Robert Seethaler - Der Trafikant

  • Titel: Der Trafikant
    Autor: Robert Seethaler
    Verlag: Kein und Aber
    Erschienen: Oktober 2013
    Seitenzahl: 249
    ISBN-10: 3036959092
    ISBN-13: 978-3036959092
    Preis: 9.90 EUR


    Das sagt der Klappentext:
    Österreich 1937: Der 17-jährige Franz Huchel verlässt sein Heimatdorf, um in Wien als Lehrling in einer Trafik einem Tabak-und Zeitungsgeschäft sein Glück zu suchen. Dort begegnet er eines Tages dem Stammkunden Sigmund Freud und ist sofort fasziniert von ihm. Im Laufe der Zeit entwickelt sich eine ungewöhnliche Freundschaft zwischen den beiden unterschiedlichen Männern. Als sich Franz kurz darauf Hals über Kopf in die Variet‚tänzerin Anezka verliebt und in eine tiefe Verunsicherung stürzt, sucht er bei dem alten Professor Rat. Dabei stellt sich jedoch schnell heraus, dass dem weltbekannten Psychoanalytiker das weibliche Geschlecht ein mindestens ebenso großes Rätsel ist wie Franz. Ohnmächtig fühlen sich beide auch angesichts der sich dramatisch zuspitzenden politisch-gesellschaftlichen Verhältnisse. Und schon bald werden sie und Anezka jäh vom Strudel der Ereignisse auseinandergerissen.


    Der Autor:
    Robert Seethaler, geb. 1966, erhielt zahlreiche Stipendien, darunter das Alfred-Döblin-Stipendium der Akademie der Künste und das Heinrich-Heine-Stipendium. Der Film nach seinem Drehbuch 'Die zweite Frau' wurde mehrfach ausgezeichnet und auf verschiedenen internationalen Filmfestivals gezeigt. Robert Seethaler lebt in Wien und Berlin.


    Meine Meinung:
    Robert Seethaler ist ohne Frage ein großer Erzähler. Ruhig und ohne jede Hektik erzählt er seine Geschichte. Seine handelnden Personen wirken sehr authentisch – atmen, leben. Dunkle Wolken ziehen im Wien des Jahres 1937 herauf – aber Franz Huchel merkt erst sehr spät, erst dann als es seinen Arbeitgeber trifft, was sich da zusammenbraut. Und es ist niemand da der ihm das erklärt. Auch der Professor Siegmund Freud kann ihm da nicht weiterhelfen, versteht er doch auch nicht, warum die Juden plötzlich zur „persona non grata“ werden. Und Franz Huchel sieht auch wie Menschen sich verändern, wie sie mit plötzlich mit den Wölfen heulen, wie sie sich anpassen und sich ganz schnell mit den neuen Gegebenheiten abfinden. Franz Huchel aber zeigt Zivilcourage – mit seinen ganz bescheidenen Mitteln lebt er weiter seinen Überzeugungen, lässt sich auch von körperlicher Gewalt nicht von seinem Weg abbringen. Doch irgendwann kommt auch er in das Visier der Gestapo.
    Robert Seethaler kann man zu diesem großartigen Roman nur beglückwünschen. Er schafft es die Atmosphäre der damaligen Zeit bei seinen Lesern wieder lebendig werden zu lassen. Man könnte denken er sei dabei gewesen.
    Übrigens: Ein Trafikant ist ein Inhaber eines Tabak- und Zeitungsgeschäftes.
    Ein wunderbar geschriebener Roman, unbedingt lesenswert. 9 Eulenpunkte.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Ich habe das Buch vor einer Woche beendet und musste es erstmal setzen lassen.


    Inhalt (Klappentext):


    Österreich 1937: Der 17-jährige Franz Huchel verlässt sein Heimatdorf, um in Wien als Lehrling in einer Trafik - einem kleinen Tabak- und Zeitungsgeschäft - sein Glück zu suchen. Dort begegnet er eines Tages dem Stammkunden Sigmund Freud und ist sofort fasziniert von ihm. Im Laufe der Zeit entwickelt sich eine ungewöhnliche Freundschaft zwischen den beiden unterschiedlichen Männern. Als sich Franz kurz darauf Hals über Kopf in die Varietétänzerin Anezka verliebt, sucht er bei dem alten Professor Rat. Dabei stellt sich jedoch schnell heraus, dass dem weltbekannten Psychoanalytiker das weibliche Geschlecht ein mindestens ebenso großes Rätsel ist wie Franz. Ohnmächtig fühlen sich beide auch angesichts der sich dramatisch zuspitzenden politisch-gesellschaftlichen Verhältnisse. Und schon bald werden Franz, Freud und Anezka jäh vom Strudel der Ereignisse mitgerissen.


