'Untreue' - Seiten 001 - 078

  • Huhu! Erste! :wave
    Das ist ja schon lange nicht mehr vorgekommen, cool. :grin


    Also ich muss sagen, mir gefällts eig ganz gut.
    Die Situation von Linda kenn ich leider nur zu gut und auch ihre Überlegungen zu vielen Dingen.
    Das Einzige was mich total stört ist, dass sie so besessen von diesem Kerl ist und immer nur an ihn denkt und an Sex. Kann mir nicht vorstellen, dass das jmd macht, der eigentlich grad ne Art depressive Phase durchmacht.
    Am schönsten fand ich es, als Linda sich überlegt, dass manche Dinge, die man so tut, einfach keinen Sinn ergeben müssen, sondern dass es einem vielleicht einfach Spaß macht (sein Auto zu polieren zB) und dass man nebenher dann entspannt.
    Grade diese Dinge sind es doch, die unser Leben lebenswert machen. Nicht die ganzen Sachen, die man alle so super toll gemacht hat und die man erreicht hat! Manchmal muss man einfach stehen bleiben und aufhören zu rennen, hat neulich mein Arzt gemeint. Und aufhören sich mit allen zu vergleichen und es allen Recht machen zu wollen. Auch das stimmt total mit Lindas Gedanken überein, nett!

  • Zitat

    Original von Nightflower
    Die Situation von Linda kenn ich leider nur zu gut und auch ihre Überlegungen zu vielen Dingen.


    Nee, oder? Gehörst du auch zu den Leuten, die von ihrem Luxusleben angeödet sind und sich denken, "soll das alles gewesen sein?" :grin
    Das kann ich mir, ehrlich gesagt, nicht vorstellen, so wie ich dich hier im Forum kennengelernt habe :knuddel1.


    Mir ist bewusst, dass es leider sehr vielen Menschen so geht, gerade auch erfolgreichen jungen Leuten, denen vermeintlich alle Wege offen stehen.
    Auch hier sind die beiden Hauptfiguren noch relativ jung - und schon so perspektivlos, müde,gelangweilt und voller Überdruss.


    Zitat

    Original von Nightflower
    Manchmal muss man einfach stehen bleiben und aufhören zu rennen, hat neulich mein Arzt gemeint. Und aufhören sich mit allen zu vergleichen und es allen Recht machen zu wollen. Auch das stimmt total mit Lindas Gedanken überein, nett!


    Solche Aussagen sind bestimmt mit ein Grund für den Erfolg von Coelhos Büchern. Die Leser finden sich darin wieder und darum auch wohl in seinen Geschichten.


    Mir gefällt Lindas leicht ironischer Ton, wenn sie die Eigenheiten und Gewohnheiten der Schweizer kommentiert.


    Und ihre Bemerkung auf S. 33 bezüglich der Inverviews von Politikern (es gibt schlicht nichts Langweiligeres :grin) - volle Zustimmung!


    Linda ist mir nicht besonders sympathisch, aber auch nicht unsympathisch und sie nervt mich bis jetzt noch nicht. Glücklicherweise finde ich mich nicht in ihr und ihren Problemen widergespiegelt.
    Die Geschichte lässt sich gut und flüssig lesen und ich folge ihr mit Interesse.

  • Ich bin zwar mit dem Abschnitt noch nicht durch, habe aber auf Seite 11 schon herzhaft gelacht: "denn Leidenschaft ist offenbar ein Privileg der Jugend". 31 Jahre ist die Gute alt. Das Alter in Person, die Senilität steht vor der Tür....


    Nightflower, ich sehe Lindas Zustand weniger als depressive Phase, für mich sieht es viel mehr nach einer Art Übersättigung aus. Keine Wünsche mehr offen. Alles läuft in eingefahrenen Bahnen.
    Deshalb ist solch ein Abenteuer solch eine Verlockung für sie. Widerspricht all ihren Werten. Der strengen, protestantischen Erziehung.

  • Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    Deshalb ist solch ein Abenteuer solch eine Verlockung für sie. Widerspricht all ihren Werten. Der strengen, protestantischen Erziehung.


    Ja, dabei hat sie das Gefühl etwas Verbotenes zu tun und aus dieser Enge auszubrechen. Nur besonders lang scheint die Euphorie nicht anzuhalten. Bis jetzt fällt sie jedes Mal schnell zurück in depressive Stimmung.

  • Leidee hab ich grad kein Internet und kann daher nur mitm Handy schreiben. Kann leider nicht zitieren >.<


    Lumos :
    Nee, das jetzt nicht! Ich hab nicht alles lol. Schön wärs.
    Aber manche Gedanken von ihr kamen mir eben bekannt vor.


