Dominique Manotti - Das schwarze Korps

  • Titel: Das schwarze Korps
    OT: Le corps noir
    Autorin: Dominique Manotti
    Übersetzt aus dem Französischen von: Andrea Stephani
    Verlag: Ariadne Krimi im Argument Verlag
    Erschienen: August 2012
    Seitenzahl: 280
    ISBN-10: 3867542066
    ISBN-13: 978-3867542067
    Preis: 17.90 EUR


    Das sagt der Klappentext:
    6. Juni 1944:
    Noch geht Paris an diesem sonnigen Frühsommertag ungerührt seinen Geschäften nach: Die französische Gestapo verhaftet einen amerikanischen Offizier. Vorm Büro ihres Chefs Deslauriers stehen Bittsteller aus Geschäfts- und Halbwelt Schlange. Am Abend hält die schöne Dora Belle, Geliebte eines SS-Hauptsturmführers und zweitklassige Schauspielerin, ihren Salon. Hier trifft sich die Führung von SS und Wehrmacht mit Vertretern von Industrie, Finanzwelt und Kultur: elegantes Dekor, ausgesuchte Delikatessen, Champagner, Sex. Inspecteur Domecq von der Sitte, Verbindungsmann des gaullistischen Widerstands, nutzt den Abend, um Witterung aufzunehmen. Denn nicht nur militärisch steht die entscheidende Schlacht bevor. In Erwartung der deutschen Niederlage müssen Besatzer und Kollaborateure ihren Besitz, ihre Reputation oder auch nur ihre nackte Haut retten. Manches lässt sich mit Geld regeln oder bei einem guten Tropfen. Aber bald fließt mehr Blut als Champagner.


    Die Autorin:
    Dominique Manotti, geb. 1942, kam erst mit fünfzig Jahren zum Schreiben. Ihre Bezugspunkte sind der amerikanische Schriftsteller James Ellroy, die neuzeitliche Wirtschaftsgeschichte und die 68er-Bewegung. Diese ungewöhnliche Kombination begründet Manottis dichten, unpathetischen Stil. Die Historikerin lehrte an verschiedenen Pariser Universitäten Wirtschaftsgeschichte der Neuzeit, war als Gewerkschafterin in der CFDT aktiv und leitete als Generalsekretärin deren Pariser Sektion.


    Meine Meinung:
    Dominique Manotti erzählt sehr unterkühlt, fast schon kalt. Und das macht den ganz besonderen Reiz dieses Kriminalromans aus – diese irgendwie doch gefühlt eiskalte Erzählweise.
    Und der PERLENTAUCHER beschreibt sehr treffend die Stimmung dieses Buches:
    „Hier stellt die Historie keine Kulisse dar, sondern das eigentliche Verbrechen. Mit solch einem kalten Lächeln sind die letzten Kriegswochen bestimmt noch nicht erzählt worden.“
    DAS SCHWARZE KORPS ist absolut kein gewöhnlicher Kriminalroman. Ganz und gar nicht. Vielmehr ist es fast eine Bestandsaufnahme menschlichen Handelns unter außergewöhnlichen Umständen, Menschen die versuchen ihre Hoffnungslosigkeit hinter einer Maske von aufgesetzter Fröhlichkeit zu verbergen. Menschen die unmenschlich handeln – und das ganz normal finden. Jeder gegen jeden und jeder gegen alle. Eine Orgie des gelebten Egoismus.
    Dominique Manotti schreibt sehr klar und realistisch. Jede Szene wirkt in ihrem Buch authentisch. Da wird auch bei irgendwelchen Grausamkeiten nicht verschämt weggeschaut, nein, da wird beschrieben.
    Ein Krimi der anderen Art, sehr lesenswert – hebt er sich doch so wohltuenend von diesem zum Teil einschläfernden Krimiallerlei ab. 7 Eulenpunkte.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Von der französischen Schriftstellerin Dominique Manotti liest man nicht sooo viel aber diejenigen die ihre Bücher gelesen haben schreiben meistens sehr positive Meinungsäusserungen und das obwohl ihre Bücher in deutscher Sprache in einem Kleinverlag erschienen sind. Darf man sie daher als Geheimtipp bezeichnen? Jedenfalls hatte ich am vergangenen Wochenende mein erstes Buch von ihr in den Händen und ich hab mich mit diesem Historischen Krimi mit ihrer Art zu erzählen und zu schreiben vertraut gemacht. Sie pflegt tatsächlich einen ganz eigenwilligen Stil und mir kommt kein andere(r) Schriftsteller/-in in den Sinn der in ähnlicher Weise schreibt. Zu Beginn war ich mit dem angeschlagen Tempo ge- und leicht überfordert. (Okay, als Schweizer kann das passieren :grin ) Da gehts von Anfang an ab in den Sommer 1944 in die kriminelle Pariser Halb- und Unterwelt. Da sind Nazikollaborateure an ihrem teuflischen Werk inmitten von Polizeirevieren und Bordellen. Der rasante Szenenwechsel bereitete mir Mühe aber nach rund 120 Seiten hatte ich endlich die wichtigsten Figuren gedanklich einsortiert und ich konnte dem brisanten Geschehen nun besser folgen. Jetzt nach Leseschluss habe ich das Gefühl, dass das Momentum innerhalb der einzelnen Szenen deutlich mehr zählt als das grosse Ganze. Das Buch lebt von der Faszination des augenblicklichen Geschehens und die Gesamthandlung wird etwas in den Hintergrund gedrückt.


