Der Leser - eine aussterbende Spezies?

  • Zitat

    Original von hollyhollunder
    Ich denke auch, dass Lesen Übungssache ist.


    Ganz bestimmt! Wie alles im Leben. Aber wenn man halt partout keine Lust aufs Lesen hat, wird man es auch nicht so oft tun. Die Lust wächst ganz bestimmt nicht, wenn man den Jugendlichen mit einer Bücherliste vor der Nase wedelt, auf der z. B. der Koran, die Ulysses usw. aufgeführt sind. :lache


    Zitat

    Original von hollyhollunder
    Und bedeutet es nicht, dass es den jungen Leuten an der Übung fehlt, wenn es immer mehr gibt, die mit Leseschwäche von der Schule abgehen?


    Das ist die Frage. Nimmt die Zahl der Kinder mit Leseschwäche tatsächlich zu? Oder ist es nicht vielmehr so, dass mit aller Gewalt die Kinder in höhere Schulen gestopft werden, auf denen sie schlicht überfordert sind? Nur weil die gesellschaftliche Akzeptanz von Hauptschulen immer mehr gesunken ist, sind im Umkehrschluss nicht mehr intelligentere Kinder zur Welt gekommen.


    Früher sind von einer Grundschulklasse vielleicht mal zwei Kinder aufs Gymnasium gekommen, drei bis vier auf die Realschule und der Rest ging ganz normal zur Hauptschule. Heute hat sich diese Quote umgedreht. Ich glaube, dass viele Kinder permanent überfordert werden, anstatt zu wenig gefördert.


    Das Leistungsdenken und die Optimierung der Fähigkeiten sind unweigerlich im Alter der Kinder tiefer gekrochen. Früher wurde im Kindergarten nur gespielt. Heute wird dort schon gelernt. Man will etwas erzwingen, das nicht beliebig steigerbar ist. Kinder sind heutzutage viel größerem Stress ausgesetzt als früher. Aber Stress macht nicht schlauer.


    Und durch Zwang generiert man erst recht keine Fähigkeiten.


    Die Prämisse von Herrn Denk, dass Lesen eine Schlüsselqualifikation ist, bestreite ich in keinster Weise. Die Frage ist nur, wie kann ich diese Botschaft vermitteln, dass sie ankommt. Bei der Zielgruppe, die ich im Sinn habe.


    Mit seinem Buch wird Herr Denk sicherlich keinen einzigen Jugendlichen ansprechen. Lediglich Leute seines Alters mit der gleichen Angst vor Veränderung werden begeistert nicken, werden sich in seinem Text wiederfinden.


    Denn man erhöht den Wert des Lesens sicher nicht, indem man andere Bereiche des Lebens (hier bei Denk sind das Computer und Co.) verteufelt. Mit Kulturpessimismus verbreitet man keine Begeisterung.

  • Zitat

    Original von Dreamchen
    Ein viel größeres Problem sehe ich eher bei unserer Bildungspolitik da verlassen Kinder die Grund- und Hauptschulen die nicht in der Lage sind zusammenhängend, flüssig zu lesen. Wie sollen die später den Lust bekommen Bücher zu lesen (egal wie dick oder welches Medium).


    Wenn sich das langfristig nicht ändert stirbt der Leser eher aus mangelder Fähigkeit als aus mangelnder Lust aufs Lesen aus.


    Lies bitte mal Joseph Weizenbaum, Kurs auf den Eisberg, die berühmte Passage über Johnny, der nicht lesen kann. Das von Dir angesprochene Problem haben die Amerikaner schon seit Jahrzehnten. Nun haben wir es auch!


    Zitat


    Die Intelligenz eines Menschen unter anderem daran zu messen welche *Art* von Büchern usw er liest halte ich persönlich für völlig falsch. Das hat meine Lebenserfahrung mich gelehrt. Vorallem was soziale Fähigkeiten oder Intelligenz betrifft.


    Ich persönlich stelle für mich keine Unterschied zwischen einem gedruckten Buch und einem ebook fest.


