Der Zug der Waisen - Christina Baker Kline

  • Ein nicht allzu dickes Buch, das mir tief unter die Haut ging. Anfänglich ziemlich überrascht, dass die Geschichte parallel in der Gegenwart beginnt. Aber mit der Zeit wuchsen die beiden Geschichten immer mehr zusammen, was mir besser gefallen hat.


    Das Leben der Waisenkinder war echt bitter und hat mich ziemlich aufgewühlt. Manche mussten ständig ihre Identität wechseln, wie soll sich da eine Persönlichkeit entwickeln? Manchmal empfand ich das Buch ein wenig konstruiert, aber diese Passagen hielten sich in Grenzen .


    Ich habe im Kopf eine sehr emotionale Geschichte, die so oder so ähnlich passiert sein könnte. Ein ganz besonderes Zuckerl war dann noch der Anhang.


    Für dieses Buch vergebe ich 8 Eulenpunkte.

  • Zitat

    Original von Brigia
    Dass die Autorin bei der Recherche des Buches mit zahlreichen Betroffenen gesprochen hat, merkt man der Geschichte definitiv an und hierfür gibt es von mir ein ganz großes Plus!


    Insgesamt schafft die Autorin es irgendwie, dass trotz der vielen schwierigen Erfahrungen der Protagonistinnen ein positives Gefühl bei mir überwiegt, sodass dies kein deprimierendes Buch ist, sondern immer optimistisch bleibt.


    :write :write :write

  • Dieses Buch hat mich sehr bewegt. Nicht nur, weil das Schicksal von Vivian mir nahe ging, sondern auch, weil ich von den "Orphan Trains" vorher noch nie gehört hatte.


    Vivian Daly, die als irische Einwanderin mit ihrer Familie in New York lebt, verliert von einen Tag auf den anderen ihre gesamte Familie. Sie wird zusammen mit anderen verwaisten Kindern von den Behörden in einen sogenannten "Orphan Train" - einen Waisenzug - gesetzt und aus New York geschafft. Das Ziel ist es, diese Kinder los zu werden, wobei es egal ist, ob sie als Knechte oder Dienstmägde oder als geliebtes Kind in eine neue Familie aufgenommen werden. Jahrzehnte später lernt sie Molly kennen, die ebenfalls in einer Pflegefamilie lebt. Das hört sich alles gar nicht so furchtbar bewegend an, aber wenn man einmal Vivians Lebensgeschichte angefangen hat, möchte man gern wissen, wie sie zu der tollen Frau geworden ist, die sie nun ist.


    Ich kann gar nicht so genau sagen, was ich so bewegend an dem Buch fand. Vivians Geschichte ist sehr schlimm, sie verliert aber nie an Lebensmut und genau das hat die Autorin hervorragend in ihrem Schreibstil umsetzen können. Der größte Teil des Buches spielt in Vivians Leben und findet immer wieder Anknüpfungen zu Mollys aktueller Situation. Die Entwicklung von Molly hat mir richtig gut gefallen und der Charakter Vivian war einfach umwerfend.


    Nach der Danksagung hat die Autorin noch einige Fakten zu den "Orphan Trains" dargelegt und mit Fotos aus der Zeit versehen. Man merkt, dass ihr diese Art mit Menschen umzugehen sehr nahe geht. Ich werde mich wohl auch in der nächsten Zeit nochmals mit dem Thema auseinandersetzen, weil mich das Buch auch eine Woche nach dem Lesen immer noch beschäftigt.


    Ich kann das Buch den Lesern von historischen Romanen sehr ans Herz legen. Ihr werdet es trotz des traurigen Themas lieben und wie ich ganz bestimmt nicht aus der Hand legen können, sobald ihr angefangen habt.

