Dunkle Wälder, ferne Sehnsucht - Martina Sahler

  • Kurzbeschreibung (gem. Weltbild)
    Russland 1780: Drei Schwestern aus Hessen sind dem Ruf von Katharina der Großen gefolgt und haben sich in Russland ein neues Leben aufgebaut. Inzwischen sind vierzehn Jahre vergangen. Eleonora lebt mit ihrer Familie in Saratow, Christina hat sich in der russischen Hauptstadt ein großes Modegeschäft aufgebaut, und Klara lebt mit ihrer Familie in der deutschen Siedlung Waidbach. Im weiten Land an der Wolga müssen alle drei Frauen um ihr Glück kämpfen. Denn das Schicksal hält große Herausforderungen bereit …


    Der Nachfolger des Erfolgsromans Weiße Nächte, weites Land.


    über die Autorin (gem. Weltbild)
    Martina Sahler, 1963 in Leverkusen geboren, studierte Germanistik und Anglistik in Köln. Sie arbeitete lange Zeit als feste und freie Lektorin für Belletristik, bevor sie sich mit großer Begeisterung der Schriftstellerei widmete. Martina Sahler ist verheiratet und lebt mit ihrem Mann, ihren beiden Kindern und Katze Lottie in der Nähe von Köln


    meine Meinung
    14 Jahre sind vergangen, seit die Weber-Schwestern dem Ruf von Katharina der Großen nach Russland gefolgt sind. Klara fühlt sich mit ihrem Mann Sebastian und ihren Kindern in der Dorfgemeinschaft sehr wohl. Eleonora hat es in die größere Stadt Saratow gezogen, in der sie mit ihrem Mann und ihren beiden Söhnen lebt. Christina hat Karriere in St. Petersburg gemacht und führt ein erfolgreiches Modehaus. Es scheint, als könnten alle drei in Ruhe und Frieden leben. Doch die Veränderungen in Russland und persönliche Verstrickungen und Intrigen zwingen die Schwestern zu immer wieder neuen Kämpfen...


    "Dunkle Wälder, ferne Sehnsucht" ist mein erster Roman von Martina Sahler und er hat mir richtig gut gefallen. Die Geschichte der 3 Schwestern ist bereits Band 2 der Reihe. Obwohl ich den ersten Teil nicht kenne, konnte ich mich sofort in das Geschehen und die Figuren hineinversetzen.


    Der Roman wird komplett aus der Erzählerperspektive wiedergegeben. Dabei begleitet man abwechselnd die 3 Weber-Schwestern, von denen jede auf ihre Art ihr Glück gefunden zu haben scheint. Dennoch warten Schicksalschläge, Intrigen und vieles mehr auf sie, so dass die Geschichte zugleich etwas fürs Herz ist und für Spannung sorgt.


    Die Figuren werden von Martina Sahler sowohl mit guten als auch weniger guten Seiten ausgestattet, so dass man nicht nur Sympathie oder Antipathie empfindet. Gut, es gibt eine spezielle Figur, bei der ich das kalte Grausen bekommen habe, aber ich möchte an dieser Stelle nicht zu viel verraten. Aber auch diesen Unsympathen hat die Autorin sehr gut hinbekommen, so dass ich ihn mit Leidenschaft hassen konnte. Das bekommen nicht viele hin.


    Die Geschichte selbst wird flüssig und relativ zügig erzählt. An manchen Stellen hätte ich mir etwas mehr Details und Tiefe gewünscht, dennoch ist die Story alles in allem rund und in sich schlüssig. Das Ende lässt genügend offene Stränge, so dass ich mir mehr als eine Fortsetzung sehr gut vorstellen kann, die nicht erzwungen wirken.


    Der Stil von Martina Sahler ist sehr gut und flüssig zu lesen. Ihre Erzählweise hat mich direkt gefangen genommen und durch das Personenregister und die Einstreungen während der Geschichte konnte dem Geschehen auch ohne Vorkenntnisse des ersten Bandes sehr gut folgen.


    Fazit: wer sich gern nach Russland entführen lassen möchte, ist hier genau richtig. Eine klare Leseempfehlung von mir.

