was spricht gegen sogenannte *seichte* Literatur

  • Gummibärchen


    Mich würde das auch interessieren nach welchen Kriterien wer entscheidet was aus einem Buch ein anspruchsvolles Buch macht. Damit habe ich mich nie befaßt daher weis ich es auch nicht :grin,war mir nie wichtig ;-).


    Dann wäre da noch Autoren die heute hochgelobt werden für ihre anspruchsvollen Bücher ...wie wurden sie beurteilt als sie ihre Bücher geschrieben haben und wie sah man sie zu ihrer Zeit :gruebel


    vielleicht weis das ja jemand :-) ohne langes googlen :lache

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    c0624.gif Sommer in der kleinen Bäckerei am Strandweg--Jenny Colgan

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    Drachenelfen , die Windgängerin -- Bernhard Hennen

  • Zitat

    Original von beowulf
    Mal wieder zum Thema:


    Wer hat eigentlich das Recht zu definieren was "seicht" ist? Besonders in den Grenzregionen oder über die Zeitläufte?



    stimmt den wer definiert das ... ich vermute jetzt mal unwissend das es evtl die gleichen Leute sind die anspruchsvoll definieren :grin


    Diese Meinungen gibt es ja schon seit Jahrzehnten und sind wohl auch schon so lange in dieser Art festgelegt :gruebel

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  • beo und Dreamchen: Genau das meine ich ja. Wer entscheidet das, wer legt es fest, wer definiert? (abgesehen davon: selbst bei evtl. vorhandenen Definitionen - egal, wann und wo - nehm ich mir das Recht, das Ganze anders zu sehen, wenn ich es hirnrissig finde)


    Wer ist "der große Bestimmer" und was macht ihn dazu? Oder wie es Lese-Rina schrieb: Ich finde es steht mir nicht zu, über die Literaturauswahl eines einzelnen zu urteilen und diese in "besser" oder "schlechter" einzuteilen. (und anderen ebenso wenig...)


    Objektivität ist so ne Sache... :grin

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  • Zitat

    Original von Dreamchen
    Gummibärchen
    Mich würde das auch interessieren nach welchen Kriterien wer entscheidet was aus einem Buch ein anspruchsvolles Buch macht. Damit habe ich mich nie befaßt daher weis ich es auch nicht :grin,war mir nie wichtig ;-).


    Es gibt eine Unterscheidung zwischen E und U, wie in anderen Bereichen auch. Ich finde, jeder kann das nur für sich persönlich entscheiden.


    Wenn ein Roman aus der Sicht von 7 Personen erzählt wird und ich muss als Leser selbst herausfinden, in welcher Beziehung die Figuren zueinander stehen, kann das anspruchsvoll sein. Aber auch, wenn ein Roman in einer anderen Epoche oder einem Land spielt, die mir fremd sind und in die ich mich erst hineinversetzen muss. Auch die Werte und Ansichten der Figuren können für manchen anspruchsvoll sein und für einen anderen nicht. Ich habe auch schon oft gehört, dass Lesern Romane zu anspruchsvoll sind, die auf verschiedenen Zeitebenen spielen, ohne dass am Beginn eines Kapitels sofort klar ist, auf welcher Ebene gerade erzählt wird.

  • Zitat

    Original von Buchdoktor


    Es gibt eine Unterscheidung zwischen E und U, wie in anderen Bereichen auch. Ich finde, jeder kann das nur für sich persönlich entscheiden.


