'Nemesis' - Kapitel 3

  • Entschuldigung, wenn ich schon wieder als Erste poste, aber ich bin leider schon durch:


    Bucky Cantor also auch. Vielleicht hat er wirklich die Kinderlähmung in das Camp gebracht, dann wäre es aber seltsam, dass der Ausbruch bei ihm so spät stattfand. Jedenfalls ist seine Niederlage nun komplett, in seinen Augen wenigstens. Andere würden es vielleicht mit „Glück im Unglück“ beschreiben. Sein Leidensweg war nichts Außergewöhnliches bei dieser Krankheit, das Schlimmste ist ihm erspart geblieben, er hat sogar das Glück, ein relativ normales Leben führen zu können, er hat Arbeit … und wirft das Glück seines Lebens fort, kommt sich dabei noch wer weiß wie heroisch vor. Das Denken dieses Mannes kann ich, was seine Einstellung zu der Ehe mit Marcia betrifft, ein wenig nachvollziehen (das Binden an einen „Krüppel“), aber es bereitet mir trotzdem Schwierigkeiten zu verstehen, was in ihm vorgeht. Warum ignoriert er Marcias Wünsche, warum meint er, das Recht dazu zu haben? Wer hätte es ihm denn gegeben? Er, der doch so einfühlsam auf seine Jungen einzugehen wusste, ist hier bemerkenswert und brutal egoistisch und merkt es noch nicht einmal. Er redet sich ein, das Beste zu wollen und hinterfragt nicht, was das denn sein könnte. Für was hält er eigentlich Marcia, für eine Frau, die sich ausschließlich in seinen ansehnlichen Körper verliebt hat, die nur auf das Äußere achtet? Was für ein Sturesel!


    Arnie Mesnikoff hat sich also wirklich intensiv mit Mr. Cantor unterhalten, er hat ihm auch intensiv zugehört. Ein Realist, das lebensbejahende Gegenteil von Bucky. Seine Beschreibungen von diesem, seine Interpretationen (z. B. Seite 199 unten, 213, 214) sind sehr wahrscheinlich zutreffend. Bucky hat sich in ein selbstgewähltes Gefängnis zurückgezogen und will auch gar nicht mehr hinaus. Er meint, Schuld auf sich geladen zu haben, indem er die Kinder ansteckte, aber er kann nicht erkennen, dass es solche Schuld gar nicht gibt, sondern dass sie darin besteht, die Menschen von sich zu stoßen, sich dem Leben letztlich zu verweigern. „Ein solcher Mensch ist verdammt“, sagt Arnie (Seite 214) und man kann nicht umhin, ihm zuzustimmen, auch wenn das Wort mir ein wenig stark erscheint. So grausam es ist: Von dem Moment an, an dem ich von Buckys Erkrankung las, habe ich eine ähnliche Entwicklung erwartet, wobei ich seine Konsequenz nicht derart ausgeprägt erwartet habe. Es trifft ein jeder seine eigenen Entscheidungen darüber, wie man damit umgeht, nicht mehr der zu sein, der man war, der man zu sein erwartete. Oder über die Tatsache, dass und wer dafür verantwortlich ist bzw. wer dafür verantwortlich zu sein hat (Seite 206: „Irgendjemand muss das alles ja gemacht haben“). Buckys Entscheidung liegt für mich in Folgendem: Sein Selbstwertgefühl scheint mir einzig auf seiner Pflichterfüllung und seinen sportlichen Leistungen zu beruhen, ist beides eingeschränkt bzw. nicht mehr möglich, kann er nichts anders als zusammenzubrechen bzw. aufzugeben, das, was er hatte, was er wollte. „Die Tragödie muss in Schuld verwandelt werden (Seite 207) – das ist wohl Buckys eigentliches Problem: Es muss immer jemanden geben, der Verantwortung übernimmt, zu übernehmen hat, egal, für was. Was Marcia ihm vorwirft („Ich kenne niemanden, der so viel Trost darin findet, sich selbst zu bestrafen" – Seite 202 -, „Deine Haltung gegenüber Gott ist kindisch, einfach albern“ - Seite 203, wobei sie natürlich nicht von demselben Gott sprechen), erscheint mir wie die Rede des Lebens auf etwas Absterbendes. Nein, das Wort tritt es nicht ganz, es geht mir um etwas, was absterben will. Weil es/er seine Pflicht nicht mehr tun kann. Und weil er eine andere als die ihm beigebrachte nicht anerkennen kann, bliebt ihm nur der Weg, den er nun geht. Das ist ein einsames Sterben. Über sehr viele Jahre.