  • Vor 14 Jahren sind die drei Weber-Schwestern Christina, Eleonore und Klara dem Ruf von Katharina der Großen gefolgt und haben ihr Heimatdorf in Deutschland verlassen. In der Fremde hofften sie, ein neues Leben beginnen zu können.


    Zusammen mit anderen Aussiedlern haben sie im fernen Russland das Dorf Waidbach gegründet, doch nur Klara und ihr Mann Sebastian sind in dem Dorf geblieben. Eleonore zog es in die nächst größere Stadt Saratow und Christina ist sogar bis St. Petersburg gegangen, wo sie mittlerweile ein erfolgreiches Modehaus führt.
    Alle Schwestern scheinen mit ihrem neuen Leben zufrieden zu sein, doch beim näheren Hinsehen, erkennt man, dass das Glück schon bald bedroht wird.


    Erneut entführt die Autorin den Leser in die Steppe Russlands. Zwar sind die Personen größtenteils frei erfunden, jedoch gab es Auswanderungen nach Russland als Folge des siebenjährigen Krieges in Deutschland.


    Die Autorin hat sehr gut und intensiv recherchiert, was man dem Buch anmerkt. Ein Blick auf ihre Website bestätigt dieses Gefühl. Die Schauplätze, die Umgebung, das Leben der Siedler – alles wurde sehr detailliert und farbig beschrieben. Man sah die trostlose Steppe Russlands direkt vor sich und konnte problemlos eintauchen in eine fremde, harte Welt. Aber auch das Leben der dortigen Einheimischen, wird am Rande angerissen und man bekommt einen kleinen feinen Einblick.


    Die Figuren sind so unterschiedlich, wie aus dem Leben gegriffen. Die Autorin schafft es, jeder Figur einen eigenen Charakter zu geben und diesen dem Leser plastisch zu vermitteln. Sei es die von Narben im Gesicht entstellte Anja, die enttäuschte und vn der Mutter zurückgestoßene Alexandra oder die um Hilfe bettelnde Mathilda. Ihnen allen haucht Martina Sahler Leben ein und lässt den Leser im Laufe des Buches Teil der Dorfgemeinschaft werden.


    Die Geschichte ist in drei Bücher unterteilt:
    Buch 1: Wandel (1780-1781)
    Buch 2: Widerstand (1784-1785)
    Buch 3: Erwachen (1785-1786)


    Der Spannungsbogen ist von Anfang an da und zieht sich bis weit über das Ende hinaus, denn das Ende ist offen. Zwar sind alle Fragen geklärt, jedoch möchte man als Leser wissen, wie es mit den einzelnen Protagonisten weitergeht. Hier kann man nur auf eine baldige Fortsetzung hoffen.
    Auch wenn man den ersten Teil nicht kennt, so kann man das Buch problemlos lesen.


    Die Geschichte bietet viele Überraschungen und Wendungen und ist in den Handlungen stimmig und nachvollziehbar. Auch die Probleme, mit denen die Protagonisten zu kämpfen und Hindernisse die sie meistern mussten, wurden glaubhaft, detailliert und überzeugend geschildert. Die Angst, die Entbehrungen, jede Emotion kann der Leser direkt nachempfinden und wird quasi Teil der Geschichte. Begibt man sich auf die Reise mit Martina Sahler, so gerät man unmerklich in einen Lesesog, der den Leser erst am Ende des Buches wieder freigibt. Aber auch Tage nach Beenden des Buches dachte ich immer mal an die verschiedenen Protagonisten und wie ihre Geschichte wohl weiter gegangen ist.


    Gleich zu Beginn des Buches findet man eine Landkarte mit den wichtigsten Stationen. Danach folgt eine Auflistung aller wichtigen Figuren inkl. ihrer Zugehörigkeit, Alter und eine kurze Beschreibung. Dies hilft dem Leser gleich zu Anfang, die einzelnen Figuren zu unterscheiden und zu sortieren zu können. Im Laufe des Buches jedoch, benötigt man die Liste nicht mehr. Mit einem Nachwort der Autorin endet das Buch und die Reise nach Russland.


