Leena ist mit ihren Eltern, den drei Brüdern und Großmutter Mummo umgezogen, in ein Haus, das ihr Vater für die Familie gebaut hat. Über die Farbe der Außenwände wird lange diskutiert, jede/r will etwas anderes. Am Ende entscheiden Mutter – rot – und Vater – blau. Das Haus wird violett. Leena gefällt das, aber ein bißchen seltsam ist ihr auch zumute, ein violettes Haus hat niemand sonst.
Daß im neuen Haus Platz für einen Hund ist, finden alle wunderbar bis hinunter zum zweijährigen Tuomo, außer Mummo. Die Kinder lernen schnell, den Hund von ihr fernzuhalten, ohne daß der Familienfrieden getrübt wird. So hat Leena es am liebsten, alles ist klar und deutlich, es gibt keine Geheimnisse.
Das ändert sich, als Leena Birgit aus dem Haus gegenüber kennenlernt. Birgit hat Geheimnisse und sie sind nicht schön. Sie werden auch Leenas Geheimnisse. Unschönes erlebt Leena selbst, als ihr Vater nach einem Schlaganfall arbeitsunfähig wird. Plötzlich wird das neue Haus zu einer großen Belastung, die Familie verarmt. Und das in der Weihnachtszeit, wo vor allem die Wünsche sprießen und wachsen. Leena gerät auf Abwege, ihre Geheimnisse werden düster.
Diese zweite Geschichte über Leena erzählt vom Leben in Familien. Die Zeichnungen von Klaus Steffens, die aussehen wie Fotos aus einem Familienalbum, betonen das Thema geschickt.
Leena gewinnt Einblicke in das Glück, vor allem aber Unglück anderer, erlebt jedoch auch selbst, daß auch eine liebevolle Familie nicht vor Unglück schützt. Lembcke erzählt in klarer Sprache, trotzdem muß man beim Lesen einiges erschließen, Birgits Problem etwa, ehe man Genaueres darüber hört.
Leenas Zuflucht ist meist Mummo. Die Großmutter ist voller Lebensweisheiten, aber sie nützten Leena wenig, weil sie sie nicht befolgen kann. Sie muß ihre eigenen Erfahrungen machen, selbst Entscheidungen treffen. Für eine Zehnjährige ist das alles andere als leicht. Ihre Bedrückung wegen der Krankheit des Vaters und der Geldprobleme werden gerade durch die Schlichtheit der Erzählweise deutlich. Das gilt auch für ihr schlechtes Gewissen wegen ihrer schlimmen Taten. Der Konflikt zwischen Kinderwünschen gerade zur Weihnachtszeit und ihrer Unerfüllbarkeit schmerzt nicht nur Leena, sondern auch die Leserin, so lebensecht wird hier erzählt.
Daß Weihnachten doch noch ein schönes Fest wird, liegt an der liebevollen Umgebung, die Leena hat. Die grundsätzlichen Probleme allerdings verschwinden nicht. Böse Erfahrungen wie böse Taten gehören zum Erwachsenwerden, dunkle Geheimnisse zum Leben jedes Menschen, das lernt Leena in jenem ersten Winter im violetten Haus.