    Zum Autor:


    Robert Seethaler, 1966 in Wien geboren, spielte viele Jahre lang in Fernseh- und Kinofilmen und im Theater. Er ist ein vielfach ausgezeichneter Schriftsteller und Drehbuchautor. Seine Romane Der Trafikant (2012) und Ein ganzes Leben (2014) wurden zu großen Publikumserfolgen. Robert Seethaler lebt in Wien und Berlin.



    Meine Meinung:


    Robert Seethaler beschreibt mit einer unfassbaren Leichtigkeit das Leben eines jungen Erwachsenen in Wien im Jahre 1937. Er schafft es die sich verlierende Naivität und das erste Verliebtsein von Franz unverblümt und doch so schön und mit Wiedererkennungswert zu beschreiben. Die politischen und gesellschaftlichen Geschehnisse werden von Robert Seethaler mal subtil, mal in aller Deutlichkeit in die Geschichte eingewoben und enden in einem (für mich persönliche) fulminantem Ende mit Gänsehautfaktor. Die Charaktere, die Seethaler für "Der Trafikant" gezeichnet hat, sind authentisch, alle mit ihren Ecken und Kanten ausgestattet und doch so nah am Leser und am Leben dran. Und genau dadurch hat mir die Freundschaft zwischen Freud und Franz so einige Male ein Lächeln auf das Gesicht gezaubert.


    Fazit:


    Eine mit Leichtigkeit geschriebene Geschichte über das Erwachsenwerden, ungewöhnliche Freundschaften und den Mut, sich seine eigene Meinung zu bilden und danach zu handeln. Eine klare Leseempfehlung!

    Von allen Welten, die der Mensch erschaffen hat, ist die der Bücher die Gewaltigste. - Heinrich Heine

  • So, dieses Buch gehört so gar nicht in mein Beuteschema bzw. wäre ich auf Robert Seethaler und das Buch gar nicht aufmerksam geworden, wenn es nicht eine Lesegruppe gäbe, zu der ich hinwollte und in welcher das Buch gelesen und besprochen werden sollte. Ich habe es damals zu diesem Treffen nicht geschafft, aber weil ich das Buch dann hatte, dachte ich, na gut, ich lese es mal. Da es also nicht ganz so freiwillig ausgesucht war, fällt mir das "Rezensieren" und auch Bewerten schwer.


    Hm...wie fang ich an? Also, insgesamt wurde ich positiv überrascht. Ich finde das Buch im Vergleich zu den meisten Sachen, die ich lese, relativ anspruchsvoll. Zumindest würde ich das zur "richtigen Literatur" zählen oder (um es nicht so wertend zu schreiben) einfach zu Büchern, zu denen es mich nun mal nicht so zieht. Vielleicht liegt diese fehlende "Zuneigung" aber auch einfach daran, dass mich Bücher aus solcher Zeit mit solchen Themen aufgrund fehlender Beziehung zu der NS-Vergangenheit eben nicht so reizen. Ich war nicht dabei (bin ich froh drum...), ich kenne niemanden, der dabei war und ich habe auch keine engen Verwandten, die diese Zeit damals in Deutschland oder Österreich erlebt haben. Das soll nicht kaltherzig klingen, ich kann aber eben mit Büchern aus dieser Zeit wenig anfangen, solange mich die Geschichte aus irgendeinem anderen Grund nicht ansprichst. Jedenfalls, es war nicht ganz freiwillig und ich las es trotzdem dann. Und wie ich sagte, wurde ich positiv überrascht. Der Schreibstil von Seethaler war angenehm und vor allem die Begegnungen und Gespräche mit Freud fand ich sehr amüsant. Es war auch interessant, die Geschichte in Wien aus dieser Perspektive zu beobachten und "mitzuerleben". Auch die Verwirrungen des jungen Franz, sein "Erwachsenwerden" und die Beziehung zu seiner Mutter zu beobachten hat mir gut gefallen und ich finde, dass Seethaler hier die richtige Balance gefunden hat.