    Fazit:


    Martina Sahler beschreibt lebendig, einfühlsam und mitreißend ein wichtiges Kapitel der deutsch-russischen Geschichte. Über die Fortsetzung habe ich mich sehr gefreut und hoffe nun, dass mein Ausflug nach Russland mit Martina Sahler noch lange nicht zu ende ist.

  • Ich habe das Buch im Rahmen der Leserunde gelesen, nochmals vielen Dank an Wolke und an die Autorin für das signierte Exemplar.


    Ich kannte den ersten Band nicht, habe mich aber vorher intensiv mit dem Personenregister und der Landkarte beschäftigt, so daß das Einfinden überhaupt kein Problem war.


    Die Geschichte beschäftigt sich im Wesentlichen mit dem Leben der drei Weber-Schwestern, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Klara, lebt mit ihrem Mann und den Kindern bescheiden und arbeitsreich in Waidbuch, dem Ausgangsort der Deutschen. Eleonora und ihren Mann Mattias mit den Kindern hat es nach Saratow verschlagen. Er ist an der erfolgreichen Fabrik von Oscar Hartung beteiligt. Ihre Tochter Sophia studiert Kunst in St. Petersburg. Dort wohnt auch die dritte der Weber-Schwestern, Christina. Sie hat sich selbst sehr gut mit dem Fabrikanten Andre Faber verheiratet. Ihre uneheliche Tochter Alexandra macht ihr zur Zeit das Leben sehr schwer.


    In einem flüssigen Schreibstil nimmt die Autorin die Leser mit nach Russland für die Zeit von 1780-1786. Sie erzählt über das teilweise arbeitsreiche Leben in Waidbuch, vor allem nachdem das Grauen der Vergangenheit wieder auftaucht ist. Aber auch, was die einzelnen Personen für ein erfolgreiches Leben in Kauf nehmen, welche Intrigen gesponnen werden, wie unterschiedlich sich ihr Verhältnis zu den Kindern darstellt und wie sie mit der Liebe bzw. der Trauer umgehen. Sie hat Klara und auch Mathilda mit ihren Gefühlen und Konflikten in den Mittelpunkt gestellt.


    Ich habe dieses unterhaltsame Buch mit Vergnügen gelesen und danke der Autorin nochmals für die Beteiligung an der Leserunde. Am Ende kann der Leser gedanklich die Geschichte weiterspinnen oder vielleicht schreibt die Autorin auch noch einen 3. Band, Stoff dafür wäre genügend vorhanden.

  • Der 1. Band Weiße Nächte, weites Land hat mir letztes Jahr sehr gefallen und da war der 2. Band natürlich ein Muss! :grin


    Obwohl ein gutes Jahr Lesepause dazwischen lag, habe ich die Personen nach ein paar Seiten gleich wieder im Kopf gehabt. Dennoch fand ich das Personenregister sehr praktisch. Zu Beginn werden viele Begebenheiten aus dem 1. Buch kurz umrissen, was für diejenigen, die Band 1 nicht kennen, sicher hilfreich ist, mir war es fast zu viel, weil ich immer auf den Beginn der eigentlichen Handlung gewartet habe. Die hat mich beim Lesen dann auch deutlich mehr begeistert und das Kopfkino konnte beginnen.


    Manche Begebenheiten hätten für meinen Geschmack gern etwas ausführlicher erzählt werden können und auch am Schluss bleiben ein paar Punkte offen, die dann doch sehr deutlich auf Band 3 abzielen.


    Aber alles in allem hat mir das Buch ein paar schöne Lesestunden beschert.

  • Und was hatte das Leben aus ihr gemacht? (Seite 250)


    Meine Meinung


    Das Buch beginnt zur gleichen Zeit, da „Weiße Nächte, weites Land“ endet. Das hatte ich direkt zuvor gelesen, jedoch läßt sich dieser Roman auch ohne die Kenntnis des Vorgängerbandes verstehen, da er eigenständig ist und frühere Entwicklungen, soweit sie zum Verständnis notwendig sind, erwähnt werden. Aber natürlich hat man mehr von der Geschichte, wenn man die bisherigen Geschehnisse präsent hat und die Hintergründe kennt.