    Stimmt ja, kenn ich ja noch aus der Musik, längst vergessen. Da ich es da schon anmaßend fand und bei der Literatur durchaus auch meine Probleme damit hätte.
    Danke für die Info, Buchdoktor, das hab ich tatsächlich schon nicht mehr im Kopf gehabt. Das müsste ich mir genauer angucken. Aber es bleibt ja dennoch die Frage, wer die Unterscheidung festlegt und evlt. dann einzelne Bücher "zuordnen" würde. Und das find ich einfach viel zu subjektiv. Davon abgesehen kann ich der Argumentation mit der "Weiterentwicklung", die es hier auch gab, leider nicht folgen bzw. sie so annehmen.
    Aber irgendwie...wenn ich das so betrachte - die Diskussion (wie viele Diskussionen bei der Eule) find ich zwar interessant, aber irgendwie müßig, denn mit Voltaires langen Beitrag wurde für mich alles gut auf den Punkt gebracht.



    Buchdoktor (oder jemand, der das weiß), kannst du mir, ohne dass ich erst googeln muss, wie und wann der Unterschied entstand? Ich hatte immer ein Problem damit, wer das wie festlegt und nach den Diskussionen hier kommt mir das fast vor, als hätte mal jemand diese Unterteilung gemacht, um eben doch zwischen "besser" und "minderwertiger" unterscheiden zu können und sich am Ende besser zu fühlen, weil er/sie ja die "bessere" Musik und Literatur bevorzugt. (Natürlich kann ich mich da täuschen. :lache)

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    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Gummibärchen ()

  • In der Literatur ist es wohl so, dass es zuerst Literatur gab und die Trivialliteratur erst später "erfunden" wurde. Wenn du unter dem Begriff suchst, solltest du fündig werden. Das Lesen von Unterhaltungsromanen setzt ja voraus, dass die Menschen erstens Lesen können und zweitens die Zeit dazu haben. Deswegen war Romanlesen zuerst eine Beschäftigung bürgerlicher Schichten, die sich diesen Luxus leisten konnten. Männer lasen wohl früher als Frauen, weil man den Schulbesuch von Mädchen lange für überflüssig hielt. Völlig logisch, dass selbst noch 1950 eine Frau und Mutter, die ihr Gemüse selbst anbaut, ihre Tiere zur Hausschlachtung selbst versorgt und die Wäsche auf dem Herdfeuer kochen muss, keine Zeit zum Romanlesen hatte.


    Man könnte zusätzlich noch recherchieren, ob Religionen Unterhaltungsliteratur überhaupt erlauben. Es gibt den schönen Begriff "protestantische Freude am Wort", der vermutlich darauf abhebt, dass die Beschäftigung mit Sprache außerhalb der Kirche im Protestantismus erheblich früher stattfand als unter Katholiken.

  • Zitat

    Original von Buchdoktor
    In der Literatur ist es wohl so, dass es zuerst Literatur gab und die Trivialliteratur erst später "erfunden" wurde. Wenn du unter dem Begriff suchst, solltest du fündig werden. Das Lesen von Unterhaltungsromanen setzt ja voraus, dass die Menschen erstens Lesen können und zweitens die Zeit dazu haben. Deswegen war Romanlesen zuerst eine Beschäftigung bürgerlicher Schichten, die sich diesen Luxus leisten konnten. Männer lasen wohl früher als Frauen, weil man den Schulbesuch von Mädchen lange für überflüssig hielt. Völlig logisch, dass selbst noch 1950 eine Frau und Mutter, die ihr Gemüse selbst anbaut, ihre Tiere zur Hausschlachtung selbst versorgt und die Wäsche auf dem Herdfeuer kochen muss, keine Zeit zum Romanlesen hatte.


    Man könnte zusätzlich noch recherchieren, ob Religionen Unterhaltungsliteratur überhaupt erlauben. Es gibt den schönen Begriff "protestantische Freude am Wort", der vermutlich darauf abhebt, dass die Beschäftigung mit Sprache außerhalb der Kirche im Protestantismus erheblich früher stattfand als unter Katholiken.