    Rumpelstilzchen : ja, die ist echt noch sehr jung! Wundert mich, dass sie schon Kinder hat und nen festen Job und alles. Sie musste ja sicher studieren?!
    Aber Übersättigumg triffts!

  • Hm... "Untreue" ist mein erster Coelho. Ich bin noch hin- und hergerissen, ob mir das Buch gefällt oder nicht.


    "Depressiv" sieht für mich auch anders aus, als das, was Linda in diesem ersten Leseabschnitt an den Tag legt. Mir kommt es auch eher so vor, als ob sie von ihrem Alltag und eingefahrenen Gewohnheiten gelangweilt ist.


    Über Linda erfährt man als Leserin ja sehr viel, wohingegen die anderen Personen (der Ehemann, die Kinder, die Jugendfreundin) doch eher blass gezeichnet sind.


    Ist das bei allen Coelho-Büchern so? Vielleicht erfährt man aber auch später im Buch noch mehr...

    "Ein Buch muß die Axt sein für das gefrorene Meer in uns."

    Franz Kafka, Brief an Oskar Pollak, 27. Januar 1904






    :lesend

  • Erfolgreich im Beruf, glücklich in der Partnerschaft, eine liebevolle Mutter und ein makelloses Aussehen - Linda wirkt einfach perfekt. Und dennoch ist sie( die Perfektionistin? ) unzufrieden und macht sich selbst das Leben schwer. Ich denke, mit dem ständigen Blick auf die Erfolgskurve setzt sie sich selbst unter Druck. Selbstzweifel stellen sich ein.
    Auch mit dem Versuch, den Erwartungen aller zu entsprechen, macht sie sich das Leben schwer. Auf S.22/23 heißt es "Es kann ein Traum sein, wäre es für mich nicht ein Alptraum. Weil ich fürchte, den enormen Erwartungen, die mein Mann an mich stellt, nicht gerecht werden zu können.


    Zitat

    Original von Dazzled
    ... Mir kommt es auch eher so vor, als ob sie von ihrem Alltag und eingefahrenen Gewohnheiten gelangweilt ist.


    Da möchte ich dir voll zustimmen, Dazzled. Die Routine im Alltag scheint Linda sehr zu belasten. Irgendwo auf S.8 sagt sie " Ich weiß immer, was mich am nächsten Tag erwartet, denn jeder ist wie der vorangegangene." Auf S.20 heißt es: "Da ist die unerfüllte Sehnsucht nach Abenteuern." In einer Szene auf S.76 unternimmt sie jedoch auch einen Versuch die Alltagsroutine einmal zu durchbrechen (Frühstücksszene).


    Ich bin neugierig darauf, ob sich Linda im Verlauf der Geschichte weiterentwickeln und ihr Verhalten ändern wird :gruebel

    Bücher lesen heißt wandern gehen in ferne Welten, aus den Stuben über die Sterne. (Jean Paul)



  • Bisher wirkt Linda auf mich auf der einen Seite sehr klischeemäßig und unglaubwürdig. Ein abgeschlossenes Studium, zwei Kinder, Stelle als Journalistin und dort halbwegs etabliert. Wie bitte soll das denn gehen? Und das Leben wie ein Werbefilm.
    Auf der anderen Seite spricht sie dann - wie auf S. 59 Dinge an, die viele von uns beschäftigen. "ab einem bestimmten Alter tragen wir eine Maske der Sicherheiten und Gewissheiten.........Wir verbergen unsere Gefühle, aus Angst, die anderen könnten uns für verletzlich halten und das ausnutzen."


    Für eine gewisse Zeit meines Lebens könnte ich das unterschreiben (das Luxusleben hat bedauerlicherweise gefehlt).
    Ich bin gespannt, was daraus wird.

  • Ich habe mit dem Buch gestern begonnen und bin mir wirklich nicht sicher, was ich davon halten soll. Linda kann ich nicht einschätzen, aber sie liegt mir nicht grade am Herzen. Ich habe eine Freundin, die ähnlich drauf ist. Hat alles (erreicht), ne Menge Geld, allerdings auch eine ganze Menge Arbeit. Wenn die Agenda abgearbeitet ist, kommt die Langeweile. Aus meiner Beobachtungsperspektive kann ich das bestätigen, selbst erlebt habe ich das nicht.


    Geschrieben ist das Buch ganz gut, aber ich hätte Coelho bisher nicht erkannt.


    An einigen Stelle würde ich Linda eher für 14 halten. Manchmal nervt sie mich ganz schön. Allerdings bin ich auf den Ausgang der Geschichte sehr gespannt.

  • "Gut geschrieben" würde ich nicht unbedingt unterstreichen.
    Aber es liest sich auf jeden Fall recht gut.