  • Klappentext:


    New York 1929: Mit 9 Jahren verliert Vivian Daly, Tochter irischer Einwanderer, bei einem Wohnungsbrand ihre gesamte Familie. Gemeinsam mit anderen Waisen wird sie kurzerhand in einen Zug verfrachtet und in den mittleren Westen geschickt, wo die Kinder auf dem Land ein neues Zuhause finden sollen. Doch nur die wenigsten von ihnen erwartet ein liebevolles Heim. Stattdessen müssen sie als billige Landarbeiter, Haushaltshilfen oder Näherinnen unter unmenschlichen Bedingungen für ihre Gastfamilien härteste Knochenarbeit leisten. Viele von ihnen werden für ihr Leben gezeichnet, wenn sie nicht ganz daran zerbrechen. Auch Vivian stehen schwere Bewährungsproben bevor, und mehr als einmal ist sie Willkür und Tyrannei ausgesetzt - bis es ihr nach entbehrungsreichen Jahren endlich gelingt, einen Ort der Geborgenheit zu finden und ihrem Leben eine neue Richtung zu geben. Doch erst Jahrzehnte später und durch die überraschende Freundschaft zu einem rebellischen jungen Mädchen, das wie sie bei Pflegeeltern aufgewachsen ist, vermag sie das Schweigen über ihr Schicksal zu brechen und wahren Frieden zu finden.


    Meine Meinung:


    Christina Baker Kline schreibt auf eine sachliche, aber doch anrührende Weise und läßt so ihre Leser die bedrückende Einsamkeit der Kinder mitfühlen. Die Autorin schafft es, eine abgerundete Handlung zu entwerfen, bei der sämtliche Fäden hinterher verknüpft werden.


    Sehr gelungen finde ich auch den dokumentarischen Teil des Buches, in dem die Geschichte der in den Orphan Trains verschickten Kinder erzählt und durch dokumentarische Fotos dargestellt wird.


    Dieses Buch gehört zu meinen Lesehighlight des Jahres 2014.
    Ich vergebe 10 von 10 Punkten.


    Ich möchte mich bei Wolke und dem Verlag ganz herzlich dafür bedanken, dass ich dieses Buch im Rahmen der Leserunde lesen durfte. :-)

    Bücher lesen heißt wandern gehen in ferne Welten, aus den Stuben über die Sterne. (Jean Paul)



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  • Dies ist Vivians Geschichte – jetzt eine einsame, alte Frau die alleine in ihrem riesigen Haus wohnt. Doch da lernt sie Molly kennen, eine junge und rebellische Jugendliche. Zusammen mit Molly ergründet Vivian ihre ereignisreiche Vergangenheit, denn vor allem in jungen Jahren ist Vivian von einer Pflegefamilie zur anderen gereicht worden, nachdem sie mit dem "Orphan Train" unterwegs war.


    Die Geschichte hat mir von Anfang an gut gefallen und ich wollte gar nicht mehr aufhören zu lesen.
    Sowohl Molly, wie auch Vivian sind wirklich interessante Persönlichkeiten - beide auf ihre eigene Art und Weise. Das Buch spielt abwechseln in der Gegenwart, in der der Leser Mollys Geschichte erfährt und in der Vergangenheit, in der es um Vivians Geschichte geht.
    Insbesonders die Abschnitte mit Vivian fand ich sehr interessant, wenn auch traurig und erschütternd. Gegen Ende ging mir dann alles ein wenig zu schnell – trotzdem war es ein sehr schöner und passender Abschluss.
    Auch am Schluss die Fakten zu den "Orphan Trains" fand ich sehr gelungen und interessant.


    Fazit: Eine wirklich großartige und berührende Geschichte, die ich jedem nur ans Herz legen kann. Ich vergebe 9 von 10 Punkten.

    Einige Bücher soll man schmecken, andere verschlucken und einige wenige kauen und verdauen.

