Isabel - Feridun Zaimoglu

  • Der Autor (Quelle: Amazon)
    Feridun Zaimoglu, geboren 1964 im anatolischen Bolu, lebt seit 35 Jahren in Deutschland. Er studierte Kunst und Humanmedizin in Kiel, wo er seither als Schriftsteller, Drehbuchautor und Journalist arbeitet. Er war Kolumnist für das ZEIT-Magazin und schreibt für die Welt, die Frankfurter Rundschau, DIE ZEIT und die FAZ.2002 erhielt er den Hebbel-Preis, 2003 den Preis der Jury beim Bachmann-Wettbewerb in Klagenfurt und 2004 den Adelbert-von-Chamisso-Preis. Im Jahr 2005 war er Stipendiat der Villa Massimo in Rom. Im selben Jahr erhielt er den Hugo-Ball-Preis und 2007 den Grimmelshausen-Preis, 2008 den Corine-Preis für seinen letzten Roman Liebesbrand und 2010 den Jakob-Wassermann-Literaturpreis.


    Das Buch (Quelle: Amazon)
    Der Autor wendet sich dem Leben einiger Großstadtkreaturen zu, die fern von Berliner Hipness und Touristenströmen ihre eigenen Wege gehen. Isabel ist eine schöne Frau, aber nicht mehr schön und jung genug, um weiter zu modeln, und nicht anerkannt genug, um als Schauspielerin an die großen Rollen zu kommen. So arbeitet sie als Gelegenheitsdarstellerin, ist mit der Liebe am Ende, verlässt ihren Freund und beschließt, ihr Leben neu zu entwerfen. Es ist die Zeit nach den Sensationen, sie verabschiedet sich von der Lust und wählt den Weg in die Keuschheit. Nachdem es auch ihren Eltern trotz großer Anstrengungen nicht gelungen ist, ihr einen passenden Heiratskandidaten zuzuführen, trifft sie Marcus, und es beginnt die Geschichte von Isabel und dem Soldaten. Marcus ist ein Kriegsheimkehrer aus dem Kosovo-Einsatz, traumatisiert und nur daran interessiert, eine aufs Nötigste reduzierte Existenz zu führen. Ihre Begegnung verändert beider Leben und führt sie auf eine faszinierende und bedrohliche Reise in Marcus‘ Vergangenheit. Gewohnt sprachmächtig, dabei sehr genau in der Beobachtung und bewusst in der Verknappung, führt Zaimoglu seine Leser in eine Welt der zurückgefahrenen Lebenserwartungen, die aufgebrochen wird durch Liebe, Schmerz, Reue und Rache.


    Meinung
    Sparsam geht der Autor mit Wörtern um und das macht er ausgezeichnet. Während Schwätzer Worte verschwenden, sagt er mit einem Wort, wofür andere mehrere Sätze vergewaltigen. Die Figuren sind ebenso unattraktiv wie das Milljöh in dem sie agieren, dennoch sind sie authentisch und vielschichtig. Einzig Isabel war mir nicht ganz geheuer; zu dieser gutaussehenden und gebildeten Frau mit Migrationshintergrund aus einer gutbürgerlichen Familie passt das gleichmütige Arrangement mit dem Unterschichtleben irgendwie nicht so ganz. Das nehme ich ihr und dem Autor nicht wirklich ab. Dass sie zum Schluss ihre Mutter anruft und um Geld bittet, macht auch keinen Sinn, schließlich könnte ihr neuer „Freund“, so wie er dargestellt wird, das Problem ganz anders lösen. Ein wirkliches Highlight sind die Seiten 170 bis 173, auf denen eine intelligente Frau schildert, wie die wildgewordenen jugendlichen Testosteron-Plagen türkischer und arabischer Herkunft Mitbürger tyrannisieren. Der Autor darf das schreiben und die Protagonistin darf das denken, weil beide aus dem Ausland stammen. So vermeiden sie den Makel der politischen Unkorrektheit. Ein gutes Buch, das ich gerne gelesen habe.