Diogenes Verlag, 2014
Gebundene Ausgabe
320 Seiten
Originaltitel: Adultério
Aus dem Portugiesischen von Maralde Meyer-Minnemann
Kurzbeschreibung:
Jung, attraktiv, erfolgreich – und todunglücklich. Linda versteht sich selbst nicht mehr. Müde und lustlos schleppt sie sich durch ihr Leben.
Dabei hat sie vieles, was es zum Glücklichsein braucht: eine gesicherte Existenz, einen wunderbaren Ehemann, süße Kinder, einen spannenden Beruf. Doch sie spürt keine Begeisterung, und es fällt ihr immer schwerer, Fröhlichkeit vorzutäuschen. Sie beginnt von einem anderen Leben zu träumen. Durch die Begegnung mit einem alten Jugendfreund gerät Linda in einen Strudel der Leidenschaft, der sie alles riskieren und in die Abgründe ihrer Seele blicken lässt. Muss man manchmal untreu sein, um sich selbst wieder treu zu werden?
Über den Autor:
Paulo Coelho, geboren 1947 in Rio de Janeiro. Alle seine Romane, insbesondere ›Der Alchimist‹, ›Veronika beschließt zu sterben‹, ›Elf Minuten‹ und zuletzt ›Die Schriften von Accra‹, sind Weltbestseller, wurden in 80 Sprachen übersetzt und erreichten eine bisherige Weltauflage von über 165 Millionen Exemplaren.
Über die Übersetzerin:
Maralde Meyer-Minnemann, geboren 1943 in Hamburg, erhielt 1992 den "Hamburger Förderpreis für literarische Übersetzungen", 1997 den Preis "Portugal-Frankfurt", 1998 den "Helmut-M.-Braem-Preis" und wurde 2005 für den "Preis der Leipziger Buchmesse" nominiert.
Mein Eindruck:
Die Schweizer Journalistin Linda lebt mit ihrem Mann und 2 Kindern ein eigentlich sorgenfreies Leben in Genf. Aber doch quälen sie Unzufriedenheit und Langeweile. Das lässt sie an ihrem Familienleben zweifeln und als sie einen Jugendfreund wiedertrefft, der inzwischen ein erfolgreicher und verheirateter Politiker ist, lässt sie sich auf eine destruktive Affäre ein.
Untreue ist stilistisch wie thematisch kein typischer Coelho-Roman.
Er ist näher dran an seinen Romanen “Elf Minuten” und teilweise an “Veronika beschließt zu sterben” und weniger an seinem berühmten Alchimist. Also sollten sich Fans des überschwänglichen und der üblichen Weisheiten Coelhos darauf einstellen, das es in diesem Buch anders zugeht.
Sonst kann es schnell zu Enttäuschungen kommen.
Dafür ist es erzählender gestaltet als seine sonst oft fragmentarischen Werke.
Besonders kennzeichnend ist die intensive und langsame, fast minutiöse Schilderung der Gedanken und Vorstellungen der Protagonistin.
Dabei fällt auf, dass Lindas Emotionen hin und her springen. Mal ist sie von sich überzeugt, glaubt sich sicher und bewundert, dann ist sie wieder in mieser Stimmung, fühlt sich als Versagerin und neidet der Konkurrentin deren Erfolge und Qualitäten.
Das kann den Lesefluß manchmal stören, viele Reaktionen Lindas wirken willkürlich und unmotiviert, ihre emotionalen Schwankungen manisch.
Ganz realistisch wirkt die Figur nicht!
Dafür entschädigen die vielen interessanten Aspekte, die sie im Zusammenhang mit ihrem Zustand durchdenkt.
Dass sie das so analytisch tut, ist manchmal unglaubwürdig. Linda schwankt zwischen Kunstfigur und einer Frau, die von ihren Neurosen beherrscht wird.
Dennoch konnten mich viele von Lindas Überlegungen interessieren und beschäftigen..
Doch es ist nicht einfach mit einer nicht sonderlich sympathischen Hauptfigur, die dann auch noch so “rumeiert” wie Linda. Da kann ich jeden Leser verstehen, der sich mit ihr nicht arrangieren kann.
Doch da der Roman stilistisch ganz den Reflexionen Lindas folgt, ist man relativ nahe dran an der Figur. Mir fällt es schwer, sie zu verurteilen und negative Gedanken fallen vielleicht bei jedem mal an.
Paulo Coelho hat einen ambitionierten Roman geschrieben, der mit seiner Wahlheimat Schweiz einen guten Schauplatz bietet.
In ein paar Elementen halte ich Untreue für weniger gelungen. Coelho erliegt z.B. der Versuchung, ein “provokatives” Buch vorlegen zu wollen.
Diese Ambition hätte er besser weggelassen, dann gäbe es ein paar unnötige, rüde Szenen weniger und man käme auch nicht auf den Gedanken, das Coelho den Seitensprung als Hilfsmittel gegen die Midlifekrise propagieren wollte.
Das Niveau ist ansonsten überwiegend gut, auch wenn es ein paar Ungereimtheiten gibt! Es sind viele kurze Kapitel enthalten. Nicht jeder Satz sitzt perfekt, doch einige Passagen lohnen sich, gründlich gelesen zu werden.
Von mir bekommt der Roman 8 Punkte, da ich ihn ziemlich interessant fand!