  • Ich durfte das Buch ebenfalls im Rahmen der Leserunde lesen, nochmal ein Dankeschön an den Verlag und Wolke :unschuld


    Leider muß ich sagen das dass Bild auf dem deutschen Cover die Stimmung in dem Buch überhaupt nicht trifft und meiner Meinung nach nicht paßt. Das Original paßt sehr viel besser.


    Das meiste wurde ja bereits von den anderen Eulen geschrieben.


    Gefallen hat mir in jedem Fall der Erzählstil. Da auch schwierige emotionale Passagen eher distanziert und nüchtern geschildert werden kommt keine überzogene Gefühlsduselei auf die so einen Roman gern kitschig werden lassen würde. Das paßt auch zur Gesamtgeschichte das die Geschehnisse bereits sehr weit in der Vergangenheit liegen. Der Wechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit ist problemlos geschildert so das man keine Probleme hat beides auseinander zu halten.
    Trotz allem eine sehr berührende Geschichte.
    Sehr wichtig und informativ fand ich das Nachwort mit Originalbildern aus dieser Zeit.
    Auch heute egal in welchem Land dieser Erde haben nicht alle Pflege- und Adoptivkinder das Glück sofort eine liebevolle Familie zu finden, bei der sie das finden was sie zu ihrer Entwicklung brauchen würden. Das gilt durchaus auch für Kinder die in ihrer Herkunftsfamilie aufwachsen. Daher ist es zwar ein altes aber trotzdem nach wie vor aktuelles Thema.
    Ein gelungens Buch das ich gerne weiterempfehle.

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    c0624.gif Sommer in der kleinen Bäckerei am Strandweg--Jenny Colgan

    Chroniken von Deverry 2 --Katharine Kerr
    Drachenelfen , die Windgängerin -- Bernhard Hennen

  • Ich persönlich mag es, wenn verschiedene Handlungsstränge im Buch sind, die erst relativ spät "zusammen laufen".


    Die Protagonistinnen haben etwas gemeinsam -->beide sensibel, intelligent und mehrfach in verschiedenen Familien aufgewachsen (zumindest zeitweise).


    Das viv erst mit der Zugfahrt beginnt, liegt bestimmt daran, dass dies ihre erste bewusste zusammenhängende Erinnerung war. Das diese Geschichte ein unglückliches Segment der USA-Geschichte erzählt, finde ich sehr gut und interessant, für mich war dies jedenfalls der Türöffner, mich weiter darüber zu informieren.


    Das die Geschichte von Viv Molly hilft, erwachsener und reifer zu werden, habe ich erwartet, da ich Molly für sehr intelligent und wissensdurstig hielt.


    Wenn ich mir das ganze noch einmal durch den Kopf gehen lasse, verstehe ich (zumindest ansatzweise) besser, was die Menschen in Deutschland die bei einem Treck dabei waren bzw. die Kinder, die bei den sog. Kinderlandberschickungen durchgemacht haben müssen. Das dies so in den USA war, hätte ich nie gedacht.


    Das Buch ist meiner Meinung nach sehr gut recherchiert und in einer informativen und doch sensiblen, feinfühligen Art geschrieben.


    Für mich ein ganz tolles Buch. 10 Punkte und als Highlight nach oben auf die Liste.


    Danke das ich das mitlesen durfte.

  • 1929 – 1943. Vivian kam mit ihren Eltern als Niamh aus Irland nach New York und verlor ihre Familie 1929 im Alter von 9 Jahren durch einen Wohnungsbrand. Infolge dessen wurde sie mit anderen Waisen in einem der berüchtigten Orphan Trains nach Minnesota gebracht. Dort warteten angebliche Pflegefamilien auf die Kinder. Aber in den meisten Fällen sahen man in den Waisen nur billige Arbeitskräfte. Für Vivian begann eine Odyssee durch verschiedene Familien. Ihr Name wurde geändert, sie musste hart arbeiten und wurde nicht geliebt. Erst nach Jahren wurde sie von einem Ehepaar aufgenommen, die ihr eine Familie waren und ihr ein Heim boten.


