Der Hexenschöffe - Petra Schier

  • rororo
    01.10.2014
    512 Seiten
    ISBN 978-3-499-26800-7


    Über die Autorin:
    Petra Schier, Jahrgang 1978, lebt mit ihrem Mann und einem Schäferhund in einer kleinen Gemeinde in der Eifel. Sie studierte Geschichte und Literatur und arbeitet mittlerweile als freie Lektorin und Autorin. Schon in ihren ersten beiden Romanen «Tod im Beginenhaus» und «Mord im Dirnenhaus» löste die Apothekerin Adelina mit Scharfsinn und Dickköpfigkeit Kriminalfälle im mittelalterlichen Köln. (Quelle: Verlagsseite http://www.rowohlt.de/autor/Petra_Schier.271385.html)


    Über das Buch:
    Anno 1636 ist ganz Deutschland vom Hexenwahn ergriffen. Schon einige Jahre zuvor traf es auch das beschauliche Rheinbach – eine Zeit, an die sich keiner gern erinnert. Und nun hat der Kurfürst den Hexencommissarius erneut in die Stadt beordert.
    Hermann Löher, Kaufmann und jüngster Schöffe am Rheinbacher Gericht, hat Angst um Frau und Kinder. Sein Weib Kunigunde gehört zur «versengten Art»: Angehörige ihrer Familie wurden damals dem Feuer überantwortet. Löher glaubt nicht an Hexerei und an die Schuld derer, die vor Jahren den Flammen zum Opfer fielen. Eine gefährliche Einstellung in diesen Zeiten.
    Als die Verhaftungswelle auch auf Freunde übergreift, schweigt der Schöffe nicht länger. Und schon bald beginnt für ihn und seine Frau ein Kampf gegen Mächte, die weit schlimmer sind als das, was man den Hexen vorwirft ... (Quelle: Verlagsseite http://www.rowohlt.de/buch/Pet…exenschoeffe.3082486.html)


    Meine Meinung:
    Eigentlich könnte man denken, dass genügend historische Romane zu diesem Thema verfasst worden sind, doch Petra Schiers neuster Roman verdient es auf dem Markt zu sein. Beschreibt sie den Hexenprozess doch aus einer ganz anderen Sicht, aus der Sicht des jungen Schöffen Hermann Löhrer. Wie sieht ein Schöffe den Prozess? Welche Rolle spielt er bei den Verhören, der Folterung oder der Urteilsfindung?


    Sicherlich ist dieses Buch keine leichte Kost, immer wieder aufwühlend und beklemmend. Oft stellt man sich die Frage: „ Können Menschen wirklich so grausam sein?“ Ja, denn sonst hätte es diese Prozesse wohl nicht gegeben. Dies ist eine Seite unserer Gesellschaft, die auch heute leider noch aktuell ist. Auch das die „vermeintlichen“ Hexen, sowohl Männer als auch Frauen waren, arbeitet die Autorin deutlich heraus. Dass Menschen unter der Folter nahezu alles gestehen, was man ihnen in den Mund legt, nur damit ihre Pein ein Ende hat, ist verständlich und erschreckend zugleich. Sehr einfühlsam schildert die Autorin den inneren Kampf der Gefolterten, aber auch die Berechenbarkeit der Henkersknechte und des Hexencommissarius.


    Petra Schier hat liebenswerte Figuren geschaffen, mit denen der Leser mitfiebern kann, an deren Schicksal er Anteil nimmt. Ein Buch, dass einem ein klein wenig nachdenklich zurücklässt, den Horizont erweitert und historisch mal wieder gestochen scharf ist. Nicht unbedingt alle Passagen machen Spaß zu lesen, aber am Ende hat man das Gefühl, die Seiten nicht umsonst umgeblättert zu haben. Dieses Buch gehört in die erste Riege der „Hexenprozess“-Romane!

  • Rheinbach 1636, Hermann Löher ist Kaufmann von Beruf und ist dazu noch Schöffe. Mit gerade 36 Jahren wurde er zum Schöffen berufen.


    Hermann Löher musste vor fünf Jahren einen schweren Schicksalsschlag hinnehmen. Bei den damaligen Hexenprozessen, die durch Dr. Jan Möden ins Leben gerufen wurden, wurde auch sein Schwiegervater als Hexer angeklagt und auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Seit dieser Zeit quälen Hermann immer wieder Albträume, denen er nicht entkommen kann. Er hat Vorkehrungen getroffen, um die Seinen seit diesem Tag vor dem Zugriff der Hexenverbrenner zu schützen.


