Gib den Jungs zwei Küsse - St John Greene

  • OT: Mum's List


    Über den Autor
    St John Greene ist ausgebildeter Rettungssanitäter, trainierter Stuntman und unterrichtet junge Menschen in Extremsportarten. Er lebt mit seinen beiden Söhnen in Somerset in Südwest-England.


    Kurzbeschreibung
    Kurz vor ihrem Tod schreibt Kate ihrem Mann eine Liste mit allem, was ihr für die Zukunft der Kinder wichtig scheint: »Bring ihnen bei, pünktlich zu sein. Lass sie nicht Motorrad fahren. Zeig ihnen das Nordlicht. Gib den Jungs zwei Küsse, wenn ich nicht mehr bin – einen von dir, den zweiten von mir.« Als Kate ihren Kampf gegen den Krebs verliert, ist ihr Mann außer sich vor Schmerz. Doch das Vermächtnis seiner Frau hilft ihm, für die Söhne zu sorgen. "Gib den Jungs zwei Küsse" ist sein Tagebuch und eine tapfere Liebeserklärung an seine Frau.


    Meine Rezension
    Kate und St. John „Singe“ Greene lernen sich schon als Teenies kennen und lieben. Sie heiraten und bekommen Kinder. Doch schon zu dieser Zeit tauchen erste Probleme auf: Kate erleidet eine Fehlgeburt und der kleine Reef erkrankt an Krebs. Während dieser Zeit wird der kleine Finn geboren – doch auch dieses freudige Ereignis hat eine Schattenseite: er kommt viel zu früh auf die Welt und auch um ihn müssen sie erst bangen. Und damit nicht genug: Kate erkrankt an Krebs … und sie wird es leider nicht schaffen und Singe muß sich viel zu früh von der Liebe seines Lebens verabschieden. Doch Kate hat eine Liste für die kleine Familie hinterlassen, an deren „Abarbeitung“ sich Singe gewissenhaft macht … Diese Liste hilft ihm , nicht zu verzweifeln. Sie ist eine Art Leine, an der er sich von Tag zu Tag entlanghangelt.


    Ich habe hier ein Problem. Ich weiß, daß diese Geschichte im Grunde wahr ist und keine Fiktion. Es GIBT einen trauernden Ehemann, der die Liebe seines Lebens verloren hat. Es GIBT diese Kinder, die nun ohne ihre Mutter aufwachsen müssen. Und es GIBT wohl auch diese Liste, in der die Frau, ihren nahenden Tod fest im Blick, aufgeschrieben hat, was ihr für ihre Lieben wichtig ist.


    Doch es stellt sich mir die Frage: ist es OK, wenn sie ihrer Familie diese Dinge „vorschreibt“? Bringt sie sie nicht in ein moralisches Dilemma, wenn die Liste Punkte enthält, die der Rest der Familie ablehnt? Dürfte man einer Verstorbenen die Erfüllung ihrer letzten (sehr zahlreichen!!!) Wünsche verweigern?


    Darüberhinaus hatte ich auch meine Probleme mit dem Familienvater Singe: ich mochte ihn einfach nicht besonders. Dafür, wie überschwänglich er die Liebesgeschichte zwischen Kate und ihm beschrieb, kommt seine Trauer zu nüchtern herüber. Natürlich mag er vor Trauer erstarrt sein und einfach nur funktionieren, doch diese Diskrepanz in den Gefühlen fiel mir negativ auf.


    Auch fand ich einige Punkte irgendwie sehr unrealistisch, z.B. daß er erst mit seinem Schwiegervater bei einem Termin feststellt, daß Kate die Familie gut versorgt hinterlassen hat. Das erschien mir einfach unglaubwürdig und seltsam.


    Ich gebe zu, daß ich einige der Kapitel eher diagonal gelesen habe – mit schlechtem Gewissen auch noch, denn es ist ja die wahre Geschichte eines trauernden Mannes, da kann ich ja nicht einfach nach dem Motto „och, interessiert mich nicht, weiter im Text“ abkürzen.


    Und doch habe ich das getan. Es ist echte Trauer, die Singe empfindet – doch im Buch war mir das trotz seiner eher nüchternen Trauer zu melodramatisch und rührselig aufbereitet. Und wieder einmal habe ich festgestellt, daß diese Art von Büchern so gar nichts ist für mich.


    Freunde wahrer emotionaler Geschichten und großer Gefühle werden dieses Buch aber sicher anders beurteilen als ich.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)