    Die letzte Szene des Buches, der Speerwurf, eine Reminiszenz des Erzählers an eine Vergangenheit, in der die Zukunft aufstrahlte, an einen Mann, der zum Vorbild geboren schien – mich macht sie traurig. Nicht, weil es die Erinnerung an diesen Moment gibt, sondern weil die Hauptperson dieses Moments nicht mehr erkennen kann und will, was für Glücksmomente er hatte und dass sie die Fähigkeit haben, auch ihm das Herz zu wärmen, wenn er es denn zulassen würde.


    Abschließend kann ich sagen, dass Roth mich jetzt zum ersten Mal wirklich gepackt hat. Dieses Buch hat mich ganz schön durchgeschüttelt und es wird mich gedanklich lange begleiten.

  • Ich bin auch fertig mit dem Buch, aber mir schwirrt gerade von diesem letzten Abschnitt noch der Kopf und ist voller Gedankengänge auch aus den ersten beiden Kapiteln. Das muss ich erstmal ein wenig sacken lassen, bevor ich etwas dazu schreibe.

  • Es ist einfach nur tragisch, wie sich Bucky den wir gut 20 oder 30 Jahre später wieder treffen verändert hat.
    Dass er Marcia, die ihn trotz seiner Krankheit und Behinderung heiraten wollte so vor den Kopf stoßen konnte, nein lieber bestraft er scih, glaubt, büßen zu müssen wofür er keine Schuld haben kann , sie sich aber trotzdem auflädt, warum??
    Tut es ihm gut? Suhlt er sich in seinem Leiden, seiner Entsagung??? Dann müsste es ihm ja gut gehn, aber er ist verbittert, kann sich selbst nicht verzeihen und gott?? spielt der noch ne Rolle für ihn?? Selbst das Hadern hat er aufgegeben, gibt sich ganz dem Leiden und seiner Behinderung hin.
    Zermürbt sich selbst.
    Ich kann noch kein endgültiges Urteil abgeben, aber das Buch lässt einen doch ziemlich aufgewühlt zurück.

  • Mich macht das Ende sehr traurig.
    Arnies Einschätzung kann man nur sehr wenig hinzufügen. Ich denke sein: "Ein solcher Mensch ist verdammt" ist schon zutreffend.
    Er ist verdammt durch seine eigenen Moralvorstellungen und Wertungen, durch sein Wesen, sein Gewissen. Und in seinem Fall auch durch seine geistige Einsamkeit.
    Er hatte niemanden, der ihn als Jugendlicher hätte korrigieren können. Ihm die Winzigkeit und Ohnmacht eines Menschenwesens klar gemacht hätte. Keiner, der ihm die Fähigkeit vermittelt hat, mit sich selbst freundlich umzugehen.
    Dadurch verkennt er völlig die Wirklichkeit und seine eigene Rolle darin.


    Gott kommt für ihn nur noch insofern vor, als er für ihn nur noch ein rächender, bösartiger Gott ist, mit dem er nichts zu tun haben will. Den Widerspruch, dass er dann nicht der an allem Schuldige sein kann, den kann er nicht mehr sehen.


    Tragisch.


    edit will noch was zum Erzähler sagen. Hier wird geklärt, wie es zu diesem Erzähler kam. Und auch die neue Art des Erzählens, die distanziertere, wertendere passt gut.

  • Ich bin jetzt auch durch!


    Den Erzählkniff mit dem späten Einführen der Erzählperson als Gegenpart zum Protagonisten halte ich für sehr gelungen.


    Arnold Mesnikoff als positiver Kontrapunkt zum immer noch mit sich hadernden Bucky erleichtert es mir als Leser, die Situation für mich zu werten.


    Vielleicht bewirkt bei Bucky die Begegnung mit Arnie noch etwas, was seinen Schmerz aufbrechen lässt, aber ich befürchte, es ist zu spät.
    Wenigstens in Arnies Erinnerung an die Zeit in Newark 1944 ist Mr.Cantor nicht gescheitert. Diese letzte Szene empfand ich als sehr angemessen.
    Insgesamt ist das Ende des Romans konsequent. Das schätze ich an Philip Roth!

  • Zitat

    Original von Findus
    ... gott?? spielt der noch ne Rolle für ihn??


    Ich glaube, das, worauf er ihn für sich zurechtgestutzt hat, kommt ihm immer mal wieder in die Quere, ganz besonders in den Momenten, in denen er Marcia auf der Straße zu sehen glaubt oder in denen er ein (geh)behindertes Kind sieht.

