Welt in Flammen
Benjamin Monferat
Wunderlich/Rowohlt
ISBN: 380525069X
768 Seiten, 22,95 Euro
Über den Autor: Hinter dem Pseudonym Benjamin Monferat verbirgt sich ein erfolgreicher deutscher Autor. Als Schriftsteller und Historiker hat er sich ganz der Geschichte verschrieben – in all ihren Bedeutungen. Neben einem Kleinbahnhof an der innerdeutschen Grenze aufgewachsen, gehört das Schnaufen historischer Dampflokomotiven zu seinen ältesten Erinnerungen. Die Lebensgeschichte seines Großvaters, der im Dritten Reich am Bau luxuriöser Salonwagen beteiligt war und gleichzeitig tätigen Widerstand gegen das Regime übte, war einer der Impulse, aus denen heraus «Welt in Flammen» entstand.
Buchrückentext: Mai 1940: Deutsche Panzer rollen westwärts. Während in Paris die Angst um sich greift, bricht der Simplon Orient Express ein letztes Mal nach Istanbul auf. An Bord des Zuges eine schicksalhafte Reisegesellschaft. Jeder der Fahrgäste mit einem ganz eigenen Grund, diese letzte Fahrt unter allen Umständen anzutreten: Ein Balkanfürst will die Herrschaft über sein Land zurückfordern. Seine jüdische Geliebte fürchtet um ihre Liebe – und um ihr Leben. Ein deutscher Spion setzt alles daran, sie zu beschützen. Ein russischer Großfürst ist auf der Flucht, die Sowjetmacht ihm längst auf den Fersen. Eine Stummfilmdiva fürchtet das Vergessen werden mehr als den Krieg. Ebenfalls an Bord – Agenten aller kriegführenden Mächte. Was niemand ahnt: Im Zug befindet sich etwas, nach dem Hitler seine Truppen in ganz Europa suchen lässt. Die Fahrt steht von Anfang an unter einem schlechten Stern. Jeder Grenzübertritt kann das Ende bedeuten. Jeder der Passagiere fürchtet den nächsten Tag. Schließlich bricht Feuer aus. Und während Europa in Dunkelheit versinkt, rast der Express als lodernde Fackel durch die Nacht...
Meine Meinung: Wenn ich an den Orient Express denke, so fällt mir zuerst der Film „Mord im Orient Express“ ein und genau in dieser Tradition ist dieses Buch geschrieben. Der Leser begleitet den Luxuszug auf seiner letzten Fahrt durch ein brennendes Europa – ein Europa, das es später so nie wieder geben wird. Die Reisegesellschaft an Bord des Zuges ist ähnlich wie bei dem Filmklassiker sehr bunt gemischt und auch hier reisen einige Personen mit, deren undurchsichtige Motive lange im Dunkeln bleiben.
Die Einteilung der Handlung wird nach den aktuellen Streckenabschnitten gegliedert, dazu finden sich viele kurze Blicke auf die einzelnen Reisenden. Sehr geschickt hat der Autor oft am Ende eines kurzen Abschnitts einen Cliffhanger eingebaut und so springt man mit beinahe permanent hoher Spannung von Figur zu Figur, lernt sie ganz allmählich kennen und gewinnt langsam einen Einblick in die vielen unterschiedlichen Gründe für die Anwesenheit im Zug. Leider wirken die meisten Personen wie direkt aus einem Hollywood-Streifen entsprungen und so kommen einem viele Eigenschaften an den Mitgliedern dieser illustren Reisegesellschaft sehr bekannt vor; da ist zum Beispiel die schöne kühle Großherzogin Romanow, die immer noch an ihre Vertreibung aus Russland denkt, eine Stummfilmdiva, die neben einem kühlen Kopf alles hat, was man als Heldin so braucht, alle mit ihren Sprüchen aufmuntert und immer und sofort Herrin in jeder Lage ist, der geheimnisvolle englische Gentleman, der alles und jeden mit seinen Anekdoten aus diversen Kriegen und Aufständen beglückt, oder der aus dem Exil zurück kehrende König Carol, der kein Blut sehen kann. Sie alle kommen einem merkwürdig bekannt vor und das ist ein wenig schade, denn es ist, als habe man sie im Film schon hundert Mal gesehen, man ahnt man im Voraus, wie sie handeln werden und da sie nicht über ihren Schatten springen können, sorgen sie nicht wirklich für Überraschungen. Zum Glück wird das durch die spannende Handlung dann aber mehr als ausgeglichen.
Fast alle Reisenden haben etwas zu verbergen und nichts ist letztlich so, wie es anfangs scheint. Je mehr man erfährt, umso besser kann man die einzelnen Puzzleteile, die einem vorgesetzt werden, zu einem großen Ganzen zusammensetzen. Handlung und Personen sind fiktiv, die Personen haben aber zum Teil reale Vorbilder, doch die politische Situation, unter denen der Zug seine letzte Reise von Paris bis nach Istanbul antritt, ist leider wahr und da bei den vielen unterschiedlichen Reisestationen auch die dort herrschenden politischen Gegebenheiten eine Rolle spielen, wird beim Lesen erschreckend real das düstere Bild einer untergehenden Welt erweckt. Ganz Europa befindet sich auf einem Pulverfass und es scheint nur noch Sekunden zu dauern, bis jemand die Lunte zünden wird. Dies alles so plastisch und gut recherchiert darzustellen ist dem Autor unglaublich gut gelungen.
Trotz der etwas stereotypen Figuren hat man mit diesem Buch einen richtig guten Schmöker, der sich auch verfilmt gut machen würde.
Mein Fazit: Ein spannender und interessanter Abenteuer-Roman der sich allein schon durch sein Thema von den zurzeit aktuellen Romanen abgrenzt und der ein kurzweiliges Lesevergnügen zu bieten hat.