Am 20.11. stoppte der Orientexpress in Wunstorf...

  • ... und ihm entstieg Benjamin Monferat, um im "Küsters Hof" aus seinem Buch "Welt in Flammen" zu lesen und darüber zu erzählen.


    Die Verbindung der Familie Monferat und der Eisenbahn reich weit in die Geschichte zurück, war es doch Jean-Renoir de Monferat der 1722 die erste dauerhaft befahrene Eisenbahnlinie in Frankreich baute, und zwar die Strecke Toulouse - Lautrec.


    Ok, tatsächlich kam Stephan Rother ganz schnöde mit dem Auto über die A2, allerdings muss jemand der sich ein solches Pseudonym einfallen lässt damit rechnen das sich jemand dazu eine Vita ausdenkt...



    Stephan Rother begann seine Karriere als Historiker, doch anstatt trockene Bücher über längst Verstorbene und ihre Taten zu veröffentlichen trug er sein Wissen auf die Bühne, um als Stand-Up-Comedian mit historischen Themen sein Publikum zu unterhalten, bevor er sein Fachwissen dazu nutzte, alles andere als trockene Thriller mit seinem Wissen anzureichern und zu veröffentlichen.


    Nach einem Ausflug ins Krimigenre kehrte er dann pseudonymisiert zur Historie zurück und schrieb mit "Welt in Flammen" eine fabelhafte Mischung aus Historienroman, Thriller und Abenteuerroman.


    Verglichen mit anderen Lesungen wurde an diesem Abend recht wenig tatsächlich vorgelesen - wer den Roman schon kannte brauchte das nicht, alle anderen sollen ihn selbst lesen - sondern erzähl. Und dabei ließ sich Rothers Backround als Komödiant nicht verleugnen, sein Vortrag war ebenso witzig wie informativ. Allerdings wurden hier auch seine Grenzen offenbar: Langweilig kann er einfach nicht! Egal wie sehr er sich auch anstrengen mag! Da wurde selbst die Suche nach dem Richtigen Zettel zum Sketch, der Schluck aus dem Wasserglas führte zu eine Anekdote, einer witzigen Geschichte.


    Dazu gab es allerdings auch jede Menge wissenswertes und interessantes zur Entstehung des Buches, zur Wahl des Namens Benjamin Monferat und vieles mehr, was jeden Leser aus dem stillem Kämmerlein heraus treibt und zu Lesungen wie dieser zieht. Es ist einfach immer wieder eine Bereicherung zu sehen, wer hinter der eben noch so außerordentlich genossenen Lektüre steht, den Menschen hinter den Buchstaben kennen zu lernen und vielleicht die ein oder andere Frage loszuwerden.


    Es zeigte sich hier aber auch ganz deutlich,das es keine Lightshow, Tänzerinnen und ein Orchester braucht um sein Publikum gut zu unterhalten und ihm einen tollen Abend zu bereiten. Es braucht nur einen guten Autor, der nicht nur Schreiben sondern auch erzählen kann, eine Bühne und eine Gruppe von Lesern.
    Das "Bücherparadies" in Wunstorf hat all diese Zutaten wieder einmal erfolgreich zusammengerührt, wie es das schon öfter getan hat, und ich bin zwar mit dem Regionalexpress angereist, zurückgefahren bin ich allerdings mit dem Orientexpress!

  • Ich liebe die Büchereule immer dann, wenn ich etwas lese, das von der Idee bis zur Umsetzung etwas anders ist als das Allermeiste. Sehr schön, Bodo.

  • Zitat

    Original von Richie
    DANKE Bodo für den Bericht. Am liebsten würde ich gleich mit dem Buch anfangen, aber es dauert ja nur noch bis Dienstag zur LR :chen


    ...zu der ich mich jetzt anmelden werde.
    Vielen Dank, Bodo. Ich bin und bleibe ein Fan von dir. :frech :knuddel1

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Zitat

    Original von Bodo
    Die Verbindung der Familie Monferat und der Eisenbahn reich weit in die Geschichte zurück, war es doch Jean-Renoir de Monferat der 1722 die erste dauerhaft befahrene Eisenbahnlinie in Frankreich baute, und zwar die Strecke Toulouse - Lautrec.


