'Das Kartengeheimnis' - Seiten 272 - Ende

  • Irgendwo fällt das Stichwort "Familienpatience".
    In diesem Buch geht es um mehrere Großvater-(Adoptiv-)Enkel-Beziehungen. In allen Fällen lernen sie sich erst später kennen, der Großvater gibt sein Wissen an den Enkel weiter und stirbt kurz darauf. Eine Patience dauert 52 Jahre, also zwei Generationen.
    Da frage ich mich, was Gaarder damit sagen will. Dass sich Großvater und Enkel sich erst richtig verstehen, wenn der Enkel erwachsen ist? Wieso betont er gerade diese Beziehung zwischen Großvater und Enkel so sehr?
    Als Frode sirbt, zerstört sich auch die magische Insel. Was zerstörte sich, als Bäcker-Hans oder Ludwig stirbt? Seine Gedanken, Phantasie, Geistesleben? Aber etwas bleibt doch übrig, das steht in den Karten.
    Endet der Sippenfluch nach zwei Generationen?



    edit: Schreibfehler

  • Interessante Fragen, made!


    Ich bin noch nicht ganz am Ende angelangt. Aber während des Lesens werde ich mal sehenn, ob mir zu deinen Fragen etwas auffällt und/oder einfällt.
    Ein Gedanke ist, dass Jostein Gaarder vielleicht selbst Enkel bekommen hat und ihn das angeregt hat. Wie er auf seine 52-Jahre-Zyklen kommt, dazu habe ich keine Idee.


    Naja, erstmal weiterlesen.

  • Nun, das Ende hat mich ein wenig enttäuscht. Die Geschichte um die Mutter, die nun doch einfach ins Auto einsteigt und wieder mit nach Norwegen fährt, war mir zu dünn. 8 Jahre lassen sich nicht einfach so wegwischen, egal, wie sehr man sich liebt. Das Verhältnis zwischen ihr und Hans-Thomas ist irgendwie merkwürdig, so vom Vordersitz nach hinten.


    Alles in allem hat Jostein Gaarder eine schöne Geschichte konstruiert und die Lücken mit vielen Gedankenspielereien gefüllt.
    Es regt zumindest zum Nachdenken an, und ja, ich denke, als Jugendlich hätte ich das Buch auch zu Ende gelesen.
    Trotzdem habe ich irgendwie eine Aversion gegen diese Karten-Zwerge. Liegt vielleicht an "Alice im Wunderland", das mochte ich auch nicht so besonders. Da waren die Karten-Figuren auch sehr eindimensional.


    Auf Seite 328 schreibt HT: "Kleine und große Zwerge mussten in regelmäßigen Abständen daran erinnert werden, dass sie seltsame Geschöpfe waren, die zwar quicklebendig sind, aber nur allzu wenig von sich selber begreifen". Ich finde, das fasst den Zweck dieses Buches ganz gut zusammen.


    Übrigens: ist es nicht meistens so, dass man für gegenseitiges Verständnis am besten eine Generation zwischen sich hat? HT erzählt auch seinen Eltern von dem Brötchenbuch - und sie glauben ihm nicht. Ich denke, der 52-Jahre-Zyklus erschließt sich hier in der Geschichte daraus, dass das Kartenspiel 52 Karten enthält. Ansonsten haben die 52 Jahre im Azteken-Kalender eine hochmathematische Bedeutung, die ich aber auf keinen Fall erklären könnte, weil ich dafür zu dämlich bin.


    Das geht da ungefähr so (bei wiki):


    Zitat

    Das kleinste gemeinsame Vielfache von 260 (Tage des Tonalpohualli) und 365 (Tages des „bürgerlichen“ Jahres) ist 18980, gleich 52 Jahre oder 73 Tonalpohualli.


    usw.

    „An solchen Tagen legt man natürlich das Stück Torte auf die Sahneseite — neben den Teller.“

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  • Zitat

    Original von killerbinchen
    Nun, das Ende hat mich ein wenig enttäuscht. Die Geschichte um die Mutter, die nun doch einfach ins Auto einsteigt und wieder mit nach Norwegen fährt, war mir zu dünn. 8 Jahre lassen sich nicht einfach so wegwischen, egal, wie sehr man sich liebt. Das Verhältnis zwischen ihr und Hans-Thomas ist irgendwie merkwürdig, so vom Vordersitz nach hinten.


    Ja, ich fand es auch schade, dass man hier nicht mehr erfährt. Aber ich denke, die Hauptarbeit für Mutter und Sohn steht noch bevor. Sie müssen sich erst noch aneinander gewöhnen. Klar, dass hier noch eine Distanz da ist, vor allem von Hans-Thomas' Seite aus. Eine gründliche Aussprache ist vielleicht erst viel später möglich.

  • Zitat

    Original von killerbinchen


    Trotzdem habe ich irgendwie eine Aversion gegen diese Karten-Zwerge. Liegt vielleicht an "Alice im Wunderland", das mochte ich auch nicht so besonders. Da waren die Karten-Figuren auch sehr eindimensional.


    Die Karten müssen eindimensional sein, um den Unterschied im geistigen Niveau von Erschaffer und Geschöpf darzustellen.

  • Tja, ich bin jetzt auch durch mit dem Buch. Ich habe es gern gelesen. Das End geht für mich aber ein bisschen zu schnell. Also, dass die Mutter so sang- und klanglos mit ins Auto steigt.