    Letztlich ist das Konzept ''Intelligenz'' ein soziales Konstrukt. Es gibt verschiedene Arten von Intelligenz und verschiedene Definitionen. Daß es sowas wie Intelligenz gibt ist eher zu schön, um wahr zu sein.


    Natürlich lernt ein Mensch von den Büchern, die er liest. Inwieweit sich das auf seine ''sozialen Fähigkeiten'' niederschlägt steht auf einen ganz anderem Blatt bzw. hängt von weiteren Faktoren ab, die für Außenstehende nicht unbedingt offensichtlich sein müssen, z. B. Mobbing.


    Ein Unterschied ist, daß ein E-Book eine elektronische Datei ist, die leicht zerstört oder beschädigt, aber auch leicht manipuliert werden kann. Wer benutzt heute noch 3.5"-Disketten? Fast niemand mehr. Wenn keine entsprechenden Laufwerke mehr gebaut werden und die bestehenden alle ihren Geist aufgegeben haben, dann sind alle Daten, die sich noch auf diesen Disketten befinden, und die nicht rechtzeitig auf ein moderneres Medium kopiert worden sind, verloren. Ganz abgesehen davon, daß auch die Fähigkeit, eine -- antiquierte -- Technologie herzustellen, verloren gehen kann oder sehr aufwendig ''reverse-engineered'' werden muß. Außerdem sind die Magnetscheiben auch anfällig, das Bindemittel kann sich nach einigen Jahren lösen und zu einem Head-Crash führen. Ein Buch ist da wesentlich unempfindlicher und kann sich Jahrhunderte halten und kann immer noch gelesen werden, weil es direkt gelesen werden kann, ein E-Book nur über zwischengeschaltete Technik.

  • Erst wenn die letzte papierne Seite zu Staub zerfallen, der letzte Datenträger Error meldet, werden die Schwarzseher immer noch Error lesen und Autoren werden beweisen, dass hirnrissige Theorien keinen Bestand haben, denn sie werden Möglichkeiten finden, ihre geistigen Ergüsse festzuhalten!
    Leser sterben niemals aus!

    Schon der weise Adifuzius sagte: "Das Leben ist wie eine Losbude, wenn Du als Niete gezogen wurdest, kannst Du kein Hauptgewinn werden.":chen

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    Original von Bardioc
    Wenn man sich die Rechtschreibreform unvoreingenommen betrachtet, dann stellt man fest, daß hier systematisch der Sinn aus der Rechtschreibung ausgetrieben wurde. Warum sollte ein Jugendlicher etwas wollen, was letztlich bis zu einem gewissen Grad sinnentleert ist? Wo man sich durchkämpfen muß, um den Sinn zu rekonstruieren, den die Reform durch veränderte Kommaregeln, veränderte Groß- und Kleinschreibung, veränderte Zusammen- und Getrenntschreibung, veränderte Worttrennung und letztlich auch durch die Erschwerung des Lesens durch die vielen ss und sss und fehlende h's erzwungen hat. Die ''Erleichterung'' des Schreibens macht es den Leser schwerer, den Sinn zu erkennen.


    Die Rechtschreibreform für die Leseunlust verantwortlich zu machen, halte ich, gelinde gesagt, für übertrieben. Es gibt viele Menschen, die selbst sowohl nach der alten, als auch nach der neuen Rechtschreibung sehr viele Schreibfehler machen, und die vermutlich gar nicht wahrnehmen, in welcher Form der Text, den sie gerade lesen, vorliegt. Und trotzdem lesen sie mit Freude.

  • Zitat

    Das ist die Frage. Nimmt die Zahl der Kinder mit Leseschwäche tatsächlich zu? Oder ist es nicht vielmehr so, dass mit aller Gewalt die Kinder in höhere Schulen gestopft werden, auf denen sie schlicht überfordert sind? Nur weil die gesellschaftliche Akzeptanz von Hauptschulen immer mehr gesunken ist, sind im Umkehrschluss nicht mehr intelligentere Kinder zur Welt gekommen.



