was spricht gegen sogenannte *seichte* Literatur


  • Findus


    ja, genau. Darum ging es mir.
    Stereotyp, beliebig, austauschbar, das stört also, wenn Figuren oder Handlungen so sind.
    heißt: viel Abwechslung? Oder mehr Reiz?



    Keller oder Storm?
    Kein 'oder'. Beides rundum anspruchsvoll, nur ganz andere Sichtweisen aufs Leben und eine andere Art, das auszudrücken. Man geht mit oder man wird abgestoßen.
    Manchmal kann man nach einiger Zeit wieder probieren, wenn man Lust dazu hat. Man liest ja imer wieder anders.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Nachtrag. In dem Zusammenhang fiel mir das Vorwort des Chefredakteurs der Zeitschrift „Modelleisenbahner“ der Ausgabe Oktober/2014 ein. Derzeit nachzulesen > hier in diesem PDF < des Inhaltsverzeichnisses dieser Ausgabe (auf Seite 5 "Standpunkt" gehen). Wenn man Lesen als Freizeitbeschäftigung ansieht, treffen die vom Chefredakteur gemachten Aussgagen, die sich auf ein Interview mit dem Freizeitforscher Professor Ulrich Reinhardt beziehen, mE zu. Sinngemäüß, wir setzen uns auch in der Freizeit unter Leistungsdruck und verlieren letztlich den Spaß daran.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Zitat

    Original von magali
    @Andromeda
    Zu den 'Erwartungen'. War vielleicht schlecht gewählt. Aber ist 'Motivation' besser?
    Der Wunsch nach direkter, möglichst schneller Erfüllung bestimmter einfacher Bedürfnisse, der Grund des Konsums von Einfachsttexten ist, kann auch Motivation sein, dazu zu greifen, oder nicht?
    Ich bin einfach am Grübeln, das bitte nicht als letztgültige Antwort verstehen.


    Danke, magali, das klärt zumindest die Begrifflichkeiten. Anhand dessen würde ich vermuten, daß wir beide gerne das Gleiche wissen würden. Und da ich fürchte, daß meine Frage hier unterging, zitiere ich mich ausnahmsweise selbst und stelle die Frage hier noch einmal:


    "Wann und aus welchen Gründen ist man als Leser bereit von seinen Vorlieben abzuweichen und sich auf das Wagnis von etwas völlig Neuem, Anderem einzulassen. Bei mir ist das schlichtweg unendliche Neugier. Aber was bringt euch Miteulen dazu, mal etwas ganz anderes als eure üblichen Themen und Genres zu lesen? Das würde mich wirklich sehr interessieren."

  • bei mir ist es Neugier wenn ich etwas neues ausprobiere, oft sogar wenn nur negative Kommentare kommen will ich mir dann meine eigene Meinung dazu bilden :grin

    e0354.gif


    c0624.gif Sommer in der kleinen Bäckerei am Strandweg--Jenny Colgan

    Chroniken von Deverry 2 --Katharine Kerr
    Drachenelfen , die Windgängerin -- Bernhard Hennen

  • Zitat

    Original von magali
    Es geht darum, daß es unterschiedliche Arten gibt, etwas zu erzählen. Eine einfache Art und von da ausgehend Arten, die gleiche Sache immer ein Stückchen komplexer zu erzählen.
    Wie komplex etwas erzählt wird, zeigt am Ende doch, was das menschliche Denken, das Vorstellungsvermögen, der Umgang mit Sprache leisten kann. Das ist doch positiv. Wunderbar, eigentlich.
    Die Höchstleistung ist der Maßstab.


    Woraus sich die Höchstleistung zusammensetzt, wird ständig diskutiert, seit über zweihundert Jahren inzwischen. Ist im Fluß. Wird immer wieder neu definiert. Es gibt kein ehernes Gesetz, das bestimmt, daß nur eine Höchstleistung richtig ist. Einig ist man sich nur, daß es eine Höchstleistung gibt und recht viel, was dem nahe kommt.


