ZitatOriginal von sapperlot
Leserunden mit der Begleitung der Autoren/-innen haben sich den Ruf erworben, dass das zu lesende Buch besonders gut bewertet wird. Es kriegt sozusagen einen kleinen Bonus und man ist eher bereit über kleine Mängel grosszügig hinwegzusehen. Und nun komm ich und es bleibt mir nix anders übrig als nach den ersten fünf Kapiteln ausschliesslich Lob auszusprechen ... und das wo ich mir doch vorgenommen habe auch das Negative explizit anzusprechen ... So ein Mist aber auch.
Der Einsteig in einen historischen Roman ist für beide Seiten (Autor und Leser) stets eine besondere Herausforderung. Es gilt die Protagonisten einerseits zu zeichnen und sich andererseits zu merken. Bei diesem Werk absolut gelungen. Obwohl es für mich Neuland bedeutet mongolische oder chinesische bzw. generell asiatische Namen zu lesen sind mir die Figuren präsent und ich musste mich nie Fragen wer das den nun wieder ist. Das Neugeborene zunächst keine Namen haben und Krümelchen und Filzchen genannt werden mag die Sache erleichtern. Auch das nicht übermassig viele Figuren vorkommen vereinfacht die Sache. Wer das Buch nicht liest aber neugierig in die Leserundenabschnitte reinlinst könnte anhand der beiden Begriffe Krümelchen und Filzchen den Eindruck kriegen das Buch wäre typischer simpler Frau in Hosen Roman ... (Jedenfalls hätte ich das ...) Hier kriegt die Leserschaft viele Fakten oder Besonderheiten zu Kultur, Brauchtum und Geschichte serviert. Ich habe das Gefühl, ich lese einen Historischen Roman der vom Niveau weit überdurchschnittlich ist, mehr noch, er rangiert diesbezüglich weit oben. Vielleicht hat das auch mit dem Handlungsort im Fernen Osten zu tun über den ich wenig weiss, aber grosse Interesse vorhanden ist. Ich nehme den Schreibstil insgesamt als hochwertig wahr, auch weil auf künstliches Drama verzichtet wurde obwohl einige Szenen geradezu dazu eingeladen hätten. Die Kapitel beginnen nicht immer auf einer neuen Seite sondern werden nur mit ein paar Leerzeilen getrennt. Hier gibt es also viel Inhalt fürs Geld.
Als Mann graust es mich freiwillig meine ... Niiieeemals will ich freiwillig ein Eunuche werden!!!
Auch hier finde ich mich wieder.
Ich suche zwar nicht explizit nach Negativem aber ich versuche in einer Leserunde schon auch die Dinge anzusprechen, die mir nicht so gefallen. Habe hier auch noch nichts gefunden. Könnte statt dessen lauter Abschnitte anführen, die mich begeistert haben, weil ich lauter Aha und Ach-was-Erlebnisse hatte und so viel Neues ins so wenigen Seiten erfahren habe, ohne, dass der Lesefluss dadurch gestört wurde. Das ist für mich ein Kennzeichen eines qualitativ sehr hochwertigen Histo-Romanes.
Bin ja kein Mann, aber ich fand es auch gruselig, dass Ma Jing zum Schlachter gegangen ist. Nachher wird ja gesagt dass er sich wenigstens "Nur" die Hoden hat abhacken lassen. Nicht komplett wie oft in afrikanischen Ländern. Überhaupt war ich überrascht, dass die Beamten scheinbar alle Eunuchen sind. Nicht nur die, die dem Kaiser und seinen Frauen unterstellt sind. Oder hab ich das falsch verstanden. Das habe ich so gar nicht gewusst.
Und Krümelchen und Fitzelchen finde ich zwei wunderbare Namen "vor" den "richtigen" Namen. Könnte mir vorstellen, dass bei den Müttern diese Bezeichnungen auch als Kosenamen geblieben sind. So würde es mir jedenfalls gehen, wenn ich meine Kinder jahrelang so genannt hätte.