Taschenbuch: 400 Seiten
Verlag: Heyne Verlag (12. März 2012)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3453436156
ISBN-13: 978-3453436152
Originaltitel: Ford County
Biografie:
Kurz und knapp sind die meisten von John Grishams Buchtiteln: "Der Gefangene", "Das Urteil", "Der Anwalt", "Das Testament". Sie lassen bereits erahnen, dass der 1955 geborene Autor Jurist ist. John Grisham lebte in den 80er-Jahren als niedergelassener Anwalt in Southaven, Mississippi, und genau diese Tätigkeit brachte ihn schließlich zum Schreiben. Ein Vergewaltigungsfall mit einem minderjährigen Opfer ließ ihn nicht mehr los. So entstand sein erster Roman, "Die Jury", den er neben einem 12- bis 14-stündigen Arbeitstag vorwiegend in der Nacht verfasste. Diesem ersten Bestseller sind seither weitere Thriller gefolgt, die ebenfalls die Bestsellerlisten stürmten.
Inhaltsangabe:
Im fiktiven Ford County in Mississippi, im tiefen Süden der USA, wo die Uhren etwas langsamer ticken und die Menschen alle etwas eigenwillig – um nicht zu sagen eigentümlich – sind, hat John Grisham sein neues Buch angesiedelt: einen Band mit sieben Kurzgeschichten. Kauzige Typen begegnen uns da: etwa die beiden Brüder, die gemeinsam mit ihrer Mutter den dritten Bruder an seinem letzten Tag auf Erden im Todestrakt des Gefängnisses besuchen (und mit dem Lieferwagen kommen, weil ein Bestattungsunternehmen sie doch nur über den Tisch ziehen würde), oder der Anwalt, der die Chance seines Lebens wittert, mit einem abenteuerlichen Plan aus seiner mittelmäßigen Existenz auszubrechen, oder der windige Investor, der plötzlich sein Herz für die Indianer entdeckt – allerdings nicht aus Menschenliebe, sondern weil ihn deren Lizenz zum Betreiben von Spielcasinos lockt.
Meine Kritik:
Ich kenne von John Grisham nahezu sämtliche Romane. Als ich erfuhr, dass er eine Geschichtensammlung namens „Ford County - Stories“ veröffentlicht hat, konnte ich nicht anders, als mir dieses in Deutschland unter dem Namen „Das Gesetz“ erschiene Buch zu besorgen. Schließlich geht es um eben jenen Landkreis, in dem viele von Grishams Romane spielen. Einige der Geschichten drehen sich sogar direkt um die Kleinstadt Clanton. Abgesehen von einem Gastauftritt des Anwalts Harry Rex Vonner tauchen in den Stories allerdings keine bekannten Figuren auf. Zumindest sind mir keine aufgefallen. Nichtdestotrotz sind es sieben höchst lesenswerte, zum Teil amüsante, zum Teil unter die Haut gehende Geschichten:
BLUTSBRÜDER: Eine amüsant-absurde Geschichte über drei Kumpel, die sich mit dem Auto auf den Weg nach Memphis machen, um für einen verunglückten Bekannten Blut spenden zu wollen. Doch auf der Fahrt dorthin geht es drunter und drüber. Meiner Meinung nach bloß eine durchschnittliche Story, die aber einen schnellen Einstieg ins Buch bietet.
RAYMONDS HEIMKEHR: Eine tragikomische Geschichte über eine Mutter von drei Brüdern, die mit den beiden älteren Söhnen ins Gefängnis fährt, in dem der jüngste Sohn am Abend in der Gaskammer hingerichtet werden soll. Die Geschichte erzählt die letzten Stunden, die die Familie zusammen verbringt. Meiner Meinung nach eine der besten, wenn nicht sogar die beste Story im ganzen Band.
DIE FISCHAKTEN: Anwalt Mack Stafford hat die Nase voll von seinem Beruf und seiner Familie. Als ihm eine New Yorker Kanzlei ein unerwartetes Angebot macht, wittert er seine Chance auf einem Ausstieg aus seinem bisherigen Leben. Eine bitterböse und höchst sarkastische Geschichte, die ich sehr gern gelesen habe.
DAS CASINO: Sidney ist ein langweiliger Sachbearbeiter von Lebensversicherungen. Als ihn seine Frau verlässt, ist er zunächst zu Tode betrübt, schöpft aber neuen Lebensmut in dem frisch in Clanton eröffneten Casino des Geschäftsmanns Bobby Carl Leach. Wie sich herausstellt, ist der seit neustem auch mit Sidneys Frau zusammen. Ebenfalls eine bitterböse, höchst sarkastisch und noch dazu rasant schnell erzählte Geschichte einer anderen Art von Rache.
MICHAEL: Eine düstere Geschichte über einen Anwalt, der das Gesetz so sehr beugte, dass ein medikamentenabhängiger Arzt trotz zahlreicher Fehleinschätzungen schuldfrei davon kam. Acht Jahre später wird der Anwalt von der Familie der Gegenseite entführt und bekommt die Tragweite seiner Taten vor Augen geführt. Die Fakten von all dem Unrecht gingen mir unter die Haut, nur das Ende hätte ich mir etwas bissiger vorgestellt.
ALTE FREUNDE: Gill McGriffin ist ein Halunke der besonderen Art. Er reist von einem Altenheim zum nächsten, arbeitet dort ein paar Monate und deckt für einen befreundeten Anwalt die verklagbare Missstände auf. Nebenbei freundet er sich mit den reichen Bewohnern an und versucht so, sich in ihr Testament zu mogeln. Obwohl die Handlung wenige Überraschungen bot, habe ich diese aus der Ich-Perspektive verfasste Geschichte besonders gern gelesen. Sie ist rasant geschrieben und weiß einen von Anfang bis Ende gut zu unterhalten.
EIN ORT ZUM STERBEN: Ein sehr düstere Abschluss für die Storysammlung. Ende der Achtziger kehrt der an Aids erkrankte Adrian Keane in seine Heimatstadt Clanton zurück und wird von seiner Familie in ein Haus im Armenviertel verfrachtet. Die dortige Bewohnerin Emporia erklärt sich bereit, den Todkranken zu pflegen und freundet sich mit ihm an. Auch diese Geschichte bietet wenige Überraschungen, trifft mit seiner schonungslosen Schilderung der Bigotterie aber einen Nerv. Nichtdestotrotz hätte man aus der Kurzgeschichte noch einiges mehr machen können.
Fazit: Alles in allem war es eine recht gute Geschichtensammlung, die ein breites Spektrum von amüsant bis traurig abdeckt. Jede Story war gut geschrieben und bewies, dass John Grisham auch in kürzeren Texten etwas zu erzählen hat. Lediglich ein paar mehr Insider-Jokes und/oder Gastauftritte bereits bekannter Charaktere hätte ich mir gewünscht.