    Leseschwäche ist die kinderpsychiatrische Diagnose einer Behinderung, die Kindern erschwert, überhaupt lesen zu lernen. Mit entsprechender Förderung und der Nutzung von Hilfsmitteln kann auch jemand mit Leseschwäche erfolgfreich einen Schulabschluss ablegen, selbst studieren. Am Ende der Schulzeit müssten Schüler ihre diagnostizierte Leseschwäche nach Förderung eher kompensiert haben.


    Problematisch ist der in Deutschland nach wie vor zu hohe Prozentsatz von Schülern und Erwachsenen, die funktionelle Analphabeten sind (14% der Bevölkerung). Dazu kommen nach Wikipedia 4% völlige Analphabeten. Fast 20% der Erwachsenen können nicht oder nicht richtig lesen, also den Sinn von Texten nicht erfassen. Im schlimmsten Fall können sie keinen Fahrplan lesen oder nicht das Mitteilungsheft, das die Schule ihren Kindern mit nach Hause gibt.

  • Zitat

    Ein Buch ist da wesentlich unempfindlicher und kann sich Jahrhunderte halten und kann immer noch gelesen werden, weil es direkt gelesen werden kann, ein E-Book nur über zwischengeschaltete Technik.


    Fragt sich nur, wer den Inhalt dann noch versteht. Ein Buch ist ja nicht deshalb allein ein Wert, der zu erhalten ist, nur weil es ein Buch ist. Unsere Großeltern haben uns ganze Bibliotheken voller Bücher hinterlassen, die schon jetzt niemand mehr lesen und verstehen kann - wegen der benutzten Schrifttype und wegen der altertümlichen Ausdrucksweise. Die Schrift könnte man heute mit entsprechender Software vielleicht sogar umwandeln - aber der Rest? Ich mag zwar das geerbte Berufsschulbuch von 1920 in Frakturschrift- aber es nützt mir nicht wirklich etwas.

  • Zitat

    Original von made


    Die Rechtschreibreform für die Leseunlust verantwortlich zu machen, halte ich, gelinde gesagt, für übertrieben. Es gibt viele Menschen, die selbst sowohl nach der alten, als auch nach der neuen Rechtschreibung sehr viele Schreibfehler machen, und die vermutlich gar nicht wahrnehmen, in welcher Form der Text, den sie gerade lesen, vorliegt. Und trotzdem lesen sie mit Freude.


    Ich habe die Rechtschreibreform nicht für die LeseUNlust verantwortlich gemacht, sondern ausgesagt, daß die RSR das Lesen schwieriger macht, und damit auch das Verstehen eines Textes. Das kann dann die Jugendlichen davon abhalten, viel zu lesen. Das hat aber primär nichts mit der Lust zu lesen zu tun.


    Die Zahl der Rechtschreibfehler ist heute überall gestiegen, weil die Leute die RS nicht mehr als wichtig ansehen oder es ihnen egal ist, das durch die Reform und die Reformen der Reform eh nicht mehr klar ist, wie ein Wort nun richtig geschrieben wird.

  • Bardioc .... das Schulproblem hat sich bereits vor 20 Jahren so ergeben und ich vermute das es nicht besser geworden ist. dazu brauche ich nichts weiter zu lesen... ich habs erlebt :schlaeger.... es wurde nicht mehr laut gelesen in der Klasse .. die Lesebücher ( der Inhalt war damals schon mehr als überaltert) waren nur Deko und wurden nie benutzt und Kopfrechnen war damals schon sowas von megaout :fetch... das dass der Bildung eines Menschen nicht gut tut erklärt sich sowieso von allein


    Ich hab irgendwie bei deinem Posting den Eindruck gewonnen das du was gegen ebooks und damit wohl auch gegen ebookreader hast... wenn du selber das nicht magst mußt du dir das ja auch nicht an tun ... den *noch* gibt es gedruckte Bücher :grin...wie das in 100 Jahren ist weis kein Mensch :rolleyes


