Duett zu dritt - Joachim Reiber

  • Dieses Duett wurde zu dritt gesungen. (Seite 229)


    271 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag
    Verlag: Kremayr & Scheriau, Wien 2014
    ISBN-10: 3-218-00932-4
    ISBN-13: 978-3-218-00932-4



    Zum Inhalt (Quelle: eigene Angabe)


    Auch berühmte Komponisten waren Menschen und hatten Beziehungen. Aber öfter, als man denkt, erweiterte sich dieses Beziehungsduett zum Terzett. Der Autor beschreibt solche „Terzette“ und wirft so ein völlig neues Licht auf so manchen bekannten Musiker, als da sind: Ludwig van Beethoven, Johannes Brahms, Joseph Haydn, Leoš Janácek, Gustav Mahler, Felix Mendelssohn Bartholdy, Clara Schumann, Robert Schumann, Richard Wagner.



    Über den Autor


    Joachim Reiber wurde 1958 in Stuttgart geboren und hat Germanistik und Geschichte studiert. Er ist seit 1993 Chefredakteur der Zeitschrift „Musikfreunde“ der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien.



    Meine Meinung


    Wer hätte gedacht, daß der „Papa Haydn“ seine Geliebte sogar im Haushaltsplan untergebracht bzw. eingeplant hat! Woraus sich schließen läßt: er hatte eine. Das war für mich in diesem Buch sicherlich die größte Überraschung, wenngleich ich zugeben muß, daß ich vom Leben Haydns recht wenig Ahnung habe. Wie schreibt Reiber: „Es waren die Verhältnisse, die ihm das Verhältnis ermöglichten.“ (S. 95)


    Daß es nicht immer die „Verhältnisse“ waren, die zu einem Verhältnis führten, auch das wird im Buch deutlich. Allerdings gelingt es dem Autor hervorragend, die jeweiligen Lebensumstände zu beschreiben; dabei stützt er sich so weit als möglich auf Originalquellen, so daß man beim Lesen eine recht gute Vorstellung von den Verhältnissen bekommt.


    Mit einem Paukenschlag, was das Verhalten betrifft, beginnt das Buch im Kapitel über Leoš Janácek. Über sein Verhalten seiner Frau gegenüber habe ich mich dermaßen geärgert, daß mir die Lust auf seine Musik doch vergangen ist. Allerdings kenne ich ohnehin recht wenige Werke von ihm, so daß das fürderhin schlicht auf ein weiteres „Nichtkennen“ hinauslaufen wird.


    Besonders interessiert hat mich der Abschnitt über Beethoven, dessen Biographie mir in den Grundzügen vertraut ist. Viel wird über die unsterbliche Geliebte gerätselt, ob der Autor das Rätsel hier lösen kann, sei naturgemäß nicht verraten. In die Richtung, in welche seine Überlegungen gehen, hatte ich bisher allerdings nicht gedacht.


    Am meisten überrascht hat mich das Kapitel über Joseph Haydn. Die Verhältnisse waren es, die ein Verhältnis ermöglichten, oder haben sie geradezu provoziert? Jedenfalls gibt das Buch einen Einblick in die damaligen, nicht immer schmeichelhaften, Zustände an einem Fürstenhof.


    Erwähnen möchte ich noch den Abschnitt über Robert und Clara Schumann sowie Johannes Brahms. Über deren Leben weiß ich nicht allzuviel, mit ihrer Musik bin ich bisher auch nicht so recht warm geworden. Hier hat das Buch durchaus Sympathie und Interesse, vor allem für Schumann, wecken können, an dessen Musik ich jetzt mit einer ganz anderen Einstellung herangehen werde.


    Joachim Reiber schreibt sehr gut lesbar, mit großer Sachkenntnis und leichter Ironie, aber Sympathie für die Menschen. Dabei gelingt es ihm in jedem Abschnitt auch stimmungsmäßig die Zeit und ihre Umstände einzufangen, um die es geht, so daß ich immer das Gefühl hatte, als unsichtbarer Beobachter direkt die Ereignisse mitzuerleben. Etwas willkürlich schien mir lediglich die Reihenfolge der Musiker, die weder zeitlich noch alphabetisch geordnet ist. Allerdings bilden Eröffnung wie Ende des Buches einen stimmigen Rahmen. Schön wäre es gewesen, hätte man im Inhaltsverzeichnis noch die Geburts- und Sterbedaten der Komponisten mit erwähnt.


    Vor dem abschließenden Beitrag über Gustav Mahler, dessen 2. Sinfonie mit zu meinen absoluten Lieblingswerken zählt, und dem, was da wohl zutage treten würde, war mir denn doch etwas bange. Über seine Ehe liest man auf S. 248, Mahler an seine Zukünftige: „Es wird so sein, wie ein moderner Roman. (...) Mitten drin fängt er an, und im 2. Kapitel wird dann die Vorgeschichte erst herausgeholt.“
    Joachim Reiber kommentiert mit den Worten: „Er hatte keine Ahnung, wie modern der Roman werden sollte.“
    Wie aber aus solch einem „modernen Roman“ eine grandiose und zeitlose Musik erstehen konnte, wird wohl ewig ein Geheimnis bleiben.



    Kurzfassung


    Ein anderer Blick auf bekannte Komponisten und ihre „Verhältnisse“. Interessant nicht nur für Musikfreunde.
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    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")