    Frage 1: Komplex ist doch aber nicht zwangsläufig besser, oder wolltest du das wirklich sagen? Es gibt Menschen (und bestimmt auch Bücher), die einfache Sachverhalte unnötig komplex (in meinen Augen) darstellen. Warum soll das besser sein? Ja, es ist vielleicht anspruchsvoller. Vielleicht auch nicht. Soll ja Leute geben, die mit Fachbegriffen um sich werfen, nur um sich wichtig zu machen. Kann ja bei Büchern gleich sein. Ich frage mich, was du mit komplex meinst und wieso das besser oder anspruchsvoller sein soll. Ich kann ja das Komplexe genauso gut verstehen, nur hab ich vielleicht keine Lust, in meiner Freizeit auch komplex zu denken. Komme nicht mit, was das heißen soll. Vielleicht wäre da ein Beispiel hilfreich. (Dennoch bleib die Frage, wer bestimmt, dass "komplex" besser ist und nicht einfach nur "mühsam kompliziert gemacht" bedeutet.


    2. Höchstleistung? Man ist sich einig, es gibt sowas wie Höchstleistung? Wer ist "man"? Und wenn es ja im Fluß ist, dann kann es gut sein, dass das, was du heute als "seicht" (oder einfach oder was auch immer) bezeichnen würdest, in 200 Jahren als komplex gilt, weil keiner mehr einfache Sätze bilden kann (unwahrscheinlich, aber als Beispiel eben).



    Ich bleibe dabei - es spricht nichts gegen was Seichtes, wobei ich es meines Wissens keine gültige Definition von "seicht" gibt und ich fühle mich nicht weniger als Leser wert, wenn ich etwas lese, was anderen nicht komplex genug ist. Aber ich gebe zu, dass meine Argumentation sowohl vom Wissen her als auch sprachlich (was den "Argumentationsfaden") angeht mit magali nicht mithalten kann. Das mein ich kein bisschen böse, das erscheint mir manchmal eben vom anderen Stern und so kann ich eben nicht argumentieren. Aber das heißt für mich dennoch nicht, dass sie recht hat. :lache

    With love in your eyes and a flame in your heart you're gonna find yourself some resolution.


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  • Zitat

    Original von magali
    Hinderlich ist drittens, wenn man abstreitet, daß es Unterschiede gibt,


    Ich glaube, niemand (zuminest die meisten) streiten ab, dass es in der Literatur Unterschiede gibt. Die Frage ist doch, ob man diese werten darf/soll/muss.


    Und ja, die Grenzen sind fließend. Vor allem (gibt es für mich) einen rießengroßen Graubereich zwischen "seicht" und "anspruchsvoll". Oder ist automatisch alles, was nicht "anspruchsvoll" ist (was immer das auch sein mag) seicht? Und was genau ist E- und was ist U-Literatur?


    Zitat

    Original von magali
    Der Wunsch nach direkter, möglichst schneller Erfüllung bestimmter einfacher Bedürfnisse, der Grund des Konsums von Einfachsttexten ist, kann auch Motivation sein, dazu zu greifen, oder nicht?


    Ja, klar. Wenn jemand das Bedürfnis nach einem Buch hat, bei dem er einfach nur entspannen kann, ohne sich weiterführende Gedanken zu Personen, Handlungsort, Verlauf, Sprache ... machen zu müssen, greift er zu einem einfachen Buch. Gleiches gilt sicher, wenn er das Buch als Einschlafhilfe lesen will oder zum Abschalten vom Alltag oder als Ablenkung, während um ihn rum das Leben tobt und er sich auf kein komplizierteres Buch konzentrieren kann ....


    Ich glaube schon, dass genau die Motivation, ein Buch zu lesen, entschiedend ist, ob man eher zu seichter oder zu anspruchsvoller Literatur greift (um mal nur die extreme zu nennen).


    Meine Erwartungen an Lektüre ist meist eine andere: Für mich soll ein Buch in erster Linie eine irgendwie spannende Geschichte erzählen (wobei spannend hier nicht mit aufregend verwechselt werden darf). Persönlich freue ich mich immer, wenn mich ein Buch überraschen kann, deshalb lese ich auch am liebsten Genremischungen. Personen mit vielen Grauschattierunge sind toll, genauso, wenn mich ein Buch in fremde Länder oder andere Zeiten entführt und mir dadurch etwas Neues nahebringt.


