Der Palast der Borgia - Sarah Dunant

  • Der Palst der Borgia
    Sarah Dunant
    Insel Verlag
    ISBN: 978-3458360339
    646 Seiten, 14,99


    Über die Autorin: Sarah Dunant, 1950 in London geboren, studierte Geschichtswissenschaft. Die Journalistin, Radiomoderatorin und Kolumnistin veröffentlichte bereits mehrere Romane. Sie hat zwei Kinder und lebt in London und Florenz.


    Kurzbeschreibung: Rom im August, es ist das Jahr 1492. Schon am frühen Morgen ächzt die Stadt unter der Gluthitze des Sommers. Der Lärm in der engen Gasse unter ihrem Fenster lässt Lukrezia aus dem Schlaf fahren. Kann es wahr sein, was der Bote schreit? Ihr Vater, Rodrigo Borgia, der neue Papst? Die Nachricht stellt Lukrezias Leben und das ihrer drei Brüder auf den Kopf: Plötzlich sind sie die mächtigste Familie der Stadt, und das zwölfjährige Mädchen muss in Windeseile erwachsen werden. Denn ihr ehrgeiziger Vater weiß nur zu genau, dass die Hand seiner Tochter mehr wert ist als alle italienischen Ländereien zusammen, und dann ist da noch ihr Bruder Cesare, der seine schöne Schwester etwas zu sehr liebt … Mit Meisterhand öffnet Sarah Dunant die kupferbeschlagenen Türen des Palastes der Borgia, schlägt die schweren Brokatvorhänge beiseite und zeichnet den Aufstieg einer Familie in einer schillernd-verhängnisvollen Welt der Intrigen, Lust und Habgier.


    Meine Meinung: Schon immer haben mich die Berichte über die Medici oder die Borgia fasziniert. Die Intrigen und Machtspiele dieser großen Familien bieten Romanstoff, der noch für viele spannende Bücher reichen wird. Das Buch „Der Palast der Borgia“ befasst sich mit der berühmten Familie in dem Zeitraum 1492 bis ca. 1501 und beginnt mit der Papstwahl Rodrigo Borgias, der sich in seinem Amt den Namen Alexander VI gibt. Seine Tochter Lucrezia und die Söhne Cesare und Juan sind nun plötzlich Mitglieder einer der mächtigsten Familien in Italien und somit Spielfiguren in einem politischen Spiel in dem es hauptsächlich um die Erhaltung der Macht geht. Über ihre weiteren Lebenswege entscheidet die politische Lage...


    Die Handlung des Romans ist keine absolut authentische Geschichte der Familie Borgia, sondern lehnt sich an die historischen Fakten an und somit hat die Autorin die Freiheit genutzt, ihre ganz eigene Geschichte daraus zu konstruieren. Anfangs verwirrt die Anzahl der Personen sehr und ich hätte mir eine kurze Einleitung gewünscht, in der die aktuell herrschenden politischen Verhältnisse und Personen erklärt worden wären.


    So steigt man gleich in die Handlung ein und muss sich die einzelnen Figuren erarbeiten. Das lässt zu Beginn wenig bis keine Spannung aufkommen, auch wenn man schon das Potential durch die vielen verschiedenen verflochtenen Beziehungen erkennt. Auf jeden Fall ist es bei diesem Buch wichtig, dran zu bleiben, da man sonst schnell den Faden verliert und nicht mehr durchsteigt, wer denn nun mit wem und warum verbandelt ist. Manche Personen, ihre familiären Beziehungen und manches politisches Kalkül werden so ausführlich beschrieben, dass der Roman einige Längen aufweist und ich mich teilweise zwingen musste, weiter zu lesen.


    Mir blieben die einzelnen Figuren alle ein wenig fremd. Keine wurde so geschildert, dass Empathie aufkam und so las ich zwar interessiert ein gut recherchiertes Buch, doch es konnte mich einfach nicht mitreißen. 5 Punkte für die gute Recherche und die viele Arbeit, die sich die Autorin mit dem Buch gemacht hat.

