Inhalt:
Gerold Plassek, 43, ist Journalist bei einer Gratiszeitung. Hier verbringt er den Tag mit Nichtstun zwischen den wenigen Zeilen, die er schreibt. Abends flüchtet er sich in seine Stammkneipe und spricht dem Alkohol mehr zu, als ihm guttut. Sein Leben ändert sich plötzlich, als Alice ihm ihren 14-jährigen Sohn Manuel aufdrängt. Alice will ein halbes Jahr im Ausland arbeiten, Manuel aber unbedingt in Wien bleiben. Und wer bietet sich da als Aufsichtsperson mehr an als der leibliche Vater, auch wenn der von seinem Vaterglück bisher nichts ahnte und Manuel keine Ahnung hat, wer sein Vater ist und auch gar nichts von diesem wissen will?
Als dann auf eine kleine Zeitungsnotiz hin, die Gerold geschrieben hat, ein anonymer Spendensegen losbricht, gerät er immer mehr ins Rampenlicht und erweist sich schließlich gar nicht als der Loser, für den ihn immer alle gehalten haben, einschließlich er selbst.
Meine Meinung:
Dieser Roman basiert auf einer wahren Begebenheit, dem sogenannten „Wunder von Braunschweig“, einer Serie von anonymen Spenden an soziale Einrichtungen oder bedürftige Einzelpersonen, die im November 2011 begann. Den Spenden lagen meistens kleine Zeitungsausschnitte bei, in denen auf die Nöte der Einrichtungen bzw. Personen eingegangen wurde.
Daniel Glattauer hält sich in seinem Roman weitgehend an diese Vorlage. Auch im Roman gibt es eine Serie von anonymen Spenden, denen Zeitungsnotizen beiliegen, und zwar Zeitungsnotizen, die Gerold Plassek verfasst hat. Warum ausgerechnet Notizen des Versagers Gerold? Weder sein Chef noch er selbst können sich einen Reim darauf machen. Auf jeden Fall kann sein Lotterleben so nicht weitergehen, denn nun hat er eine moralische Verpflichtung. Er hat es quasi in der Hand, wer Spenden bekommt, indem er einen Artikel darüber schreibt. Und dass er diese Verpflichtung ernst nimmt, dafür sorgt Manuel, der Gerold kräftig in den Hintern tritt und ihm mal ordentlich die Meinung geigt. Konnten sich die beiden anfangs nicht ausstehen, dreht sich das Blatt schon bald, und Gerolds Ziel ist es, Manuels Respekt und Liebe zu gewinnen.
Da die Geschichte aus Gerolds Sicht in der Ich-Form erzählt wird, kann man sich dabei gut in den Protagonisten hineinversetzen. Seine Gedanken, seine Gefühle werden direkt zum Leser transportiert. Und auch wenn einem dieser Typ Mensch im richtigen Leben eher unsympathisch wäre, kann man Gerold doch irgendwie mögen, zumal er sich im weiteren Verlauf ja auch ganz stark ändert. Manuels Enthusiasmus ist einfach ansteckend, vor allem wenn man vor dem eigenen Kind gut dastehen will.
Die Annäherung zwischen Vater und Sohn beschreibt Glattauer sehr einfühlsam und berührend. Beide profitieren von dieser Beziehung. Gerold bekommt endlich mal wieder den Hintern hoch und Manuel findet in seinem Vater nach und nach eine Vertrauensperson. Die Charaktere sind detailliert ausgearbeitet und sehr interessant mit viel Tiefgang gezeichnet. Obwohl die Geschichte an sich recht ernst ist, liest sie sich sehr amüsant, denn Glattauer hat sie mit viel Humor, mit Selbstironie und Sarkasmus gespickt.
Fazit:
Ein Buch mit dem typischen Humor von Daniel Glattauer, aber auch mit viel Tiefe. Womöglich sein bester Roman. Auf jeden Fall absolut lesenswert.