.
Das ist wirklich eine Bereicherung. -
Clare, wir werfen eben verschiedene Blicke auf eine Geschichte und können von denen der anderen nur profitieren.
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Zitat
Original von Clare
Ja, nun habe ich das Buch beendet, und ich bin am Ende doch ein Wenig enttäuscht. So sehr hatte ich gehofft, dass wir noch miterleben könnten, wie Hilla sich, nun von zu Hause quasi ausgezogen, entfaltet und erblüht, wenn auch unter Mühen, aber doch stetig. Aber das Buch endet vorher. Sie zieht ins Katholische Heim für junge Frauen ein, brät sich frei ihr erstes Rührei, atmet zaghaft durch und was weiter geschieht, bleibt offen. Dazu muss man dann den dritten Teil lesen. Ich hatte irgendwie erwartet, dass es doch einen gewissen Abschluss geben würde, denn diesen unseren Roman konnte man ja auch lesen, ohne vorher das Vorgängerbuch zu kennen.
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Das stimmt schon. Dieses Buch scheint mir schon so angelegt zu sein, dass es einen dritten Teil gibt. Das war beim ersten Teil nicht so ersichtlich und hat vielleicht auch überraschend so einen Erfolg gehabt.
Trotzdem finde ich, dass das Thema "Aufbruch" in vielerlei Hinsicht thematisiert wurde.
- Hillas Aufbruch zum Aufbaugymnasium
- Der Lehrer sorgt dafür, dass das Schweigen über die Nazi-Zeit aufgebrochen wird
- Aufbruch in die wirtschaftsstarken 60ger-Jahre
- Aufbruch in eine andere Welt mir Godehard
- Aufbruch der verletzlichen Seele
- Aufbruch des Vaters, der sich Hilla annähert
- Aufbruch in ein eigenes Leben an der UniversitätEs ist für Hilla ein steiniger Weg, den sie in ihrer Jugend durchwandern muss. Die Steine stehen für mich auch symbolhaft dafür. Es ist ein Aufbruch, noch kein Ankommen.
ZitatOriginal von Clare
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Enttäuscht war ich, dass ich während Hillas heldenhafter Zahntortur immer noch nichts über die Vorgeschichte ihrer schiefen Zähne, also über des Vaters Schuld am Verlust der Zahnspange erfahren habe. Ich habe immer gedacht, dass das irgendwie ein Schlüsselerlebnis für das Vater-Tochter-Vehältnis war.
Gab es dazu Informationen im Vorgängerbuch?
Ich habe eben mal im Vorgängerbuch geblättert und nichts gefunden. Aber ich wusste auch nicht, in welcher Hälfte ich suchen soll - es hat ein paar Seiten.
Magst du es lesen? Soll ich es die schicken? -
Zitat
Original von Rumpelstilzchen
Für mich war es nicht so enttäuschend wie für dich, Clare. Hilla hat es geschafft. Sie ist aus der Enge des Elternhauses und des heimatlichen Dorfes entkommen.
Noch nie hat sie sich selbst etwas zu essen zubereitet. Das konnte sie daheim nicht. Und jetzt ist sie für ihre Nahrung -die geistige und die leibliche - selbst zuständig. Kann selber entscheiden, was bekömmlich ist.
Sie ist in der Stadt. An die Regeln des Heims gebunden, aber sie hat einen Ort zum Lernen gefunden, einen, der nur ihr gehört. Und vielleicht, die Möglichkeit, Freundschaften zu schließen.
Ich war sehr erstaunt, dass Mutter und Oma so sehr ihr Küchenrevier verteidigen.
Meine Mutter (im ähnlichen Alter wie Hilla) hat sich immer beklagt, dass ihre Mutter immer schon früh morgens aufgestanden ist und alles vorgekocht und gebacken hat, damit sie ihre Ruhe hat. So hätte sie nichts gelernt. Gerade erst an Weihnachten wieder. Das scheint "in" gewesen zu sein. -
Irgendwie berührt mich Hillas Geschichte erneut. Vielleicht weil ich einiges wiedererkenne, das auch in meiner Jugend auf dem Dorf noch so war. Nur dass meine Eltern auf der anderen Seite standen, sprich, dass wir eine Stunde mit dem Bus in die Stadt zur Schule fahren mussten, weil meine Eltern nicht wollten, dass wir mit den Dorfkindern in eine Schule gehen.
Als Hilla mit ihrem vollgepackten Koffer das Dorf verlässt, da flossen schon ein paar Tränchen. Alle stecken ihr noch etwas zu, ihre Art, Zuneigung und Anerkennung zu zeigen. Bis hin zum guten Wandbehang.
Im Vordergrund stand in diesem Buch das Trauma, ausgelöst durch die Vergewaltigung. Die Veränderung Hillas hat Hahn gut beschrieben, finde ich. Von der alten Hilla ist am Ende wieder etwas zu spüren, finde ich.
Insgesamt hat mir das Buch gut gefallen. Danke euch, ihr Lieben!
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Zitat
Original von Regenfisch
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Als Hilla mit ihrem vollgepackten Koffer das Dorf verlässt, da flossen schon ein paar Tränchen. Alle stecken ihr noch etwas zu, ihre Art, Zuneigung und Anerkennung zu zeigen. Bis hin zum guten Wandbehang.
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Insgesamt hat mir das Buch gut gefallen. Danke euch, ihr Lieben!Ich freue mich, dass das Buch so berührend für dich war. Wie schon beschrieben: für mich war es das nicht. Ich bin nicht enttäuscht, und durch die Lektüre des Buches habe ich wieder eine literarische Lücke bei mir geschlossen, aber, und damit komme ich zu deiner anderen Frage, den ersten Teil muss ich nicht unbedingt noch lesen.