    Wie schon in den „Weißen Nächten“, hielt sich auch bei diesem Buch das „Rußlandgefühl“ bei mir in Grenzen, was insofern kein Wunder ist, als daß kaum Russen vorkommen. Die Aussiedler bleiben doch weitgehend unter sich und verhalten sich recht „deutsch“, die wenigen Russen im Buch können das nicht ausgleichen. Genau dieses scheint mir in Rußland ganz anders gewesen zu sein als bei den Auswanderern nach Amerika. Während letztere Amerikaner wurden, blieben die Wolgadeutschen genau das: Deutsche und damit bis zu einem gewissen Grade fremd in der neuen Heimat.


    Die Geschichte wird sehr handlungsorientiert erzählt, was im Umkehrschluß heißt, daß das Drumherum weniger Beachtung findet. Dadurch ergibt sich zwar kein rasendes, aber doch zügiges Tempo, was auch in der gegenüber dem ersten Band deutlich geringeren Seitenzahl zum Ausdruck kommt. Das fand ich insofern etwas schade, als die Handlung den Stoff für einen dicken Wälzer abgegeben hätte.


    Das klingt jetzt vielleicht negativer, als es gemeint ist; meine Kritikpunkte sind nun auch erschöpft. Da ich „Weiße Nächte, weites Land“ direkt zuvor gelesen hatte, kam ich sehr schnell ins Buch hinein; die Erwähnungen und Wiederholungen daraus haben mich nicht gestört. Praktisch sind die Jahresangaben in den Kaitelüberschriften. So war immer deutlich, wenn wieder ein Zeitsprung anstand und ich konnte mich sehr gut im Zeitstrang orientieren.


    Von den schon bekannten Figuren hatte ich noch eine Vorstellung im Kopf, die neu Hinzukommenden fügten sich nahtlos in den „Personalstamm“ ein. Dabei taucht ein „alter Bekannter“ auf, der bisher eher gesichtslos war und Klara in ziemliche Aufregung und Angst versetzt. Auffälig fand ich teilweise die Parallelen zu den Auswanderern der damaligen Zeit, die den Weg nach Amerika wählten. Hatte man es dort mit den Indianern zu tun, so sind es hier Nomadenstämme wie die Kirgisen, die ganz ähnliche Probleme für die Siedler schaffen.


    Das Hauptaugenmerk liegt auf den Geschicken der drei Weber-Schwestern und ihrer Familien in Waidbach, Saratow und St. Petersburg. Deren Entwicklung war glaubhaft und nachvollziehbar, nur über Klara habe ich so manches mal den Kopf geschüttelt. Bei dem, was sie früher durchgemacht hat, ist Manches einerseits sicherlich verständlich, andererseits hatte ich teilweise das Gefühl, daß sie sich eher rück- denn vorwärts entwickelt. Nach all den Erfahrungen, die sie bis zum Ende des Buches machen mußte, wäre es in der Tat interessant zu lesen, wie es mit ihr in den folgenden Jahren weiter geht.


    Womit angesprochen ist, daß eine Fortsetzung denkbar ist. Zwar ist die Haupthandlung abgeschlossen, doch, wie das bei Familien so ist, bleiben genügend Dinge ungeklärt, deren Fortgang erst die Zukunft zeigen wird. Das Buch hat mir gut gefallen, die Figuren haben einen deutlichen Eindruck bei mir hinterlassen, ich würde wirklich gerne wissen, wie es ihnen weiter ergeht und hoffe daher, bald wieder zu ihnen zurückkehren zu können. Oder anders: bitte mehr davon!



    Kurzfassung


    Nach den ersten harten Jahren gilt es für die Wolgadeutschen, des Erreichte zu sichern und den eigenen Weg zu finden.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Dunkle Wälder, ferne Sehnsucht" war mein erstes Buch von Martina Sahler. Demenstprechend hatte ich auch kein Vorwissen bezüglich des ersten Teils, kam aber dennoch problemlos in die Geschichte rein. Kleine Hinweise auf vergangene Geschehnisse waren unauffällig in den Text eingebunden, so dass mir einige Punkte nachgereicht wurden. Diese waren durchaus von großer Bedeutung, da sich daraus einige Charakterentwicklungen der Hauptdarsteller herleiten ließen.
    Die drei Schwestern waren sehr gut beschrieben und in ihren Unterschieden - trotz gemeinsamer Erlebnisse - sehr glaubhaft. Schnell habe ich mit ihnen mitgefiebert und mitgelitten.