    Viele Leseschwächen, jetzt nicht die von Buchdoktor genannten natürlich, bei denen man so früh wie möglich helfen und unterstützen müßte, sind auf fehlende Übunge zurück zu führen ... Es ist die Aufgabe der Lehrer den Kindern flüssiges, zusammenhängendes Lesen beizubringen und nicht der Eltern wie es bei meinen Kindern damals schon war.
    Beispiel eine Bekannte kam in der 3. Klasse unsere Kinder auf mich zu wie ich das den gemacht hätte das mein Sohn bereits in der ersten Klasse flüssig lesen könnte. Sie wurde vom Lehrer angesprochen das ihr Tochter da immer noch nicht kann. Sie würde ihr ja immer Bücher hinlegen und ihr sagen das sie das lesen sollte ( sie lies das Kind allein) aber das würde ihre Tochter wohl nicht tun und lieber spielen. Ich sagte ihr dann das man sich zusammen mit dem Kind hinsetzen müßte und laut mit ihm zusammen den Text lesen muß damit es ein Gefühl dafür bekommt wie man die Buchstaben zusammenfügt.


    Der Lehrer in der ersten und zweiten Klasse hatte sich da nicht gekümmert und mit den Kindern zusammen nicht geübt.
    Nur mal so ein Beispiel


    Ich glaube nicht das die Rechtschreibreform ( die ich ignoriert habe :grin ) daran schuld ist das man Texte nicht mehr versteht. Wobei jungens Gemüse sich da leichter tun müßte den sie sind damit aufgewachsen, als wir alten Hasen die Jahrzehntelang mit der alten Rechtschreibung gelebt haben.

    :weihnachtsbaum


    c0624.gif Sommer in der kleinen Bäckerei am Strandweg--Jenny Colgan

    Chroniken von Deverry 2 --Katharine Kerr
    Drachenelfen , die Windgängerin -- Bernhard Hennen

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  • Zitat

    Original von Buchdoktor


    Fragt sich nur, wer den Inhalt dann noch versteht. Ein Buch ist ja nicht deshalb allein ein Wert, der zu erhalten ist, nur weil es ein Buch ist. Unsere Großeltern haben uns ganze Bibliotheken voller Bücher hinterlassen, die schon jetzt niemand mehr lesen und verstehen kann - wegen der benutzten Schrifttype und wegen der altertümlichen Ausdrucksweise. Die Schrift könnte man heute mit entsprechender Software vielleicht sogar umwandeln - aber der Rest? Ich mag zwar das geerbte Berufsschulbuch von 1920 in Frakturschrift- aber es nützt mir nicht wirklich etwas.


    Bücher sind natürlich auch Zeitdokumente und deshalb für die Wissenschaft von Belang. Die ''altertümlichen Ausdrucksweisen'' sind Teil des Sprache und der Veränderung der Sprache über die Jahrhunderte, also potentiell Gegenstand wissenschaftlicher Forschung. Die Currentschrift ist nicht so schwer, daß man sie nicht innerhalb weniger Wochen lernen könnte. Wir haben sie in der Grundschule mal für eine Woche durchgenommen.

  • Zitat

    Original von Bardioc
    Ich habe die Rechtschreibreform nicht für die LeseUNlust verantwortlich gemacht, sondern ausgesagt, daß die RSR das Lesen schwieriger macht, und damit auch das Verstehen eines Textes.


    Das kann ich nicht nachvollziehen. Ist es denn tatsächlich so, dass das Lesen schwieriger geworden ist? Das lese ich zum ersten Mal.

  • Zitat

    Original von made
    Das kann ich nicht nachvollziehen. Ist es denn tatsächlich so, dass das Lesen schwieriger geworden ist? Das lese ich zum ersten Mal.


    Das ist einfach eine Außenseiterposition. Ein Grundschüler lernt Lesen, wenn er darin bestärkt wird und Erfolgserlebnisse hat. Darum ist es eben nicht Aufgabe der Schule allein, sondern die Gespräche am Familientisch über das, was man liest, haben die Eltern zu verantworten. Die Lehrerin lehrt und die Eltern unterstützen die Anwendung dieser Betriebsart im Alltag. :kiss Wenn Eltern kaum noch vorlesen und sich ebenso selten mit ihren Kindern unterhalten, kann man diese Entmutigung beim Umgang mit Sprache wohl kaum der Art unserer Rechtschreibung vorwerfen, das ist eine Form von Gleichgültigkeit unter Menschen.