    Das ist so nicht ganz richtig. Der Roman als Gattung entstand irgendwann um 1700 herum und galt lange nicht als Literatur. Das Romanelesen war eine ganz üble Sache, das von angesehenen Literaturkritikern der Zeit abgelehnt wurde. Es hat eine ganze Weile gedauert, bis sich der Roman als ernstzunehmende Gattung behaupten konnte (Goethe dürfte viel dazu beigetragen haben) und da Lesen zunächst eine Beschäftigung der oberen Stände war, haben natürlich auch Frauen gelesen. Von Anfang an haftete dem Roman also der Ruch des Trivialen an, mal mehr, mal weniger.



    Edit: Was mich nun interessieren würde: was ist für euch seicht? Und gibt es eine Grenze nach unten - sprich: die ganzen tollen eBooks, die man bei Amazon so außerhalb der Verlagslandschaft und jenseits jeden Lektorats so findet - ist das seicht? Oder ist das überhaupt keine Literatur?

  • In einer Diskussion über die Frage, was als *seicht* anzusehen ist und was nicht, kommt man nicht weiter, wenn man Wertungen wie 'anmaßend', 'doof' u.ä. anwendet.
    Man kommt ebenfalls nicht weiter, wenn man die eigenen, urpersönlichen Vorlieben aufzählt.
    Hinderlich ist drittens, wenn man abstreitet, daß es Unterschiede gibt, und alles auf eine Entscheidungsfreiheit der Einzelnen abschiebt, die es in dieser Reinheit überhaupt nicht gibt in der Realität.


    Es geht darum, daß es unterschiedliche Arten gibt, etwas zu erzählen. Eine einfache Art und von da ausgehend Arten, die gleiche Sache immer ein Stückchen komplexer zu erzählen.
    Wie komplex etwas erzählt wird, zeigt am Ende doch, was das menschliche Denken, das Vorstellungsvermögen, der Umgang mit Sprache leisten kann. Das ist doch positiv. Wunderbar, eigentlich.
    Die Höchstleistung ist der Maßstab.


    Woraus sich die Höchstleistung zusammensetzt, wird ständig diskutiert, seit über zweihundert Jahren inzwischen. Ist im Fluß. Wird immer wieder neu definiert. Es gibt kein ehernes Gesetz, das bestimmt, daß nur eine Höchstleistung richtig ist. Einig ist man sich nur, daß es eine Höchstleistung gibt und recht viel, was dem nahe kommt.


    Von dem ausgehend, was möglich ist, wird alles andere beurteilt. Die Urteile kann man anfechten, aber dazu muß man sich erst mit ihnen auseinandersetzen und zwar ernsthaft.
    Zu sagen: wenn Du sagst, Streeruwitz ist gut und Courths-Mahler ist nicht gut, dann ist das bloß eine Geschmacksfrage und Dein persönliches Urteil', ist keine Auseinandersetzung, sondern nur Abwehr.
    Und dann kann es u.U. Streit geben.


    Hier gab es an keiner Stelle welchen. Hier wurde nicht einmal richtig diskutiert, soweit kamen wir noch gar nicht. Hier wurden erstmal Positionen aufgeführt. Pro, contra und alles mögliche dazwischen.
    Es gibt also keinen Grund, dem privaten Harmoniebedürfnis hier Zügel schießen zu lassen.


    Was mich noch sehr interessiert: wir hatten hier am Anfang zwei Wortmeldungen, eine von Findus, daß einer *seichte* Lektüre nichts gibt.
    Dazu hätte ich gern mehr gehört, weil es um Erwartungen an Lektüre geht.
    Schreibt jemand mal was dazu? :-)


    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Ich bin ja nicht der Meinung, dass eine banale Geschichte durch anspruchsvolles Erzählen irgendetwas anderes wird als banal, aber das hast du, magali, vielleicht auch gar nicht gemeint.