  • Tragisch, ja das ist sie die Geschichte von Bucky. Und der Titel des Buches ist perfekt gewählt. Drückt er doch in einem Wort genau das aus, was Bucky Cantor sich selbst auferlegt.
    Selbst die Menschen, die selbst betroffen sind und ihm keine Schuld an der eigenen Erkrankung oder der eigenen Schwester geben, dringen nicht zu ihm durch. Er will keine Vergebung, kein Verständnis, kein lebenswertes Leben, weil er sich selbst nicht vergeben kann. Gott als in seinen Augen Mitverantwortlicher ist hier doch eigentlich nur eine Metapher für den eigenen Selbsthass. Oder hält er sich am Ende für Gottes Werkzeug, in dem er glaubt, die Krankheit verbreitet zu haben? Er selbst richtet und verurteilt sich, in dieser "Nemesis" zu leben, nicht Gott.


    Ich habe die Geduld, die Arnie mit Bucky während der Gespräche hat, sehr bewundert. Ich selbst hätte ihn gerne mal geschüttelt, um ihm dieses grässliche Selbstmitleid auszutreiben.
    Er spricht Marcia, Arnie und allem die ihm etwas Gutes wollen, ab, dass sie es ehrlich mit ihm meinen, urteilt aber selbst über sie und flüchtet sich in sein Selbstmitleid und seine Selbstbestrafung, anstatt sich der Realität zu stellen. Wie kann er davon ausgehen, dass Marcia ohne ihn besser dran ist? Vielleicht hat sie die Abweisung nie überwunden und so mehr gelitten, als er es sich auszumalen im Stande ist. Ich finde es fast anmassend, dass er glaubt, besser über andere Bescheid zu wissen, als sie selbst.
    Allerdings kann ich seine Gefühle sehr gut verstehen. Hier sind wir wieder bei dem großartigen Können Philip Roths menschliche Gefühle aufzudecken und auch hervorzurufen.
    In Buckys Situation hätte wohl jeder "um sich geschlagen". Ich hätte ihm nur gewünscht, er hätte irgendwann einmal irgendetwas Positives von Anderen können, um sich selbst vielleicht wieder liebenswerter zu finden und aus diesem Teufelskreis auszubrechen.
    Vielleicht wäre es anders gekommen, wenn er von Beginn an mehr Selbstvertrauen gehabt hätte, wenn er sich selbst nicht auf das Äußerliche bzw. seine körperlichen Unzulänglichkeiten (Ausmusterung wegen der Augen) reduziert hätte oder wenn er anders erzogen worden wäre.

  • nun, sein Lebensplan der eben der war perfekt zu sein, eine perfekte Familie zu gründen ging eben total daneben.
    Und da er niemanden wirklich dafür verantwortlich machen kann stürzt erst sich zuerst auf Gott und dann auf sich selbst.


    Gerade die Schlussszene mit dem perfekten Speerwurf lässt ahnen, was ihm verloren ging.
    Und da er nie gelernt hat in andere Richtungen zu denken, ist mit seiner Körperkraft und -eleganz auch sein Lebensziel und seine Werte verloren gegangen.

  • Zitat

    Original von Findus
    nun, sein Lebensplan der eben der war perfekt zu sein, eine perfekte Familie zu gründen ging eben total daneben.
    Und da er niemanden wirklich dafür verantwortlich machen kann stürzt erst sich zuerst auf Gott und dann auf sich selbst.


    Gerade die Schlussszene mit dem perfekten Speerwurf lässt ahnen, was ihm verloren ging.
    Und da er nie gelernt hat in andere Richtungen zu denken, ist mit seiner Körperkraft und -eleganz auch sein Lebensziel und seine Werte verloren gegangen.


    Hm, ja, er strebte nach Perfektion in allen Lebensbereichen, das gibt die Schlußszene sehr gut wieder. Aber er hielt sich selbst nie für gut genug und er zweifelt ja auch von Anfang an, daran Marcia und ihre in seinen Augen "perfekte Familie" überhaupt verdient zu haben. Das fängt schon an, mit dem Makel einen Vater zu haben, der ein Dieb ist und so vor allem in den Augen des Großvaters nicht bestehen kann. Dann diese Kurzsichtigkeit, und, und, und. Dieses ständige sich selbst negativ beurteilen hat schon sehr viel früher begonnen.
    Mich macht das sehr nachdenklich und auch traurig.

  • Wobei das garnicht hätte sein müssen, denn alle Leute,mit denen er zu tun hatte, haben ihn ja geschätzt. Sogar der künftige Schwiegervater war ja angetan von der Verlobung und sagte er könne sich keinen beseren für Marcia wünschen.