  • Zitat

    Original von Bardioc
    Bücher sind natürlich auch Zeitdokumente und deshalb für die Wissenschaft von Belang. Die ''altertümlichen Ausdrucksweisen'' sind Teil des Sprache und der Veränderung der Sprache über die Jahrhunderte, also potentiell Gegenstand wissenschaftlicher Forschung. Die Currentschrift ist nicht so schwer, daß man sie nicht innerhalb weniger Wochen lernen könnte. Wir haben sie in der Grundschule mal für eine Woche durchgenommen.


    Tja, dann musst du mit deiner Kurrentschrift wohl allein in deinem Kämmerlein sitzen bleiben. Als mein Kind lesen lernte, hat es sich z. B. für Samurai interessiert und wir haben Samuraigeschichten vorgelesen und zum Spaß auch japanische Schrift gepinselt. Der Köder (hier das Lesen) soll ja dem Fisch schmecken und nicht dem Angler. Wie gesagt, wenn Kinder ermutigt und bestärkt werden, dienen ihre Lesekompetenzen nicht irgendeinem abstrakten Bildungsideal, sondern ihrer Selbstständigkeit, mit der sie ihren ureigenen Interessen folgen können.

  • Buchdoktor, ich finde, da schreibst du etwas ganz Wichtiges. Nur wenn man Kindern vermittelt, dass lernen etwas Interessantes und Spannendes ist, dass man damit etwas anfangen kann, dann kann man ihre Neugierde erhalten.
    Welche Rechtschreibregeln gerade gelten oder welche Schrift gerade genehm ist, spielt da nur eine untergeordnete Rolle.

  • Zitat

    Original von Dreamchen
    Bardioc .... das Schulproblem hat sich bereits vor 20 Jahren so ergeben und ich vermute das es nicht besser geworden ist. dazu brauche ich nichts weiter zu lesen... ich habs erlebt :schlaeger.... es wurde nicht mehr laut gelesen in der Klasse .. die Lesebücher ( der Inhalt war damals schon mehr als überaltert) waren nur Deko und wurden nie benutzt und Kopfrechnen war damals schon sowas von megaout :fetch... das dass der Bildung eines Menschen nicht gut tut erklärt sich sowieso von allein


    Ja, das Problem, auf das Joseph Weizenbaum verweist, gab es schon vor über zwanzig Jahren. Gerade deshalb erwähne ich es ja. Herr Weizenbaum führt als einen Grund dafür an, daß Schüler hungrig zur Schule gehen müssen. Ich persönlich bin der Meinung, daß es sich damals vielleicht auch schon um Mobbing gehandelt haben muß, auch wenn der Begriff noch nicht bekannt war, das Phänomen gab es schon lange. Wenn man hungrig ist, oder wenn man gemobbt wird, dann leidet irgendwo auch die Schule darunter. Bei mir war es die Mathematik, nicht das Lesen. Zu einem bestimmten Zeitpunkt, es muß so die 8. Klasse gewesen sein, ging mir dieser Gedanke mal kurz durch den Kopf, wie man denn lernen können soll, wenn man dauernd geärgert wird. Damals gab es den Begriff Mobbing noch nicht, und niemand hat sich darum gekümment, wenn ein Schüler terrorisiert wurde. Mir wurde z. B. vorgeworfen, daß ich mich nicht anpassen würde, was ich wiederum nicht verstanden habe, konnte doch meine Mutter nicht von mir erwarten, daß ich mich Leuten anpassen soll, die etwas tun -- ihre Mitschüler ärgern --, das ganz sicher nicht von meiner Mutter gutgeheißen worden wäre. Das Mobbing hat in unsere Familie eine riesiges Problem induziert, an dem sie später dann zerbrach. (Es war natürlich etwas komplizierter!)