    2011. In einer zweiten Erzählebene lernt der Leser die 17-jährige Molly kennen, die ähnlich wie Vivian von einer Pflegefamilie zur anderen geschickt wird. Nachdem sie beim Diebstahl eines alten Buchs erwischt wird, muss sie Sozialstunden ableisten und soll bei der inzwischen über 90-jährigen Vivian den Dachboden entrümpeln. Molly, die sonst niemanden in ihre Gefühlswelt blicken ließ, fasst zu Vivian, wegen ihres Einfühlungsvermögen und ihrer lebensweisen Art, langsam Vertrauen.


    Christina Baker Kline öffnet, begründet auf eine belegte, akribische Recherche, dem Leser ein Fenster in ein bislang weitgehend unbekanntes Kapitel amerikanischer Geschichte. Sie schildert eher sachlich-nüchtern die beiden Lebensgeschichten. Sie beschreibt, was beschrieben werden muss und wird dabei nie rührselig Trotzdem gab es immer wieder Szenen, die mich emotional sehr berührten.


    Beide Handlungsstränge werde fast durchgängig abwechselnd erzählt, so verknüpft die Autorin geschickt Vergangenheit und Gegenwart und ermöglicht ein Teilhaben am Schicksal der beiden Protagonistinnen. Die Charakterisierung der beiden Frauen gelang ihr auch sehr gut, wo hingegen andere Figuren nicht so facettenreich vorgestellt wurden.


    Trotz der Schwere des Themas ließ sich das Buch sehr angenehm und flüssig lesen, weil auf Angriffe auf die Tränendrüsen durchweg verzichtet wurde. Einzig die sich zum Ende hin entwickelnde Hektik in den Ereignissen störte mich ein wenig. Im Anhang des Buches wird kurz und mit Fotos versehen, die Geschichte der Orphan Trains dargelegt.


    „Der Zug der Waisen“ ist ein hochinteressantes Buch, das ich sehr gern gelesen habe. Es brachte mir ein Stück amerikanischer Geschichte nahe, die mir so bisher noch nicht bekannt war.

  • Die Handlung spielt auf zwei Zeitebenen. Zum einen geht es in der Gegenwart um die rebellische Jugendliche Molly, die als Teil einer sozialen Strafe einer älteren Dame helfen soll, ihren Dachboden zu entrümpeln. Obwohl Molly zuerst nicht begeistert ist, freunden sie und Vivian sich nach und nach miteinander an, obwohl sie wenig gemeinsam zu haben scheinen. Vivian fängt an, Molly ihre Lebensgeschichte zu erzählen und es stellt sich heraus, dass es gewisse Parallelen in ihrer beider Leben gibt. Beide haben ihre Eltern verloren und mussten in Pflegefamilien.


    Molly hat es damit nicht leicht, aber Vivians Geschichte entpuppt sich als viel dramatischer. 1929, als ihre Eltern bei einem Wohnungsbrand sterben, wird sie von einer christlichen Organisation in Obhut genommen und in einem der sogenannten „Orphan Trains“ in den Mittleren Westen geschickt. Hier wurden die Jugendlichen dann Familien oder Paaren vorgestellt, die aus welchen Gründen auch immer ein Kind suchten. Eine wirkliche Überprüfung der Eignung der neuen Eltern fand aber nicht statt, zumindest aus heutiger Sicht. Damals war die Einstellung natürlich noch eine ganz andere, aber Vivians Schicksal zeigt deutlich, dass es hier in erster Linie darum ging, die Kinder unterzubringen, egal wo und bei wem, und dass es vielen neuen „Eltern“ nicht um ein Kind ging, sondern um eine billige Arbeitskraft. In diesen Fällen hatte das Prozedere eher etwas von Sklaverei. Andere Kinder hatten Glück und kamen wirklich zu liebevollen Eltern, aber Erlebnisse, wie Vivian sie machen muss, wünscht man wirklich keinem Kind. Dennoch wendet sich auch ihr Schicksal irgendwann zum Besseren und so kann sie schließlich Molly heute helfen.
    Auch wenn mir das Ende etwas zu süßlich und zu sehr perfekt war, hat mich das Buch sehr gefesselt. Man weiß zwar praktisch schon von Anfang an, dass Vivian es überstehen wird und anscheinend zu einem guten und erfolgreichen Leben findet, aber der Weg dorthin ist hart und steinig und liest sich ziemlich erschütternd.