    Der Schreibstil ist schon eher schlicht.
    Und mir fällt auf wie oft das Wort "ich" fällt. Gefühlt in jedem Satz mindestens ein bis zwei mal ;-).
    Nun ja, es geht ja in erster Linie um Linda, ihr Leben, ihre Gefühle, erzählt aus ihrer Perspektive und in Ich-Form, aber ich empfinde es trotzdem als unangenehm.

  • Hab die Postings noch nicht gelesen, weil ich noch nicht ganz durch bin. Hab heute mit dem Buch begonnen und bin grade auf S. 50.


    Aber ich muss eins unbedingt gleich loswerden - das Buch ist der Hammer, gefällt mir super, tolles Thema, sehr offene Sprache, taucht ein in die menschliche Psyche, seelische Abgründe, hinter die Fassade - genau das, was ich mag!! Eine Wohltat nach einem oberflächlichen Buch, was ich davor gelesen hatte!


    UND - ein Buch, wo ich fast zu jedem Satz am liebsten was hinzufügen, eigene Gedanken dazu schreiben möchte!! Weiß noch gar nicht, wie ich das mache... sollte das Buch am besten lesen während ich nebenbei im Forum bin und immer gleich dazu posten....


    :-]

  • Zitat

    Original von Lumos
    "Gut geschrieben" würde ich nicht unbedingt unterstreichen.
    Aber es liest sich auf jeden Fall recht gut.


    Da steht ja auch "ganz gut". Da habe ich in diesem Jahr schon Schlimmeres gelesen. Und ich wollte damit deutlich machen, dass ich die Schreibweise noch O. K. finde, wohingegen ich mir da beim Inhalt noch nicht so sicher bin. ;-)

  • Was mich echt beeindruckt, ist, wie Linda ganz klar sieht, dass sie auf eine Depression zusteuert - also sie hat sie zwar noch nicht, merkt aber schon diese Überdrüssigkeit und diese Leere im Leben, obwohl sie doch alles hat und glücklich sein müsste!


    Mir gefällt auch sehr, dass das mit Sex offen erzählt wird und nicht nur so Andeutungen. Da bekommt man wirklich mal nen Blick hinter die Kulissen und erfährt das, was sonst nach außen nie preisgegeben werden würde.


    Was ich unfassbar finde - die ist erst 31!!! Und der Typ erst 30! Die kommen mir sehr viel älter vor - das ganze mit der Politik, verheiratet, Kinder usw. - das klingt eigentlich nach ner Midlifecrisis um die 40 oder so!


    Und so lange kann sie dann ja noch gar nicht verheiratet sein...


    Aber andererseits kenn ich auch Leute in dem Alter, die echt drunter leiden, dass es das schon gewesen sein soll, im Bett läuft nix mehr usw. Hauptsächlich Männer natürlich - und da ist es wie im Buch beschrieben - die erzählen das natürlich auch nur, um die Lage zu checken, ob sie auf Verständnis stoßen und sich ne Affaire draus ergeben könnte oder so...


    Frauen haben generell nicht mehr sooooooooviel Interesse am Sex - unterstelle ich jetzt mal :yikes - wenn sie erst mal verheiratet sind und Kinder haben... den Eindruck hab ich jedenfalls bei einigen meiner Freundinnen ?( - ODER ABER - sie wahren den Schein nach außen und geben es einfach nicht zu, falls es anders wäre. Das weiß ich nicht.


    Selber kann ich mich mit Linda und ihrem Leben nicht vergleichen, weil ich kein Glamour-Leben hab und auch nicht verheiratet bin und keine Kinder hab.


    Aber die Anzeichen einer Depression kann ich nachempfinden, das hatte ich damals während meiner Krebserkrankung. War ja aber normal, posttraumatische Belastungsstörung nennt man das glaub ich - also keine Depression, sondern eine Reaktion auf ein erlebtes Trauma, und das ist Krebs nun mal definitiv.


    Aber das liegt Gott sei Dank auch schon lange zurück und hab ich auch gut verarbeitet! :anbet

  • Belle Affaire, das finde ich aber eine gewagte These, dass Frauen das Interesse an Sex verlieren, wenn sie erstmal verheiratet sind.
    Ich kenne da einige andere Ansichten und Berichte - vielleicht ändert sich das ja mit zunehmendem Alter wieder??? Will sagen, ich höre öfter Klagen von Frauen, deren Männer keine Lust mehr haben.

  • Von dem Buch an sich bin ich angetan. Es liegt gut in der Hand und hat ein gutes Schriftbild!


    Zunächst frage ich mich, wem Linda ihre Lebensgeschichte eigentlich erzählt, oder schreibt sie es auf? Wen konkret spricht sie an? Unbekannte Leser? Oder ist das ein Tagebuch?
    Das bleibt zunächst unklar, oder habe ich etwas überlesen?