    Wir haben in der Schule zwar gelesen, soviel aber dann auch nicht, daß jeder öfter mal drangekommen wäre. Wir hatten Kopfrechnen in der Grundschule, und es war toll. Der Lehrer fragte, und dann gingen die Finger hoch, fast alle. Hätte man mich damals gefragt, ich wäre überzeugt davon gewesen, daß alle, die sich gemeldet haben, auch die richtige Antwort gewußt hätten.


    Zitat


    Ich hab irgendwie bei deinem Posting den Eindruck gewonnen das du was gegen ebooks und damit wohl auch gegen ebookreader hast... wenn du selber das nicht magst mußt du dir das ja auch nicht an tun ... den *noch* gibt es gedruckte Bücher :grin...wie das in 100 Jahren ist weis kein Mensch :rolleyes


    Dann hast Du die Postings von mir nicht gelesen. Ich habe mir vom eigenen Geld früher einen Computer gekauft, um ihn zum Schreiben von Protokollen verwenden zu können. Ich habe sehr viel auf meinem MSX-Homecomputer geschrieben (und programmiert), auch Texte gegen die Rechtschreibreform. Ich benutze LaTeX, um z. B. PDFs für E-Books herzustellen, die ich seit ca. 3 Jahren bei Xinxii, seit ca. 2 Jahren bei Lulu und seit ca. 1 Jahr bei Amazon (und zwei weiteren Anbietern, distribuiert von Xinxii) anbiete. Seit ein paar Tagen biete ich auch ein Printbuch (On Bullying -- Heretical Thoughts) bei Amazon an, da man bei CreateSpace kostenlos eine ISBN-Nummer bekommen kann.


    Ich finde PDFs toll. Einige meiner Texte habe ich nach ePub konvertiert, damit sie auch auf einem E-Book-Reader gelesen werden können. (Normale PDFs können auf einem E-Book-Reader nicht so gut dargestellt werden, wenn sie im Format A4 sind, und das sind bisher alle meine E-Books. Leider habe ich nicht genug Geld, um mir einen E-Book-Reader anzuschaffen. Ich sehe aber sehr wohl die Vor- und Nachteile der einzelnen Formate bzw. Medien.


    Zitat

    Viele Leseschwächen, jetzt nicht die von Buchdoktor genannten natürlich, bei denen man so früh wie möglich helfen und unterstützen müßte, sind auf fehlende Übunge zurück zu führen ... Es ist die Aufgabe der Lehrer den Kindern flüssiges, zusammenhängendes Lesen beizubringen und nicht der Eltern wie es bei meinen Kindern damals schon war.


    Übung ist aber nur ein Faktor. Die Rechtschreibreform ist ein anderer. Ich habe angedeutet, wo hier die Probleme liegen. Ein Beispiel ist das von Dir verwendente " zurück zu führen". Wenn ein Kind das liest, dann betont es jedes Wort und dann sind es drei Wörter. Das ist aber kein flüssiges Deutsch, denn da wird es nur auf dem ersten zu betont, ev. mit einem Nebenton auf führen, da es EIN Wort ist, und nicht drei. Reformenthusiasten kann man das natürlich nicht erklären. Auf diese Art und Weise wird ein Kind mit dem Lesen reformierter Texte nie gutes und flüssiges Deutsch lernen.


    Zitat


    Beispiel eine Bekannte kam in der 3. Klasse unsere Kinder auf mich zu wie ich das den gemacht hätte das mein Sohn bereits in der ersten Klasse flüssig lesen könnte. Sie wurde vom Lehrer angesprochen das ihr Tochter da immer noch nicht kann. Sie würde ihr ja immer Bücher hinlegen und ihr sagen das sie das lesen sollte ( sie lies das Kind allein) aber das würde ihre Tochter wohl nicht tun und lieber spielen. Ich sagte ihr dann das man sich zusammen mit dem Kind hinsetzen müßte und laut mit ihm zusammen den Text lesen muß damit es ein Gefühl dafür bekommt wie man die Buchstaben zusammenfügt.


