Das Cover zeigt einen alten leeren Sessel in einem Raum, was traurig wirkt.
Der Student David begegnet im Treppenaufgang der alten 89-jährigen Frau Berger und bietet ihr seine Hilfe an. Bewusst hat er Frau Berger, die einen Stock unter ihm wohnt bisher noch nicht wahrgenommen.
Wozu auch, hat er doch mit seinem ungeliebten Studium, seinen Partys, Drogen und Bettgeschichten genug zu tun. Doch die Begegnung geht ihm nicht mehr aus dem Kopf und so besucht er Frau Berger, die sich freut endlich mal wieder mit jemanden reden zu können. Endlich ist sie mal nicht alleine, wie sonst, denn alle Freunde sind gestorben oder vegetieren in einem Altenheim vor sich hin und Ihre Tochter Rosemarie lebt seit 40 Jahren samt Kinder und Enkel in Südafrika. Doch auch vor Frau Berger macht die beginnende Demenz nicht halt. David, der das mitbekommt weiß nicht so recht wie er damit umgehen soll, teilweise ekelt er sich davor und vermeidet ein Zusammentreffen andererseits macht er sich Sorgen um Frau Berger und besucht sie dann doch wieder. Frau Berger erzählt viel aus ihrem aufregenden, früheren Leben bei einem Filmstudio und David hört vermeintlich den Namen seines Großvaters fallen. Diesen hat David nie kennengelernt und er wird in der Familie totgeschwiegen. Gibt es eine Verbindung zwischen Frau Berger und seinem Großvater? Von da an besucht David Frau Berger regelmäßig und kümmert sich um sie, gleichzeitig erfährt er einiges über seinen Großvater und gewinnt selbst eine neue Lebenseinstellung.
Die Geschichte wird aus unterschiedlichen Sichtweisen der einzelnen Charaktere geschildert, einmal von der jungen Hannelore Berger, von David und von Rosemarie und dann noch von Frau Berger im Alter. In ihrem flüssigen Schreibstil setzt sich Kerstin Michelsen in diesem wundervollen Buch mit dem Älter werden auseinander. Gefühlvoll und realistisch beschreibt die Autorin die einzelnen Charaktere, so dass man nicht nur Frau Bergers Einsamkeit spürt, sondern viel über ihr aufregendes Leben erfährt, von dem man immer mehr lesen möchte. Auch in Davids Zweifel, seine Abscheu und seinen inneren Zwiespalt kann man sich sofort hinein versetzen. Somit sind sie dem Leser nicht nur sehr nahe sondern man erkennt stellenweise Passagen aus seinem eigenen Leben wieder.
Der Fazit: Ein wundervolles realistisches Buch, das sich nicht nur mit dem Älterwerden auseinandersetzt sondern uns auch mitteilt, dass hinter jedem alten Mitmenschen ein bewegtes Leben steckt.
„Frau Berger wird unsichtbar“ von Kerstin Michelsen erhält von mir eine ganz klare Kaufempfehlung.