    Umso bedrückender, dass das Buch auf historischen Fakten beruht und es diese Züge wirklich gegeben hat. Der Gedanke dahinter, die Kinder aus den Städten herauszuholen, wo sie als Waisen keine Chance auf ein vernünftiges Leben hatten, sie aufs Land zu bringen und ihnen dort zu ermöglichen, ein gutes und gottgefälliges Leben bei neuen Eltern zu führen, war sicherlich gut gemeint und in vielen Fällen gelang dies sicher auch.. Wenn die Durchführung aber so aussah wie bei Vivian, entwickelte sich die gut gemeinte Idee zu einem Alptraum für das jeweilige Kind.


    Ich mag grundsätzlich Geschichte, die auf verschiedenen Zeitebenen spielen, in diesem Buch konnte mich aber die Gegenwarts-Handlung nicht wirklich überzeugen, mit Molly wurde ich nicht richtig warm und habe mich lieber auf Vivians Lebensgeschichte konzentriert. Die hat mich aber wirklich fasziniert und mich das Buch regelrecht verschlingen lassen.

  • Ich durfte das Buch auch im Rahmen der Testleserunde kennenlernen. Ich danke dem Verlag für unsere Freiexemplare und Wolke für das Angebot. Ob ich sonst zu ihm gegriffen hätte? Vielleicht, denn der Klappentext sprach mich sehr an, ich war aber auch skeptisch und hätte daher erst einmal Lesermeinungen anderer verfolgt und vielleicht aufs Taschenbuch gewartet?

    Das Buch hat mir sehr gut gefallen und es ist einer der Romane, die in einem nachklingen und mich immer mal wieder an die Handlung zurückerinnern lassen. Bedingt, dass dieser Roman über tatsächliche Ereignissen berichtet, hat er mich während des Lesens sehr gefesselt und ich war froh ihn an einem Wochenende, ohne viele Unterbrechungen, lesen zu können. Gut hat mir trotzdem die Einteilung in kurze Kapitel gefallen, so habe ich immer wieder mit mir ausgehandelt, "noch eins" zu lesen. Wichtig fand ich auch das Nachwort zum "Orphan Train" und somit Hintergrundinformationen zu erhalten und auch zur Recherche der Autorin. So ist dies Buch etwas anderes, als wenn man nur eine fiktive Geschichte liest; hier rankt sich ein Roman um tatsächliche Vorkommnisse in Amerika.


    Mir gefallen in zwei Zeitebenen spielende Bücher und fast immer, interessiert mich die Story, das Geheimnis in der Vergangenheit mehr. Ich bin gespannt auf weitere Bücher der Autorin und hoffe, es folgen weitere, die sich mit ähnlich sensiblen Themen beschäftigen. "Der Zug der Weisen" gehört für mich zu meinen Lesehighlights dieses Jahres.

    Manche Bücher müssen gekostet werden, manche verschlingt man, und nur einige wenige kaut man und verdaut sie ganz.
    (Tintenherz - Cornelia Funke)

  • Diese sehr berührende Geschichte hat mich von Anfang an gefesselt.
    Besonders erschütternd waren für mich die Abschnitte, die von Vivians Kindheit handelten. Unfassbar wie mit den Kindern, die besonderer Fürsorge bedurft hätten, umgegangen wurde.
    Der gut zu lesende Schreibstil trug das Übrige dazu bei, dass ich dieses tolle, nachdenklich machende Buch förmlich verschlungen habe.

