Regengötter - James Lee Burke

  • Broschiert: 672 Seiten
    Verlag: Heyne Verlag (20. Oktober 2014)
    ISBN-13: 978-3453676817
    Originaltitel: Rain Gods
    Preis Broschiert: Euro 16.99
    Preis Kindle E-Book: Euro 13.99


    Autor


    James Lee Burke, 1936 in Louisiana geboren, wurde bereits Ende der Sechzigerjahre von der Literaturkritik als neue Stimme aus dem Süden gefeiert. Doch nach drei erfolgreichen Romanen wandte er sich Mitte der Achtzigerjahre dem Kriminalroman zu, in dem er die unvergleichliche Atmosphäre von New Orleans mit packenden Storys verband. Burke, der als einer der wenigen Autoren sogar zweimal mit dem Edgar-Allan-Poe-Preis für den besten Kriminalroman des Jahres ausgezeichnet wurde, lebt abwechselnd in Missoula/Montana und New Orleans.


    Kurzbeschreibung / Klappentext


    »Ich bin hinter der alten Kirche in Chapala Crossing und habe gerade neun Leichen gefunden, die hier begraben wurden. Alles Frauen. Benachrichtigen Sie bitte das FBI und rufen Sie auch die Kollegen vom Brewster County und vom Terrell County an. Die sollen Unterstützung schicken.«


    Der Geruch des Todes! Auf den Hinweis eines anonymen Anrufers hin, gräbt Sheriff Hackberry Holland hinter einer verlassenen Kirche die Leichen von neun Frauen aus, notdürftig mit einem Bulldozer plattgewalzt. Es handelt sich dem Anschein nach um illegale Einwanderer aus Asien, die in Texas nahe der mexikanischen Grenze als Prostituierte arbeiteten. Bei der Suche nach dem Anrufer gerät Holland mit Isaac Clawson von der Einwanderungs- und Zollfahndungsbehörde ICE aneinander. Nach dem Mord an seiner Tochter ist er auf seinem eigenen Rachefeldzug. Bevor sie den einzigen Tatzeugen, Pete Flores, und dessen Freundin Vikki Gaddis ausfindig machen können, befinden sich diese bereits auf der Flucht vor den eigentlichen Drahtziehern, zu denen Jack Collins — genannt Preacher— zählt, ein Psychopath, dem man besser nicht zu nahe kommt.


    Meine Meinung


    Eine dicke Überraschung beim auspacken des Amazon-Pakets ... was für ein Klopper von einem Buch! Das es rund 670 Seiten sind wusste ich aber trotzdem ... Nun gut, das Cover mit der gottverlassenen Kirche und dem finstren Himmel gefällt und verbreitet eine grimmig-böse Grundstimmung. Es geht dann auch gleich los mit der rasanten Geschichte und der Grundstein allen Übels wird gelegt. In einem unwirtlichen texanischen Kaff nahe der mexikanischen Grenze werden hinter einem Gotteshaus neun blutjunge Asiatinnen mit einer Maschinenpistole erschossen und die Leichen notdürftig mit einer Planierraupe zugedeckt. Die Opfer werden dank einem Zeugen schnell gefunden und die Jagd auf die erbarmungslosen Täter nimmt seinen Lauf.


    Der Roman lebt eindeutig von den Protagonisten, die ich übrigens gelungen finde, und dem wechselseitigen Spannungsfeld in dem sie agieren. Der Schriftsteller James Lee Burke erzählt nicht nur aus der Sicht der Jäger wie Sheriff Hackberry Holland oder Agent Isaac Clawson sondern lässt auch den Bösewichten wie Prediger Jack Collins viel Platz und es sind erstaunlicherweise genau die Schurken die die Leserschaft das ein oder andere Mal, aber längst nicht immer, überraschen. Sheriff Hackberry Holland ist über siebzig Jahre alt und er hat ein krisengeschütteltes Leben geführt. Soldat und Kriegsgefangener in Nordkorea, Alkoholsucht, Scheidung und Depressionen. Es gibt nichts was ihn in seinem Alter noch erschüttern könnte und genau diese Furchtlosigkeit vor dem Tod macht ihn zu einem brandgefährlichen Gesetzeshüter. Agent Clawson wiederum befindet sich als einsamer Rächer auf einem ganz eigenen Vergeltungstrip ...und Preacher Jack Collins verkörpert mit seinem unheilvollen Übernamen als "linke Hand Gottes" das skrupellose Böse schlechthin.