    Das Lokalkolorit von Russland war sehr interessant, für meinen Geschmack hätte es gerne mehr sein dürfen. Erst im letzten Teil gab es eine längere Passage, in der nicht nur die deutsche Auswanderereperspektive geschildert wurde sondern in diesem Fall ein Lager der Krikisen und das auf sehr bildhafte Weise.


    Es passieren einige ziemlich dramatische Dinge und die Schauplätze springen immer wieder zwischen den drei Schwestern hin und her. Zwei-, dreimal wird dabei die Dramaturgie durch einen Zeitsprung unterbrochen, wo ich mir gewünscht hätte, dass die Geschehnisse eingehender, ausführlicher beschrieben werden. Das Buch ist ja relativ dünn, die Handlung aber so dicht und abwechslungsreich, dass ich einfach mal behaupte, 100 oder gar 200 Seiten mehr mit guter Unterhaltung zu füllen, wäre für die Autorin gar kein Problem gewesen und hätte Spaß gemacht zu lesen.
    Es ist mir ja schon ein paar Mal passiert, dass ich bei dicken Büchern gewünscht habe, dass der Lektor ein paar Seiten gestrichen hätte. Hier war es also umgekehrt, was auch an dem schönen Schreibstil liegt und den sympathischen Personen, die durch Glaubwürdigkeit und Charaktertiefe bestechen.


    Mein Fazit:
    Ein lesenswertes Buch - mit etwas Luft nachoben - von einer sympathischen und engagierten Autorin. Der Vorgängerband steht schon im Regal und das "Hurenschiff" wird sicherlich auch von mir persönlich in Augenschein genommen.

    Hollundergrüße :wave



    :lesend


    Ninni Schulman - Den Tod belauscht man nicht

    Hanna Caspian - Im Takt der Freiheit


    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

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  • Zum Inhalt brauche ich wohl nichts mehr hinzuzufügen, also gehe ich gleich zu meiner Meinung über.
    Als Fan vom "Drumherum" an Informationen freute es mich natürlich sehr, eine Karte, ein Personenregister und ein sehr informatives Nachwort in diesem Buch vorzufinden. Wobei ich die Gesamt-Europa-Karte vielleicht eher auf Russland beschränkt und dafür dann - gern als fiktiv gekennzeichnet - das Dorf der Wolgadeutschen und das der Kirgisen vermerkt gesehen hätte. Auch bei den Personen sehe ich gern, wer real existiert hat und wer nicht, aber ich vermute mal, dass alle bis auf Kaiserin Katharina fiktiv waren.
    Das Cover gefiel mir - wie schon beim Vorläufer - sehr gut.
    Wie oben schon erwähnt, waren die Orts- und Zeitangaben zu Beginn eines jeden Kapitels sehr hilfreich.
    Die Geschichte als solche sagte mir ebenfalls zu. Allerdings fand ich die Gewichtung teilweise etwas unglücklich. Im ersten Teil des Buches wird sehr ausführlich rückgeblickt und das Gefühlsleben der Hauptakteure beschrieben, am Ende findet eine Entführung ein geradezu abruptes Ende, obwohl gerade da die Möglichkeit bestanden hätte, das weiter oben ebenfalls schon angesprochene "Russland-Feeling" stärker zu integrieren. So hätten die Kirgisen nämlich beinahe auch Comanchen oder Huronen sein können.
    In dem Buch kam sehr viel Gewalt vor:
    Kindesmissbrauch verschiedener Art, Vergewaltigung bzw deren Folgen, Brandstiftung mit Todesfolge, ein Mord - wenn auch möglicherweise als Notwehr ansehbar -, Verschleppung, Erpressung,... von seelischer Grausamkeit einmal ganz zu schweigen. Glücklicherweise wurden die Szenen der Kindesmisshandlung nicht zu deutlich geschildert. Etwas mehr Diskretion hätte ich mir auch gewünscht, als es um die Ausübung homosexueller Praktiken ging, eine hätte genügt, es musste nicht oral UND anal vorkommen. Aber auch das blieb - verglichen mit manch anderen Romanen dieses Genres - nach meinem Geschmack noch innerhalb des Akzeptablen.
    Probleme hatte ich, obwohl ich sie selbst gelegentlich gern verwende, verschiedene Male mit "Bandwurmsätzen" wie zB:
    ""Alexandra verstand nicht viel von Politik, aber dass die Kaiserin, die in einer solchen Stadt residierte, zu Recht den Beinamen "die Große" trug, das überzeugte ein Mädchen wie sie.",
    "Ich vermisse Amelia nicht weniger als du, und ich darf meine Phantasie nicht schießen lassen, um die Bilder zu unterdrücken, die sich vor mir auftun,
    wenn ich mir ausmale, was sie gerade erleidet." oder
    "Sie klopfte dem drei Monate alten Martin auf den Rücken, der über ihrer Schulter hing, und drückte ihn Amelia in die Arme, damit sie ihn in seiner Wiege festband."
    (Bei dem über die Schulter hängenden Rücken hatte ich aber zumindest lustiges Kopfkino :lache!)

