Kastelau - Charles Lewinsky

  • Gebundene Ausgabe: 400 Seiten
    Verlag: Verlag Nagel & Kimche AG (25. August 2014)
    ISBN-13: 978-3312006304
    Preis Gebundene Ausgabe: Euro 24.90
    Preis Kindle E-Book: Euro 18.99


    Autor


    Charles Lewinsky wurde 1946 in Zürich geboren. Er arbeitete als Dramaturg, Regisseur und Redaktor. Er schreibt Hörspiele, Romane und Theaterstücke und verfasste über 1000 TV-Shows und Drehbücher, etwa für den Film Ein ganz gewöhnlicher Jude, (Hauptdarsteller Ben Becker, ARD 2005). Für den Roman Johannistag wurde er mit dem Schillerpreis der Zürcher Kantonalbank ausgezeichnet. Sein Roman Melnitz wurde in zehn Sprachen übersetzt und vielfach ausgezeichnet, u.a. in China als Bester deutscher Roman 2006 , in Frankreich als Bester ausländischer Roman 2008. Lewinskys Roman Gerron wurde 2011 für den Schweizer Buchpreis nominiert, der jüngste Roman Kastelau steht auf der Nominierungsliste für den Deutschen Buchpreis 2014.


    Kurzbeschreibung / Klappentext


    Winter 1944. Die bayerischen Alpen sind trotz Krieg – noch – eine friedliche Gegend. Ein Filmteam der UFA setzt alles daran, sich dorthin abzusetzen. Unter einem Vorwand beschafft man sich den Auftrag für den vermeintlich kriegswichtigen Film "Lied der Freiheit". In dem bald vom Schnee eingeschlossenen Bergdorf Kastelau wird das Drehen einer erfundenen Geschichte immer mehr zur erfundenen Geschichte eines Drehs. Denn wichtig ist nur eines: Die Filmerei muss überzeugend aussehen. Aus immer neuen Lügen und Ausflüchten entspinnt sich ein Netz aus Intrigen, so dass bald niemand mehr zwischen Schein und Wirklichkeit zu unterscheiden weiß. Ein auf einem historischen Ereignis beruhender, spannungsgeladener Roman des Erfolgsautors aus der Schweiz, nominiert für den Deutschen Buchpreis 2014.


    Meine Meinung


    Dieses Buch hab ich laaange vor dem Erscheinungsdatum auf meine Wunschliste gesetzt. Kurzbeschreibung und das Umschlagbild haben mich verführt und Charles Lewinsky ist für seinen intelligenten Schreibstil bekannt. Das dieser Roman Anfang August für die Longlist des Deutschen Buchpreises 2014 nominiert wurde (warum wird für den Deutschen Buchpreis das englische Wort "Longlist" verwendet?) war zusätzliche Motivation es käuflich zu erwerben und rasch zu lesen. Wobei das rasch Lesen sich schnell relativiert hat. Die Struktur des Romans ist so ungewöhnlich aufgebaut, dass man sich für dieses Werk überdurchschnittlich viel Zeit nehmen muss. Die Geschichte wird nicht chronologisch in linearer Form erzählt sondern springt in der Zeit und zwischen den Handlungsorten hin und her. Die Leserschaft ist gefordert aus den Textfragmenten die logische Handlung nach und nach im Kopf, ähnlich einem Puzzle, selbst zusammenzusetzen. Normalerweise nehmen Schriftsteller den Leser/-innen diese "Arbeit" ab aber in diesem Fall ist es nicht so, Konzentration und ein stetes mitdenken sind zwingend erforderlich. Wie diese Erzählung während und nach der Lektüre beurteilt wird hängt also zu einem nicht unerheblichen Teil von einem selbst ab.


    Die Kurzbeschreibung gibt den Kern der Handlung treffend wieder weshalb ich auf eine Kurzfassung meinerseits verzichte. (Kleiner Tipp von mir: Wer das Buch in Händen hält kann vorab die Seiten 140 – 142 lesen) Erstmals erstaunt die Augenbrauen gehoben habe ich gleich zu Beginn. Der unerwartete Ursprung zu dieser Geschichte liegt in Los Angeles und der Hinterlassenschaft eines gewissen Samuel Saunders der eine Videothek besass und sich als Filmfreak speziell für die UFA-Filme zum Dritten Reich in den 1940er Jahre interessierte. Seine Manuskripte bzw. Dissertation bilden die Basis zu diesem Roman. Zwei Handlungsstränge sind zudem so ungewöhnlich und nehmen so viel Raum ein, dass ich sie erwähnen möchte. Das eine sind Interviews aus dem Jahre 1986 mit Tiziana Adam die Rückblickend von diesen "kriegswichtigen" Filmaufnahmen und ihrer Filmrolle erzählt und das andere die Tagebuch Einträge von Werner Wagenknecht respektive sein Pseudonym Frank Ehrenfels der das Drehbuch zum Film schreibt. Deshalb auch der von mir erwähnte Perspektiven- und Zeitenwechsel der über die ganzen rund 380 Seiten hinweg stattfindet.