    Letzteres kann man nach xexos Definition also durchaus mit "Weiterentwicklung" beschreiben. Doch gerade das ist doch kein Kenzeichen von "anspruchsvoller" Literatur. Ob ich mich durch ein Buch weiterentwickeln kann hängt doch in erster Linie davon ab, wo ich momentan stehe. Und da kann ein "seichtes" Buch auch genügend Anregungen geben. Irgendwer hat das so in die Richtung schon geschrieben, leider finde ich den Beitrag momentan nicht. Um mal bei dem Beispiel Dan Brown zu bleiben: Wenn jemand durch Sakrileg angeregt wird, sich mit der Kunst da Vincis zu beschäftigen, das ein oder andere Bild mal genauer anzuschauen oder sogar den nächsten Italienurlaub nutzt, um ein paar historische Stätten in Rom abzuklappern (sollte ich jetzt was verwechseln seht es mir nach - so präsent ist das Buch bei mir nicht), dann ist das doch auch eine positive Weiterentwicklung. Oder etwas nicht?


    Zitat

    Original von Teresa
    Mein Eindruck nach dieser Schreibwerkstatt war jedenfalls, dass heute nur mehr "seichte" Literatur (am deutschsprachigen Buchmarkt) eine Chance hat, weil Leser/innen nichts selbständiges Denken nicht mehr zugemutet werden kann. (Natürlich hoffe ich sehr, dass dieser Eindruck keineswegs die Realität am Buchmarkt wiedergibt.)


    Ich bin keine Expertin in Sachen Buchmarkt aber ich finde genügend Bücher, auf die die vorher beschriebenen Kriterien nicht zutreffen. Von daher halte ich die Aussage dieser Leiterin für ziemlichen Unsinn. Frage an die Autorin: Ist es einfacher, eine Geschichte zu schreiben, wenn man ganz genaue Vorgaben hat, welche Bauteile verwendet werden sollen? Und ist es dadurch vielleicht auch einfacher, genau sowas zu vermitteln?


    Zitat

    Original von SiCollier
    Sinngemäß, wir setzen uns auch in der Freizeit unter Leistungsdruck und verlieren letztlich den Spaß daran.


    Da ist auf alle Fälle was dran!

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Tja. Was ist nun wirklich "seicht" und was "lesenswert"? Ich hab dazu ein paar Assoziationen und schreib mal frei nach Schnauze.

    Schon die alten Philosophen wie z.B. Platon verspürten ein Unbehagen, wenn es um die Verschriftlichung ihrer Themen ging. Nur die Elite durfte an ihren Erkenntnissen teilhaben. Sie gingen davon aus, dass der Diskurs mit ausgewählten (männlichen) Schülern, die sich durch hohe Intelligenz und Diskussionsfreudigkeit auszeichnen mussten, eine unverzichtbare Voraussetzung für das Begreifen ihrer Wahrheiten sei. Gott bewahre, dass aufgeschriebene Lehre für eine größere Menge "normaler" Menschen zugänglich würde!


    Und erst die "schwarze Kunst" des gedruckten Wortes! Hierdurch konnte z.B. das heilige Buch des Christentums in die Hände des "gemeinen" Gläubigen gelangen, und sogar in übersetzter Form! Jetzt durfte dieser unkontrolliert selbst nachlesen und entscheiden, ob und was er glauben wollte. Die alten Herren würden sich im Grabe umdrehen, wenn sie miterleben könnten, was der Markt für Gedrucktes heute so alles an den Leser bringen möchte.


    Für mich ist es spannend zu beobachten, was sich aus dem gefühlten Bilder-Gemenge des Unbewussten in die Verbalisierung und später Verschriftlichung den Weg bahnt, sich teils mit Visualsierungen wie z.B. in Comics verbildlicht, bis in die bewegten Bilder der Filme und in die musikalischen Bereiche dringt, im Merchandising Kuriositäten und Modeströmungen hervorbringt ... und die Gelehrten wieder mal darüber diskutieren lässt, ob die kunstvollen Wort- und Satzschöpfungen aus Goethes und Schillers Zeiten verloren gegangen sind und unsere Jugend sich abwendet und in den immer schnelleren Schnitten der Fernseh- und Computer-Bilder versackt.