    Zitat


    Manche Begebenheiten hätten für meinen Geschmack gern etwas ausführlicher erzählt werden können und auch am Schluss bleiben ein paar Punkte offen, die dann doch sehr deutlich auf Band 3 abzielen.
    Aber alles in allem hat mir das Buch ein paar schöne Lesestunden beschert.
    (chiclana)


    :write

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)

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  • Die drei Schwestern Christina, Klara und Eleonora haben alle auf ihre Art ihr Glück in Russland gemacht.
    Klara die Jüngste lebt mit Sebastian in der Kolonie Waidbach
    Eleonora mit Mann und Söhnen in Saratow, wo Matthias für einen Fabrikanten tätig ist.
    Christina hat ihr Glück in St. Petersburg gefunden und leitet ein Modegeschäft.
    Doch das Schicksal hält für alle drei Frauen etwas bereit was ihren Weg schwerer werden lässt und teilweise an die Grenzen ihrer Belastbarkeit führt.


    Dies ist die Fortsetzung von Weiße Nächte, weites Land von der Autorin Martina Sahler.
    Mich hat die Fortsetzung natürlich sehr gereizt nachdem ich vor kurzem den 1. Band gelesen habe.
    Der Einstieg in das Buch ist mir relativ leicht gefallen, was auch nicht bei jedem Buch der Fall ist.
    Man kann zwar der Handlung sehr gut folgen ohne den ersten Teil gelesen zu haben, doch ich finde es schon ratsam wenn man den Vorgängerband schon gelesen hat.
    Durch die 4-6 verschiedenen Erzählstränge hatte ich nur kurz Probleme alles den richtigen Personen zuzuordnen, aber als ich dies getan hatte, hatte ich keine Probleme mehr.
    Es gab mehrere Spannungsbögen und diese waren immer bis zum Ende erhalten was mir sehr gut gefallen hat, da auch dies leider nicht immer der Fall ist.
    Mit Christina und Alexandra hatte ich zwar wieder so meine Probleme, wobei dieses Mal war es eigentlich mehr Alexandra der ich sehr gerne mal eine gescheuert hätte und ihr auch gerne geraten hätte sich soll es versuchen besser zu machen.
    Ich fand die Geschichte der Deutschen in Russland interessant beschrieben, zwar stammt die Familie meines Opas aus dem heutigen Polen, aber man kann es so doch ein bisschen nachvollziehen wie sich die Menschen damals gefühlt haben müssen.
    Alle handelnden Figuren waren sehr detailliert beschrieben und man konnte sich diese während des Lesens sehr gut nachvollziehen.
    Auch die Handlungsorte waren gut beschrieben und Dank der Karte konnte man sich auch die Lage der Orte und ihre Entfernungen besser nachvollziehen.
    Gerade Bücher die auf wahre Geschichten beruhen finde ich immer wieder spannend und interessant.
    Wenn man das Nachwort der Autorin liest, kommt man zu dem Eindruck das man die Familien noch weiter begleiten wird, vielleicht auch nur die Nachkommen, aber es wäre schon sehr interessant und ich würde es sehr gerne lesen. Irgendwie erinnert mich dies an die Reihe von Willi Fährmann die es als Weihnachtsserie unter dem Titel Der lange Weg des Lukas B. gab und auch eine Familiengeschichte über Generationen erzählt hat.
    Für das Buch vergebe ich fünf von fünf Sternen.