    Der Schreibstil ist gefällig, exakt und die Geschichte lässt sich mühelos lesen. Einzig die Personen sollte man von Beginn weg gedanklich gut einsortieren damit man die Figuren die das ganze Spektrum von gut über leicht verdorben bis tief ins Mark böse jederzeit auf zack, ganz nach ihrem auftauchen in der Erzählung, zuordnen kann. Der Autor schreibt zwar von Gewalttaten geht aber dankenswerter Weise nicht bis ins eklige, blutige Detail. Die Handlungsorte verfügen nicht hundertprozentig über die pythische Aura die ich erwartet habe aber die texanische Einöde mit der Kleinstadt-Atmosphäre ist insgesamt treffend beschrieben. Die Handlung als solche wird stringent vorwärtsgetrieben mit sattem Tempo aber auch kleineren Passagen zum durchatmen. Die eingeflochtenen Bibelstellen verleihen dem Roman etwas alttestamentarische Mystik.


    Dieses Buch ist ganz sicher spezielle Genreliteratur und sollte im Prinzip nur von Leser/-innen in die Hand genommen werden die deftigeres mögen. Am ehesten würde ich es Lesern empfehlen die Joe R. Lansdale oder Donald Ray Pollock mögen. In Amerika geniesst James Lee Burke einen gewissen Kultstatus und mit diesem Buch wird die Basis für weitere Bücher des Autors auf Deutsch gelegt. Wertung: 8 Eulenpunkte

  • Jepp, ein tolles Buch, ein Epos, eine Gattung die man in diesem Genre eher selten findet.
    Alles ist hier groß und weit!
    So ist auch die Erzählung eher episch, breit, ausufernd, von Gedankengängen und Rückblenden durchzogen.
    Hier tritt niemand auf, sagt seinen Text, und geht wieder ab, diese Bühne ist die unendliche Weite des Westens, das Niemandsland, der Hinterhof Amerikas, und ich kenne keinen Autoren, welche uns Lesern diese Gegend näher bringen könnte als James Lee Burke!
    Nichts hier entgeht seinem scharfen Blick, und somit auch uns nicht, die wir uns entschlossen haben ihm zu folgen, in dieses heiße, staubige Niemandsland, wo ein Mann noch tut, was ein Mann tun muss, wo man danach beurteilt wird was man ist, nicht was man einmal war....


    Doch die Weite der Gegend ist manchmal einfach.... Weite! Durchquert man sie auch mit dem schnellsten Fahrzeug, sieht man doch über weite Strecken nur eines... Weite.


    Und das sollte dem geneigten Leser klar sein, bevor er zu James Lee in den Wagen steigt, in dieser Gegend hat alles seine Zeit, die Uhren ticken hier - hitzebedingt - etwas anders als "da draußen in der Zivilisation".


    Mein Haupteinwand gegen "Hamlet ist der, das am Ende alles zu schnell geht. Da wird äußerst kunstvoll ein ungeheurer Spannungsbogen aufgebaut - und dann geht es plötzlich sehr schnell: Der Eine tot, dann der nächste... ZACK, König tot, Königin tot, fast alle tot und fertig!


    Burke geht hier den entgegengesetzten Weg..... Und das dauert.
    Am Schluß hatte ich das Gefühl: "Da schindet jemand noch 100 Seiten raus, obwohl die Geschichte längst erzählt ist.
    Wie schwer es sein muß ein großes Werk - und das liegt hier ohne Zweifel vor (!) - gut enden zu lassen zeigt die Zahl derer, die es trotz guter Vorarbeit regelmäßig vergeigen.
    Ich bin kein Autor, aber gemessen an all den Fehlschlägen die ich bisher am Ende großer Bücher lesen musste dürfte das Beenden einer Geschichte auch die Besten über die Gebühr fordern.


    Und das ist auch mein Einwand gegen dieses wahrhaft meisterhafte Werk - das es kein Ende findet, das es weiter geht, obwohl der letzte Schuß bereits abgefeuert, der letzte Drops bereits gelutscht ist.


    Aber vielleicht gehört das dazu, wenn man sich wahrhaft einzigartige Literatur erarbeiten muss.

  • Sheriff Hackberry Holland könnte schon im Ruhestand sein. Aber sein Job macht ihm einfach zu viel Spaß und lenkt ihn von seinen düsteren Erinnerungen ab. Eines Tages geht er einem anonymen Hinweis nach. Hinter einer Kirche findet der Sheriff ein Grab mit den Leichen von 9 Frauen. Schnell wird klar, dass hinter diesen Morden mehr steckt als nur das Töten an sich. Und Hackberry legt sich mit einem Gegner an, der kein Gewissen hat...


