Marcel Proust - Auf der Suche nach der verlorenen Zeit: Band 2: Im Schatten junger Mädchenblüte

  • Zur Übersetzung:


    Die Neuübersetzung der Reclam Bibliothek wurde von Bernd-Jürgen Fischer ins Deutsche übertragen. Es ist die erste, deutsche Übersetzung, welche die vollständig überarbeitete, französische Komplettausgabe als Quelle heranzieht.


    Inhalt:


    Dieser Band schließt direkt an den ersten Band an.


    Wie der Titel des Buches vermuten lässt, geht um das weibliche Geschlecht. Der Ich-Erzähler berichtet von seinen ersten Liebschaften.


    Das Buch ist dabei in zwei Teile aufgeteilt. Der erste Teil beschreibt die Annäherungsversuche des Ich-Erzählers an Gilberte, die wir bereits am Ende des ersten Bandes kennengelernt haben. Detailliert wie eh und je beschreibt Proust dabei all die Gefühlszustände, die der Ich-Erzähler in der Gegenwart seiner Angebetenen durchlebt. Alle Überlegungen und Wünsche seiner aufflammenden und wieder abklingenden Liebe werden genaustens beschrieben.


    Im zweiten Teil reist der Ich-Erzähler - auch um Abstand von Gilberte zu gewinnen - mit seiner Großmutter nach Balbec, wo er eine Menge interessanter Leute trifft und man nebenher einiges über die Probleme und Wehwehchen der damaligen, französischen Oberschicht erfährt.


    Diese Reise bringt den Ich-Erzähler schließlich mit anderen Mädchen in Kontakt, wobei es ihm Albertine ganz besonders angetan hat.


    Daneben werden immer wieder kleinere Episoden, beispielsweise eine Theateraufführung, geschildert, die Proust, wie man es nicht anders von ihm erwartet, in ihre Einzelheiten zerlegt und alle möglichen Überlegungen darüber anstellt.


    Über den Autor:


    Valentin Louis Georges Eugène Marcel Proust [pru:st], (* 10. Juli 1871 in Paris; † 18. November 1922 ebenda) war ein französischer Schriftsteller und Kritiker.


    Prousts Hauptwerk ist Auf der Suche nach der verlorenen Zeit (À la recherche du temps perdu) in sieben Bänden. Dieser monumentale Roman ist eines der bedeutendsten erzählenden Werke des 20. Jahrhunderts.



    Eigene Meinung:


    Mittlerweile an Prousts ellenlange Schachtelsätze gewöhnt, ging das Lesen dieses Bandes schon deutlich zügiger von der Hand, als es noch beim ersten Teil der Fall war.


    Trotzdem ist Proust kein Autor, dessen Bücher man innerhalb kürzester Zeit verschlingt. Der Schreibstil fordert den Leser und strengt an. Dafür wird man mit einem wirklich einzigartigen, sehr schönen Schreibstil belohnt.


    Die Art, wie der Ich-Erzähler das Phänomen Liebe beschreibt und wie er sich ins Zeug legt, um seinen Auserwählten zu gefallen, konnte mich sogar recht gut unterhalten.


    Daneben trifft man in diesem Band wieder auf eine Menge interessanter Persönlichkeiten, die keine Abziehbilder sind, sondern wirklich wie richtige Menschen beschrieben werden und ihre guten wie schlechten Seiten haben.


    Mein Fazit: Der zweite Teil übertrumpft sogar noch den bereits sehr guten, ersten Band.


    Volle 10 von 10 Punkte.

  • Wie im ersten Teil nehmen genaueste Beobachtungen einen großen Teil des Buches ein.
    Proust beschreibt die gehobene Gesellschaft, ihre Zusammenkünfte, ihr Nichtstun, ihre Kleidung, ihre Oberflächlichkeit, ihre Eitelkeit, ohne jedoch explizit zu werten.


    Seine Naturschilderungen, z. B. die Beobachtung eines Sonnenaufgangs oder der Ausblick auf das Meer vom Hotelzimmer aus sind ein "Gedicht".
    Er erzählt von seiner Enttäuschung nach Verwirklichung eines lang gesehnten Wunsches, z. B. einer Theatervorführung, einer Reise oder der Bekanntschaft seines Lieblingsschriftstellers.


    Absolut großartig fand ich, wie Proust seine innersten Gedanken- und Seelenvorgänge in allen Details wahrnimmt, ob es dabei um seine ungewöhnlich lange Gewöhnungszeit an Gegenstände im Hotelzimmer, die Entwöhnung von Menschen oder aber den Lauf seines Verliebens und Entliebens handelt, in dem sich seine Gefühle, Vorstellungen und Erwartungen verändern.


    Wenn man genügend Konzentration und Ausdauer aufbringen kann, Prousts geistigen Ausflügen zu folgen, seine Landschaften zu durchreisen, seine Freunde und Bekannten kennenzulernen, seine Gedanken über Literatur und bildende Kunst nachzuvollziehen, die reich an Bildern und Assoziationen sind, dann fühlt man sich manchmal so, nachdem man wieder in der Realität des Buches angekommen ist, als ob man aus einem Tagtraum aufwachend sich die Augen reibt und fragt: Wo bin ich eigentlich?