Gebundene Ausgabe: 192 Seiten
Verlag: Liebeskind
Originaltitel: La belle amour humaine
Aus dem Französischen von Barbara Heber-Schärer und Claudia Steinitz
Kurzbeschreibung:
In seinem Taxi bringt Thomas die junge Anaïse in ein kleines Fischerdorf, das in einem entlegenen Winkel von Haiti liegt. Anaïse ist aus Europa angereist, um einem Familiengeheimnis nachzugehen, das sich wie ein dunkler Schatten über ihrem Leben ausbreitet und dessen Ursprung in jenem Dorf liegt, aus dem auch Thomas stammt. Vor vielen Jahren hat sich dort ein tragisches Unglück ereignet. Der erfolgreiche Geschäftsmann Robert Montès – Anaïse' Großvater – und der ehemalige Polizeichef Pierre André Pierre sind nach einem nächtlichen Brand, der ihre benachbarten Häuser in Schutt und Asche gelegt hat, spurlos verschwunden. Sind die beiden einer Racheaktion zum Opfer gefallen? Oder haben sie selbst das Feuer gelegt, um ihre vermeintlichen Verbrechen zu vertuschen? Thomas warnt Anaïse, dass ihre Nachforschungen zwangsläufig ins Leere laufen werden. Denn er weiß, dass an diesem magischen Ort die Wahrheit allen gehört und niemand seinem Schicksal entfliehen kann.
Über den Autor:
Lyonel Trouillot, 1956 in Port-au-Prince geboren, zählt zu den wichtigsten Autoren Haitis. Seine Kindheit verbrachte er mit seinen Eltern im Exil in den USA. Nach der Rückkehr in sein Heimatland studierte er Rechtswissenschaften. Sein Debütroman »Straße der verlorenen Schritte« erschien 1998 in Frankreich, seitdem hat er acht Romane veröffentlicht. Für »Die schöne Menschenliebe« wurde er 2011 für den Prix Goncourt nominiert. Neben seiner Tätigkeit als Schriftsteller und Publizist lehrt Lyonel Trouillot Kreolische und Französische Literatur in Port-au-Prince.
Über die Übersetzer:
Barbara Heber-Schärer und Claudia Steinitz leben in Zürich. Aus dem Französischen übersetzten sie u.a. Werke von Claude Lanzmann, Giles Rozier und Richard Morgieve.
Mein Eindruck:
In seinen erfolgreichen Debütroman “Straße der verlorenen Schritte“ hatte Lyonel Trouillot drei ständig wechselnde Erzählstimmen, in seinem neuesten Roman “Die schöne Menschenliebe” hat er ebenfalls drei, aber die erste nimmt die ersten 80% des Romans ein.
Und was für eine Erzählstimme das ist. In langen Monologen erzählt der Taxifahrer Thomas seiner Passagierin Anaïse von deren Großvater, die Geschichte von dessen Verschwinden und vom Leben in Haiti. Die Fahrt dauert an. Die Geschichte der Vergangenheit ist alles andere als harmlos. Anaises Großvater war ein skrupelloser Geschäftsmann, befreundet mit einem gewalttätigen Oberst. Ein grausames Team!
Mit der erzählerischen Kraft eines Antonio Lobo Antunes reißt Trouillot den Leser mit. Die anfangs rätselhafte Geschichte nimmt immer mehr Form an.
Erst in den letzten Abschnitten kommt Anaise für ungefähr 20 Seiten zu Wort und schließt an das bisher erzählte an. Ganz am Schluß gibt es noch einen ruhigen, neutralen Beobachter, der den Roman schließt.
Ein packendes Buch. Lyonel Trouillot ist für mich eine der wichtigsten Entdeckungen des ansonsten eher harmlosen Literaturjahres.