    Doch nach 5 Jahren kommt Dr. Jan Möden zusammen mit Hexencommissarius Dr. Franz Buirmann wieder nach Rheinbach und das Brennen beginnt von neuem. Hermann versucht alles, um dies zu verhindern. Doch dann wird er selbst zur Zielscheibe des Hexencommissarius und muss um sein und das Leben seiner Lieben bangen.


    Die Zeit der Hexenverbrennungen im Mittelalter war eine der vielen düsteren Kapitel in der Geschichte Deutschlands. Umso interessanter war es für mich, dass diese Geschichte nicht etwa durchweg auf der Fantasie der Autorin beruhte, sondern es einen Augenzeugenbericht gibt, der der Nachwelt erhalten blieb. Auf die Lebensgeschichte des Hermann Löher baut die Autorin Petra Schier ihren Roman auf.


    Petra Schier gelingt es, die Tatsachen, die in diesen Aufzeichnungen zu finden sind, in einem Roman wiederzugeben und so die Geschichte für den Leser lebendig werden zu lassen.


    Zwar sind manche Beschreibungen, gerade was die Folterungen angehen, etwas detailreicher beschrieben, jedoch bleibt auch noch vieles der Fantasie des Lesers überlassen. Die Protagonisten sind plastisch und handeln nachvollziehbar. Die Autorin hat es auch hier wieder geschafft, den Leser buchstäblich an das Buch und die Geschichte zu fesseln. Kaum hat man mit dem Lesen begonnen, fällt es einem schwer, das Buch zur Seite zu legen.


    Fazit:
    Ein spannender Roman zu den Hexenprozessen in Rheinbach, der auf historischen Aufzeichnungen basiert.

  • Der Hexenwahn wütet in Deutschland, ja schon in ganz Europa. So ist es auch in Rheinbach im Jahr 1636.
    Hermann Löher ist ein angesehener Bürger der Stadt und ist auch schon einige Jahre Schöffe.
    Inzwischen hat er aber Angst um seine Familie, denn durch die Familie seiner Frau gehörten sie zur versengten Art.
    Als nun eine neue Welle des Hexenbrennens beginnt, weiß er nicht wie es dies alles verarbeiten soll oder wie es mit der ganzen Situation umgehen soll.
    Auch gegen Freunde und sich selbst richtet sich dann der Hass und Hermann muss erkennen, dass er handeln muss.


    Dieser Roman der Autorin Petra Schier ist so ganz anders als die Bücher die sie sonst veröffentlicht hat.
    Mit fiel der Einstieg in die Handlung sehr leicht und da ich mich auch sehr auf das Buch bzw. Hörbuch gefreut hatte, war ich auch sehr gespannt wie sich dann alles weiterentwickeln würde. Doch je weiter ich im Buch kam, desto mehr Probleme hatte ich mit der Handlung. Dies liegt aber nicht am Schreibstil der Autorin, sondern eher daran, dass es um die Hexenverfolgung geht und ich bei den Folterszenen immer große Probleme habe weiterzulesen.
    Der Erzählstil war sehr ansprechend und da es hier um eine Person geht die wirklich einmal gelebt hat, macht das Buch in meinen Augen noch reizvoller als historische Romane die sich um vollkommen fiktive Personen drehen.
    Die Handlung war so aufgebaut, dass man allem gut folgen und auch nachvollziehen konnte. Etwas Probleme haben mir nur die wechselnden Erzählstränge gemacht, aber je weiter ich im Buch kam, umso besser wurde es.
    Was mir wirklich sehr gut gefallen hat, was dass der Spannungsbogen wirklich bis zum Schluss erhalten war.
    Was mich auch sehr gut gefallen ist, ist das es einige Dinge gab, die ich persönlich nicht so kannte, aber da es im Anhand erklärt war, konnte man dies alles gut verstehen.
    Auch die Anmerkungen der Autorin haben mir gefallen auch das sie einem als Leser erklärt hat, was ihre Beweggründe waren für dieses Buch und wie beschwerlich und vielleicht auch langatmig die Recherche war. Mir persönlich gefällt dies immer, denn so merkt man einfach mit wieviel Herzblut die Autorin sich an die Arbeit gemacht hat.
    Da ich den Großteil des Buches als Hörbuch gehört habe, sollte hier auch die Sprecher erwähnt werden, denen es sehr gut gelungen ist den Figuren Leben einzuhauchen.
    Alle Figuren die im Laufe des Romans aufgetaucht sind, waren so detailliert beschrieben, dass man sich diese während des Lesens sehr gut vorstellen konnte.
    Mit der Familie Löher habe ich gelitten. Doch auch Margarete tat mir Leid, denn mit ihrer Mutter hatte sie es nicht einfach und irgendwie kann ich ihre Entscheidung nachvollziehen.
    Auch der Handlungsort Rheinbach mit seinen Schauplätzen könnt man sich gut vor dem inneren Auge entstehen lassen, hier hat man sehr gut gemerkt, dass sie Autorin sehr gut kennt was sie beschrieben hat.
    Alles in allem hat mir da Buch wirklich sehr gut gefallen und ich habe einige schöne Tage mit dem Buch und Hörbuch verbracht.
    Für das Buch vergebe ich fünf von fünf Sternen.

