Katja Altenhoven: Willkommen zuhause!

  • Katja Altenhoven: Willkommen zuhause!
    Bloomsbury Berlin 2014. 336 Seiten
    ISBN-13: 978-3827011893. 19,99€


    Verlagstext
    Kann es gutgehen, wenn alte Freunde zusammenziehen, um eine Ü40-Wohngemeinschaft zu gründen? Katja Altenhoven erzählt liebevoll von dem tragikomischen Versuch, das Leben nicht allein, sondern gemeinsam zu meistern – mit Aussicht auf Erfolg. Renée ist 45, als sie ihren Mann verliert. Plötzlich sieht sie sich allein in ihrem über 300 m2 großen Kreuzberger Zimmer-Labyrinth, denn ihre Kinder gehen längst eigene Wege. In den Wochen der Trauer reift in Renée der Plan, die übergroße Eigentumswohnung doch nicht zu verkaufen, sondern stattdessen mit alten Freunden eine Wohngemeinschaft zu gründen. Eine Wunschkonstellation hat sie im Kopf, aber passen diese Menschen wirklich zusammen: ihre Sandkastenliebe Michael, ein Arzt, der Bücher liebt; das ungleiche Paar Anne und Pavel, von denen die eine als Bundestagsabgeordnete beruflich durchstartet, während der andere mit seiner Midlife-Crisis kämpft, sowie der schon pensionierte Musiklehrer und Jazzliebhaber Wilfried? Nach zwei gemeinsamen Test-Urlaubswochen in einem Haus in der Uckermark stürzen sie sich in das Wagnis und stellen fest, dass man zwar viel planen kann, das Leben am Ende aber immer andere Geschichten schreibt.


    Die Autorin
    Katja Altenhoven, geboren 1966 in Berlin, studierte in Leipzig Journalistik und arbeitete viele Jahre bei verschiedenen Tageszeitungen, bevor sie sich als Dokumentarfilmerin und Autorin selbständig machte. Unter anderem Namen hat sie mehrere erfolgreiche Romane veröffentlicht. Sie lebt mit ihrer Familie in Berlin.


    Inhalt
    Die Berlinerin Renée ist 45, als ihr Mann tödlich verunglückt. Ehe Renée ihrer Trauer um Martin Raum geben kann, muss zügig geklärt werden, was aus ihrer riesigen Altbauwohnung werden soll. Selbst wenn Renée keine Hypothek mehr abzuzahlen hätte, müssen die Nebenkosten aufgebracht werden. Als Lösung bietet sich eine WG alter Freunde an. Michael, Renées Freund aus Kindertagen und heute ihr Hausarzt, Judith und Frank, beide mit DDR-Sandmännchen-Sozialisation, die „Rote Anne“, sozialdemokratische Bundestagsabgeordnete und ihr Mann Pavel, der ein Altenheim leitet, zeigen Interesse an der Idee. Konfliktstoff, um das Projekt platzen zu lassen, bringt jeder von ihnen reichlich mit. Wird Annes und Pavels Beziehung der Belastung durch Annes Bundestagsmandat standhalten? Wird Renée den lesenden Zyniker Michael weiter als Hausarzt haben wollen, wenn er ihr täglich in der WG begegnet? Werden Anne und Renée, die beruflich zusammenarbeiten, Privates und Politisches trennen können? Was sollte aus dem WG-Projekt mit kinderlosen Paaren und Singles werden, wenn Renées erwachsene Tochter schwanger würde und Renée sich urplötzlich für die Rolle der Vollblut-Oma entscheiden würde? Nicht zuletzt, wo bleibt bei allem Planen, Testwohnen und Organisieren noch Raum für Renées Trauer um ihren Mann? Schließlich sorgt das unerwartete Interesse an der WG von Wille, einem alten Freund Martins, für Überraschungen. Wille ist 20 Jahre älter als Renée und bringt eine völlig andere Sicht auf die Zukunft in die Gemeinschaft ein.


    Fazit
    Der Klappentext des Romans hat mich mit Renées jugendlichem Alter von 45 auf eine völlig falsche Fährte gebracht. Mit 45 bekommen einige Frauen endlich/doch noch ein Kind oder erfüllen sich langgehegte Träume von beruflicher Veränderung. Von der Figur Renée hatte ich mir einige Überraschungen versprochen. Dass Renée sich jedoch mit Abstand als jüngste Mitbewohnerin der geplanten WG entpuppen würde, brachte beim Lesen eine für mich unerwartete Wende zum Ernsthaften, die mich sehr positiv überrascht hat. Katja Altenhovens Figuren arbeiten in medizinischen, sozialen und Dienstleistungsberufen. Ihre alterstypische Erschöpfung und Ernüchterung im Beruf prägen natürlich ihr privates Zusammenleben. Die allwissende Erzählerstimme überfrachtet das allein durch die Zeichnung der Figuren für mich sehr spannende Buch leider mit einem sozialpolitischen und sozialpädagogischen Unterbau, den ich nicht gebraucht hätte. Vor allem nicht, wenn in dieser Gemeinschaft sozial interessierter und engagierter Personen an anderer Stelle unbedarft die Bezeichnung „Entmündigung“ für eine gesetzliche Betreuung fällt.