    Ich glaube, so grundsätzlich gibt es zwei Arten, an seine Lektüre heranzugehen: getrieben vom Wunsch nach Neuem oder nach der Bestätigung Altbekanntem. Anders kann ich mir den Erfolg stereotyper Geschichten, deren Verlauf und Ende vom ersten Satz an dem Leser klar vor Augen stehen, nicht erklären. Ich mag überrascht werden, aber manchmal tut es einem einfach gut, wenn sich Dinge so entwickeln, wie sie sollen, weil die Figuren es verdient haben. Eben weil es im Leben leider nicht immer so zu geht. Was ich nicht mag, sind Figuren, die in eine Handlung gezwängt werden, die gar nicht zu ihnen passt. Und einfallslose Sprache.


    Was also sind meine Erwartungen?
    Ich möchte eine Geschichte lesen. Das ist mein ureigenster Drang, der Grund, warum ich überhaupt lese. Nichts finde ich öder, als schöne Sätze, die nichts erzählen.
    Die Geschichte soll mich überraschen, aber ich habe nichts dagegen, wenn sie auf ausgetretenen Pfaden wandert, solange mich die Sprache überrascht. Oder die Figuren.
    Und der Autor soll nicht nur mich als Leser, sondern auch seine Geschichte ernst nehmen. Nichts ist ärgerlicher als ein Roman, der nicht funktioniert, weil der Autor nicht konsequent genug zu Ende gedacht hat.


    Edit: Rechtschreibung


  • Hier möchte ich um Begriffsklärung bittten. Denn nach meinem Verständnis dürften diese beiden Punkte urpersönliche Vorlieben und Erwartungen gerade im Bereich Unterhaltungsliteratur ziemlich deckungsgleich sein. Einen Roman werde ich mir wohl meist danach aussuchen, ob das Thema und der Erzählstil meinen Vorlieben entspricht. Zumindest dann, wenn ich einfach nur auf Unterhaltung aus bin.
    Mich würde als Information eher die Motivation als die Erwartung interessieren, sprich wann und aus welchen Gründen ist man als Leser bereit, von seinen Vorlieben abzuweichen und sich auf das Wagnis von etwas völlig Neuem, Anderem einzulassen. Bei mir ist das schlichtweg unendliche Neugier. Aber was bringt euch Miteulen dazu, mal etwas ganz anderes als eure üblichen Themen und Genres zu lesen? Das würde mich wirklich sehr interessieren.



  • Zitat:
    Original von Susannah
    Ich kann nur für mich sprechen, aber bei mir scheitert es daran, dass.mich die leichten Sachen häufig weder thematisch noch stilistisch reizen. Ich finde typische Frauen- und Liebesromane meist sterbenslangweilig.


    Findus
    So geht es mir auch, diese Schmonzetten finde ich zum gähnen langweilig außerdem weiß man am Anfang schon, wie sie ausgehn, alle Personen sind stereotyp und beliebig austauschbar.
    Da lobe ich mir die herzhaften Kerle bei GRRM


    Aber ich verurteile niemanden, der das liest, würde alledings schon mal die Frage stellen, falls wir näher bekannt sein sollten, ob das Dauerlektüre ist oder ich demjenigen ein paar Bücher empfehlen könnte



    Meintest Du den??? magali??


    Da verstehe ich die Fragestellung nicht ganz


    Allerdings ging mir gerade durch den Kopf ob Gottfried Keller, den ich ebenfalls todlangweilig finde, Theodor Storm dagegen hochinteressant finde nun zu der seichten oder der anspruchsvolleren Gattung der Literatur gehört.

  • Kamen die Romane wirklich erst um 1700 auf? Was aber ist mit Prosa, die vor dieser Zeit publiziert wurde, wie z. B. "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch ..." von Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen. Dieser Schelmenroman ist um 1668 erschienen, ist er also kein Roman.
    -------------


    Mein Problem mit "seichter" Literatur ist, dass offensichtlich die Leser/innen heute nur mehr seichte Literatur zugemutet werden kann. Jedenfalls wurde mir dieser Eindruck in einer Schreibwerkstatt mit angeblich toller Autorin mit Erfahrung vermittelt.