    Es ist im Grossen und Ganzen gesehen ein Roman bei dem es ums Überleben und der Vorspiegelung von Luftschlössern geht. Möglichst weit weg von der immer näher rückenden Kriegsfront auf Berlin zu spielen die Protagonisten eine Scharade in den bayrischen Alpen mit zutiefst menschlichen Anekdoten. Es geht darum die Illusion eines kriegswichtigen Films erst zu erschaffen und dann aufrecht zu erhalten. Von sich selbst inspiriert legen sich die verblieben Schauspieler so ins Zeug das es streckenweise urkomisch wird und am Rand zur Parodie steht ohne diese heikle Schwelle zu überschreiten. Selbst als kein Meter Filmmaterial mehr vorhanden ist werden Regieanweisungen gebrüllt und alle tun eifrig so als ob ... in den letzen Kriegsmonaten werden Mann und Maus für den Kriegsdienst eingezogen und das will die Filmcrew für sich um jeden Preis verhindern.


    Der Schriftsteller Charles Lewinsky schreibt über ein Metier das er als Drehbuchautor fürs Fernsehen und Theater bestens kennt, die Welt der Filmbranche. Allüren, Marotten und vieles andere werden den Filmleuten nachgesagt und einige dieser kapriziösen Eigenschaften werden in diesem Roman mit eingeflochten und sorgen dafür das in einigen Zeilen die Ironie höchstselbst leise vor sich hin kichert. Ein Schmunzeln in einer sehr düstren Zeit darf erlaubt sein.


    Fazit: Sprachlich brillant geschrieben und unterhaltsam erzählt aber nicht einfach zu lesen. Für den Buchpreis werden schliesslich kein Schmöker nominiert sondern eher anspruchsvolle Lektüre. (Warum eigentlich?) Faktenreich und doch erfunden oder anders gesagt, nichts davon stimmt, aber alles ist wahr. Ich wünsche allen Lesern/-innen viel Spass in diesem Wolkenkuckucksheim namens Kastelau in der Nähe von Berchtesgaden in den bayrischen Alpen. Wertung: 8-9 Eulenpunkte.

  • Titel: Kastelau
    Autor: Charles Lewinsky
    Verlag: DTV
    Erschienen als TB: Dezember 2015
    Seitenzahl: 397
    ISBN-10: 3423144653
    ISBN-13: 978-3423144650
    Preis: 11.90 EUR


    Ich habe eine Ausgabe der Büchergilde Gutenberg gelesen.


    Das sagt der Klappentext:
    Ein Bergdorf, ein Filmteam, ein Ziel: überleben. Während 1944 in Berlin der Krieg wütet, geht es in den bayerischen Alpen noch friedlich zu. Unter einem Vorwand beschafft sich der Filmstar Walter Arnold den Auftrag für einen vorgeblichen Propagandafilm und setzt sich mit einem UFA-Team dorthin ab. Im eingeschneiten Dorf Kastelau wird das Drehen einer erfundenen Geschichte allerdings immer mehr zur erfundenen Geschichte eines Drehs. Es entspinnt sich ein Netz aus Lügen und Intrigen, und bald kann niemand mehr Sein und Schein unterscheiden.


    Der Autor:
    Charles Lewinsky, geb. 1946, lebt in Zürich und in der Franche-Comt‚. Er arbeitete als Dramaturg, Regisseur und Redaktor, seit 1980 als freier Autor. Er schreibt Romane und Theaterstücke und ist der Autor vieler erfolgreicher Fernsehsendungen.


    Meine Meinung:
    Samuel A. Saunders hat seine Dissertation über den Schauspieler Arnie Walton geschrieben. Doch diese Dissertation fällt einer Intrige zum Opfer und wird abgelehnt. Saunders hat wohl in ein Wespennest gestochen. Denn seine Dissertation steht im völligen Gegensatz zu den Memoiren des Arnie Walton – der nicht Arnie Walton hieß, sondern bereits unter dem Namen Walter Arnold bei der UFA während der Zeit des Dritten Reiches mehr oder weniger gut im Geschäft war.
    Dieser Roman besteht aus den von Samuel A: Saunders hinterlassenen Unterlagen, bestehend aus Briefen, Listen, Notizen, Ausdrucken von Internetseiten, Tonbändern und verschiedenen Ansätzen zu einer literarischen oder wissenschaftlichen Arbeit.
    Saunders selbst kam am 27. Juni 2011 unter tragischen Umständen ums Leben.
    Es ist ein wirklich sehr lesenswerter Roman, den Lewinsky hier vorgelegt hat. Mal ernsthaft, mal auch tragisch-komisch, dann wieder wie ein Schelmenroman daherkommend – ein Roman der sich in sich selbst immer wieder verändert.
    Und oftmals vergisst man als Leser, dass es sich bei diesem Roman um eine Fiktion, um in Werk aus der Gedankenküche des Autors handelt. Denn manches liest sich wie eine Dokumentation.
    Lewinsky macht auch den Irrsinn des Dritten Reiches deutlich, die Durchhalteparolen und den Glaube an den Endsieg als längst alles verloren war.
    Sehr lesenswert. 8 Punkte.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.