    :chen :lache


    Schade, daß in Bad Hersfeld die meisten ICE, und der Simplon-Orient-Express sowieso, durchbrettern. Da werde ich das Buch wohl selbst und ohne diese interessanten Hintergrundinformationen lesen müssen. :grin



    Zitat

    Original von Lumos
    Gibt es irgendwo eine Liste über weitere Haltepunkte des Orientexpress?


    Habe ich mich auch schon gefragt, aber keinen Fahrplan gefunden.



    Edit Tippfehler

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von SiCollier ()

  • Danke für den sehr interessanten Bericht, Bodo! Der macht gleich noch viel mehr Lust auf die Leserunde am Dienstag!


    Zitat

    Original von SiCollier


    Da werde ich das Buch wohl selbst und ohne diese interessanten Hintergrundinformationen lesen müssen. :grin


    Ersteres "musst" du wohl wirklich, aber ich hoffe sehr, dass wir in der LR auch an die interessanten Hintergrundinformationen kommen Schließlich ist der Lokführer ja dabei und wird uns während der weiten Fahrt hoffentlich die ein oder andere Ankedote erzählen.

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Zitat

    Original von Lese-rina
    Ersteres "musst" du wohl wirklich, aber ich hoffe sehr, dass wir in der LR auch an die interessanten Hintergrundinformationen kommen Schließlich ist der Lokführer ja dabei und wird uns während der weiten Fahrt hoffentlich die ein oder andere Ankedote erzählen.


    Ein Buch, das so sehr einen Zug in den Mittelpunkt stellt, "muß" ich allerdings wirklich lesen. Jetzt frage ich mich nur noch, ob ich - zum besseren "in-Stimmung-kommen" - meine blaue S 3/3 mit dem blauen königl. Bayer. Prinzregentenwagen vor mich auf den Tisch stellen soll. Wäre zwar nicht der Orient-Express, aber vornehm wär's dennoch. ;-)

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Zu hübsch diese blaue S 3/3, Sir Collier. :)


    Ein Riesendankeschön an Bodo für diesen tollen Bericht. Einerseits bekomm' ich da glatt selbst mal Lust, mit im Publikum zu sitzen, andererseits würde die Forschung mit dann vermutlich einer Vivisektion unterziehen oder sowas, wie ich das jetzt gemacht habe.


    Weil die Frage nach weiteren Lesungen gestellt wurde: Dieser Abend war der Abschluss für die Herbsttour, aber ich kann auf jeden Fall versprechen, dass es im Frühjahr weitere Termine geben wird. Bestätigt ist Bad Zwischenahn Anfang März, wenn mich mein Hirn jetzt trügt, aber wahrscheinlich wird es noch mehr werden.


    Vor allem aber freue ich mich erst einmal auf unsere Leserunde. Super, Regenfisch: kurz entschlossen! Klasse!


    Herzliche Grüße,


    der Mann der vielen Namen (was hab ich mir nur mit diesem "Cyriacos" gedacht)

    "Ich bin nicht der Meinung, dass jemand, der eine andere Meinung hat als ich, nur deswegen kritisiert werden muss. Er muss dann kritisiert werden, wenn er etwas vertritt, was nicht echt ist." (Helmut Schmidt)

  • @ SiCollier: Na natürlich die blaue S 3/3 als Lok und daran angekoppelt den Prinzregentenwagen. Und was heißt da stellen? Da wird doch zumindest eine einfache Schienenführung drin sein, damit die Lok im Kreis sausen kann, oder :grin?

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • @ Lese-rina
    :lache Also ob eine Königin* saust ist eine Frage, die erst noch zu klären wäre. ;-) Schienen für einen Kreis, sogar mit Ausweichgleis, zum provisorischen Spiel aufbauen habe ich sicherlich. Aber ob die mit einem einfachen Kreis zufrieden wäre? :gruebel :grin



    (* = die bayr. S 3/6 wird oft als die Königin der deutschen Dampflokomotiven bezeichnet)

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")