    In dieser Schreibwerkstatt wurde mir jedenfalls folgender Eindruck von einem "guten" Text vermittelt:
    - Die Literatur vor 1945 kannst du vergessen, vor allem um Bücher aus dem 19. Jahrhundert mache einen großen Bogen.
    - Eine Figur ist nur dann charakterisiert, wenn auf den ersten Seiten folgende Informationen gegeben werden: Altersangabe, Haarfarbe, Augenfarbe, Figur und Ähnliches. Indirekte Charakteristik, z. B. durch ihre Vorlieben, was sie / er tut etc. unbedingt vermeiden, weil so etwas Leser/innen gar nicht kapieren. (Von einer Autorin wurde mir später noch mitgeteilt, dass eine Heldin / weibliche Hauptfigur heute nur dann bei Verlag (Publikum?) eine Chance hat, wenn sie schön und schlank ist und außerdem in ihrer Kindheit von den einem Familienteil missbraucht wurde.)
    - Alles muss Leser/innen direkt erklärt werden, also z. B. warum eine Figur etwas tut.
    ...
    (Kurzes Detail zum Abschluss - als ich in dieser Schreibwerkstatt eine andere Teilnehmerin gefragt habe, warum die weibliche Hauptfigur bei ihr zuerst mit dem Auto und dann mit dem Fahrrad unterwegs ist (ich fand ihre Wahl der Transportmittel in ihrem Text überaus stimmig), stellte sich heraus, dass die Schreibwerkstattleiterin (eine erfahrene Autorin, die sogar für Preise nominiert war) es eindeutig für unnötig hielt, dass ich zu so einem Detail eine Frage stelle, denn es spiele doch keine Rolle, mit welchem Fahrzeug jemand unterwegs ist.)


    Mein Eindruck nach dieser Schreibwerkstatt war jedenfalls, dass heute nur mehr "seichte" Literatur (am deutschsprachigen Buchmarkt) eine Chance hat, weil Leser/innen nichts selbständiges Denken nicht mehr zugemutet werden kann. (Natürlich hoffe ich sehr, dass dieser Eindruck keineswegs die Realität am Buchmarkt wiedergibt.)
    Ist das nun die Meinung der Verlage, die darüber entscheiden, was am Markt vertrieben wird?
    Trifft das wirklich auf die Leser/innen zu?
    Oder soll uns das nur eingeredet werden


    Nach dieser Erfahrung muss ich wohl davon ausgehen, dass es gegen "seichte" Bücher (wo Leser/in nicht mitdenken muss) gar keine Einwände mehr gibt, zumindest nicht, was den Buchmarkt betrifft.


    Für mich stellt sich daher inzwischen die Frage - wie anspruchsvoll darf ein Buch heute überhaupt noch sein, dass es eine Chance hat, überhaupt am Buchmarkt zu landen und dort auch Leser/innen zu finden?

    --------------------------------
    Die gefährlichsten Unwahrheiten sind Wahrheiten, mäßig entstellt. (Georg Christoph Lichtenberg)

  • Teresa, es gibt sogar ein in Prosa verfassten Roman eines Römers, dennoch gibt es den Roman als literarische Gattung tatsächlich erst seit dem 18. Jahrhundert, wenn ich mich jetzt nicht total irre. Es gibt sie halt schon früher, aber sie gelten eben nicht als Literatur.


    Und es würde mich echt interessieren, wer diese Schreibwerkstatt geleitet hat, von der du da berichtest, denn das sind alles Punkte, die mich ein Buch abbrechen oder gar nicht erst kaufen lassen. Ich hasse es, wenn Autoren alles toterklären! :bonk

  • @Andromeda


    das 'urpersönliche Vorlieben' stammt aus einem anderen Argumentationsstrang als meine Frage nach den Erwartungen.