  • „Der Hexenschöffe“ ist ein historischer Roman von Petra Schier, der 2014 im Rowohlt Taschenbuch Verlag erschienen ist.


    Der Untertitel „Eine wahre Geschichte aus dunkler Zeit“ weist treffend auf den Inhalt hin. Er spielt im Jahr 1636, als die Stadt Rheinbach von einer zweiten Welle der Hexenverfolgung erreicht wird. Das Buchcover zeigt eine alltägliche Szene aus jener Zeit und hat keine besondere Verbindung zum Thema des Buches.
    Hermann Löher lebt als Kaufmann mit seiner Familie mit acht Kindern in Rheinbach. Er ist schon sein etlichen Jahren Schöffe am örtlichen Gericht in Rheinbach. Vor fünf Jahren hat er die Urteile und die Folterungen gegen die angeklagten Hexen und Zauberer mitgetragen. Nun ist der Hexenkommissar Dr. Möden beauftragt, Hexen und Zauberer aus Rheinbach zu vertreiben. Löher gerät nun in einen Interessenkonflikt, da er weiß, dass in den Hexenprozessen vor allem wirtschaftliche Interessen verfolgt werden, er sich aber auch bewußt ist, dass Möden von mächtigen Auftraggebern unterstützt wird. Vor fünf Jahren wurde ein widerspenstiger Schöffe selber als Zauberer verbrannt. Die Autorin schildert detailliert einige Folterpraktiken und auch die von den Hexenkommissaren eingesetzten Praktiken. Wie Löher auf der einen Seite von der Duldung des Unrechts fast zerrissen wird, er aber auf der anderen Seite aus Angst um seine Familie ebenfalls schwer leider wird unmissverständlich deutlich und man leidet mit Herrn Löher mit. Parallel werden auch Brauchtumselemente wie z. B. das Mailehen angesprochen und die Liebesgeschichte seines Sohnes Barthel mit Anna. Dies hilft bei der Verarbeitung des dunklen Inhalts ungemein.
    Mir hat dieses Buch vor allem durch die schonungslose Darstellung der Gewalt und die Auswirkungen auf die Bevölkerung gefallen. Gerade auch die Motive der Hauptperson werden deutlich und nicht geschönt dargestellt. Es ist betrüblich, aber die von den Hexenkommissaren eingesetzten Praktiken werden wohl auch heute funktionieren. Dieses Buch hat mich sehr nachdenklich gestimmt. Ich kann es allen Lesern mit Interesse an dieses Zeitalter nur uneingeschränkt empfehlen – eventuell sollte man die Folterszenen aber überspringen.

    :lesend Hanna Caspian - Im Takt der Freiheit, Agatha Christie - Miss Marple (Kurzgeschichten von 12 erfolgreichen Autorinnen der Jetztzeit mit Miss Marple), Michael Peinkofer - Die steinerne Krone

  • Der Hexenschöffe" von Petra Schier hat mich wirklich beeindruckt.
    Wie man am Titel schon erahnen kann, geht es um die Hexenverfolgung im 17. Jahrhundert.
    Das Buch ist nichts für zarte Gemüter, den einzelne Szenen sind schon sehr drastisch und grausam. Allerdings beruht das Buch auf wahren Begebenheiten und Personen, die der damalige "Hexenschöffe" Herrmann Löher Ende des 17. Jahrhunderts in einer Klageschrift schildert.
    Petra Schier hat laut eigenen Angaben im Nachwort einige Szenen und Dialoge fast wörtlich (natürlich ins heutige Deutsch übersetzt) aus "Der wehmütigen Klage" übernommen.
    Es ist erschreckend zu sehen, wie das "System" der Hexenverfolgung funktionierte und es auch Zweiflern unmöglich gemacht wurde dagegen anzugehen.