    Ein leicht theorielastiger, überraschend ernsthafter Roman über ein Wohnprojekt Erwachsener, den ich mit Überzeugung weiterempfehle.


    9 von 10 Punkten

  • Renée trauert um ihren Mann Martin, der bei einem Autounfall tödlich verunglückt ist. In der viel zu großen Wohnung in Kreuzberg kommt sich Renée verloren und einsam vor. Da reift in ihr eine Idee: warum nicht mit den guten Freunden zusammenziehen? Mit Michael, ihrem besten Freund und Hausarzt; mit Anne und Pavel, sie Bundestagsabgeordnete, er Leiter eines Pflegeheims; mit Judith und Frank, beide am Existenszminimum lebend. Sofort unterbreitet sie ihre Idee ihren Freunden. Die Begeisterung ist da, dennoch einigt man sich auf ein Probewohnen in der Uckermark. Doch kann das gut gehen, wenn Menschen jenseits der 30 eine WG gründen?


    "Willkommen Zuhause!" war mein erster Roman von Katja Altenhoven und er lässt mich zwiegespalten zurück. Von der Beschreibung her hatte ich einen locker-leichten, amüsanten Roman erwartet. Aber die Autorin hat sich für eine gediegene, fast schon melanchonische Variante entschieden.


    Die Geschichte wird aus der Erzählerperspektive wiedergegeben. Dabei folgt man nicht nur einer Person, sondern darf am Leben aller 6 WG-Bewohner und Freunde teilhaben. Das hat mir gut gefallen, da ich somit jeden ein wenig kennenlernen und einschätzen konnte. Auch gewährt Katja Altenhoven, bevor die WG gegründet wird, kapitelweise einen Einblick in die bisherigen Leben der Freunde. Auch das hat mir gefallen, denn so konnte ich den Freundeskreis kennenlernen, als sie noch nicht zusammengelebt haben.


    Als es dann ans Zusammenziehen geht, verliert der Roman für mich an Schwung und auch an Tiefe. Zwar versucht die Autorin, jede Person mal in den Mittelpunkt zu stellen, doch genau das wird ihr zum Verhängnis. Denn wie will man bei 6 Personen jedem gebührend Platz einräumen, ohne dass der Roman übermäßig lang wird? Nun umfasst "Willkommen Zuhause" gerade mal 340 Seiten und hätte somit noch länger werden können. Und das hätte ich mir auch gewünscht. Denn die Geschichte endet für mich an einer sehr offenen Stelle und ich habe doch noch so einige offene Fragen, die nicht geklärt werden.


    Die Figuren, die die Autorin erschaffen hat, wirken menschlich, blieben für mich aber während des Lesens auf Distanz. Ich konnte zu keiner eine wirkliche Beziehung aufbauen, was eventuell auch an der unterschwelligen Melanchonie liegen könnte, die diesem Roman innewohnt. Jeder der Freunde trägt sein eigenes Päckchen, was sehr realitätsnah ist, aber der Inhalt der Päckchen wurde nur kurz und nicht tiefgehend gezeigt. Schade!


    Der Stil von Katja Altenhoven ist gut zu lesen. Ihr Stil ist nicht geradlinig, sondern schweift immer mal wieder aus, was aber sehr gut zum Roman gepasst hat.


    Fazit: kein lockerer Roman, sondern eine traurig angehauchte Geschichte. Ich kann das Werk nur eingeschränkt weiterempfehlen.

  • Die 45jährige Renée ist seit kurzem Witwe, nachdem ihr Mann bei einem Autounfall verunglückt ist. In ihrer Trauerphase fängt sie an, die über 300 m² große Wohnung immer wieder zu durchstreifen und alles irgendwie mit verschieden farbigen Punkten zu markieren. Alles mit einem roten Punkt soll die Wohnung verlassen. Irgendwann muss Renée allerdings erkennen, dass es nicht die Möbel und Andenken sind, die sie stören, sondern die Stille und Leere der Wohnung.


    Die beiden Kinder sind längst aus dem Haus und leben ihr eigenes Leben, so dass sich Renée fragt, was sie alleine mit einer so großen Wohnung machen sol. Ausziehen möchte sie aber auch nicht, dafür bedeutet ihr die Wohnung viel zu viel. Daher fasst sie einen Entschluss. Sie wird die Wohnung untervermieten, an ihre besten Freunde.