    Zuerst wollte ich deutlich machen, was alles zum Stocken des Gesprächs über *seichte* Literatur führt. Ein Grund ist, daß ab einem bestimmten und meist sehr frühen Zeitpunkt im Gespräch jemand erklärt, daß sie leidenschaftliche Leserin von Jerry Cotton/Bergromanen/John Sinclair/Arztromanen/Coraromane etc. pp. ist, also ihre Lesevorliebe, die eine persönliche ist, zu einer Grundvoraussetzung macht.
    Das beantwortet aber die Frage danach, was *seicht* ist. Das wird schon vorausgesetzt, das weitere Gespräch ziegt aber, daß man es keineswegs voraussetzen kann. Das Wissen ist tatsächlich nciht da, es ist so ein vager Konsens von etwas ungefähr Verstandenem.


    Zu den 'Erwartungen'. War vielleicht schlecht gewählt. Aber ist 'Motivation' besser?
    Der Wunsch nach direkter, möglichst schneller Erfüllung bestimmter einfacher Bedürfnisse, der Grund des Konsums von Einfachsttexten ist, kann auch Motivation sein, dazu zu greifen, oder nicht?
    Ich bin einfach am Grübeln, das bitte nicht als letztgültige Antwort verstehen.


    Deine Erläuterung zu 'Motivation' faßt auf jeden Fall genauer, was ich meinte.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Zitat

    Original von Tilia Salix
    Ich bin ja nicht der Meinung, dass eine banale Geschichte durch anspruchsvolles Erzählen irgendetwas anderes wird als banal, aber das hast du, magali, vielleicht auch gar nicht gemeint.


    Ich schrieb ncht banal, das enthält schon wieder eine recht starke Wertung, ich schrieb 'einfach'.
    Aber grundsätzlich (fall nicht in Ohnmacht): alle Geschichten lassen sich auf eine nicht besonders große Zahl von sehr einfachen Handlungen zurückführen. Die Zahl schwankt zwischen sieben und zwanzig, das sind die sog. Grund - oder Masterplots.
    Daß aus denen komplexe Konstruktionen werden, liegt allein daran, was die Autorin daraus macht, mithilfe von Talent und persönlichem Einsatz.


    Du kennst bestimmt, was Fontane über seinen 'Stechlin' sagte?
    'Ein Alter stirbt und zwei Junge heiraten, das ist alles, was auf 500 Seiten passiert.'


    Völlig richtig. :grin

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Ich habe beim Verfolgen dieses Threads immer wieder Bauchgrummeln. Nicht nur, weil ich, hätte ich Zeit zum Lesen, vermutlich vor allem eben jene *seichte* Literatur lesen würde, um die es hier geht, wohl wissend, daß es solche wäre. (Gut, Courths-Mahler habe ich kürzlich sogar gelesen. :rolleyes :grin) Um mein „Bauchgrummeln“ etwas mehr an Posts festzumachen:



    Zitat

    Original von DraperDoyle
    Aber wenn ich dann einen lustigen Frauenroman lese, in dem Arschchefs und böse Mobbingkolleginnen am Ende das Nachsehen habe, weil die gemobbte Heldin durch seltsame Zufälle letztlich die Oberhand gewinnt, mag das für den abendlichen Moment auf dem Sofa befriedigend sein, es ändert aber nichts daran, dass ich am nächsten Tag wieder mit Arschchefs und mobbenden Kolleginnen konfrontiert sein werde.


    Unzufriedenheitsgefühle bekomme ich vor allem dann, wenn ein Buch, das ich zur Unterhaltung, zur Entspannung, zur Erholung lese - überspitzt gesagt - überaus real ist. Daß Konflikte im wirklichen Leben sehr schwierig bis horrormäßig sein können, weiß ich. Das muß ich nicht erst in einem Roman erzählt bekommen. Daß ich Konflikte nicht mit körperlicher Gewalt lösen kann, sehe ich jedes Mal, wenn ich in den Spiegel schaue oder mir meine (für solche Zwecke nicht vorhandenen) Muskeln ansehe. Zum The Rock reicht es bei weitem nicht, nicht mal ne Knarre, um Probleme á la John Wayne oder Charles Bronson zu lösen, ist im Haus (und würde ich auch nicht benutzen). Und vom „rundum körperlich fit“ bin ich doch recht weit entfernt.