    Davon abgesehen, finde ich die Erzählform ansprechend. Es ist mehr romanhaft und erzählend als viele andere Bücher von Paulo Coelho
    Besonders Coelhos letztes Buch “Die Schriften von Accra” wirkte fragmentarischer. Untreu liest sich da schon ganz anders.
    Durch die Erzählart kann man in die inneren Gefühle der Protagonistin blicken, das erinnert mich latent an manche Novellen von Stefan Zweig.


    Lindas Problem ist, das sie kein echtes Problem hat und dennoch unglücklich ist. Sie ist unzufrieden mit ihrem Ehe- und Familienleben und gelangweilt vom Beruf.
    Obwohl sie sogar selber wertet, das es ihr eigentlich gut gehen müsste, wenn sie ihr komfortables Leben mit denen von Menschen vergleicht, die von Armut oder Krieg bedroht sind.
    Dennoch leidet sie wirklich an ihrem Zustand, den sie sich nicht richtig erklären kann. Es ist eine Mischung aus Midlifecrisis, Langeweile und Traurigkeit..
    Es scheint auch eine gewisse geistige Verwandtschaft zu Veronika aus Coelhos Erfolgsroman “Veronika beschließt zu sterben“ zu geben. Wobei ich Linda nicht für suizidgefährdet halte.


    Auffällig, dass der Brasilianer Coelho die Handlung in die Schweiz gelegt hat. Offenbar hält er es für wahrscheinlich, dass Lindas Zustand eher in wohlhabenden europäischen Ländern vorkommt als in ärmlicheren Ländern.
    Noch bin ich nicht sicher, worauf der Autor hinaus will.



    Zwar kann ich noch kein Qualitätsurteil abgeben, aber gut lesbar ist das Buch!

  • Ich hab den ersten Abschnitt grad beendet.


    Ich finde auch dass sich das Buch ganz gut liest.


    Ich empfinde den Schreibstil/Linda eher als nüchtern, gefühllos.
    Linda kommt mir eher gelangweilt, als wirklich depressiv vor.


    Interessant find ich die Details die der Autor zur Schweiz einbaut, bisher hat mich das Land nicht so wirklich interessiert

  • Zitat

    Original von Nightflower



    Rumpelstilzchen : ja, die ist echt noch sehr jung! Wundert mich, dass sie schon Kinder hat und nen festen Job und alles. Sie musste ja sicher studieren?!
    Aber Übersättigumg triffts!


    Ich sach nur Haushälterin.... ;-)
    Linda muss ja nix tun den ganzen Tag.
    Sagt sie ja selbst auch ironisch direkt am Anfang : ihre Söhne sind "ihr ganzer Lebensinhalt"-um dann im nächsten Satz gekonnt Ganztagsschule und Haushaltshilfe zu erwähnen


  • Dann mach das doch ;-)
    Ich würd mich freuen, hab das bei so manch LR auch schon gedacht, es aber nicht gemacht, weil die anderen meist eher kurz was zusammenfassend schreiben und mich dann nicht getraut...

  • So, jetzt bin ich wohl dran.


    Die Geschichte liest sich recht flüssig und ich finde, die Ich-Erzählform ist für das Buch gut gewählt, denn so erfährt man aus erster Hand, wie es in Linda ausschaut.


    Steuert man nicht zwangsläufig einmal auf den Punkt zu, an dem man überlegt, ob das Vergangene richtig war und ob das schon alles gewesen sein soll, vor allem, wenn man an die Spitze der Karriereleiter gestiegen ist oder der Alltagstrott sich in die Ehe geschlichen hat?


    Ihr fehlt es ja an nichts, aber trotzdem fehlt laut ihrer Aussage die Leidenschaft in ihrem momentanen Lebensabschnitt.


    Linda schießt sich ja ziemlich schnell auf ihre alte Jugendliebe ein, aber sie ist ja von dem Gedanken, mit ihm intim zu werden, irgendwie besessen, zumindest erwähnt sie den Gedanken ständig.


    Zitat

    Original von Lumos
    Mir ist bewusst, dass es leider sehr vielen Menschen so geht, gerade auch erfolgreichen jungen Leuten, denen vermeintlich alle Wege offen stehen.
    Auch hier sind die beiden Hauptfiguren noch relativ jung - und schon so perspektivlos, müde,gelangweilt und voller Überdruss.


    Bei jungen Leuten finde ich das manchmal etwas seltsam. Aber gut, viele versuchen sicher mit aller Kraft im Berufsleben aufzusteigen oder ständig Anerkennung zu bekommen. Manchmal frage ich mich, warum manche Menschen es als so wichtig erachten im Beruf ständig weiterzukommen um dann völlig depressiv und ausgebrannt zu enden, gut, vielen geht das vielleicht nicht so, aber mein Lebensmodell wäre das sicher nicht.