Ich heirate einen Arsch von Kerstin Hohlfeld + Leif Lasse Andersson

  • Taschenbuch: 352 Seiten
    Verlag: Knaur TB
    erschienen am 3. November 2014


    zu den Autoren:
    Kerstin Hohlfeld (Homepage) geboren 1965 in Magdeburg, studierte von 1985 bis 1991 Theologie in Naumburg und Berlin. Danach bekam sie erst einmal drei Kinder und sah lieber davon ab, für die Kirche zu arbeiten. Sie verlegte sich aufs Schreiben und veröffentlichte bereits mehrere Romane.


    Leif Lasse Andersson (51) debütierte im Februar 2013 mit "Midleifcrisis – Als meine Frau mich hinauswarf und ich mit 117 anderen schlief". Der biographische Roman schoss in den Amazon-Kindle-Charts in wenigen Tagen in die Top 10 und fand in nur 4 Monaten rund 30.000 Leser. Leif Lasse Andersson ist ein Pseudonym. Der Autor hinter diesem Pseudonym arbeitet seit 20 Jahren als Redakteur, zehn Jahre davon in der Chefetage einer großen deutschen Zeitung. (Quelle: Droemer-Knaur)


    zum Inhalt:
    Luisa hat gerade von ihrem Chef gesagt bekommen, dass ihr Job bei der Frauenzeitschrift nicht verlängert wird. Für die 28-jährige Journalistin bedeutet das eine weitere Suche und unbezahlte Arbeitsstunden bei einer anderen Zeitung. Dabei hatte sie ausgerechnet heute ihr gelbes Kleid angezogen, damit sie auf jeden Fall auffällt. Das tut sie auch. Nämlich Björn. Er ist 43 und Chefredakteur bei einem renommierten Nachrichtenblatt. Seit seiner Scheidung lässt er nichts mehr anbrennen. Auch Luisa soll zunächst nur eine schnelle Affäre werden. Doch irgendwie spürt er, dass es diesmal anders ist und er macht für sie sogar Platz in seinem Hamburger Penthouse.


    meine Meinung:
    Diese Liebesgeschichte wird abwechselnd aus beiden Perspektiven geschildert. Den weiblichen Part schrieb Kerstin Hohlfeld und den männlichen Leif Lasse Andersson. Der Vorteil ist schon nach wenigen Seiten erkennbar. Beide Autoren vermitteln einen Einblick in die jeweilige Denkweise von Mann und Frau. Während bei Luisa schon aufgrund des Alters und der schmerzhaften Trennung von ihrem Ex-Freund zögerlich Gefühle aufkommen, will Björn in erster Linie seinen Spaß ohne Verpflichtungen haben. Wie es in seinem Seelenleben aussieht, erfährt man erst später. Diese konträren Haltungen scheinen sich doch immer wieder anzuziehen. Luisas Bedenken wegen des Altersunterschieds und der unzähligen Affären schafft Björn immer wieder zu zerstreuen. Für den Leser ist jede Seite plausibel erklärt und nachfühlbar. Es werden keine Klischees abgearbeitet oder verflachte Situationen aneinander gereiht, sondern lebensecht erzählt, wie es jederzeit überall passieren kann. Herausgekommen ist eine komplexe Momentaufnahme einer jungen Frau, die das Glück sucht und einem Mann, der erst noch mit der Nase drauf gestoßen werden muss.


    Das Kennenlernen und die Zeit bis zur Hochzeit scheint wie in Echtzeit erzählt. Der Leser ist hautnah dabei, wenn sich beide zu unterschiedlichen Zeiten ineinander verlieben. Die Zeit auf rosa Wolken, aufkeimende Zweifel, das Entdecken kleiner Macken und sogar das jeweilige soziale Umfeld sind authentisch beschrieben. Der Schreibstil beider Autoren ergänzt sich dabei perfekt, sodass man sich zu keiner Hauptfigur hingezogen fühlt, sondern seine Sympathie auf beide verteilt. Das ist umso schwieriger, wenn man als Frau die Gedanken des Mannes kennt. Alles zusammen macht die Handlung äußerst realistisch und man hat am Ende das Gefühl, gute Freunde zu verlassen. Der Roman besticht durch seine mit treffenden Worten flüssige Erzählweise, aber vor allem durch seine überraschenden Wendungen. Die Charaktere schaffen sich Freiräume, entwickeln sich und setzen Grenzen. Dadurch bleibt stets eine Ungewissheit über den Ausgang der Geschichte. Beeindruckend schaffen die Autoren die Gratwanderung, jeden Gedanken der beiden zu offenbaren und dennoch kleine Geheimnisse zu bewahren. Sie lassen Luisa und Björn kommunizieren und dadurch Missverständnisse entstehen. Auch das wahre Leben hält nicht immer eine perfekte Lösung bereit. Von daher ist dieser Roman ein Lesetipp, der sich nicht nur auf eine Zielgruppe festlegt. Ich vergebe mal 9 Punkte.