    Ich denke, Seichtes hat seine Berechtigung im Großen Ganzen des Zu-Lesenden, sonst würde es ganz schnell wieder von der Bildfläche verschwinden. Auch der o.g. Platon hat im Phaidros schon über homoerotische Zusammenhänge diskutiert. Allerdings auf hohem Niveau. ;-)

    Wissen Sie, Intelligenz ist ein Rasiermesser: Man kann sie sinnvoll nutzen, sich damit aber ebenso gut auch die Gurgel durchschneiden. Im Grunde ihres Wesens ist sie ungesund. Lem


    The farther one travels, the less one knows. George Harrison

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  • Gummibärchen


    das sind lauter interessante Rückfragen.
    Folgendes: ich versuche die ganze Zeit, Wertungen möglichst herauszuhalten. Mir ging es um eine mögliche Anwtort auf die Frage, was es denn für einen Maßstab gibt für das, was nicht *seicht* ist.


    Nimm einfach mal den Begriff. Seichtes Wasser ist einfach kein besonders hoher Wasserstand. Der Gegenpart ist tiefes Wasser.
    Das meine ich, wenn ich von einfach und komplex spreche. Das ist zunächst keine Wertung.
    Im seichten Wasser kann man vielleicht noch stehen, im tiefen nicht, da muß man schwimen.
    Das ist keine Wertung.


    Ob etwas in zweihundert Jahren noch Gültigkeit hat, ist müßig zu fragen, weil wir das nicht wissen können. Wir messen nach dem, was wir erfahren haben, also nach einem gewissen Zeitraum der Vergangenheit und dem, was die Gegenwart leistet und leisten kann. Daraus ergeben sich Ansprüche an das, was unter 'Literatur' verstanden wird.
    Dabei wird auch miteinbezogen, ob etwas künstlich aufgeblasen wird, also 'mühsam kompliziert gemacht', wie Du so richtig schreibst.


    'Man', nach dem Du fragst, ist eine beträchtlich große Gruppe, die sich zusammensetzt aus LiteraturwissenschaftlerInnen, KritikerInnen, VerlegerInnen, SchriftstellerInnen, LektorInnen, JournalistInnen, LiteraturkennerInnen. Dazu gehören auch SprachwissenschaftlerInnen, LiteraturhistorikerInnen und viele mehr. Da wird hin - und herdiskutiert und vor diesem Hintergrund kommen all die Bücher auf dem Markt und in die Hände der LeserInnen.


    Es geht mir auch nicht darum, rechtzuhaben. Es geht mir darum, bestimmte Informationsdefizite zu beheben, darauf aufmerksam zu machen, daß man in dieser Frage nicht weiterkommt, wenn man zunächst einmal für sich selber nicht die moralischen Werturteile überwindet.
    Und einfach mal anschaut, was es so gibt, nicht heruntermacht, nicht lobt. Weder die Geschichten, noch die Personen, die sie lesen oder ablehnen und auch nicht sich selbst.


    Und dann kann man *Seichtes* abschätzen und vielleicht doch mal darüber nachdenken, ob allzuviel davon nicht doch schadet.
    Nur darum geht es übrogesn, um das Zuviel.
    Das war schon auf der ersten Seite dieses Threads klar.
    :-)


    Ich finde 'leichte' Lektüre nicht entspannend, im Gegenteil. Sie ärgert mich. Ich höre Dummheiten im Radio, lese Dummheiten in den Zeitungen, hab Geschwätz aus Werbung im Ohr und dann soll ich noch Einfältiges lesen?
    :help


    Zudem ist mir Lesen etwas wert. Nicht unbedingt meinen Einkaufszettel, aber schon eine private Email, die aus mehr als drei Sätzen besteht.
    Für etwas, das mir etwas wert ist, möchte Zeit, Ruhe, einen wachen Kopf haben. Ich möchte es nicht husch-husch machen, ich möchte es nicht oberflächlich machen. Ich möchte damit keine Zeit vertreiben. Angesichts der Kürze des Lebens ist das für mich ohnehin ein ziemlich schrecklicher Gedanke, die wenige Zeit auch noch 'vertreiben'.
    Die Zeit, die ich mit einem *seichten* Text verbringe, fehlt mir. Die bekomme ich nicht zurück. Deswegen gehe ich sorgfältig damit um.
    Aber das ist meine Sache. Andere machen es anders.