    Schade finde ich, dass HTs Opa kurz vor seiner 2. Ankunft in Dorf stirbt und ihm nichts mehr erzählen kann. Aber dafür hat Ludwig seine Line nochmal für kurze Zeit bei sich gehabt.


    Nun war auch die Frage von Frode geklärt, was nach seinem Tod passiert. Die Zwerge werden wieder zu Karten (ausser dem Joker) und die Insel hört auf zu existieren. Auch HTs Zukunft stand schon im Buch fest. Er wird also als Erwachsener wieder nach Dorf gehen und die Bäckerei weiterführen. Und ich denke auch, dass er ab und an einmal dem Joker wieder begegnen wird.

  • Zitat

    Original von ginger ale


    Wie er auf seine 52-Jahre-Zyklen kommt, dazu habe ich keine Idee.


    Die ergeben sich, meiner Meinung nach, aus der Anzahl der Karten. Hätte er Altenburger Spielkarten gehabt, waren es nur 32 Jahre gewesen :grin, und dementsprechend nur 1 Generation.


    So sind es 2 Generationen und das finde ich auch viel interessanter, weil man als Enkel doch etwas anders über seine Grosseltern denkt, als -in einem 32Jahre ZYklus- über seine Eltern. Ich hoffe, ihr versteht, was ich meine.

  • Zitat

    Original von mazian
    Auch HTs Zukunft stand schon im Buch fest.


    Und das ist was, was mir gar nicht gefällt. :fetch
    Die Vorstellung, dass die Zukunft schon feststeht, oh Graus!


    Was die 52 Jahre betrifft: Ich denke, es hat für Gaarder einfach gut gepasst. 52 Jahre und 2 Generationen. Darauf hat er das Buch aufgebaut.

  • Zitat

    Original von made


    Und das ist was, was mir gar nicht gefällt. :fetch
    Die Vorstellung, dass die Zukunft schon feststeht, oh Graus!


    Was die 52 Jahre betrifft: Ich denke, es hat für Gaarder einfach gut gepasst. 52 Jahre und 2 Generationen. Darauf hat er das Buch aufgebaut.


    ... und 52 Katren die ja für die Jahre stehen :-]


    Aber, vielleicht ist es ja so, dass unsere Zukunft im Grossen Buch der Zeit schon feststeht und wir uns gar nicht wehren können, da wir ja nicht wissen, was da so über uns drinsteht :gruebel

  • Hmm gute Frage :gruebel


    Wenn ich das jetzt, so direkt nach Lektüre des Kartengeheimnisses beantworte, dann sage ich dir: JA, wir sind nur Marionetten, so wie die Kartenzwerge der Insel. Wir haben keinen eigenen Willen, weil wir ja von jemandem erfunden oder erdacht wurden.


    Wenn wir aber mal einen Blick in dieses grosse Buch des Lebens werfen könnten, und uns nich gefiele, was wir üer unsere Zukunft lesen würden, ich glaube, dass wären wir keine Marionetten mehr, weil wir ja eigene Entscheidungen treffen würden, nämlich die, die die Geschichte (unsere Geschichte) verändern würden.

  • Zitat

    Original von mazian


    Wenn wir aber mal einen Blick in dieses grosse Buch des Lebens werfen könnten, und uns nich gefiele, was wir üer unsere Zukunft lesen würden, ich glaube, dass wären wir keine Marionetten mehr, weil wir ja eigene Entscheidungen treffen würden, nämlich die, die die Geschichte (unsere Geschichte) verändern würden.


    Wir müssten eben Joker werden und die Karten sortieren.


    Oder stand nicht sinngemäß irgendwo, wenn der Meister schläft, haben die Karten ihre Chance.

  • Für mich ist das eine Im-Kreis-Geschichte, die sich im direkten Verhältnis zu unserer Welt abspielt (als Gedankenspielerei):


    Der Meister erschafft Kreaturen in seiner Fantasie.
    Die Kreaturen werden real.
    Sie entwickeln ein eigenes Bewusstsein.
    Sie müssen ihren Schöpfer töten, weil sie sonst ständig vor Augen haben, dass sie künstlich sind.
    Der Meister stirbt.
    Die Welt der Kreaturen geht unter.


    Der religiöse Bezug zu unserer Welt:
    Gott erschafft die Erde und die Menschen.
    Die Menschen leben so vor sich hin.
    Dann fangen sie an Fragen zu stellen und nachzudenken, zumindest ein Teil von ihnen.
    Sie erkennen... ja, was erkennen sie denn? Haben sie bereits etwas erkannt?
    Sind die Menschen seit den großen Philosophen nicht dabei, Gott aus der Welt zu verdrängen, weil sie sich selbst erkannt haben und ihn hinterfragen?
    Ein gleichzeitiges Bestehen von Meister/Gott und ein Bewusstsein der erschaffenen Kreaturen/Menschen ist nicht möglich.


    Deshalb erschreckt mich auch eher die Aussage von HT´s Vater "Gott ist tot", und der gleichzeitige, parallele Untergang der Kartenwelt, nachdem der Bäcker-Hans im Brötchenbuch gestorben ist.


    Aber ein Rest der Wunder ist eben doch noch da, und der will gehütet werden.

    „An solchen Tagen legt man natürlich das Stück Torte auf die Sahneseite — neben den Teller.“

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