    Und genau darum will ich all das in einem Buch, das ich aus den beschriebenen Gründen lese, eben NICHT vorfinden.


    Ich weiß, daß ich am nächsten Tag wieder mit den gleichen Är..... ähm Menschen zu tun habe, wie heute. Und ich weiß, daß das durch das Lesen eines Buches, in dem es solchen entsprechend geht, die Realität nicht verändert wird. Aber es hilft mir, wenigstens für einige Stunden abzuschalten, das zu vergessen und mich dabei zu erholen, die Nerven etwas zu entspannen (und somit vielleicht auf Psychopharmaka verzichten zu können), bevor ich mich morgen wieder den Schwierigkeiten stellen muß. (Und ich meine das im Moment ziemlich wörtlich.)



    Zitat

    Original von magali
    Was mich noch sehr interessiert: wir hatten hier am Anfang zwei Wortmeldungen, eine von Findus, daß einer *seichte* Lektüre nichts gibt.
    Dazu hätte ich gern mehr gehört, weil es um Erwartungen an Lektüre geht.
    Schreibt jemand mal was dazu?


    Dazu müßte man natürlich zunächst klären, was man unter „gibt mir nichts“ versteht. Ich habe gerade „hohe Literatur“ ausgelesen - und es gab mir gar nichts, außer ein paar schönen Stunden, weil die Sprache wirklich gut war. Das war aber so ziemlich alles Gute, was ich über die „Buddenbrooks“ sagen kann. Vielleicht noch, daß das Buch herstellerisch erste Sahne ist, aber dafür kann Thomas Mann nichts.


    Ich erwarte von einem Buch (Roman, den ich zur Unterhaltung und nicht etwa zur Fortbildung lese), daß es mich unterhält und mir ermöglicht, für einige Zeit die reale Welt zu verlassen (wenn man so will, zu entfliehen). Ich zitiere mich hier jetzt einfach selbst, was ich früher mal an anderer Stelle hier im Forum geschrieben habe:


    „Weil ich in der Realität schon genug Realität habe, das reicht dann mit der Realität. Da brauche ich mir die in Büchern nicht nochmals, wie in einem Spiegel, vorhalten zu lassen.


    Salopp ausgedrückt: Wenn ich die Realität will, lese ich Zeitung oder sehe Nachrichten (oder lese ein Sachbuch). Wenn ich das nicht will, lese ich einen Roman.“


    Zitat

    Original von Andromeda
    Einen Roman werde ich mir wohl meist danach aussuchen, ob das Thema und der Erzählstil meinen Vorlieben entspricht. Zumindest dann, wenn ich einfach nur auf Unterhaltung aus bin.


    :write Genau so handhabe ich es und informiere mich inzwischen vor der Lektüre möglichst genau, ob die Handlung meinen Erwartungen entsprechen wird. Wenn nicht, ist die Chance, daß ich das Buch lese recht gering. Weshalb die „Flops“ bei mir ziemlich selten geworden sind.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Ist doch immer noch besser, als sich stundenlang vom Fernseher berieseln zu lassen, oder?


    Ich lese gerne Sachen die mich fordern, habe aber hin und wieder gegen leichtere Literatur nichts einzuwenden.


    Ansonsten liegt es wohl am jeweiligen Leser. Jemand, der beim Lesen bloß vom Alltag abschalten will, wird wahrscheinlich keine philosophischen Abhandlungen oder Weltliteratur verschlingen.