    Für oder gegen Bücher entscheide ich mich, weil mich bestimmte Themen interessieren und die in unterschiedlichen Genres von AutorInnen eben anders betrachtet werden. Mich interessiert da eine gewisse Vielfalt der Stimmen. Die Sprache ist wichtig, wird da bloß gequakt oder etwas gesagt?


    Am *Seichten* stört mich überdies, daß es in gewaltigen Mengen daliegt und heranströmt und man sich demnächste mit dem Traktor einen Weg bahnen muß, um ein ordentliches Buch zu finden.
    Was den Gedanken angeht, daß man selbst im einfachsten text einen guten Gedanken findet:


    das ist richtig.


    Aber: warum soll ich in dem Bach mühsam nach Goldflitter fischen, wenn im Bach gleich daneben Nuggets liegen?


    Für *seichtes* spricht in meinen Augen nichts, außer daß es eben da ist und man damit leben muß.



    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Zitat

    Original von Tilia Salix
    Andromeda, mir geht es wie dir: meine Neugier lässt mich zu allen möglichen Büchern greifen. Wobei mich übermäßige Werbung oder Gehype eher abschreckt. Am ehesten kaufe ich mir Bücher, über die ich interessante Artikel gelesen habe.


    Ja das ist es, nie hätte ich geglaubt mal Dystopien zu lesen, aber Ursula Poznanski hat es geschafft, dass ich sie verschlinge und natürlich die Empfehlungen der BE.


    Zitat

    Original von magali Ich finde 'leichte' Lektüre nicht entspannend, im Gegenteil. Sie ärgert mich. Ich höre Dummheiten im Radio, lese Dummheiten in den Zeitungen, hab Geschwätz aus Werbung im Ohr und dann soll ich noch Einfältiges lesen?
    Hilfe


    Zudem ist mir Lesen etwas wert. Nicht unbedingt meinen Einkaufszettel, aber schon eine private Email, die aus mehr als drei Sätzen besteht.
    Für etwas, das mir etwas wert ist, möchte Zeit, Ruhe, einen wachen Kopf haben. Ich möchte es nicht husch-husch machen, ich möchte es nicht oberflächlich machen. Ich möchte damit keine Zeit vertreiben. Angesichts der Kürze des Lebens ist das für mich ohnehin ein ziemlich schrecklicher Gedanke, die wenige Zeit auch noch 'vertreiben'.
    Die Zeit, die ich mit einem *seichten* Text verbringe, fehlt mir. Die bekomme ich nicht zurück. Deswegen gehe ich sorgfältig damit um.
    Aber das ist meine Sache. Andere machen es anders.


    Und da gebe ich Dir sowas von recht, jedes Mal, wenn ich ein Buch in der Hand habe das mir vom Stil und vom Inhalt her sowas von zuwider ist, manche andre aber von dem Buch begeistert sind , kann ich mich trotzdem nicht überwinden es zu lesen, dafür ist mir meine Zeit zu schade.

  • Wie schon so oft: Toller Beitrag, magali. :wave




    Zitat

    Original von Lese-rina
    Letzteres kann man nach xexos Definition also durchaus mit "Weiterentwicklung" beschreiben. Doch gerade das ist doch kein Kenzeichen von "anspruchsvoller" Literatur.


    Weiterentwicklung war auch nicht als Definition gemeint, sondern als eine von mehreren daraus folgenden Möglichkeiten. Als Definition taugt eher magalis Wasser-Beispiel. Statt Weiterentwicklung könnte man aber auch "Vergrößerung des Erfahrungsschatzes" sagen oder "Ausweitung des Denkradius". Aber auch das wären mögliche Folgen und keine Definition.


    Und wenn ich konkrete Beispiele aus meinen Leselisten der letzten Jahre benennen sollte, dann würde "Der Turm" von Uwe Tellkamp die Kriterien für anspruchsvoll und "Nein! Ich möchte keine Kaffeefahrt!" von Virginia Ironside die Kriterien für seicht erfüllen.

