Walter Lucius: Schmetterling im Sturm
Suhrkamp 2014. 571 Seiten
ISBN-13: 978-3518465448. 15,99€
Originaltitel: De Vlinder en de storm
Übersetzer: Andreas Ecke
Verlagstext
Im Amsterdamer Wald wird ein Junge angefahren und schwer verletzt zurückgelassen. Es gibt keinen Hinweis auf seine Identität. Die einzige Spur: Der Junge trägt traditionelle afghanische Mädchenkleidung. Die Journalistin Farah Hafez, selbst afghanischer Herkunft, ahnt, dass es um weit mehr geht als einen Unfall mit Fahrerflucht. Ihre Recherchen führen in die höchsten politischen Kreise von Amsterdam, Moskau und Johannesburg. Immer weiter wird sie in den Fall hineingezogen, bis ihr eigenes Leben auf dem Spiel steht … Erster Teil der Heartland-Trilogie.
Der Autor
Walter Lucius ist das Pseudonym des Drehbuchautors und Produzenten Walter Goverde. Er hat für zahlreiche Theater- und Fernsehproduktionen gearbeitet und ist Gründer von Odyssee Productions, einer Produktionsfirma, die u.a. Projekte für die niederländische Regierung entwickelt hat. Schmetterling im Sturm ist sein erster Roman und der Auftakt der Heartland-Trilogie.
Inhalt
In Amsterdam wird ein afghanischer Junge schwerverletzt im Stadtwald gefunden, offensichtlich dafür geschmückt und geschminkt, um sexuell missbraucht zu werden. Als er ins Krankenhaus eingeliefert wir, ist dort zufällig gerade die Journalistin Farah Hafez, die selbst aus Afghanistan stammt. Baccha Baazi heißt in Afghanistan die jahrhundertealte Tradition, für die das Kind in die Niederlande gebracht wurde. Hafez arbeitet für die Lokalredaktion einer Amsterdamer Zeitung. Obwohl dem Besitzer der Zeitung finanziell das Wasser bis zum Hals steht, kann er sich Farah als investigative Journalistin in einem ganz großen Fall vorstellen und duldet deshalb ihre Alleingänge in dem ungewöhnlichen Fall.
Die Notärztin Danielle Bernson, die zuerst an den Fundort des verletzten Kindes kommt, leidet seit einem DRK-Einsatz in Afrika an einer bisher unbehandelten Angststörung, die sie völlig unprofessionell gegen ihren Berufskodex handeln lässt. Ermittler der Amsterdamer Polizei suchen noch nach dem Zusammenhang zwischen dem verletzten Jungen und einem in der Nähe ausgebrannten Transporter. Die für den Fall zuständigen Kriminalbeamten gehören drei unterschiedlichen Einwanderer-Gruppen an, die nicht gerade zart miteinander umgehen. Vorgesetzter ist der indonesisch-stämmige Inspector Tomasoa, knallhart und scharfzüngig, seine Mitarbeiter: Joshua Calvino und der Marokkaner Marouan Diba.
Lucius Trilogie, die in den Niederlanden schon komplett erschienen ist, schien allein aufgrund des Settings und der Figuren Spannung zu versprechen. Doch nach der Einführung der Protagonisten, weiterer möglicher Schauplätze und politischer Brennpunkte scheint Lucius die Luft auszugehen. Durch das Anlegen persönlicher Verbindungen zwischen den Figuren und zu Ereignissen im Afghanistan der 70er Jahre wird die Aufmerksamkeit des Lesers zu lange von den eigentlichen Ermittlungen abgelenkt. Der Plot hat auf mich wie das Drehbuch für eine Fernsehserie gewirkt, in der mit ständigen Szenenwechseln und neuen Figuren nur der Anschein von Spannung erweckt wird. Lucius verliert sich einerseits in akribischer Beschreibung von Nebensächlichkeiten, speist an anderen Stellen seine Leser mit ein paar Markennamen für Kleidungsstücke ab, anstatt seine Protagonisten zu beschreiben. Danielle handelt so unprofessionell, als gäbe es keine Krankenhaushierarchie und keinen Berufskodex, auch Farah agiert aus ihrer beruflichen Situation heraus höchst unglaubwürdig. Aufkommende Zweifel des Lesers daran, wie Farah ihren Beruf und ihre Ermittlungen im Fall des afghanischen Jungen rein zeitlich organisieren kann, toppt Lucius allen Ernstes mit Farahs übersinnlichen Fähigkeiten. Um diese Logiklöcher zu überlesen, finde ich das Buch nicht spannend genug.
Fazit
Mein Tipp: Warten Sie das Erscheinen aller drei Bände ab und geben Sie dem ungewöhnlichen Plot noch eine Chance.
gute 6 von 10 Punkten