Danke für das Angebot!Zitat... Von der alten Hilla ist am Ende wieder etwas zu spüren, finde ich.
Kannst das etwas konkreter für mich machen?
Ich finde nicht, dass von der "alten Hilla" viel übrig ist. Sie ist eine Andere geworden, ein neuer Mensch, und sie muss sich eigentlich erst neu bilden, zusammensetzen. -
Zitat
Original von Clare
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Ich freue mich, dass das Buch so berührend für dich war. Wie schon beschrieben: für mich war es das nicht. Ich bin nicht enttäuscht, und durch die Lektüre des Buches habe ich wieder eine literarische Lücke bei mir geschlossen, aber, und damit komme ich zu deiner anderen Frage, den ersten Teil muss ich nicht unbedingt noch lesen.
Danke für das Angebot!
Gerne!ZitatOriginal von Clare
...Kannst das etwas konkreter für mich machen?
Ich finde nicht, dass von der "alten Hilla" viel übrig ist. Sie ist eine Andere geworden, ein neuer Mensch, und sie muss sich eigentlich erst neu bilden, zusammensetzen.
Für mich verändert sich sich noch einmal ab dem Gespräch mit dem Pfarrer. Bei ihm bricht ihr Hadern mit Gott ein Stück heraus, mit ihm redet sie über Eichendorff. Sie öffnet sich ein kleines Stückchen.
Dann verhält sie sich der Mutter gegenüber nicht mehr ganz so ablehnehnd und lässt auch wieder etwas Kontakt zur Familie zu. Das zeigt die Szene beim Wäscheaufhängen ganz schön.
Auch ihr abschließender Gang durch das Dorf wirkt recht versöhnlich auf mich.
In Köln lässt sie sich wieder von der Musik des Straßenmusikanten berühren.
Im Wohnheim verhält sie sich dem anderen Mädchen sehr aufgeschlossen gegenüber. Und vor allem der letzte Satz:"Lommer jon!" zeigt, dass es jetzt weiter, hoffentlich aufwärts geht. -
Dankeschön!
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Regenfisch, die Szene mit dem Wäscheaufhängen hat mir auch sehr gefallen. Wie ein Spiel zwischen Mutter und Tochter, das vorher nicht möglich war. Vielleicht auch gerade durch den bevorstehenden Abschied.
Ich habe übrigens gerade Ulla Hahn im NDR Jahresrückblick gesehen, sie hat über Siegfried Lenz erzählt, das war sehr anrührend.
edit fügt noch hinzu, dass ich diese Weiterführug des lommer jonn: erasmus, let's go; ganz wunderschön fand. Das, was der Großvater ihr mitgegeben hat, das kann sie jetzt selbständig aufnehmen und weiterführen.
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Zitat
Original von Rumpelstilzchen
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Ich habe übrigens gerade Ulla Hahn im NDR Jahresrückblick gesehen, sie hat über Siegfried Lenz erzählt, das war sehr anrührend.
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Danke! Da schaue ich doch gleich mal in der Mediathek. Sigfried Lenz steht demnächst im Literaturkreis an.ZitatOriginal von Rumpelstilzchen
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edit fügt noch hinzu, dass ich diese Weiterführug des lommer jonn: erasmus, let's go; ganz wunderschön fand. Das, was der Großvater ihr mitgegeben hat, das kann sie jetzt selbständig aufnehmen und weiterführen.
Das empfinde ich auch so. Der Großvater hat den Kindern eine erstaunliche Basis mitgegeben. Die Großvaterweide hat in ihnen Wurzeln geschlagen. -
Vom Großvater stammt ja auch dieser weise Satz, dass eine Sache so viele Seiten hat, wie Menschen Blicke auf sie werfen.
Dieser Großvater ist ein ganz einfacher Mann gewesen, hat aber Weisheit und Herzensgüte besessen. So einen Großvater wünscht man jedem Kind. (Darf auch eine Großmutter sein!) -
Diese Großvaterbeziehung war ja sehr wichtig für Hilla. Lebt der Großvater im ersten Buch noch?
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Ganz zu Beginn lebt er noch und kümmert sich sehr um die beiden Kinder. Vor allem zeigt er ihnen, wo sie mit ihren Gefühlen bleiben können. Diese ganzen Geschichten mt den Steinen, die kommen von ihm.
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Ich habe vor, das Buch zu lesen, deshalb habe ich mich hier nicht so konzentriert umgesehen. Aber ich habe eine Frage an euch: Sollte man das erste Buch kennen, um dieses zu verstehen oder kommt man auch so problemlos rein?
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Roma, ich empfehle dringend, das erste Buch vorher zu lesen. Es ist einfach schade, viele Episoden, auf die immer mal wieder angespielt wird, nicht zu kennen.
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Zitat
Original von Rumpelstilzchen
Roma, ich empfehle dringend, das erste Buch vorher zu lesen. Es ist einfach schade, viele Episoden, auf die immer mal wieder angespielt wird, nicht zu kennen.Danke, Rumpelstilzchen, dann werde ich mir das mal besorgen.
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Auch ich habe diesen letzten Abschnitt nun fertig.
Enttäuschung ist der falsche Ausdruck, aber wahrscheinlich wäre es für mich persönlich besser gewesen, wenn ich den ersten Teil zuerst gelesen hätte.
Das werde ich bald nachholen. Ich nehme an, da es den dritten Teil ja auch schon gibt, dass sich in diesem letzten Teil dann alle offenen Fragen klären.
Trotz allem war es eine tolle Leserunde mit tollen Mitlesern.
Viele Grüße