  • Zitat

    Original von magali


    Angesichts der Kürze des Lebens ist das für mich ohnehin ein ziemlich schrecklicher Gedanke, die wenige Zeit auch noch 'vertreiben'.
    Die Zeit, die ich mit einem *seichten* Text verbringe, fehlt mir. Die bekomme ich nicht zurück. Deswegen gehe ich sorgfältig damit um.


    Diese Bemerkung trifft es sehr gut. Aber nicht nur mit "seichter Literatur" (wobei jede/jeder für sich entscheiden muss, was sie/er darunter versteht) kann man wertvolle Lebenszeit vertun. Auch mit irgendwelchen "Gefälligkeitslesungen" geht Lebenszeit dahin, mit Büchern also, die man eigentlich nicht lesen würde, die man aber liest, weil man die Autorin/den Autor vielleicht irgendwie sympathisch findet.


    Natürlich gibt es "seichtes" und "tiefes" Wasser. Aber seichtes Wasser ist in der Regel wärmer. Auf das Lesen "seichter Literatur" bezogen bedeutet das vielleicht, dass man nach einem anstrengenden Tag, nach einer Belastungssituation, wie auch immer geartet, ganz einfach nur etwas "wärmeres Wasser" an den Füßen spüren möchte, das man abschalten möchte, dass man seinen Kopf nicht mit weiteren, wenn auch fiktiven, Problemen belasten möchte.


    Und nun stellt sich für mich die Frage: Ist Erholung, wenn auch im seichten Wasser, eigentlich wirklich vertane Zeit?

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Original von magali
    Ich finde 'leichte' Lektüre nicht entspannend, im Gegenteil. Sie ärgert mich. Ich höre Dummheiten im Radio, lese Dummheiten in den Zeitungen, hab Geschwätz aus Werbung im Ohr und dann soll ich noch Einfältiges lesen?


    Jede/r Leser/in hat eine persönliche Bandbreite von leicht bis anspruchsvoll, in der er/sie sich wohlfühlt und gemäß aktueller Verfassung bewegt. Darunter wird es ärgerlich, darüber unverständlich und mühsam.
    Und manche versuchen, mal über den Zaun zu blicken. Das sollte man meiner Meinung nach immer wieder ausprobieren.


  • Ich halte das sogar für sehr wichtig ... Erholung ist ein Muß für die Gesundheit, der Kopf kann loslassen die Gedanken hören auf ständig zu kreisen ...das hilft der Psyche zur Ruhe zu kommen... dem Körper hilft es weil die Ausschüttung von Stresshormonen abnimmt und er Giftstoffe und ähnliches besser abbauen und ausscheiden kann und damit auch evt. Krankheiten gelindert oder vermieden werden können.
    Ich glaub jeder kennt das Gefühl wenn er seine Füsse einfach mal in seichtem, warmen Wasser baumeln lassen kann welche Entspannung dann eintreten kann :grin

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    c0624.gif Sommer in der kleinen Bäckerei am Strandweg--Jenny Colgan

    Chroniken von Deverry 2 --Katharine Kerr
    Drachenelfen , die Windgängerin -- Bernhard Hennen

  • Zitat

    Original von Voltaire
    Natürlich gibt es "seichtes" und "tiefes" Wasser. Aber seichtes Wasser ist in der Regel wärmer. Auf das Lesen "seichter Literatur" bezogen bedeutet das vielleicht, dass man nach einem anstrengenden Tag, nach einer Belastungssituation, wie auch immer geartet, ganz einfach nur etwas "wärmeres Wasser" an den Füßen spüren möchte, das man abschalten möchte, dass man seinen Kopf nicht mit weiteren, wenn auch fiktiven, Problemen belasten möchte.


    Und nun stellt sich für mich die Frage: Ist Erholung, wenn auch im seichten Wasser, eigentlich wirklich vertane Zeit?



