Titel: Irrlicht und Feuer
Autor: Max von der Grün
Verlag: Pendragon
Erschienen: September 2010 als Band II der Werkausgabe
Seitenzahl: 477
ISBN-10: 3865321216
ISBN-13: 978-3865321213
Preis: 22.90 EUR
Das sagt der Klappentext:
Jürgen Fohrmann arbeitet als Hauer unter Tage. Im Zuge der ersten Zechenkrise verliert er seine Arbeit. Zunächst wird er Hilfsarbeiter, erhält aber schon bald eine Anstellung in einem automatisierten Betrieb der Elektroindustrie. Zuerst ist der ehemalige Grubenarbeiter froh, dem dreckigen Kohlenstaub entronnen zu sein, feiert seinen vermeintlichen sozialen Aufstieg. Doch schnell merkt er, dass das Tragen eines weißen Kittels nur scheinbar besser ist als die beschwerliche Arbeit auf der Zeche. Denn auch hier fühlt er sich von Arbeitgebern und Betriebsräten verraten und oft genug auch für dumm verkauft.
Der Autor:
Max von der Grün, geboren 1926 in Bayreuth, wuchs während der Nazizeit auf. Als er zwölf Jahre alt war, sah er die Nazis seinen Vater, einen Zeugen Jehovahs, verhaften; dieser wurde zwischen 1939 und 1945 in einem Konzentrationslager in Flossenbürg wegen seines religiösen Glaubens inhaftiert. Von 1943 bis 1944 war von der Grün Soldat; 1944 bis 1948 geriet er in amerikanische Gefangenschaft. Als Kriegsgefangener war er in Frankreich und Schottland, dann in Louisiana und New Mexico. Von 1948 bis 1963 arbeitete er als Bauarbeiter, dann Bergarbeiter, Hauer und, nach einem schweren Unfall, als Grubenlokführer. 1955 fing Max von der Grün an zu schreiben. 1961 nahm er an der Gründung der "Gruppe 61" teil, deren Ziel die "künstlerische Auseinandersetzung mit der industriellen Arbeitswelt" war. Seit 1963 lebte er als freier Schriftsteller in Dortmund. 2005 verstarb Max von der Grün.
Meine Meinung:
Max von der Grün schildert in diesem beeindruckenden Roman die Welt der Arbeit in 1962 und 1963. Und er beschreibt sehr realistisch und authentisch; was sicher auch seinen Grund darin hat, das er nicht mit großem zeitlichen Abstand geschrieben hat, sondern eben sehr zeitnah. Die Zeiten damals waren sehr hart für die arbeitende Bevölkerung – und nicht so, wie man sie (die Zeit) heute sehr verklärt nach einigen Jahrzehnten sieht. Es war auch die Zeit des Zechensterbens – etwas was nach dem Krieg unvorstellbar gewesen war. Max von der Grün beschreibt das Leben der damaligen Zeit unsentimental aus der Sicht des Arbeiters Jürgen Fohrmann. Ein Leben zwischen harter Arbeit, Ratenverpflichtungen und Angst um die Gesundheit, denn das Leben unter Tage war alles andere als ungefährlich – und das Profitstreben stand immer vor der Sicherheit der Bergleute. Max von der Grün nimmt kein Blatt vor den Mund und schnell erkennt der Leser wo der Autor politisch steht. Während er dieses Buch schrieb arbeitete er selbst noch unter Tage – und die Zeche versuchte damals alles Teile dieser Geschichte gerichtlich verbieten zu lassen. Die Wahrheit hat es eben zumeist sehr schwer.
Ein sehr lesenswerter Roman über eine Zeit die gar nicht so viel anders war wie die heutige Zeit. Der Leidtragende bei Schwierigkeiten der Wirtschaft ist immer der arbeitende Mensch – er bezahlt für alles die Zeche. Und es ist heute wie damals: Gewinne werden privatisiert und Verluste werden sozialisiert.
Und wer das nicht sieht, der sollte schleunigst aus seinem Traum vom Wolkenkuckucksheim aufwachen. 9 Eulenpunkte für ein Buch, dass eigentlich nichts von seiner Aktualität verloren hat.