  • Meine Meinung:


    Vierzehn Jahre sind vergangen, seit die drei Weber-Schwestern das hessische Waidbach verlassen haben, um den Werbern der Zarin Katharina an die Wolga zu folgen. Sie haben Fuß gefasst und Russland ist ihnen Heimat geworden. Jede lebt ihr Leben mit ihren ganz eigenen Sorgen und Nöten. Darin liegt auch die thematische Vielfalt des Romans begründet. So kann der Leser miterleben, wie sich die Kolonie Waidbach entwickelt und Klara von der Vergangenheit eingeholt wird. Man bekommt einen Einblick in die Modewelt, in der sich Christina inzwischen etabliert hat und kann das Leben von Eleonora mitverfolgen, die mit ihrem Ehemann und den beiden Söhnen in Saratow lebt. Ihre Gedanken sind jedoch stets bei ihrer Tochter Christina, die an der Kunsthochschule im fernen St. Petersburg studiert.


    Mit diesem Roman setzt Martina Sahler die Geschichte der deutschen Auswanderer fort, die mir bereits aus dem ersten Teil „Weiße Nächte, weites Land“ bekannt ist. Es ist jedoch nicht zwingend erforderlich, den Vorgänger gelesen zu haben. Unauffällig fügt die Autorin alle notwendigen, sich aus der Vergangenheit ergebenden, Informationen in das aktuelle Geschehen ein.


    Der Roman lebt durch den sehr lebendigen Erzählstil von Martina Sahler, mit dem sie ihren Lesern einen sehr interessanten Abschnitt russisch-deutscher Geschichte nahe bringt. Ihre Figuren sind sehr menschlich gezeichnet und haben alle Ecken und Kanten. Man kann sich an ihnen reiben, ihre Entscheidungen nachvollziehen oder ob ihrem Tun den Kopf schütteln. So entwickeln sich Sympathien und Antipathien wie im richtigen Leben.


    Besonders gefallen haben mir die Naturbeschreibungen. Ich fühlte mich in die Wolga-Landschaft versetzt und konnte mich bei der Lektüre des Romans auf Gedankenreise begeben.


    Mir hat Martina Sahler mit diesem zweiten Teil der Auswanderer-Saga sehr unterhaltsame Lesestunden beschert. Gerne würde ich die Weber-Schwestern auf ihrem weiteren Lebensweg begleiten.

  • Ich habe den ersten Roman auch schon gerne gelesen und die Personen gleich wiedererkannt.
    Die Weberschwestern haben sich alle drei sehr unterschiedlich entwickelt, aber sie meistern größtenteils ihr Leben sehr gut.
    Klara bekommt schon ihr 3. Kind und wird mit ihrer Vergangenheit konfrontiert. Sie und ihr Mann sind eigentlich eine nette Familie. Nur ist sie von ihrer Kindheit her traumatisiert und sehr ängstlich, manchmal hätte ich sie schütteln können.
    Eleonora hat es gut getroffen. Das sie sich Sorgen um ihre Tochter macht, die zum Studieren nach St Petersburg ging, kann ich verstehen.
    Christina lebt ihr Leben als Geschäftsfrau in St Petersburg
    Die Autorin hat mit diesem Roman wieder schön das Leben der Auswanderer an der Wolga beschrieben. Die Leute haben ein schweres Leben und sie müssen sich auch noch vor Überfällen von den Nomaden schützen, aber im Grunde sind sie zufrieden.
    Ich habe den Roman sehr gerne gelesen und hoffe auf einen Weiteren.