    "Regengötter" ist der Auftakt zur Hackberry – Holland – Reihe von James Lee Burke und so ganz anders als mein üblicher Lesestoff. Der Autor beschwört mit seinen Erzählungen ein staubiges, wildes Texas herauf und erzählt fast nebenbei von brutalen Morden. Diese Mischung hat mich fasziniert.


    Die Geschichte wird von einem auktorialen Erzähler berichtet. Dabei folgt man sowohl den Ermittlungen von Sheriff Holland, als auch der Zoll- und Einwanderungsbehörde. Zudem bekommt man auch einen Einblick in die Welt des organisierten Verbrechens und begleitet ein junges, eher verarmtes Pärchen auf ihrer Suche nach Glück. All diese Stränge gehören zusammen und doch viel es mir zu Beginn schwer, jeden einzelnen zu folgen. Denn der Autor lässt sich viel Zeit mit seinen Figuren und Ausführungen. Diese epische Länge hat mich an Stephen King erinnert, dessen Romane auch erst spät, aber dann richtig an Fahrt aufnehmen.


    Als ich dann mit den Namen, Figuren und Orten klar kam, las sich der Roman fast wie von alleine. Ich bin tief in die Welt von Texas eingetaucht, habe Staub geschluckt und wollte mir zwischendrin immer wieder an den nicht vorhandenen Cowboyhut fassen. Das Schöne dabei ist, dass James Lee Burke keine Klischees bedient. Für mich wirkten die Beschreibungen realitätsnah und authentisch.


    Von den Morden und dem organisierten Verbrechen berichtet der Autor vergleichsweise emotionslos. Es gibt keinerlei blutige Szenen und es wird viel der Fantasie des Lesers überlassen, was der Mörder mit seinen Opfern anstellt. Der Thriller ist für mich eher ein Krimi, wenn auch einer mit einem andersartigen Erzählstil. Und dieser macht das Buch zu etwas besonderem.


    Denn James Lee Burke erzählt so, wie sich ein Ritt auf einem Pferd gen Sonnenuntergang anfühlt: gemächlich, sicher und doch spannend. Obwohl ich nicht durch Texas gejagt wurde, konnte ich gerade ab der 2. Hälfte des Buches kaum aufhören zu lesen. Der Autor hat einen unwiderstehlichen Sog. Ich glaube, dieser Sog wird durch seine Erzählweise und der Geschiche an sich ausgelöst. Denn wäre nur eines von beiden vorhanden, hätte ich das Buch weggelegt.


    Das Ende lässt einige Fragen offen und das Finale ist auch kein Showdown. Hier blibt sich Burke seiner Linie treu. Er zündet kein Feuerwerk ab, sondern lässt das Feuer, das er entfacht hat, langsam verglühen. Ein für mich passender Schluss.


    Fazit: ein feiner, wenn auch andersartiger Auftakt. Ich freue mich auf den zweiten Band!

  • Sheriff Hackberry Holland erhält den Hinweis, dass hinter einer alten Kirche ein Massaker stattgefunden haben soll. Und wirklich: in der Erde findet er die Leichen von neun asiatischen Frauen. Parallel zum FBI erstellt der betagte Gesetzeshüter seine eigenen Ermittlungen und bringt sich dadurch selbst in die Schusslinie.

    Nach drei Dave-Robicheaux-Romane überlegte ich, mich mal einen anderen von Burkes düsteren Helden zu widmen. Rein charakterlich unterscheidet sich Sheriff Hackberry Holland auch gar nicht so sehr von Dave Robicheaux, die Grundhandlung der Geschichte hätte ebenfalls genauso gut in New Iberia spielen können. Die Umsetzung der Handlung jedoch ist grundverschieden. Neben Hollands Ermittlungen gibt es zig weitere Handlungsstränge über haufenweise Charaktere, die irgendwie in den Fall involviert sind. Stellenweise hatte ich echt Schwierigkeiten, nicht den Überblick zu verlieren, wer wohin gehört. Der Fall selbst ist auch gar nicht so komplex, er wird es bloß durch die vielen agierenden und betroffenen Figuren. Hätte Burke es auf Sheriff Hackberry und den Psychopathen Jack „Preacher“ Collins beschränkt, wäre das vollkommen ausreichend gewesen. Daher waren die „Regengötter“ (der zweiter Band der Hackberry-Holland-Reihe) ein nicht ganz so starkes Vergnügen, wie die anderen Burke-Geschichten.