    Es ist allgemein bekannt, daß Kinder sich besser entwickeln, wenn sich jemand um sie kümmert, ihnen vorliest. Da haben Sie alles richtig gemacht. Und dann muß man sich auch darüber klar werden, daß nicht jedes Kind wie ein anderes ist, das Interesse am Lesen kann man natürlich nicht erzwingen, wäre aber vielleicht von allein gekommen, wenn sich Ihre Bekannte mehr um ihre Kinder gekümmert hätte.


    Zitat


    Der Lehrer in der ersten und zweiten Klasse hatte sich da nicht gekümmert und mit den Kindern zusammen nicht geübt.
    Nur mal so ein Beispiel


    Wenn durch die Reform ja alles so leicht geworden ist, wieso sollte sich der noch darum kümmern?


    Zitat


    Ich glaube nicht das die Rechtschreibreform ( die ich ignoriert habe :grin ) daran schuld ist das man Texte nicht mehr versteht. Wobei jungens Gemüse sich da leichter tun müßte den sie sind damit aufgewachsen, als wir alten Hasen die Jahrzehntelang mit der alten Rechtschreibung gelebt haben.


    Es geht nicht darum, das zu glauben, wenn man das auch untersuchen kann. Es gibt da eine Untersuchung von Herrn Marx, gehen Sie man auf www.sprachforschung.org und suchen sie nach Marx. Das ist aber eine der sehr wenigen Untersuchungen, die durchgeführt wurden. Man hat meiner Ansicht nach wohlweislich keine Studien durchgeführt, weil sie alle zeigen würden, daß es an der Reform liegt. Das ''junge Gemüse'' tut sich eben nicht leichter mit der ''neuen'' Rechtschreibung, die letztlich nur ein Rückschritt um mindestens 150 Jahre ist, das zeigen die PISA-Tests.

  • Zitat

    Original von made


    Das kann ich nicht nachvollziehen. Ist es denn tatsächlich so, dass das Lesen schwieriger geworden ist? Das lese ich zum ersten Mal.


    Die Rechtschreibreform macht das Lesen schwieriger. Gehen Sie bitte mal auf www.sprachforschung.org, www.vrs-ev.de und insbesondere aufhttp://www.schriftdeutsch.de/ oder stöbern sie mal beim VRS auf ''Andere Netzseiten''.


    Wenn Sie lesen, orientieren sie sich an markanten Punkten, wie z. B. an der Oberlänge eines Dehnungs-hs oder eines schafen S. Das macht das ''Parsen'' des Textes leichter. Auseinandergerissene Wörter werden anders betont, siehe mein letztes Posting. Sinnvolle Kommaregeln tragen sehr viel zum richtigen Parsing und damit zum richtigen Verständnis eines Satzes bei. Herrn Ickler ist zu verdanken, daß die reformierten Kommaregeln zumindest teilweise wieder zurückgenommen wurden, um Schlimmeres zu verhüten. Die oben aufgeführten Webseiten enthalten viele Beispiele, wie die Reform das Lesen erschwert. Ich kann sie hier nicht alle aufführen und erklären.

  • Also, um mal meine Erfahrung einzuwerfen, ich habe damals am Gymnasium (mein Abi ist jetzt 9 Jahre her) eine der ersten Rechtschreibreformen mitgemacht. Klar wundere ich mich heute noch über so manche Schreibweise, einfach weil sie sich für mich falsch anfühlt. Aber die Jugendlichen, die jetzt in die höheren Klassen kommen oder gerade wechseln, kennen gar keine andere Schreibweise mehr. Also warum sollte da die RSR schuld sein, frage ich mich? Wenn ich nichts anderes kenne, dann kann ich auch nichts vermissen.


    Buchdoktor hat einen wichtigen Punkt angesprochen, der auch bei vielen immer wieder durchklingt: nur, wer zeigt, dass Lesen Spaß und Spannung bedeutet, bekommt seinen Nachwuchs auch dazu. Oder anders: Übung macht den Meister. Und wenn das Kind dann halt zum 3 millionsten Mal Grimmsche Märchen hören will (so wie ich damals :lache ), dann wird halt vorgelesen oder dann später eben gemeinsam gelesen. Lautes Lesen war zu meiner Schulzeit noch gang und gäbe. Wie es heute ist, weiß ich nicht, aber ich kann mir gut vorstellen, dass die Situation, die Dreamchen beschrieben hat, Normalität ist.

