Selbstpubliziertes über den Buchhandel beziehen - Eure Erfahrungen?

  • Wie das Börsenblatt berichtet, hat der Betreiber des Blogs PhantaNews einen offenen Brief der Selbstpublizierer an den Buchhandel geschrieben, in dem er sich darüber beklagt, dass es Kunden unmöglich ist, die Bücher selbstverlegter Autoren über den Buchhandel zu bekommen. Mich interessiert, wie eure Erfahrungen aus Käufersicht sind - ist es tatsächlich nicht möglich, ein selbstpubliziertes Buch mit ISBN im Buchhandel zu bekommen?

  • Amazon-Crossing-Titel kannst du nicht bestellen, weil amazon den Buchhandel damit nicht beliefert und der diese Titel auch nicht verkaufen will. Sonst hängt es u. a. davon ab, ob du als Kunde bekannt bist und die bestellten Bücher auch abnimmst. Wenn man es so macht wie Emily Bold in New York und nur im Laden nach den Büchern fragt, wird das natürlich nichts.

  • Die Aussage in ihrer Allgemeinheit nehme ich so nicht ab. Die Beschaffbarkeit hängt davon ab, ob ein Buch überhaupt über Barsortiment geliefert wird, direkt vom Verlag bestellt werden muss und zu welchen Bedingungen. Schließlich vom Stil der einzelnen Buchhandlung. Es gibt Buchhandlungen, die besorgen im Kundenauftrag Bücher sogar aus Versandantiquariaten und ähnlichen Quellen.

  • Vielleicht sollte man da wirklich mal Testkäufer losschicken. Mein eigene Erfahrung ist, dass in inhabergeführten Läden nichts unmöglich ist, ich aber wegen teils langer Lieferzeiten das bestellte Buch leicht einmal vergessen kann, weil es eben nicht gleich am nächsten Tag da ist. Wenn ich mich nun in den Buchhändler hineinversetze, dem wahrscheinlich genau das schon passiert ist, dass Bestellungen nicht abgeholt werden, wundert es mich nicht, wenn manche Geschäfte Sonderwünsche igendwann nicht mehr erfüllen.


    Von Selbstveröffentlichern habe ich umgekehrt schon sonderbare Urteile über Buchhandlungen gehört. Die Vorstellung, dass auch die gesamte Backlist und Titel kleiner Verlage überall stapelweise ausliegen müssten, ist ja ein wenig unrealistisch. Platz bekommt, was sich verkaufen lässt.

  • So, jetzt habe ich den Brief gelesen. Das ist Polemik pur, jenseits von kaufmännischem Denken. Vermutlich wird dort mal wieder Verlag und Bezahlverlag verwechselt; denn wo zahlt man für die "Aufnahme in obskure Kataloge" außer bei Druckdienstleistern? Und von welchem Betrag soll ein Buchhändler Miete und Gehälter bezahlen, wenn der Selbstpublisher den Buchhandelsrabatt infragestellt, weil er selbst sonst vom Verkauf seiner Bücher nicht leben könnte? Natürlich lohnt es kaum, einzelne Bücher selbst an den Wiederverkäufer zu versenden - aber wer im Buchhandel präsent sein möchte, wird wohl in den sauren Apfel beißen müssen.

  • Gute Frage.


    Aber sagt mal, ist es nicht ein Unterschied, ob die Selbstverlegerin einen eigenen Verlag hat oder privat ihre Bücher publiziert?
    Im letzteren Fall: wo bestellt man denn als Buchhändlerin das Buch? Wo bekommt man die Adresse her?
    In diesem seltsamen Brief steht, es gäbe ein Leben jenseits der ISBN und des VLB. Wie kommt man dahin in dieses Leben?