  • Auch ich habe dieses Buch im Rahmen der Leserunde hier im Forum bekommen und möchte mich auf diese Weise zunächst noch einmal dafür entschuldigen, dass ich so wenig zum Schreiben gekommen bin und möchte mich noch bei Wolke und dem Verlag für dieses wunderschöne Buch bedanken.


    Zunächst einmal besticht das Cover des Buches durch sein schlichtes Motiv, welches doch so viel ausdrückt. Durch die Fotographie in Grautönen bekommt das Motiv, welches an sich recht fröhlich aussieht einen für mich eher melancholischen Unterton, der sehr gut zum Inhalt des Buches passt.


    Besonders gefallen hat mir, dass das Buch in zwei Zeiten geschrieben ist. In der einen "Zeitspur", die 1929 beginnt, lernen wir ein junges irisches Mädchen, Niamh, kennen, welches als Auswanderin mit ihrer Familie nach Amerika kam. Durch verschiedene Umstände steht sie plötzlich als Waise da und wird von der "Children's Aid Society" aufgenommen und in einen der sogenannten "Orphan Trains" gesteckt, den Waisenzügen, die Waisenkinder aus New York ins Landesinnere bringen, wo sie neue Familien finden sollen. Doch nicht alle Familien behandeln ihre Ziehkinder gut, manche sehen in ihnen billige Arbeitskräfte. Leider findet Niamh es weniger gut an und muss sich schon bald ihren eigenen Weg suchen.


    Die andere Zeitspur spielt im Jahre 2011, also sozusagen in der Gegenwart. Hier lernen wir Molly kennen, ein junges Mädchen das "sozusagen" Waise ist: Der Vater ist gestorben, die Mutter - unfähig sich um ihre Tochter zu kümmern - im Gefängnis. So wandert Molly von einer Pflegefamilie zur nächsten. Als sie eines Tages in der Bibliothek ein Buch stiehlt wird sie zur Strafe zu Sozialstunden verpflichtet, welche sie bei Vivian, einer 90 Jahre alten Dame ableistet. Bald schon kommen die beiden ins Gespräch und man lernt immer mehr über die beiden kennnen.


    Besonders gefallen hat mir an diesem Roman die schöne Sprache, sowie die schöne Verknüpfung der beiden Zeitlinien, die sich im Laufe des Buches immer deutlicher herauskristallisiert. Es ist sicher kein Roman den man einfach mal so zwischendurch lesen sollte, denn er regt immer wieder zum Nachdenken an und hat neben sehr anrührenden Momenten auch Situationen aufzubieten, bei denen man am liebsten weinen würde bzw. den hilflosen Zorn der Protagonistin gut nachvollziehen kann. Noch lange nachdem ich das Buch beendet hatte, hat mich die Handlung immer noch stark berührt und lies mich das Buch nicht so schnell vergessen.


    Alles in allem muss ich sagen, dass dieses Buch wirklich schön geschrieben ist, mit einem Thema, das eben mal nicht leicht ist, sondern das zum Nachdenken und Verweilen einlädt. Trotzdem liest es sich flüssig und man mag es kaum aus der Hand legen. Für mich ein absolutes Lesehighlight.

    :lesend Jay Kristoff; Nevernight - Die Rache

    :lesend Laura Imai Messina; Die Telefonzelle am Ende der Welt (eBook)

    :lesend Rebecca Gablé; Teufelskrone (Hörbuch: Detlef Bierstedt)

  • Ein herzerwärmendes Buch über Freundschaft, Liebe, Vertrauen und Verluste. Aber auch über Machtmissbrauch, Kinderarbeit, Stärke und Durchhaltevermögen.


    Geschichtlich wie menschlich interessant und wundervoll geschrieben.