  • August 1492. Das Konklave ist zusammengetreten um einen neuen Papst zu wählen. Unter anderem hat auch Rodrigo Borgia eine Chance. Und um diese Chance zu nutzen, besticht er andere ihn zu wählen. Am Ende heißt es: Habemus Papam, Habemus Borgia.
    So werden Lucrezia und Giulia geweckt, und erfahren, dass ihr Vater bzw. ihr Geliebter zum Papst gewählt worden ist. Selbst als Papst entsagt der ehemalige Kardinal von Valencia nicht der fleischlichen Lust. Vier Kinder hat er: Cesare, Juan, Lucrezia und Jofré. Und nun muss er dafür sorgen, dass sie gut verheiratet werden. Sein ältester Sohn Cesare ist Bischof. Doch Papst Alexander VI. will, dass er Kardinal wird. Cesare ist jedoch nicht ehelich geboren, und somit ist das eigentlich nicht möglich. Doch das ist für den Papst Alexander VI. kein Hindernis. Er sorgt für die Ehelichkeit und Cesare wird Kardinal von Valencia. Sohn Juan macht er zum Herzog und Lucrezia verheiratet er mit Giovanni Sforza, dem Herrn von Pesare. Lucrezia ist erst dreizehn Jahre alt. Sogar für Jofré findet er eine Frau obwohl dieser praktisch noch ein Kind ist, nämlich erst zwölf Jahre alt: Sancia von Aragon. Doch die Bündnisse, die er damit eingeht, halten nicht was er sich davon versprochen hat. Und nun will er Lucrezia von ihrem Gatten befreien. Er behauptet, die Ehe sei nicht vollzogen worden und somit könne man sie annullieren. Und wenn der Papst das will, dann geschieht das auch so. Denn er intrigiert und er hat die Macht. Doch bevor die Ehe annulliert wird, wohnt Lucrezia einige Zeit im Kloster, wo sie von Pedro Calderon, dem Kurier ihres Bruders Cesare informiert wird. Der nächste Ehemann ist schon ausgesucht, obwohl sie noch verheiratet ist. Doch auch er soll nicht der letzte sein….
    Cesare ist Kardinal, was ihn jedoch nicht hindert, im Krieg gegen die einmarschierenden Franzosen zu kämpfen und Truppen anzuführen. Cesare ist nicht gerne Kardinal und er ist seiner Schwester sehr zugetan. Auch Lucrezia mag Cesare sehr, jedoch ist ihr nicht klar, zumindest anfangs, wie tief die Liebe ihrer Bruders zu ihr geht. Erst als sie das bemerkt, weicht sie etwas zurück, liebt aber ihren Bruder trotzdem sehr. Doch dann tut er etwas, was Lucrezias Geschwisterliebe auf eine harte Probe stellt, sogar fast vernichtet…
    Juan, der zweitälteste des Papstes, ist immer einem Abenteuer mit Frauen nicht abgeneigt. Er ist mit Maria Enriquez verheiratet und kommt eines Tages von Spanien zurück nach Rom. Als er von einem Mann beleidigt wird, sorgte er dafür, dass dieser sterben muss. Doch die Rache folgt fast auf dem Fuß und Papst Alexander VI. ist tagelang nicht ansprechbar…
    Das Buch ließ sich gut lesen. Immer wieder kommt Spannung auf. Im ersten Viertel war es teilweise aber auch etwas langatmig. Doch die nachfolgende Spannung machte das dann wieder wett. Es strotzt nur so vor Intrigen und Machtmissbrauch. Die Reibereien zwischen dem Kirchenstaat und Neapel, bzw. Mailand sind gut beschrieben. Leid tat mir Lucrezia, die es sich gefallen lassen musste, hin und hergeschoben zu werden. Doch sie liebte ihren Vater über alles und gehorchte. Der Vater, Papst Alexander VI. sorgte durch Intrigen und Kriege dafür, dass seine Kinder gut versorgt waren, doch sein Sohn Cesare war noch viel schlimmer, denn seine Gier kannte keine Grenzen. Irgendwann soll es eine Fortsetzung dieses Buches geben. Insgesamt war es recht spannend und hat mir ganz gut gefallen.