    Bücher von Mini-Verlagen, also etwa Ein-Frau-Betriebe, konnte ich in der Buchhandlung immer problemlos bestellen, sobald ich eine ISBN angeben konnte. Die Lieferzeit hing dann halt davon ab, wie lange die Verlagsinhaberin/Autorin gebraucht hat, das bestellte Buch einzudosen und loszuschicken. Von der Buchhandlung bekam ich dann einen Anruf, daß es da sei, in der Regel nach drei bis vier Tagen.
    Übrigens hat das auch bei meiner Thalia-Filiale geklappt, die - noch mal übigens - sich inzwischen in keiner Weise mehr von den Inhaber-geführten Buchhandlungen unterscheidet.


    Um mal ein konkretes Beispiel zu nennen: Das Garten-Buch von Nikola Hahn habe ich bei Thalia bestellt. Drei Tage später war es da. Hahn druckt die bei Nachfrage und liefert dann.


    Aber was macht man ohne ISBN?

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

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  • Zitat

    Original von magali
    Aber was macht man ohne ISBN?


    Die Kristallkugel befragen? :gruebel


    Im Brief wird ja behauptet, selbst mit ISBN wären die Bücher über den Buchhandel nicht zu beziehen. Da sich da aber nicht potentielle Käufer äußern, sondern verhinderte Verkäufer, fragt die kleine teuflische Stimme in mir natürlich, ob die mangelhafte Bestellmoral des Buchhandels vielleicht doch eher an der mangelnden Nachfrage liegt? Wo kein Käufer fragt, da wird auch kein Buchhändler bestellen.

  • Da ist was dran.


    Meine Neugier, wie etwas funktioniert, stille ich ab und zu durch Kauf und Verkauf auf den bekannten Plattformen. Selbst wenn ich - z. B. - BoD-Titel dort ein, zwei Jahre auf meiner Suchliste stehen lasse, tauchen sie nicht auf. Was nicht auf dem Gebrauchtmarkt auftaucht, ist vorher auch nicht als Neuware über den Tisch gegangen.


    Andererseits können selbstpublizierte Bücher mit regionalem Bezug sich sehr gut in der betreffenden Region verkaufen lassen. Viellicht sollte man nicht gerade nach den Sternen greifen und verlangen, dass alles immer überall ausliegt, sondern sein Marketing den Möglichkeiten anpassen.

  • :lache


    Kann man ja mal vorschlagen, die Kristallkugel.


    Die Art von SelbstverlegerInnen, die hinter diesem Brief stehen, wollen ja, daß ihre Bücher in den Buchhandlungen ausliegen. Die Argumentation geht so, daß sie behaupten, sie hätten Lokalverbot, weil sie existieren, aber nicht über die Schwelle dürfen.


    Ich hab's nicht recht verstanden, wiel sie das ganze Internet zum Werben und Verkaufen haben und doch sowieso davon ausgehen, daß Buchhandel und klassisches Verlagswesen wegen kompletter Verstaubtheit übermorgen vom Erdboden verschwunden sind. Wozu brauchen die die Buchhandlungen?
    Beats me.


    Aber das beantwortet Deine Frage nicht, ob und wie man die Bücher von SelbtsverlegerInnen in der Buchandlung bekommt.
    Meine Antwort lautet: wenn ISBN vorhanden, dann klappt's meist.
    Ich habe aber auch schon erlebt, daß z.B. Bücher von linken Verlagen nicht bei Ketten bestellbar sind. Dann bestelle ich direkt beim Verlag und bezahle halt das Porto.


    Aber diese SelbstverlegerInnen haben ja nicht mal eine eigene Ausliefrung, oder? Würde mich interessieren, wie sie sich das praktisch vorstellen. Tausend SelbstverlegerInnen schicken ihre Bücher in die Buchhandlung? Oder denken die nur in ebooks? Wer zahlt dann die Station? Soll die Buchhandlung ihnen die schenken?
    Alles schwierig.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

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  • Zitat

    Original von Buchdoktor
    Da ist was dran.