    Während der Besatzungszeit arbeiteten viele Franzosen als Gestapo-Hilfskräfte. Als der zweite Weltkrieg beendet war will natürlich niemand bei den faschistischen Banden dabei gewesen sein und das Vaterland verraten haben sondern alle waren bei der Résistance dabei. Aber zahlreiche Personen mussten, sei aus aus Überzeugung, Angst oder finanziellen Vorteilen, beim den abscheulichen Taten mitgemacht und großen Nutzen daraus gezogen haben. Sei es als einfache Schwarzhändler, Hehler, Schutzgelderpresser oder Denunzianten. Diese Spaltung der Gesellschaft durch Verdächtigungen und Beschuldigungen, dieses Wissen wer damals ein abtrünniger Überläufer war hielt sogar viele Jahrzehnte nach Kriegsende bis in höchste Wirtschafts- und Politikkreise Einzug und barg und birgt immer noch viel Konfliktpotential.


    Auch wenn mich dieses Buch nicht in allen Belangen überzeugt hat so werd ich auf jeden Fall mindestens ein zweites Buch von ihr lesen. Diese schonungslose Realität und geschichtliche Authentizität, diese erzählerische Vehemenz ist reizvoll und hat das gewisse Etwas was sich nur schwer beschrieben lässt aber es weckt meine Neugierde. Fiktive Geschichten vor Historischem Hintergrund. Hart. Brodelnd. Konfliktgeladen. Erfreulicherweise schreibt die Autorin keine Serien und jedes Buch steht für sich alleine sodass man in ihren Werken immer in eine neue Zeitepoche und kriminelle Unterwelt eintauchen kann. Ich bewerte das Buch mit 7 Eulenpunkten wobei man auch auf 8 aufrunden könnte. :gruebel

  • Die Bücher von Dominique Manotti mag ich sehr. Mir gefällt ihre distanzierte, kalte Art, Geschichten zu schreiben. Die eine eigenartige Anziehungskraft entwickeln, obwohl man sich gerne schaudernd abwenden würde.


    In diesem Buch übertrifft sie sich selbst. Zugegeben, es ist mir nicht ganz leicht gefallen, der Handlung zu folgen. Ich habe ein zweitesmal angefangen und mir notiert, welche Person wohin gehört, um in diesem Labyrinth von Verrat und Betrug, Intrigen und Geschäftemacherei
    nicht völlig den Überblick zu verlieren.
    Harte Kost und ein Krimi ist es eigentlich auch nicht. Eher ein Roman über die Ratten, die das sinkende Schiff verlassen und teilweise später als Matrosen verkleidet wieder auftauchen. Ein Buch, das wütend macht und einem so schnell nicht wieder loslässt.


    8 von 10 Punkten