Ich habe mir das Buch auch schon vor einiger Zeit gekauft, aber da ich mich schon für eine andere Leserunde kurz davor eingetragen hatte, habe ich vorerst verzichtet um beiden Büchern meine volle Zeit zu widmen und ihnen gerecht zu werden. Und jetzt schlendere ich mal eben so durch eure Kommentare und werde wohl auch noch die eine oder andere Bemerkung hinzufügen, wenn mir was einfällt.
Ich habe übrigens heute Abend, angeregt vom Buch, auf you tube eine Art Dokumentation namens "Ustinov on the Orient Express" angeschaut in der u.a. auch kurz auf den besonderen Wagen eingegangen wurde, in dem die Deutschen am Ende des ersten Weltkrieges ihre Kapitulation unterschrieben haben und den Hitler dann wiederum benutzt hat.
Es werden hier sehr viele Figuren eingeführt, aber da es so schön in eigene Kapitel aufgeteilt ist und jedes aus einer anderen Perspektive geschildert, kann man das gut unterscheiden.
Die Karte im Anhang und die Liste der Personen (nach Wagon und Bahnhöfen, sehr praktisch!) sind auf jeden Fall eine gute Idee. Auf der Homepage hatte ich mich auch schon mal umgesehen, aber ich glaube die Fotos werde ich mir nicht so genau ansehen, ich hab lieber meine eigenen Versionen im Kopf.
Eva erscheint mir als jemand, der nur auf den ersten Blick naiv ist. Letzten Endes ist sie auf eine andere Art auch sehr erwachsen. Sie weiß genau wie ihre Situation ohne Carol aussieht, in einem Paris das kurz davor steht von den Deutschen erobert zu werden. Und sie ist bereit dazu alles zu tun, um wieder zu ihm zu gelangen und in seine "Gnade" zu kommen. Ich glaube nicht, dass das was mit großer Verliebtheit zu tun hat oder dass sie sich Illusionen diesbezüglich macht. Sie weiß, dass sie ihm eigentlich schon "zu alt" ist, aber er ist im Augenblick ihre einzige Chance und so plant sie (ja auch schon bei unserer ersten Begegnung mit ihr) fast schon strategisch mit den Mitteln die ihr zur Verfügung stehen ihr Ziel - Überleben und Sicherheit - zu erlangen.
Die russische Adelsfamilie finde ich auch noch faszinierend. Der (Ab)Glanz des untergegangenen Zarenreiches wird unter allen Umständen vom Familienoberhaupt bewahrt und die Nachkommen diesbezüglich zur Ordnung gerufen.
Was mir auch gut gefällt, sind die offensichtlichen Verwirrungspfade, die für den Leser ausgelegt werden: Man kann nicht mit Sicherheit sagen, wem der Anschlag gelten soll (dem Großfürsten? Carol? Oder vielleicht doch dem reichen Amerikaner?) und wer denn nun der "Böse" ist. Geht es wirklich nur um die symbolische Bedeutung dieses besonderen Wagons oder steckt doch noch mehr dahinter? Die Freiheitskämpfer wussten ja offensichtlich nichts davon.
Die ganze Atmosphäre passt wirklich zu einem guten alten Film der von Abenteuern und menschlichen Tragödien erzählt. Man fühlt sich wohl in dem Buch und möchte sich dabei am liebsten in einem dick gepolsterten alten Ledersessel zurücklehnen und etwas gutes dazu trinken.
Ich bin jetzt schon ein Stück weit in der Schweiz unterwegs und es trat gerade ein interessanter neuer Passagier auf... muss weiterlesen.