    Ich bin nicht so ganz sicher, um was es in dem Buch "wirklich" ging oder gehen sollte - um Erwachsenwerden? Um die ersten Wirrungen in der Liebe? Um Freundschaft? Um die NS-Zeit ? Um alles insgesamt? Ich weiß es nicht. Keine Ahnung, ob Seethaler das weiß. Und auch keine Ahnung, ob das wichtig ist. Das Buch hatte trotzdem einen ganz eigenen Zauber und gefiel mir gut. Mal gucken, ob ich demnächst noch etwas von Robert Seethaler lesen werde. :-)

    With love in your eyes and a flame in your heart you're gonna find yourself some resolution.


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  • Mir hat dieses Buch sehr gefallen.

    In einer wunderschönen Sprache, die wirklich zum genießen ist, schreibt Seethalter aus der Sicht des unbedarften Landburschen Franz über die Vergiftung Wiens mit braunem Gedankengut. Schleichend passiert dies, das Umfeld des Trafikanten ändert sich zunächst fast unmerklich, dann ist die Entwicklung nicht mehr aufzuhalten. Juden und Judenfreunde werden denunziert, auch Franzens direktes Umfeld ist betroffen.

    Auch die Beschreibung der Freundschaft des Jungen zu Sigmund Freud hat mir sehr gefallen. Seethaler zeigt die Ikone der Psychoanalyse aus einer vollkommen neuen Perspektive, eben als Mensch.

    Ich finde dieses Buch lesenswert, weil es zeigt, wie ein ganz normaler Junge den Beginn der Nazi-Herrschaft miterlebt, langsam kapiert, was vor sich geht und dennoch standhaft bleibt. Seethaler beschönigt nichts und lässt auch niemanden davon kommen - wer den Mund aufmacht wird von der Gestapo geholt. So haben es wahrscheinlich die meisten Menschen erlebt.

    Ein lesenswertes Buch.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Meine Meinung zum Buch:



    Titel: Sprachgewaltig und berührend zugleich...



    Ich habe sehr viel Gutes über den Film gehört, wollte aber zuerst das Buch lesen und so begann ich mit der Lektüre.



    In der Geschichte geht es um den jungen Franz, der nach Wien zieht, um Lehrling in einer Trafik zu werden. Schnell gewöhnt er sich an das Leben in der Stadt. Doch dann erlebt er zwei Begegnungen, die sein Leben für immer verändern: er begegnet Sigmund Freud und der Liebe in Form einer hübschen Böhmin. Wie wird er mit seinen neuen Erkenntnissen umgehen?



    Zunächst einmal muss ich den tollen Schreibstil des Autos loben. Er verwendet so gekonnt sprachliche Bilder, dass es einem leicht fällt sich alles vorzustellen und man regelrecht beschwingt die Seiten liest. Für mich schon allein aufgrund der Wortwahl ein Genuss.



    Franz als Figur hat mir immens gefallen. Man spürt seine Jugendlichkeit auf jeder Seite, denn er möchte was erleben und dafür geht er gern auch Risiken ein. Ich mochte, dass er seine Heimat vermisst auch wenn es ihm in der neuen Umgebung gut geht. Seine Entdeckung der Liebe hat mich an meine Jugend erinnert, was ich sehr mochte.



    Die Briefe zwischen Mutter und Sohn fand ich einfach nur schön, weil es so etwas heute schlichtweg nicht mehr gibt, was echt schade ist.



    Zudem fand ich, dass es Seethaler sehr gut gelungen ist die damalige Zeit darzustellen, die unterschwellige Feinseligkeit und wie sich die Lage für manche Menschen immer mehr zuspitzt.



    Die Treffen mit Freud habe ich als sehr realistisch empfunden, schließlich hat er ja wirklich dort gewohnt und warum sollte er nicht auch mal einem jungen Burschen einen guten Rat geben?



    Fazit: Ein toller Roman, der mich sehr gut unterhalten und zudem im Inneren berührt hat. Gern spreche ich eine Leseempfehlung aus und jetzt freue ich mich erst Recht auf den Film.



    Bewertung: 10/ 10 Eulenpunkten