    Für mich persönlich ist Erholung ein wichtiger Ausgleich zum doch recht stressigen Alltag. Und gerade wenn mich weitere Dinge belasten, gibt es für mich nichts besseres als eine warme Decke oder ein Vollbad, und beides kann auch ein schönes Buch für mich übernehmen. Am besten gefällt mir natürlich die Badewanne oder die Decke PLUS die Lektüre ;-)
    Vertane Zeit kann es für mich nur sein, wenn mir das Buch nicht gefällt und ich mich aus irgendwelchen Gründen zwinge, es trotzdem weiterzulesen. Was aber so gut wie nicht vorkommt, da ich mir dann ein anderes Buch nehmen würde und auch vorher schon gut sortiere, was ich denn lesen möchte und was nicht.
    Egal welche Lektüre, das Lesen ist für mich Erholung, die ich genieße und das kann in meinen Augen niemals eine Vergeudung von Zeit sein.

  • ich hab mich da auf Voltairs Frage bezogen :-)


    Wenn ich jetzt so einen Adelsroman lesen müßte wäre das für mich persönlich wohl auch nicht entspannend :lache...aber ein anderer schwebt im siebten Himmel ;-) und entspannt sich :grin

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    c0624.gif Sommer in der kleinen Bäckerei am Strandweg--Jenny Colgan

    Chroniken von Deverry 2 --Katharine Kerr
    Drachenelfen , die Windgängerin -- Bernhard Hennen

  • Zitat

    Original von magali
    In einer Diskussion über die Frage, was als *seicht* anzusehen ist und was nicht, kommt man nicht weiter, wenn man Wertungen wie 'anmaßend', 'doof' u.ä. anwendet.
    Man kommt ebenfalls nicht weiter, wenn man die eigenen, urpersönlichen Vorlieben aufzählt.
    Hinderlich ist drittens, wenn man abstreitet, daß es Unterschiede gibt, und alles auf eine Entscheidungsfreiheit der Einzelnen abschiebt, die es in dieser Reinheit überhaupt nicht gibt in der Realität.


    :write


    Zitat

    Was mich noch sehr interessiert: wir hatten hier am Anfang zwei Wortmeldungen, eine von Findus, daß einer *seichte* Lektüre nichts gibt.
    Dazu hätte ich gern mehr gehört, weil es um Erwartungen an Lektüre geht.
    Schreibt jemand mal was dazu? :-)


    :wave


    magali


    Selbstverständlich darf jeder lesen, was er will, und muss sich dafür auch nicht rechtfertigen. Spannend finde ich allerdings die Motivation, die Leser zu bestimmten Büchern (nicht) greifen lässt. Ich für meinen Teil spüre zum Beispiel selten bis nie das Bedürfnis, durch das Lesen der Realität zu entkommen oder mich in eine "heile Welt" zu flüchten. Das Bedürfnis nach Entspannung hingegen kann ich gut nachvollziehen, wobei es wohl sehr unterschiedlich ist, in welcher Form sich dies mittels Lesen vollzieht. Mir geht es insofern wie Magali, dass mich vorhersehbare, mit ausgelutschten Versatzstücken gespickte und in dahinplätschernder Sprache geschriebene Geschichten nicht entspannen, sondern ärgern. Ich bin allerdings auch der Typ, der sich zur geistigen Erholung lieber eine fremde Stadt, ein Museum oder einen botanischen Garten ansieht, als am Strand zu liegen. Ich brauche Reize, kein totales Abschalten. Das ist nicht besser oder wertvoller, entspricht aber meinem Bedürfnis. Für mein Leseverhalten bedeutet dies, dass es mir mehr Spaß macht, mich mit originellen, den Geist anregenden und mit Bedacht formulierten Texten zu beschäftigen. Sollte ich dabei noch etwas lernen, stört mich das nicht, obwohl dieses Kriterium nur in wenigen Fällen meine Auswahl bestimmt. Und nein, ich lese nicht nur James Joyce und Marcel Proust, sondern überwiegend Unterhaltungsliteratur, die für mich aber bestimmte Kriterien bezüglich Sprache, Inhalt und Aufbau erfüllen muss, um nicht in die Ecke gefeuert zu werden. Sympathische Protagonisten, Identifikationsmöglichkeiten und ein Happy End gehören nicht zu diesen Voraussetzungen.


    LG harimau :wave

    "Lieber losrennen und sich verirren. Lieber verglühen, lieber tausend Mal Angst haben, als sterben müssen nach einem aufgeräumten, lauwarmen Leben"

    Andreas Altmann