  • Eine skandalumwitterte Familie, von der fast jeder schon einmal gehört hat, wird in Sarah Dunants „Der Palast der Borgia“ zum Leben erweckt. Die Geschichte setzt bei der Wahl Rodrigo Borgias zum Papst Alexander VI. im Jahr 1492 ein und deckt grob die erste Hälfte seines Pontifikates ab. Schnell wird klar, um welch ein Schlangennest es sich bei der Kurie der Renaissance handelte. Perspektivisch springen wir zu verschiedenen Mitgliedern der Familie, die alle ihre eigenen Interessen verfolgen. Da ist Cesare, der gegen seinen Willen eine kirchliche Laufbahn einschlagen musste, Juan, der mit seinen Respektlosigkeiten halb Rom gegen sich aufbringt, und Lucrezia, die vor allem politisches Heiratsmaterial darstellt. Und natürlich Alexander selbst, der die Politik des Kirchenstaates führen, die eigene Familie voranbringen und sich immer wieder mit den Sorgen und Nöten seiner Frauen und Kinder herumschlagen muss. Zwischen den Familienmitgliedern, besonders den Geschwistern, herrscht keineswegs immer eitel Sonnenschein, und so müssen die Borgia nicht nur einige Schicksalsschläge, sondern auch persönliche Niederlagen verkraften. Aber im Zweifel wissen alle, dass sie zuallererst ihrer Familie verpflichtet sind.


    Die Renaissance ist ein Stück weit meine Lieblingsepoche, und so habe ich mich einerseits in Rom und unter den Figuren des Romans direkt ein wenig „heimisch“ gefühlt. Andererseits habe ich eine Weile gebraucht, um mit dem Buch so richtig warm zu werden. Es gibt keine klare Hauptfigur, sodass man anfangs nicht recht weiß, wem man seine Sympathien nun schenken und mit wem man mitfiebern möchte. Das heißt aber nicht, dass die Charaktere flach wären – ihre inneren Konflikte sind gut nachvollziehbar dargestellt. Mit der Zeit hat sich für mich Lucrezia herauskristallisiert, deren Persönlichkeitsentwicklung besonders ausführlich geschildert wird. Im Verhältnis der Protagonisten zueinander liegt für mich auch der eigentliche Spannungsfaktor des Romans, denn die Ereignisse an sich sind bis auf einige Details ohnehin bekannt. Je mehr das Schicksal Lucrezias verfolgt wurde, desto mehr habe ich auch mitgefiebert, wie sich die Beziehung zu Vater und Bruder entwickeln würde. Trotz der vorhandenen Gewalt ist es also keine „Action-Erzählweise“.


    Sprachlich fand ich „Der Palast der Borgia“ sehr ansprechend und erfrischend. Die komplexe Ereignisgeschichte macht es nötig, dass immer wieder längere Passagen eingeflochten werden, die historische Zusammenhänge erklären. Dunant trifft hier den Ton sehr gut, manche Ereignisse werden so kommentiert, wie sie sich auch für die Protagonisten anfühlen: lakonisch-pragmatisch. Mir persönlich wurde das nie langweilig, allerdings kann ich mir vorstellen, dass es schwierig ist, allen Details zu folgen, wenn sich jemand noch nie mit den historischen Begebenheiten oder Figuren befasst hat oder sich dafür vielleicht gar nicht interessiert. Fairerweise muss man sagen, dass es manchen Passagen ein wenig an Lebendigkeit gefehlt haben mag.


    Ich persönlich mag die Herangehensweise von Sarah Dunant sehr. Den Borgia haftet bekanntlich viel schwarze Legende an, sie schafft es aber, die Personen und Ereignisse differenziert und menschlich darzustellen. Sie sind deshalb nicht weniger grausam und skandalös – aber eben auch nicht mehr als die anderen führenden Familien der Zeit. Ich finde, damit ist ihr ein sehr intelligenter Roman gelungen, den ich mit viel Freude gelesen habe. Wegen des relativ nichtssagenden deutschen Titels und des absolut kitschigen (und in meinen Augen völlig missratenen) Covers habe ich lange gezögert und wurde umso positiver überrascht, auch wenn ich wie gesagt aufgrund des Erzählstils etwas Eingewöhnungszeit gebraucht habe. Meiner Auffassung nach hat Dunant sehr ordentlich recherchiert und sich eng an die überlieferten Begebenheiten gehalten. Ihre eigenen Interpretationen und Ausschmückungen wirken dabei glaubhaft und schlüssig. Einiges erklärt sie auch in ihrem Nachwort, dem sogar eine Liste mit weiterführender Fachliteratur angefügt ist (dicker Pluspunkt!). Der nachfolgende Teil steht bereits in meinem Regal und ich freue mich darauf, wieder in die Borgia-Welt einzutauchen.


    Den Roman bewerte ich mit 7 Punkten.


    (Auf meinem Blog gibt es für Interessierte eine Darstellung zu den historischen Hintergründen.)