Titel: 3000 Euro
Autor: Thomas Melle
Verlag: Rowohlt Berlin
Erschienen: August 2014
Seitenzahl: 202
ISBN-10: 3871347779
ISBN-13: 978-3871347771
Preis: 18.95 EUR
Thomas Melle erzählt wortgewaltig – trotzdem erschlägt dieser Roman nicht.
Der Autor beschreibt zwei Menschen, die man leichthin vielleicht als Loser bezeichnen könnte, dabei sind sie nichts anderes als Belege für die Normalität.
Es geht um Denise und Anton.
Denise ist Kassiererin in einem Supermarkt und nebenher als Pornodarstellerin im Internet zu sehen. Dreitausend Euro sollte sie für die Drehs bekommen – aber das Geld lässt auf sich warten. Und dann ist da auch noch ihre Tochter Linda, die Hilfe benötigt.
Denise ist stolz und nimmt den Kampf mit dem Leben auf. Sie kämpft für ihr Recht und für das Recht ihrer Tochter.
Und sie lebt ihren Traum: Sie will New York kennenlernen.
Das Lied von Udo Jürgens „Ich war noch niemals in New York......“ soll eben nicht ihre persönliche Hymne werden.
Und dann ist da eben auch noch Anton.
Ein Jurastudent der das Studium aber abgebrochen hat; ein Mensch der ziel- und orientierungslos durch die Gegend treibt und der nirgendwo Halt findet. Zudem verschuldet und im Kampf gegen die Gläubiger unterlegen, die ihn nicht aus ihren Fängen lassen. Er lebt in einem Obdachlosenheim und schafft es nicht, sich aus seiner Situation zu befreien. Er baut Luftschlösser und hängt seinen Tagträumen nach.
Vorsichtig nähern sich Anton und Denise einander an. Es ist eine zarte Liebe, eine Liebe die beide versuchen zu bewahren und die ihnen Raum gibt für ihre Träume. Zwei Menschen klammern sich aneinander und hoffen, dass die Klammern stabil genug sind ihre Trauer und Niederlagen, ihre beiden Lebenssituationen auszuhalten.
Es ist ein beeindruckender, temporeicher Roman, ein Roman der berichtet, nicht wertet, aber trotzdem zwischen Resignation und Hoffnung hin und her schwankt. Ein Geschichte die eben auch deutlich macht, dass diese Gesellschaft nur wenig Platz und Verständnis für die sogenannten Loser hat, die deutlich macht, das Hartherzigkeit und Bürokratie sehr oft Hand in Hand gehen. Und wenn man genau hinschaut, dann könnte man fast auf den Gedanken kommen, dass alle Existenzen irgendwie doch mehr oder weniger gescheitert sind – auch wenn der äußere Anschein ein völlig anderes Bild vermittelt.
Das Scheitern hat in unserer Gesellschaft keinen Platz und der Gescheitere wird sehr schnell lästig und man möchte ihn eigentlich gar nicht zur Tür reinlassen. Er könnte ja ansteckend sein.
Thomas Melle beweisst mit diesem Buch seine schriftstellerische Kraft und sein schriftstellerisches Können. Endlich mal ein Autor der klar sagt was Sache ist und der nicht meint, man müsse sich höchst unverständlich auszudrücken um im Literaturzirkus eine Hausnummer zu werden.
Ein beeindruckendes, eines sehr lesenswertes Buch. 9 Eulenpunkte.