    Das muss also schon von des Großvaters Erziehung und Vorbild kommen, dass ihn das so sehr geprägt hat.
    Traurig ist das allemal und verschwendetes Talent.

  • Zitat

    Original von Saiya


    Hm, ja, er strebte nach Perfektion in allen Lebensbereichen, das gibt die Schlußszene sehr gut wieder. Aber er hielt sich selbst nie für gut genug und er zweifelt ja auch von Anfang an, daran Marcia und ihre in seinen Augen "perfekte Familie" überhaupt verdient zu haben. Das fängt schon an, mit dem Makel einen Vater zu haben, der ein Dieb ist und so vor allem in den Augen des Großvaters nicht bestehen kann. Dann diese Kurzsichtigkeit, und, und, und. Dieses ständige sich selbst negativ beurteilen hat schon sehr viel früher begonnen.
    Mich macht das sehr nachdenklich und auch traurig.


    Ich sehe Bucky genau wie Saiya. Bucky setzt für sich selbst viel höhere Maßstäbe als für alle anderen. Und dass er gerade einige, die er eigentlich nicht beeinflussen kann (wie z.B. die Kurzsichtigkeit, oder die Makel seines Vaters), nicht erfüllt lässt ihn sich Minderwertig fühlen. Genauso ergeht es ihm letztlich mit seiner eigenen Erkrankung. Er fühlt sich schuldig für Dinge, für die er eigentltich nichts kann und diese Schuld will er selbst niemanden aufladen und schon gar nicht jemanden damit zur Last werden.


    Zitat

    Original von SaiyaTragisch, ja das ist sie die Geschichte von Bucky. Und der Titel des Buches ist perfekt gewählt. Drückt er doch in einem Wort genau das aus, was Bucky Cantor sich selbst auferlegt.
    Selbst die Menschen, die selbst betroffen sind und ihm keine Schuld an der eigenen Erkrankung oder der eigenen Schwester geben, dringen nicht zu ihm durch. Er will keine Vergebung, kein Verständnis, kein lebenswertes Leben, weil er sich selbst nicht vergeben kann. Gott als in seinen Augen Mitverantwortlicher ist hier doch eigentlich nur eine Metapher für den eigenen Selbsthass. Oder hält er sich am Ende für Gottes Werkzeug, in dem er glaubt, die Krankheit verbreitet zu haben? Er selbst richtet und verurteilt sich, in dieser "Nemesis" zu leben, nicht Gott.


    :writeDas hast du sehr schön ausgedrückt!


    Zitat

    Original von Herr Palomar Den Erzählkniff mit dem späten Einführen der Erzählperson als Gegenpart zum Protagonisten halte ich für sehr gelungen.


    Ich fand es auch sehr gut umgesetzt. Manchmal wusste man gar nicht, wer da jetzt tatsächlich erzählt und wessen Empfindungen und Ansichten wir gerade lesen. Aber das hat es für mich noch interessanter gemacht.


    Für mich war es ja das erste Buch von Philip Roth, aber garantiert nicht das letzte.


  • Bei diesem Gespärch hätte ich Bucky am Liebsten auch ordentlich durchgeschüttelt, damit er endlich aufhört sich in seinem Selbstmitleid zu suhlen. Vor allem, dass er Marcia so abserviert hat fand ich schrecklich, er will sich für seine vermeintliche Schuld bestrafen, aber vor allem trifft er damit doch sie, die nicht nur den Sportler Bucky sondern den ganzen Mann liebt, das ist in diesem Moment wohl auch sein größtes Problem, dass er völlig auf das Körperliche fixiert ist, wohl auch durch den Makel der Ausmusterung.

  • Zitat

    Original von Zwergin


    Bei diesem Gespärch hätte ich Bucky am Liebsten auch ordentlich durchgeschüttelt, damit er endlich aufhört sich in seinem Selbstmitleid zu suhlen. Vor allem, dass er Marcia so abserviert hat fand ich schrecklich, er will sich für seine vermeintliche Schuld bestrafen, aber vor allem trifft er damit doch sie, die nicht nur den Sportler Bucky sondern den ganzen Mann liebt, das ist in diesem Moment wohl auch sein größtes Problem, dass er völlig auf das Körperliche fixiert ist, wohl auch durch den Makel der Ausmusterung.