  • Zitat

    Original von Buchdoktor


    Das ist einfach eine Außenseiterposition. Ein Grundschüler lernt Lesen, wenn er darin bestärkt wird und Erfolgserlebnisse hat. Darum ist es eben nicht Aufgabe der Schule allein, sondern die Gespräche am Familientisch über das, was man liest, haben die Eltern zu verantworten. Die Lehrerin lehrt und die Eltern unterstützen die Anwendung dieser Betriebsart im Alltag. :kiss Wenn Eltern kaum noch vorlesen und sich ebenso selten mit ihren Kindern unterhalten, kann man diese Entmutigung beim Umgang mit Sprache wohl kaum der Art unserer Rechtschreibung vorwerfen, das ist eine Form von Gleichgültigkeit unter Menschen.


    Bei uns in der Familie wurde auch nicht allzuviel gesprochen. Meine Position ist mit Sicherheit keine Außenseiterposition, siehe die im letzten Posting angeführten Webseiten. Ein Grundschüler ist kein Tier, das dressiert werden müßte, auch wenn man das mit mir versucht hat. Wenn ein Kind Interesse hat, dann lernt er es auch gegen widrige Umstände. Wenn ein Kind kein Interesse hat, wird er es nicht lernen. Eine Lehrerin hat nicht die Aufgabe, die Eltern zu lehren, sondern die Kinder. Die Eltern kümmern sich u. U. gar nicht um das Kind. Sie sollten sich mal etwas intensiever mit der RSR auseinandersetzten.

  • Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    Buchdoktor, ich finde, da schreibst du etwas ganz Wichtiges. Nur wenn man Kindern vermittelt, dass lernen etwas Interessantes und Spannendes ist, dass man damit etwas anfangen kann, dann kann man ihre Neugierde erhalten.
    Welche Rechtschreibregeln gerade gelten oder welche Schrift gerade genehm ist, spielt da nur eine untergeordnete Rolle.


    Das sehe ich genauso. Sprache und Rechtschreibung - beides sind keine statischen Denkmäler sondern ein lebendiges Kulturgut, das sich schon immer verändert hat. Mit den Menschen, den Zeiten, den kulturellen Gepflogenheiten. Wir schreiben heute ganz anders als vor 50 Jahren oder vor 100 Jahren usw. Und gerade diese Flexibilität ist es, die den Menschen ausmacht. Wenn das Lesenlernen an veränderter Rechtschreibung scheitern würde, wären wir längst alle Analphabeten, denn die letzte RSR war gewiss nicht die erste.

  • Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    Buchdoktor, ich finde, da schreibst du etwas ganz Wichtiges. Nur wenn man Kindern vermittelt, dass lernen etwas Interessantes und Spannendes ist, dass man damit etwas anfangen kann, dann kann man ihre Neugierde erhalten.


    Wenn man den Kindern erst beibringen muß, daß Lernen etwas Interessantes und Spannendes ist, ...,
    dann sind die Kinder schon verzogen worden.


    Zitat

    Welche Rechtschreibregeln gerade gelten oder welche Schrift gerade genehm ist, spielt da nur eine untergeordnete Rolle.


    Das mit der Schrift mag bis zu einem gewissen Grad stimmen, das mit den Rechtschreibregeln nicht. Die Rechtschreibregeln der klassischen RS sind ja nicht beliebig, sondern orientieren sich an der Sprache, mehr oder weniger. Die der Reform sind dagegen beliebig und ideologisch. Auch die sog. vereinfachte lateinische Ausgangsschrift enthält als Ideologie den Aufstrich am Ende eines Buchstabens. Die Kunst, eine Schrift leicht lesbar zu gestalten, ist das Gebiet der Typographie.