Gebundene Ausgabe: 288 Seiten
Verlag: Manesse Verlag (14. April 2014)
ISBN-13: 978-3717523109
Originaltitel: Washington Square
Preis Gebundene Ausgabe: Euro 24.95
Preis Kindle E-Book: Euro 19.99
Autor
Henry James (1843–1916) wurde in New York geboren, verbrachte jedoch die meiste Zeit seines Lebens auf Reisen und in Europa. Dessen klassischer Literatur, insbesondere aus Russland und Frankreich, galt seine höchste Wertschätzung. Seinen Ruf als Meister der psychologischen Erzählkunst erschrieb er sich mit zwanzig Romanen und über hundert Erzählungen.
Kurzbeschreibung / Klappentext
Er liebt sie, er liebt sie nicht, er liebt sie, er liebt sie nicht … Selten waren Herzensangelegenheiten undurchsichtiger als in diesem Roman. «Washington Square», eines von James’ bekanntesten und beliebtesten Werken, offenbart dessen Meisterschaft in der Analyse menschlicher Abgründe. Die vorliegende Neuübersetzung erschließt die komplexe, anspielungsreiche Sprachwelt des Autors und ermöglicht endlich auch im Deutschen höchsten Lesegenuss.
Catherine Sloper ist ein schüchternes, in jeder Hinsicht blasses Mädchen – und eine der besten Partien New Yorks. Als ihr der attraktive Abenteurer Morris Townsend den Hof macht, geht sie bereitwillig auf sein Werben ein. Doch Catherines Vater, zugleich der Verwalter ihres Vermögens, vermutet in Townsend einen Mitgiftjäger und will eine Heirat um jeden Preis verhindern. Hin- und hergerissen zwischen kindlichem Pflichtgefühl und dem Wunsch nach Selbstbehauptung, ringt Catherine um eine Entscheidung. Hin- und hergerissen ist auch der Leser, denn über die wahren Motive aller Beteiligten – des verarmten Bräutigams in spe, der ebenso naiven wie geschmeichelten Braut, des in seiner Autorität verletzten Brautvaters, der sein Vermögen einst selbst durch Heirat erworben hatte – lässt uns Henry James bewusst im Unklaren.
Meine Meinung
Ich mag diese Neuübersetzungen von Klassikern in wertiger Hardcover-Ausgabe. Von diversen Verlagen stehen schon ein paar dieser Trouvaillen in meinem Bücherregal. Dank den aufgefrischten Werken und der Verlagswerbung werde ich erst auf Klassiker aufmerksam und denke über einen Kauf nach. So hatte ich das Glück, den Schriftsteller Henry James für mich zu entdecken. Er hat seine zahlreichen Werke gegen Ende des 19. Jahrhunderts verfasst und aus seinem immensen Schaffen wurde diese Geschichte von Bettina Blumenberg neu auf Deutsch übersetzt. Auch wenn mir der Vergleich zu einer anderen deutschsprachigen Ausgaben fehlt, erlaube ich mir das Urteil zu fällen, dass sie es ganz hervorragend gemacht hat. Ich bin beeindruckt von der eleganten und eloquenten Sprache, vom Satzgefüge und ganz allgemein vom strukturellen Aufbau des Textes. Dies spricht den wachen Geist an und verströmt ein Fluidum aus Intellektualität und einem Hauch Noblesse ... und trotzdem liest es sich erstaunlich geschmeidig weg.
Die Handlung ist schnell beschrieben und steht meiner Meinung nach nicht im Vordergrund. Sie dient als Basis für das Denken, die Geisteshaltung und daraus abgeleitet die Lebensweise der Protagonisten. New York ungefähr im Jahre 1840. Dr. Sloper hat es als erfolgreicher Arzt zu einem kleinen Vermögen gebracht und bewohnt ein Haus am Washington Square. Das erste Kind starb im alter von drei Jahren und seine geliebte Frau starb bei der Geburt der Tochter. Catherine wächst behütet auf und hat eher herbe bis unterkühlte Wesenszüge. Eine reizloses "nettes" Äusseres wie ihr Vater mitleidslos feststellt. Als der Lebemann Morris Townsend ihr den Hof macht und sie sogar heiraten will legt ihr Vater das Veto ein. Ohne Einverständnis des Vaters ist eine Ehe anno dazumals nicht möglich, schon gar nicht in der gutbürgerlichen Gesellschaftsschicht. Townsend ist finanziell unvermögend und hat generell nicht den Habitus den Dr. Sloper an einen zukünftigen Gatten seiner Tochter stellt und er befürchtet, dass es der Charmeur nur auf das Geld und Erbe seiner Tochter abgesehen hat. Als das Werben nicht aufhört macht er mit Catherine eine mehrmonatige Reise nach Europa. Der Roman endet mit ... mehr als unerwartet verrate ich nicht.
Zu Beginn beschreibt Henry James intensiv die Personen und das Umfeld in dem sie Leben um dann zum eher dialoglastigen Mittelteil zu wechseln und auf den Kern der Geschichte zu kommen und diesen zu behandeln. Er ist ein scharfer Beobachter vom menschlichem Verhalten und er kann seine Erkenntnisse präzise in Worte fassen. Die Figuren weisen klare Konturen auf und vertreten ihre Charakterzüge mehrfach in Gesprächen und Konfliktsituationen. Je nach individueller Einstellung der Leser/-innen fühlt man mit unterschiedlichen Figuren mit. Ich persönlich konnte das Standesdünkel von Dr. Sloper nachvollziehen was anderen Lesern möglicherweise eher schwer fällt. Die Reise nach Europa und die Rückkehr samt Schluss sind dann relativ kurz gehalten aber in den knapp 260 Seiten ist gesagt was gesagt werden muss.
Für mich ist der aussergewöhnliche Stilist Henry James ein ganz Grosser seiner Zunft und ich werde ganz sicher mehr von ihm lesen. Wertung: 9 Eulenpunkte