    Meine Neugier, wie etwas funktioniert, stille ich ab und zu durch Kauf und Verkauf auf den bekannten Plattformen. Selbst wenn ich - z. B. - BoD-Titel dort ein, zwei Jahre auf meiner Suchliste stehen lasse, tauchen sie nicht auf. Was nicht auf dem Gebrauchtmarkt auftaucht, ist vorher auch nicht als Neuware über den Tisch gegangen.


    Andererseits können selbstpublizierte Bücher mit regionalem Bezug sich sehr gut in der betreffenden Region verkaufen lassen. Viellicht sollte man nicht gerade nach den Sternen greifen und verlangen, dass alles immer überall ausliegt, sondern sein Marketing den Möglichkeiten anpassen.



    Zu Deinem letzten Absatz:


    das kenne ich durchaus aus kleinen Buchläden in vielen Städten. Autorin XY, die Eigenes zur Stadtgeschichte schreibt und die Inhaberin der Buchhandlung kennt, bringt ein paar Exemplare vorbei, in denen neugierige Touristinnen dann blättern oder es sogar mitnehmen. Gedichte vom Bürgermeister, Kurzgeschichten von der Museumsleiterin, Philosophisches vom Wirt. Das hat schon immer geklappt.

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    K. Kraus

  • ... mit anderen Worten: aus Käufersicht sind die Vorwürfe zumindest deiner Erfahrung nach, magali, nicht nachvollziehbar?


    Edit: Jetzt, wo du es sagst, kann ich mich auch erinnern, Regionales von Selbstverlegern in Buchhandlungen gesehen (und sogar gekauft) zu habe.


    Das Problem scheint weniger der mangelnde Wille der Buchhändler, sondern vielmehr der mangelnde Bekanntheitsgrad der selbstverlegten Bücher zu sein.

  • Nein, aber das sagt auch nichts. Ich bin bloß eine Leserin von Millionen. Ich bin zudem eine, die alles mögliche unternimmt, um an das Buch zu kommen, das sie haben will. Und es bekommt, wenn es eine ISB-Nummer hat bzw. in einem Antiquariatskatalog verzeichnet ist. Es gab ja eine Zeit vor der ISBN.


    Die Vorwürfe an sich können in meinen Augen nur von Leuten stammen, die keine Ahnung vom Buchhandel, von Logistik bis Verkauf haben.
    Ehrlich gesagt, ärgere ich mich über diesen Unsinn, seit ich das Geschreibsel vor Wochen gelesen habe.
    Aber das ist ein anderes Thema.


    Möchtest Du Testkäuferin spielen? Einige von diesen Selbstpublizierten haben bestimmt eine ISBN und müssen irgendwie zu kriegen sein.
    Wobei ich halt nicht weiß, was in dem Fall gegen amazon spricht und warum es un-be-dingt die Buchhandlung sein muß.

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    K. Kraus

  • Zitat

    Original von Tilia Salix
    Das Problem scheint weniger der mangelnde Wille der Buchhändler, sondern vielmehr der mangelnde Bekanntheitsgrad der selbstverlegten Bücher zu sein.


    Na, nu, BuchhändlerInnen sind auch nicht scharf darauf, irgendwem, die gerade daherkommt mit ihrem Buch unter dem Arm, einen Platz im Regal einzuräumen. Sie fremdeln wirklich. Es gibt auch viele hundert Verlage, deren Bücher nicht in Buchhandlungen liegen. Weil es kaum Werbung gibt, weil sie keine VertrterInnen haben, weil sie sechs Monate nicht nachgefragt wurden etc. pp.
    Es ist ein komplexes Problem.


    Aber das wird auch nicht anders, wenn man Verlagsbücher durch die Bücher von SelbstverlegerInnen ersetzen würde. Wie groß stellen die sich denn Buchhandlungen vor? Die müßten Turnhallengröße haben, um SelbstverlegerInnen auszulegen.
    Wenn man aber nur vom ebook ausgeht, braucht man eigentlich die Buchhandlung nicht, oder?
    Ach, begreife das, wer will. :help

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    K. Kraus

  • Ich denke dieser Brief verrät recht deutlich einige der Gründe warum Selfpublisher es echt schwer haben: Wenn ich aus der Lektüre meine Schlüsse ziehe kann ich zumindest den Verfasser nur als weltfremden, krakeelenden Idioten bezeichnen, der keine Ahnung von der Buchhandelsrealität hat.