    Ich glaube aber, das ist jetzt nicht generell nur Buckys Problem. Dieses Bewusstsein, nur "schöne" oder sportliche gut gewachsene Menschen sind für andere attraktiv zieht sich doch durch die gesamte Menschheit.
    Vielleicht wollte Roth mit diesem Beispiel nur drauf hinweisen, welche Auswüchse solch ein Menschenbild haben kann.
    Dass Bucky sich selbst auf das Äußere reduziert ist doch diesem Hype, "schneller, höher, weiter" und schöner zu verdanken. Die ganze Gesellschaft ist darauf ausgerichtet. Roth legt den Finger wohl ganz bewusst in diese Wunde.

  • Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    Meint ihr wirklich, er reduziert sich nur auf sein Äußeres? Sein "Versehrtsein" geht ja weit über seine äußeren Einschränkungen hinaus. Ich denke, ihm ist sehr bewusst, wie sehr er auch seelisch verwundet und krank ist. Aber er kann diesen Zustand nicht überwinden.


    Nein, ich denke auch nicht, dass er sich nur auf sein Äußeres reduziert. Die dargestellte äußerliche Perfektion als Speerwerfer sehe ich nur als Metapher. Die Jungs sahen ihn als das perfekte Vorbild. Er selbst hielt sich damals schon für unzulänglich. Das geht viel tiefer und hat auch schon lange vor der Krankheit begonnen.

  • Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    Meint ihr wirklich, er reduziert sich nur auf sein Äußeres? Sein "Versehrtsein" geht ja weit über seine äußeren Einschränkungen hinaus. Ich denke, ihm ist sehr bewusst, wie sehr er auch seelisch verwundet und krank ist. Aber er kann diesen Zustand nicht überwinden.


    Nun er hat sich ja schon lange vorher damit beschäftigt, sich gewundert, dass er in so eine Familie wie die von Marcia so gut aufgenommen wird, war sich ja da schon seiner Unzulänglichkeit bewusst, also, er hielt sich da schon für nicht gut genug.
    Seine Abstammung war immer ein Makel für ihn unter dem er zu leiden hatte. Dass er keine Eltern hatte sondern "nur" die Liebe der Großeltern und die Fürsorge der Großmutter und er vergleicht ob das gelichwertig ist mit der der Mutter, wird ja auch erwähnt. Sein Vater war ein Dieb, darüber kam er auch nie hinweg, es zieht sich eigentlich durch seine gesamte Lebenszeit.


    Seinem Ideal kommt wohl die letzte Szene am Nächsten. Und er war nicht in der Lage dies zu erfüllen.

  • Zitat

    Original von Lipperin
    ...


    Abschließend kann ich sagen, dass Roth mich jetzt zum ersten Mal wirklich gepackt hat. Dieses Buch hat mich ganz schön durchgeschüttelt und es wird mich gedanklich lange begleiten.


    Das geht mir auch so. Bei mir sind sogar Tränen geflossen.
    Ich kann Bucky verstehen, seine Angst vor einer Ehe mit Marcia nachvollziehen. Wenn sie gescheitert wäre, hätte er sich auch dafür die Schuld gegeben, wenn seine Kinder nicht seinem Bild entsprochen hätten... Ich weiß nicht, was ihn aus dem Strudel der Schuld hinausgeführt hätte.
    Vielleicht, wenn Marcia ihm auf der Insel zugehört hätte, wie Arnie es jetzt tut.
    Hätte, hätte, Fahrradkette...


    Zitat

    Original von Findus
    Es ist einfach nur tragisch, wie sich Bucky den wir gut 20 oder 30 Jahre später wieder treffen verändert hat.
    Dass er Marcia, die ihn trotz seiner Krankheit und Behinderung heiraten wollte so vor den Kopf stoßen konnte, nein lieber bestraft er scih, glaubt, büßen zu müssen wofür er keine Schuld haben kann , sie sich aber trotzdem auflädt, warum??
    Tut es ihm gut? Suhlt er sich in seinem Leiden, seiner Entsagung??? Dann müsste es ihm ja gut gehn, aber er ist verbittert, kann sich selbst nicht verzeihen und gott?? spielt der noch ne Rolle für ihn?? Selbst das Hadern hat er aufgegeben, gibt sich ganz dem Leiden und seiner Behinderung hin.
    Zermürbt sich selbst.
    Ich kann noch kein endgültiges Urteil abgeben, aber das Buch lässt einen doch ziemlich aufgewühlt zurück.


    Ich denke, dass ist ein Schlüssel zu seinem Verhalten. Er kann sich selbst nicht verzeihen, vielleicht kann er sich selbst nicht lieben und auch nicht akzeptieren, dass jemand anderes das um seines selbst willen dies tut.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin