Carlotta steigt ein - Linda Barnes

  • Hätte Margaret Devens mir auf Anhieb die Wahrheit gesagt, wäre womöglich alles ganz anders gekommen. Oder, wie meine Mam auf Jiddisch oder Englisch zu sagen pflegte, je nach Situation: "Wenn deine Oma Räder gehabt hätte, wäre sie ein Omnibus gewesen."
    Ich habe meine Babbe, meine Großmutter, die Quelle aller jiddischen Sprichworte, die meine Mutter wußte, nicht mehr gekannt, aber wenn ich es mir recht überlege, hätte ich nichts dagegen, sie mir als Ebenbild von Margaret Dencßvers vorzustellen - eigensinnig, smart und gerissen hinter ihrer Nette-alte-Dame-Fassade


    So beginnt 1987 (auf deutsch 1990) der erste Band der Reihe um Carlotta Carlyle. Die rothaarige, 1,80m große und mit Schuhgröße 41 gesegnete Privatdetektivin, die erste in Boston!, die sich ihren Lebensunterhalt auch mit Taxifahren verdienen muß, kam 1985 in einer Kurzgeschichte zur Welt, die gleich einen Preis gewann.
    Schon der erste lange Krimi über sie zeigt, daß Barnes ihr Geschäft versteht. Carlottas Abenteuer sind die Lektüre allemal wert. In diesem Fall geht es um den verschwundenen Bruder von Miss Devens, um die Iren in Boston, und viel, viel Geld. Und um Täuschungen und Ent-Täuschungen. Die Handlung ist spannend, die auftretenden Figuren sind überzeugend und wunderbar verrückt zugleich, z.B. die Chefin des Taxiunternehmens Gloria und ihre Brüder, Carlottas Untermieterin Roz, die offenbar von Erdnußbutter lebt oder der Wellensittich Emma Goldman. Das Milieu, ob auf der Straße, in den Kneipen oder in der Taxizentrale, stimmt. Die Sprache ist frisch und witzig, aber nie oberflächlich und bloß auf Effekt berechnet. Carlotta selber, mit ihrem Kater, ihren vertrackten Liebesproblemen und unbeirrbar in ihrem Drang, die Welt ein bißchen besser zu machen, ist eine hinreißende Heldin. Und wenn sie nachts, weil sie nicht schlafen kann, auf ihrer E-Gitarre einen Bonnie-Raitt-Song spielt, kann es durchaus passieren, daß einem beim Lesen auch der Blues ankommt.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Noch ein Wort:
    Die Umschlagbilder wie oben gefallen mir gar nicht, bei den jüngeren Bänden hat sich das geändert.
    Es gibt inzwischen zehn Carlotta-Carlyle-Bände, neun sind auf deutsch erhältlich

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Ich habe genau diesen Barnes-Krimi in einem anderen Einband zu Weihnachten geschenkt bekommen, habe mich artig bedankt und das Ding irgendwo ins Regal gestopft, wo es auf die nächste Grippewelle warten sollte.
    Nach dem du es aber empfohlen hast, werde ich es wohl mal suchen gehen.

  • Mit den Buchcovern ging es mir anfangs genauso, wie ich bereits an anderer Stelle schrieb. Ich war regelrecht abgeschreckt. Die assoziieren gleich einen platten, reißerischen Ami-Krimi, was die Krimis wirklich nicht sind. Ich frage mich wirklich, wer sich so was ausgedacht hat?


    Weiß zufällig jemand, wann der 10. Band auf Deutsch erscheint?
    Nachdem ich gerade Band Nr. 9 bei Buchticket erstanden - und gelesen -habe, bin ich wieder auf Carlotta aufmerksam geworden und will mehr!!!


    grüße von missmarple

    "Ein Archäologe ist der beste Ehemann, je älter eine Frau wird, um so mehr interessiert er sich für sie."
    Agatha Christie

  • Ja, weil du das mit dem Cover geschriben hattest, hab ich es auch gleich erwähnt. Ich besitze die ersten drei noch auf deutsch in der alten rororo-Ausgabe. Da sind sie außen auch reißerisch aufgemacht, aber nicht so Comic-mäßig. Die Folgebände habe ich auf englisch, bis auf einen einzigen mit diesen neuen bunten Bildern vorne drauf. Ich hätte ihn fast nicht gekauft!
    Den zehnten habe ich gerade auf englisch erworben, Taschenbuch. Die Originalausgabe ist erst 2004 erschienen, ich nehme aber an, daß sie schon an der Übersetzung arbeiten

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Zum Glück gibt es ja ein paar mit aktuelleren Covers. Richtig schön sind die zwar auch nicht, aber immer noch besser als die alten mit der Comicfigur drauf.

  • Habe gerade festgestellt, dass ich damals gar keine Rezension dazu geschrieben habe. Wird hiermit nachgeholt:


    Woran ich mich noch erinnern kann: Das Buch hat mir sehr, sehr gut gefallen. Mal was Anderes. Es ist spannend, witzig und die Figuren sympathisch oder interessant. Sie sind gut gezeichnet und zumindest die wichtigen bleiben nicht blass. An Carlotta und ihre Art kann ich mich noch gut erinnern und an die dicke, ständig Süßigkeiten essende Frau, die am Telefon der Taxizentrale sitzt.


    Gut gefallen hat mir der "Fall", der eine alte Dame, ihren Bruder und die kauzigen Männer eines Taxiunternehmens verbindet, bei dem Carlotta früher einmal gearbeitet hat.


    Die Nebengeschichte mit Carlottas Katze und ihrem Gewinn in einem Preisausschreiben und Carlottas Liebesgeschichte sind ebenfalls interessant und nehmen nicht zu viel und nicht zu wenig Platz ein.


    Der Schluß hat mich zufrieden und überzeugt zurückgelassen.


    Ich habe mich jetzt zwei weitere Bücher aus der Reihe gekauft, da ich mich schon länger darauf freue einen weiteren Krimi mit Carlotta zu lesen.

  • Carlotta steigt ein habe ich hauptsächlich deshalb gelesen, weil Carlotta das gleiche sportliche Hobby hat wie ich: Volleyball. Tatsächlich erwähnt sie es mehrfach, genauere Schilderungen fehlen aber. (Ist wahrscheinlich auch gut so, das würde Nicht-Volleyballer vermutlich eher langweilen.) Für dieses Buch hätte sie genauso gut auch Basketball oder Synchronschwimmen machen können (vielleicht wird es in späteren Bänden mal anders), dennoch: die Sympathie für eine Gleichgesinnte bleibt ;)
    Auch ansonsten ist Carlotta sympathisch, und Linda Barnes Schreibstil ist angenehm witzig. Das war's dann aber hauptsächlich schon. Die Geschichte hat mich jetzt nicht umgehauen, auch die Randthematik hat mich nicht unbedingt interessiert und manche Ermittlungserkenntnisse konnte ich nicht immer ganz nachvollziehen. Gelangweilt hat es mich dennoch nicht.
    Die weiteren Carlotta-Bücher werde ich im Hinterkopf behalten und bei Gelegenheit mal zugreifen und lesen, haben müssen tue ich sie jetzt aber nicht unbedingt.

  • Zitat

    Original von magali
    So beginnt 1987 (auf deutsch 1990) der erste Band der Reihe um Carlotta Carlyle. Die rothaarige, 1,80m große und mit Schuhgröße 41 gesegnete Privatdetektivin, die erste in Boston!, die sich ihren Lebensunterhalt auch mit Taxifahren verdienen muß, kam 1985 in einer Kurzgeschichte zur Welt, die gleich einen Preis gewann.


    :gruebel In der von mir gelesenen Ausgabe ist Carlotta 5 cm größer und trägt Schuhgröße 43...

  • so, ich habe mal Detektivinnen-Arbeit geleistet und bin aufs Regal geklettert.


    *Staub von den Fingern pust*


    Ich habe die ganz alte rororo - Ausgabe, 1991, leider keine Abbildung bei amazon.
    Da drin wird vorne eine List eder Hauptpersonen abgedruckt.


    Dort steht: einsachtzig groß (also in Worten, nicht in Zahlen)
    Bei der Schuhgröße hast Du aber recht, die ist mit 11 angegeben und das ist, wie ich grad ergoogelt habe, 43.


    Na, ja, alles über 37 übersteigt meinen Horizont :grin


    Danke für den Hinweis


    :wave

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Interessant.
    Dass es bei Klassikern unterschiedliche Übersetzungen gibt, war mir ja bekannt. Bei (relativ gesehen) aktuelleren Büchern ist mir das neu. Vielleicht wurde die Übersetzung aber auch nur überarbeitet. Für den deutschen Markt ist es sicherlich besser, wenn Schuhgrößen in deutsch und nicht in amerikanisch angegeben werden (zumal die englischen Größen in ähnlichen Größenordnungen liegen...)
    Am wichtigsten ist aber, dass die Einheit dabei steht. In eben diesem Buch, um das es hier geht, fährt Carlotta irgendwann "mit 110 durch die Stadt". Ich habe mal kurz überlegt, ob km/h oder mph. Mph wäre aber doch ein bißchen arg zu schnell gewesen... :grin
    Hätte da "mit 70 durch die Stadt" gestanden, hätte man bei dem Hinweis, dass sie sehr schnell fuhr, nur müde gelächelt. 70 km/h sind ja nicht sonderlich schnell (70 mph schon...)

  • mph oder km/h?


    :gruebel


    Nach meiner Erfahrung mit Taxis, und die ist GROSS, kann ich Dir versichern, ist Taxifahrern ist alles zuzutrauen.
    :lache



    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Auch ohne auf große Erfahrung mit Taxifahrern zurückgreifen zu können :grin, habe ich diese Krimireihe ganz gerne gelesen. Protagonistin Carlotta sticht aus der Reihe der toughen, allwissenden Gerichtsmedizinerinnen, Staatsanwältinnen etc. angenehm hervor.

  • Mit Carlotta habe ich meine ersten Erfahrungen mit Hörspielen gemacht, die mir sehr gut gefallen habe.
    EInige Bände standen auch im Regal, aber erst ab Band 4.
    Irgendwie habe ich dann die Reihe etwas aus den Augen verloren, aber Anfang Januar entdeckte ich doch bei buchticket Band 1 - 3 für 1 Ticket, habe gleich zugeschlagen und mir den ersten Band zu Gemüte geführt. Waren übrigens sehr gut erhalte schwarz/weiß-rororos.


    Der Roman ist genauso gut wie die Hörspiele, einzig die Bluesgitarre hat mir gefehlt.


    Carlotta reiht sich nahtlos in die Reihe ein, die "Mann" gern einmal kennengelernt hätte, wie Sue Graftons Kinsey Millhone oder Sara Paretskys Vic Warshawski, auch wenn er gegen Sam oder Mooney wahrscheinlich keine Chance gehabt hätte. :grin


    Aber ich habe ja jetzt noch einiges vor mir, mit Carlotta, und die 2 fehlende Bände kommen auch noch irgendwann bei mir an.


    Dyke - der bei der nächsten Begegnung mit Carlotta einfach eine CD eines alten Blues-Kämpen in den Player schiebt

    "Sie lesen?"
    "Seit der Grundschule, aber nur, wenn's keiner sieht."


    Geoffrey Wigham in "London Calling" von Finn Tomson