    Was das bestellen von dieser Art Titel angeht würde ich hier gerne die Buchhandelssicht wiedergeben, allerdings habe ich keine, bis auf die Tatsache das so etwas bei uns so gut wie nie vorkommt. Die Nachfrage ist einfach nicht da.


    Natürlich nur weil sich die Verlage und der Buchhandel verschworen haben um die wahre, echte, reine Kunst aus unserem Mainstreamreich herauszuhalten!

  • Warum sollte auch ein Titel eines unbekannten Autors umständlich beim Verlag bestellt und später abgeholt werden, wenn eine Buchhandlung vor sehr viel preiswerteren Neuerscheinungen bekannter Autoren und Verlage überquillt? Bei Appellen und Diskussionen der zitierten Art kam mir öfter der Gedanke, warum Autoren für einen völlig überlaufenen Markt zu hohen Preisen schreiben? Wer selbst liest, kauft und ausleiht könnte doch schon mal auf die Idee gekommen sein, dass es noch auf Jahrzehnte hinaus genug zu lesen gibt?

  • Offenbar gilt für den offenen Brief das selbe, wie für viele Werke von Selbstverlegern: Vielleicht hätten sie jemanden fragen sollen, der sich mit sowas auskennt?


    Als erstes wäre es mal sinnvoll gewesen, ein paar Beispiele zu bringen, WELCHE Bücher man denn nicht in einer Buchhandlung bekommt. Aufgrund von Aussagen wie "Der Kunde hat das Buch bei euch gekauft, und nicht bei Amazon, und ihr macht den Reibach und nicht Bezos. Wäre das nicht super einfach?" würde ich nämlich auch vermuten, daß es hier in erster Linie um den Selbstverlag von Amazon geht.


    Dann die seltsame Behauptung, der Buchhandel knebele die Autoren mit ISBN - gibts bei Amazon wirklich frei verkäufliche, gedruckte Bücher ohne ISBN (keine von magalis genannten Antiquitäten, sondern diejenigen, bei denen der Buchhändler aufgefordert wird, dem Autoren zu schreiben etc)?


    Und auch die Behauptung, es liege kein einziger Selfpublisher im Buchladen aus, ist Unsinn - prominentestes Beispiel war Nele Neuhaus. Auch in meiner ostfriesischen Heimat hat gerade eine Krimi-Amazon-Selfpublisherin mit ihrem ersten gedruckten Werk ("LAGO"-Verlag) sämtliche Buchläden erobert. Und das nicht nur mit ein, zwei Exemplaren.


    Zu dem Unsinn mit "Bitte legt uns in Euren Buchläden aus, aber erwartet nicht, daß Ihr was daran verdienen könnt, wir sind doch nur kleine Selfpublisher und brauchen das Geld..." ist jeder Kommentar zu viel.


    Um auf die Eingangsfrage einzugehen: Ja, das geht. Ich habe in einer Inhabergeführten Buchhandlung - in der man mich nicht kannte - einst bestellt, man hat mir bei Abholung das Porto in Rechnung gestellt, weil man, laut Aussage des Buchhändlers, an dem Buch "überhaupt nix" verdiene, aber es wurde bestellt. Und erst kürzlich erlebte ich ähnliches bei Thalia - nach Nennung der ISBN sagte man mir, daß das Buch nicht über den "üblichen Weg" zu bestellen sei und es daher dauern könne - nach zwei Wochen erhielt ich eine Mail, daß das Buch angekommen sei. Alles bestens.

    "Wie kann es sein, dass ausgerechnet diejenigen, die alles vernichten wollten, was gut ist an unserem Land, am eifrigsten die Nationalflagge schwenken?"
    (Winter der Welt, S. 239 - Ken Follett)