  • Ein Highlight! "Der Zug der Waisen" von Christina Baker Kline habe ich hier im Forum im Rahmen der LR gelesen. Ganz ehrlich: Dieses Buch hat mich umgehauen. Nicht nur wurde ein Teilbereich der amerikanischen Geschichte beleuchtet, über den ich bisher gar nichts wusste (die Orphan Trains und die Geschichte der Kinder, die mit diesen Zügen quer durchs Land gefahren wurden), sondern auch die Geschichte von Molly, die nach dem Diebstahl eines Romans die Ableistung von Arbeitsstunden auferlegt wird, hat mich berührt.


    Die Geschichte wird durch zwei Zeitsträge getrennt begonnen, läuft aber wieder zusammen. Vivian, die alte Dame, für die Molly arbeitet, indem sie ihren Dachboden ausmistet, erzählt Molly die Geschichte ihres Lebens, als Reisende des Waisenzuges und wie sich ihr Leben danach entwickelt hat.


    Es ist ein schwieriges Thema und gerade die Erzählungen von Vivian und Molly, die beide auf der Suche nach einer Familie sind/waren, war für mich als Leserin umglaublich aufwühlend. Christina Baker Kline hat es geschafft, dass man mit diesen beiden Protagonisten mitfiebert, leidet und hofft, dass sich doch noch alles zum Guten wenden wird.


    Ich vergebe 10 von 10 Eulenpunkten und bedanke mich nochmal beim Verlag und bei buechereule.de für mein Exemplar des Romans.

    "Ein Buch muß die Axt sein für das gefrorene Meer in uns."

    Franz Kafka, Brief an Oskar Pollak, 27. Januar 1904






    :lesend

  • Da ich grundsätzlich keine Rezensionen mehr lese, bevor ich selber das Buch gelesen habe, sondern nur noch nach Inhalt aussuche, was ich lesen möchte, bin ich wohl mit falschen Erwartungen an "Den Zug der Waisen" herangegangen. Vielleicht mehr einen prosaischen Erzählstil, nicht so sehr belletristisch.
    Natürlich ist mir Niamhs/Dorothys/Vivians und auch Mollys Geschichte zu Herzen gegangen, unmöglich, dass nicht.
    Aber gerade zum Ende hin fand ich die Wendungen dann fast schon ein bisschen zu kitschig.


    Nichtsdestotrotz habe ich das Buch gern gelesen und vergebe hier 8 Punkte.

    „An solchen Tagen legt man natürlich das Stück Torte auf die Sahneseite — neben den Teller.“

  • Auch mir hat dieses Buch schöne und emotional bewegte Lesestunden bereitet. Ich danke noch einmal Richie , die so lieb war, es mir zu leihen. :blume


    Von den Orphan Trains wusste ich vorher, wie viele andere hier, ebenfalls nichts und fand daher auch das Nachwort sehr interessant, wenn auch traurig stimmend.


    In das Buch selbst habe ich anfangs nur mühsam hineingefunden und fand den Schreibstil recht sperrig, habe mich aber aufgrund der positiven Rezis getröstet, dass das bestimmt noch wird... Und es wurde! :grin

    Die geschickt ineinander verwobenen Geschichten der "Pflege"-Kinder Niamh und Molly haben mich sehr berührt, v.a. die Geschehnisse um Niamhs große Liebe, der sie sich nicht zu erklären brauchte... Spannende und bewegende Einblicke in die Verfassung zweier Pflegekinder, die sich bis über die Grenzen der Selbstverleugnung hinaus angepasst haben und dennoch nicht als einfach die akzeptiert wurden, die sie waren. (Ich bin froh, dass ich in meinem nahen Umfeld auch andere Beispiele vor Augen habe!)

    Gegen Ende des Buches wurde für mich das Reizen der Tränendrüse ein wenig übertrieben...

    Dennoch freue ich mich darauf, weitere Bücher der Autorin zu lesen!


    8 von 10 Punkten