    Fünf ihrer besten Freunde weiht Renée in ihren Plan ein. Alle stimmen zu und vereinbaren zunächst einen Probeurlaub, um zu sehen, ob das Projekt überhaupt funktionieren kann.


    Und so treffen sich zwei Paare, ein alleinstehender Arzt und Renée in einem vermieteten Haus, um das Projekt für eine Woche zu testen. Am Ende steht fest, ein Paar, der Arzt und Renée wollen den Schritt wagen. Nun wird noch jemand für die restlichen Zimmer gesucht…


    Das Buch nähert sich erst langsam der Hauptthematik, dem Zusammenziehen, an. Zunächst lernt der Leser in aller Ruhe Renée und ihre Freunde, deren Lebenssituation und – umstände kennen. Die Dialoge sind eher oberflächig, was aber zu dem Teil des Buches sehr gut passt.


    Nach dem Zusammenziehen, ändert sich dies. Die Dialoge werden tiefgreifender und bekommen mehr Sinn. Neben dem lustigen Zusammenziehen, werden auch die Probleme und Schwierigkeiten beleuchtet, die sich im Alltag bei so vielen unterschiedlichen Menschen ergeben.


    Plätscherte das Buch zu Beginn eher dahin, wird es ab dem Zusammenzug und vor allem nachdem Wille noch zusätzlich eingezogen ist, spannend, tiefgründig und interessant. Die Autorin schafft es, jedem Bewohner einen eigenen individuellen Charakter zuzuordnen und diesen konstant durch die Geschichte mitzuführen. Trotzdem blieben manche Figuren dem Leser gegenüber recht distanziert und emotionslos.


    Obwohl das Buch ab dem Zusammenzug spannender wird, bleibt es dennoch ernsthaft und rutscht nicht ins kitschige oder klischeehafte ab.


    Der Schreibstil ist zunächst gewöhnungsbedürftig, da die Geschichte im Präsens geschrieben wurde. Hat man sich aber an den Schreibstil gewöhnt, ist die Geschichte flüssig und leicht zu lesen.


    Fazit:
    Ein ruhiges Buch, das den Leser zwar ab einem gewissen Punkt fesselt, aber gleichzeitig auch nachdenklich macht, ob so ein Projekt tatsächlich in der Form funktionieren könnte.

  • Leben


    Die Beschreibung des Romanes hat mich sofort angesprochen und ich war sehr neugierig auf das Buch an sich.
    Das Cover finde ich sehr gelungen, hell, bunt, freundlich.
    Zuerst hatte ich ein wenig Schwierigkeiten, mich an den Schreibstil zu gewöhnen. Auch fand ich den Anfang, die Einführung der verschiedenen Personen ein bisschen langatmig. Aber nur ein bisschen und nur am Anfang.
    Dann hat mich das Buch gepackt.
    Alle Bewohner der neu gegründeten WG sind mir sehr ans Herz gewachsen, jeder ist auf seine Art und Weise ungewöhnlich, aber doch liebenswert.
    Ich fand die Idee von Renèe ( die erst vor kurzem ihren Mann durch einen Unfall verlor ) mit langährigen Freunden eine WG zu gründen, sehr schön und sehr mutig.
    Denn dass es nicht einfach werden würde, war allen von Anfang an klar.
    Und trotzdem versuchen sie es.........und es gibt Höhen und Tiefen, schöne Erlebnisse und Streit, neue Erkenntnisse und Hoffnungen.
    Die Geschichte wird immer aus der Perspektive eines WG-Bewohners ( oder Bewohnerin ;-) ) erzählt. So lernt man jeden gut kennen, seine Denkweise, seine Eigenheiten, seine Sorgen und Wünsche.
    Auch wenn es teilweise episodenhafte Kapitel sind ergibt sich doch eine Geschichte, die einen immer mehr in ihren Bann zieht.
    Wer ein witziges Buch erwartet kommt hier nicht auf seine Kosten. Klar kann man das eine oder andere Mal auch schmunzeln aber eigentlich handelt es sich um ein realistisches Buch, welches sich vieler ernster Themen annimmt.
    Auch die frisch gegründete WG wird ziemlich schnell vor ein großes Problem, eine wirklich große Entscheidung gestellt.
    Diese Phase bis zur Entscheidung wird sehr schön dargestellt - und ich bin mit der Lösung absolut zufrieden.
    Vielleicht wird hier tatsächlich ein Modell für die Zukunft beschrieben.


    Mich hat das Buch gefesselt und bewegt, Stoff zum Nachdenken geliefert und gut unterhalten.
    Von mir bekommt es 9 von 10 Punkten.